Web Cyberfahnder
  Cybercrime    Ermittlungen    TK & Internet    Literatur    intern    Impressum 
Oktober 2011
24.10.2011 Magazin 10/2011
     
zurück zum Verweis zur nächsten Überschrift Cyberfahnders Magazin zum Weltgeschehen
 
 

 
Das heutige Magazin beginnt mit einigen Meldungen aus den Naturwissenschaften .


Sonst fluoreszieren nur die sprichwörtlichen Katzenaugen. Nicht so bei diesem zweifach genmanipuliertem Exemplar: Ein Gen vom Rhesusaffen macht sie unanfällig gegen Aids und ein weiteres Gen aus Quallen produziert ein grün fluoreszierendes Protein. Forscher aus Rochester belegen damit unter Blaulicht, dass der Gentransfer funktioniert hat und auch bei den Nachkommen erhalten geblieben ist.

Katzen strahlen für die AIDS-Forschung, Wissenschaft aktuell 2011

 
Naturwissenschaften
Meldungen über leuchtende Katzen, Mondbilder,
einen Planeten aus Diamant und
überlichtschnelle Neutrinos.
 
Cyberwelt
  Skimming an Fahrkartenautomaten
  Darknet soll Lolita-City unbewohnbar machen
  W32.Duqu. Vorläufer des Nachfolgers von Stuxnet
 
... und der unkorrekte Rest
Gesellschaft, Politik, Geschichte.

Von diesen unscharfen Bildern des um den Mond kreisenden Lunar Reconnaissance Orbiters - LRO - werden sich die Verschwörungstheoretiker nicht davon überzeugen lassen, dass die Mondlandungen keine Holywood-Inszenierungen waren. Die NASA versucht es wenigstens.
 
Mark Robinson, Skimming the Moon, NASA 06.09.2011, Animation
 
Harald Zaun, Rückschlag für Apollo-Verschwörungstheoretiker, Telepolis 10.09.2011


Schon 2006 wurde Douglas Adams' Restaurant am Ende des Universums geortet - jedenfalls indirekt durch den Nachweis einer riesigen Alkohol-Wolke:

Riesen-Fahne im All, Spiegel online 04.04.2006

Aus den unendlichen Weiten wird jetzt auch ein Planet gemeldet, der von dem Pulsar, den er umkreist, so gequetscht wurde, dass er fast vollständig aus Diamant besteht. Der Abbau dürfte einige interstellare Märkte ins Schlingern bringen.

Rainer Kayser, Ein Planet aus Diamant, Wissenschaft aktuell 26.08.2011


Das überlichtschnelle Neutrino verlässt die Bar.
 
Darauf sagt der Barkeeper: Überlichtschnelle Neutrinos werden hier nicht bedient!
 
Kurze Zeit später betritt das überlichtschnelle Neutrino die Bar.
 
* Die überlichtschnelle Bewegung eines Teilchens führt in der gewohnten Welt zur Umkehrung der Kausalität. Es bewegt sich also aus der Zukunft kommend in die Vergangenheit.
 

überlichtschnelle Neutrinos
23.10.2011
Das von Einstein geprägte Weltbild hat einen schweren Knacks bekommen. Nach der Speziellen Relativitätstheorie dürften sich alle Teilchen, die eine Ruhemasse haben, nie ganz mit Lichtgeschwindigkeit bewegen können. Masselose Teilchen wie die Photonen bewegen sich deshalb genau mit Lichtgeschwindigkeit. Theoretisch zulässige Tachyonen mit negativer Masse, was auch immer das sei, müssten sich immer schneller als das Licht fortbewegen und würden sich deshalb mit umgekehrtem Zeitpfeil bewegen, also von der Zukunft kommend in die Vergangenheit.

Neutrinos sind merkwürdige Teile. Sie werden - soweit hier nachweisbar - vorwiegend in der Sonne erzeugt, haben nur eine ganz geringe messbare Masse und reagieren kaum mit anderer Materie. Entsprechend schwierig ist ihr Nachweis und er gelingt vor allem in großen Flüssigkeitstanks oder Batterien von Bleiplatten, in denen die Zerfallsprodukte mit vielen Sensoren gelegentlich gemessen werden.

Auch das CERN-Forschungszentrum in Genf produziert Neutrinos, die es zielgerichtet zu einem Detektor in Italien schickt. Mehr als 15.000 Neutrinos sollen dort um 60 Nanosekunden schneller angekommen sein als die Polizei Lichtgeschwindigkeit erlaubt (1). Man glaubt an einen Messfehler. Der dürfte nicht auf zufälligen Fehlern beruhen, sondern müsste in handwerklichem Pfusch bestehen (2). Die allgegenwärtigen Besserwisser machen zum Beispiel geltend, dass die Forscher die Allgemeine Relativitätstheorie, die sich mit den Wirkungen der Gravitation befasst, nicht beachtet hätten (3).

Nachbar Andreas Stiller ist nicht nur Urgestein und Sparten-Chef bei der , Prozessor-Flüsterer und gelernter Physiker, sondern vor allem ein MacGuyver-Typ, wenn's ums Materielle und Existenzielle geht. Das merkt man auch seinem Aufsatz in der an (4), der tiefer in die Grundlagen steigt und herausarbeitet, dass es einen richtigen "Startschuss" für die Messungen gar nicht gibt, sondern dass dazu eine statistische Schablone verwendet wird. Damit könnten Messfehler bei einer späteren Überprüfung (5) erklärt werden

Es geht um die Welt des Kleinsten, also um die quantentheoretische Welt, die ganz überwiegend auf statistischen Analysen und Wellen statt Körpern beruht, die sich aber alle als zutreffend erwiesen haben.

Die Relativitätstheorie zur Beschreibung der großen Zusammenhänge in der Welt hat sich genauso bewährt wie die Quantentheorie zur Beschreibung der Zusammenhänge auf elementarer Ebene. Ihre Aussagen sind durch Messungen gesichert und beide können für sich Geltung beanspruchen. Eine vereinheitlichte Theorie, die beide unter einen Hut bringt, fehlt aber noch.

Das sowieso merkwürdige Neutrino könnte dazu verhelfen. Seine geringe Interaktion mit anderer massiver Materie ist außergewöhnlich, wenn es als "schweres" Baryon angesehen wird. Seine möglicherweise um die Lichtgeschwindigkeit herum schwingende Geschwindigkeit könnte es auch als ozzilierendes Teilchen zwischen gewohnter und negativer Materie erweisen. Das bleibt spannend! 


(1) Neutrinos schneller als das Licht - Einstein widerlegt? Heise online 23.09.2011

(2) Rainer Kayser, Neutrinos: Schneller als das Licht? Wissenschaft aktuell 26.09.2011

(3) Wirbel um Fehler bei den überschnellen Neutrinos, Heise online 17.10.2011

(4) Andreas Stiller, Einstein und die Neutrinos. Schneller als das Licht: Messfehler oder neue Physik? c't 22/2011

(5) Überschnelle Neutrinos: Überprüfung in vier bis sechs Monaten, Heise online 27.09.2011
 

zurück zum Verweis Cyberwelt

  

 
In der Cyberwelt geht es um das Skimming an POS- und Fahrkartenautomaten, um Kinderpornographie und einem Nachfolger von Stuxnet, der in die neue Ära der professionalisierten Industriespionage passt.


Skimming an Fahrkartenautomaten
23.10.2011

Wo immer sich die Kartendaten und PIN auch abgreifen lassen, da schlagen die Skimmer auch zu. Nach den POS-Terminals im Einzelhandel und ein massiver Angriff gegen eine Tankstelle in Castrop-Rauxel trifft es jetzt auch die Deutsche Bahn. Im März 2011 wurden rund zehn Fahrkartenautomaten in Oberhausen, Koblenz, Bielefeld und Mülheim (Ruhr) und jetzt ein weiterer im Hauptbahnhof von Mainz angegriffen.
 
Weiterer Skimming-Angriff auf DB-Fahrkartenautomaten, Heise online 18.10.2011
 
Dass die Methoden immer feiner werden, zeigt auch diese Meldung: Ein Elektroingenieur aus Deutschland rüstete gestohlene POS-Terminals so um, dass die Tastatureingaben und die Daten von den Zahlungskarten ausgespäht werden konnten. Die Übermittlung der ausgespähten Daten erfolgte per Bluetooth und soll noch in einer Entfernung von 100 Metern funktioniert haben.
 
Verurteilung: Deutscher baute Kartenterminals für Verbrecherbanden um, Heise online 17.10.2011


Darknet soll Lolita-City unbewohnbar machen
23.10.2011
Mit dem Projekt Darknet ruft Anonymous  auf zur "großen Jagd" gegen die Kinderpornographie und die Glotzer und Nutznießer des Missbrauchs Unschuldiger, deren Daten dann auch gleich veröffentlicht werden: Sie zeigen screen names, manchmal den mutmaßlichen Realnamen, Alter, Geschlecht, dazu bei einigen auch die IP-Adresse, die E-Mail-Adresse, die Postanschrift, den Skypenamen, die Twitteradresse, Homepage und dazu Webadressen von Bildern und einschlägigen Sites, die sie sich angesehen haben, sowie in mehreren Fällen auch die Zugehörigkeit zu Rape-Foren, Fetischseiten, etc.

Erinnern wir uns an die Debatte um die Websperren. Das BKA sollte Internetadressen mit kinderpornographischen Inhalten sammeln und die Zugangsprovider sollten sie sperren. Das Projekt wurde als der Einstieg in die Zensur, als Instrument der Kriminalisierung und als anfällig für Manipulationen, Denunziationen und falsche Verdächtigungen beschimpft.

Das soll bei einem zusammengewürfelten und selbstgekrönten Haufen wie Anonymous anders sein? Das fragt auch zu recht Thomas Pany bei .

Manifest Operation Darknet, YouTube 17.10.2011

Thomas Pany, Kinderpornografie: Anonymous will Lolita-City unbewohnbar machen, Telepolis 18.10.2011


W32.Duqu. Vorläufer des Nachfolgers von Stuxnet
23.10.2011

So bezeichnet Symantec einen vor allem bei Herstellern von Industriesteuerungsanlagen entdeckten Wurm zur gezielten Industriespionage, dessen Quelltext viel Ähnlichkeit mit Stuxnet haben soll und womöglich von denselben Entwicklern stammt. Die gefundene Version bleibt nach ihrer Ausführung zunächst 15 Minuten inaktiv und deinstalliert sich nach 36 Tagen.
Ansonsten handelt es sich um eine "normale" Malware, wie die Meldung bei Heise belegt und die ich deshalb im Wortlaut zitiere:
 
Vergleichbar mit modernen Trojanern wie ZeuS kommuniziert Duqu verschlüsselt mit einem Kommandoserver, bei dem der infizierte Rechner gesammelte Daten abliefert und neue Befehle abholt. So kann der Botnet-Betreiber auch weitere Software-Komponenten installieren. Dies scheint in einem Fall auch passiert zu sein: Symantec fand eine Schnüffelsoftware vor, die neben Screenshots und Tastatureingaben unter anderem auch Informationen über laufende Prozesse und Netzwerkfreigaben übermittelte.

Pikant ist die Tatsache, dass Duqu mit einem zum Zeitpunkt des Funds gültigen Zertifikat eines in Taipeh (Taiwan) ansässigen Unternehmens signiert war, das erst im August nächsten Jahres ausgelaufen wäre. Dazu haben Duqu-Entwickler laut Symantec den entsprechenden privaten Schlüssel gestohlen. Durch seine gültige Signatur konnte sich der Schädling als Kerneltreiber ins System integrieren, wodurch er zuverlässig bei jedem Systemstart ausgeführt wurde. Anschließend infizierte er Prozesse, indem er Funktionsaufrufe auf seine Schadroutinen umgeleitet hat.

Symantec, W32.Duqu. The precursor to the next Stuxnet, 20.10.2011

Neues Spionageprogramm der Stuxnet-Entwickler, Heise online 19.10.2011

Bei der Gelegenheit: Auch die BIOS-Trojaner erleben eine Wiedergeburt:

Die Rückkehr des BIOS-Trojaners, Heise online 12.09.2011.
 

zurück zum Verweis ... und der unkorrekte Rest

 
 

 
Stefan Prantl, der stellvertretender Chefredakteur der Süddeutschen Zeitung, kritisiert den Kapitalismus:

Alexander Dill, Die Redaktionen setzen Kapitalismus auf "Sell", Telepolis 22.08.2011 .

Darf man wieder vom Kapitalismus sprechen, ohne sich gleich zum Feind der liberallalaren Freiheit zu machen?

Rückschau als Vorschau. Hooffacker berichtet über die große Bankenkrise von 1931:

Gabriele Hooffacker, 80 Jahre Bankenkrise 1931: Großbanken gerettet, Demokratie verloren, Telepolis 19.09.2011.

Die eigentlichen Gewinner der Bankenkrise 1931 waren die Großbanken. Die Zahl der kleineren und mittleren Privatbanken hatte erheblich abgenommen, der Konzentrationsprozess praktisch zu einer "Sozialisierung", zur Bankenaufsicht und der staatlichen Stützung der großen Banken geführt. Die Devisenbewirtschaftung ... ermöglichte es, den Wechselkurs der Reichsmark im Ausland relativ stabil zu halten.

Mit Blick auf Griechenland lässt sie abschließend Harold James zu Wort kommen, der einen Europäischen Währungsfond, eine europäische Bankenaufsicht und eine europäische Fiskalpolitik fordert.

Für meinen nächsten Urlaub habe ich schon einmal ein paar Drachen und Lepten zurück gelegt.

Über das abenteuerliche Leben des sagenumwobenen deutschen Schattenmanns Richard Christmann berichtet Kompa:

Markus Kompa, Der Geheimagent für besondere Aufgaben, Telepolis 12.10.2011.

Der Bericht führt uns zurück ins Hitler- und Nachkriegsdeutschland, immer wieder nach Frankreich und Nordafrika. Spannende Lektüre.

Schweizer Wissenschaftler untersuchten 27 bei Banken oder Hedge-Fonds beschäftigte Händler mit 24 Psychopathen in deutschen Hochsicherheitskliniken und einer 24-köpfigen Kontrollgruppe mit unauffälligen Normal-Menschen, um die Hypothese <zu> prüfen, dass Börsenhändler mit Psychopathen vergleichbar sind, also ähnlich rücksichtslos und unkooperativ handeln wie diese ... Das Ergebnis ist noch schlimmer als die böswillige Vermutung: Die <Trader> waren deutlich unkooperativer als Psychopathen - von 40 Entscheidungen waren 12 unkooperativ, bei den Psychopathen 4,4 und bei den "Normalen" gerade einmal 0,2. Die professionellen Börsenhändler waren also misstrauischer und gingen eher davon aus, dass der Mitspieler egoistisch handelt, weswegen sie dies auch eher machen.

Florian Rötzer, Zocken Psychopathen an den Börsen? Telepolis 26.09.2011
 

zurück zum Verweis Anmerkungen
 


(1) Bei Telepolis wurde unlängst auch eine SF-Kurzgeschichte von Yuriko Yushimata veröffentlicht, auf die ich nur in diesem Anmerkungskeller eingehe:

Yuriko Yushimata, Die Ankunft, Telepolis 10.09.2011.

Es handelt sich um eine Grusel-Story, in der ein in Stasis gehaltenes, außerirdisches Versuchs-Viech endlich die Erde erreicht, um neues Fressen in Form von Menschen zu bekommen. Selbst wenn die biochemische Entwicklungsgeschichte dieses Viechs sehr ähnlich zu der auf der Erde gewesen wäre, wäre es unwahrscheinlich, dass es Menschen überhaupt, ohne Durchfall oder Kotzen verdauen könnte. In Wasser gelöste Kohle dürfte ihm viel verträglicher sein, wenn sein Stoffwechsel (wofür vieles spricht) auf Kohlenstoff basiert.
 

zurück zum Verweis Cyberfahnder
© Dieter Kochheim, 11.03.2018