SIS-Fahndung |
|
|
Schengener Informationssystem - SIS |
|
Richtlinien für das Straf- und
Bußgeldverfahren - RiStBV
Anlage F
Richtlinien über die internationale Fahndung nach Personen, einschließlich
der Fahndung nach Personen im Schengener Informationssystem
|
|
I. Allgemeines
|
|
|
|
1. Grundsätzliches |
|
1. Die internationale Fahndung nach Personen, deren Aufenthalt nicht
bekannt ist, kann durch Interpol, im Schengener Informationssystem (SIS)
und durch gezielte Mitfahndungsersuchen an andere Staaten veranlasst
werden. International ist auch die Ausschreibung zur
Aufenthaltsermittlung möglich.
Die internationale Fahndung darf nur beantragt werden, wenn gleichzeitig
die nationale Fahndung im Informationssystem der Polizei (
INPOL) betrieben wird und beabsichtigt ist, im Falle der Ermittlung
des Verfolgten ein Auslieferungsersuchen anzuregen.
|
2. Die internationale Fahndung soll in den Vertragsstaaten des
Schengener Durchführungsübereinkommens (SDÜ; BGBl. 1993 II S. 1013) grundsätzlich im Schengener Informationssystem erfolgen. Vertragsstaaten
sind derzeit neben der Bundesrepublik Deutschland Belgien, Frankreich,
Luxemburg und die Niederlande. Weitere Vertragsstaaten sind
Griechenland, Italien, Portugal und Spanien, deren Beitritt in Kürze
wirksam werden wird.
Die internationale Fahndung im Schengener Informationssystem wird
veranlasst, wenn eine deutsche Behörde die Strafverfolgung oder die
Vollstreckung einer Freiheitsstrafe oder einer freiheitsentziehenden
Maßregel der Besserung und Sicherung gegen eine Person betreibt, deren
Aufenthalt nicht bekannt ist, es sei denn es liegen Anhaltspunkte vor,
dass sich die gesuchte Person nur im Inland aufhält.
Eine Beschränkung der Fahndung auf ein Land oder mehrere Länder ist im
Schengener Informationssystem nicht möglich.
|
|
|
|
3. Im übrigen erfolgt die internationale Fahndung durch Interpol. Sie kann veranlasst werden, wenn eine deutsche Behörde die Strafverfolgung oder die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe oder einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung gegen eine Person betreibt, die sich vermutlich im Ausland aufhält. Sie kann auf Länder, Ländergruppen oder Fahndungszonen beschränkt werden. Bei der Entscheidung über die Fahndung sowie bei der Festlegung der Länder, Ländergruppen oder Fahndungszonen, in denen gefahndet werden soll, ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten. 4. Eine Interpol-Fahndung ist in den Staaten des Schengener Informationssystems grundsätzlich nicht möglich. Ausnahmen regelt
Abschnitt II, Nummer 2, 3. Absatz.
Fahndungen im Schengener Informationssystem und - für andere als Schengener
Vertragsstaaten - durch Interpol sind nebeneinander möglich.
Besonderheiten gelten für die gleichzeitige Ausschreibung zur Fahndung
im Schengener Informationssystem und in sonstigen europäischen
Nachbarstaaten (vgl.
Abschnitt IV., Mischfälle).
|
5. Staaten, die Interpol nicht angehören (vgl.
Länderteil der
RiVASt), werden vom Bundeskriminalamt zur Mitfahndung ersucht, wenn die betreibende Behörde dies ausdrücklich verlangt und Anhaltspunkte vorliegen, dass sich der Verfolgte in diesem Staat aufhält.
6. Ist der Behörde, die eine internationale Fahndung veranlasst, bekannt, dass der Verfolgte auch von anderen Strafverfolgungs- oder Strafvollstreckungsbehörden gesucht wird, unterrichtet sie diese. |
|
II. Fahndung im Schengener Informationssystem |
|
1. Das Schengener Informationssystem (SIS) ist als
Ausgleichsmaßnahme zum Abbau der Personenkontrollen an den Binnengrenzen
der Schengener Vertragsstaaten errichtet worden. Durch einen
einheitlichen, grenzüberschreitenden Fahndungsraum soll ein mögliches
Sicherheitsdefizit durch den Grenzabbau so gering wie möglich gehalten
werden. Im Hinblick hierauf ist daher in jedem Fall nationaler Fahndung
zu prüfen, ob nicht auch eine Fahndung im SIS veranlasst ist. Diese
Prüfung ist auch bei der Verlängerung der nationalen Fahndung
vorzunehmen.
Eine Ausschreibung im SIS nach
Art.
95 SDÜ stellt ein Ersuchen um vorläufige Festnahme zum Zweck der
Auslieferung dar (
Art. 64 SDÜ). Die Verantwortung für die Zulässigkeit der
Ausschreibung trägt die Behörde, die die Fahndung betreibt.
Eine weitere Prüfung der Zulässigkeit der Ausschreibung findet - im
Gegensatz zur Interpol-Ausschreibung - in der Regel nicht statt. Die
Prüfung der Auslieferungsfähigkeit erfordert daher besondere Sorgfalt.
|
2. Ist eine Entscheidung über die Auslieferungsfähigkeit nicht möglich,
ist eine Anfrage an die betreffenden Vertragsstaaten zu richten
(Konsultationsverfahren,
Art.
95 Abs. 2 SDÜ). In diesem Fall ist der obersten Justizbehörde zu
berichten. Dem Bericht ist eine beglaubigte Mehrfertigung des
Haftbefehls oder des vollstreckbaren Straferkenntnisses beizufügen. In
Eilfällen kann die Anfrage und die Übermittlung der für die Entscheidung
über die Auslieferungsfähigkeit erforderlichen Unterlagen unmittelbar
über die nationale SIRENE (Abkürzung für: Supplementary Information
Request at the National Entry) im Bundeskriminalamt erfolgen. Die
oberste Justizbehörde ist gleichzeitig zu unterrichten.
Eine Ausschreibung im SIS ist grundsätzlich nur einheitlich im
gesamten Vertragsgebiet möglich. Das Verbot der Auslieferung eigener
Staatsangehöriger kann dabei unberücksichtigt bleiben, weil
entsprechende Fahndungen in den Heimatstaaten automatisch mit einem
Vorbehalt versehen sind. Sollten sonstige Auslieferungshindernisse in
einem oder mehreren Staaten bestehen, kann in den übrigen Staaten nicht
im SIS, sondern nur durch Interpol gefahndet werden.
|
|
|
|
3. Das Ersuchen um internationale Fahndung im SIS ist unter Verwendung
des Vordrucks KP 21/24
(2)
sowie der ergänzenden Begleitpapiere für Informationen gemäß
Art.
95 Abs. 2 SDÜ an die für die Dateneingabe zuständige
Polizeidienststelle zu richten. Der Vordruck und die Begleitpapiere sind
soweit möglich vollständig und ohne Bezugnahme auf Anlagen auszufüllen.
Bei der “Sachverhaltsschilderung" ist die Darstellung der Modalitäten
der Tatbegehung von besonderer Bedeutung. Eine bloße Bezugnahme auf den
Haftbefehl reicht für die "Sachverhaltsschilderung" nicht aus.
Dem Ersuchen ist eine beglaubigte Mehrfertigung des Haftbefehls oder
des vollstreckbaren Straferkenntnisses beizufügen.
4. In besonders dringlichen Fällen versieht der
Staatsanwalt zum Zwecke der beschleunigten Behandlung durch die
ersuchten Vertragsparteien das Formblatt mit einem entsprechenden
Hinweis.
Dringende gezielte Fahndungen, die vor Vorliegen der Fahndungsunterlagen
geboten sind, können auch in den Vertragsstaaten des Schengener
Durchführungsübereinkommens nur über Interpol veranlasst werden (vgl.
hierzu die Hinweise zur Eilfahndung im Abschnitt Interpol-Fahndung).
|
5. Die Pflicht zur Überprüfung, Änderung und gegebenenfalls Löschung der
Ausschreibung (
Art. 105, 106 SDÜ) obliegt der ausschreibenden Stelle. Diese hat bei
der jährlich erforderlichen Überprüfung, ob die nationale Fahndung zu
verlängern ist, auch die SIS-Fahndung auf deren Aktualität zu
überprüfen. Besteht nur eine nationale Fahndung, so ist bei deren
Überprüfung immer auch zu überlegen, ob zusätzlich eine SIS-Fahndung zu
veranlassen ist.
Die ausschreibende Stelle unterrichtet bei Erledigung der
Ausschreibung die für die Eingabe zuständige Polizeidienststelle. |
|
III. Fahndung durch Interpol |
|
1. Das Ersuchen um internationale Fahndung durch Interpol ist unter
Verwendung des Vordrucks IKPO Nr. 1 mit einer Mehrfertigung über das
Landeskriminalamt an das Bundeskriminalamt zu richten. Der Vordruck ist
soweit möglich vollständig und ohne Bezugnahme auf Anlagen auszufüllen.
Dem Ersuchen sind beizufügen:
1. |
Fingerabdruckblatt und Lichtbilder des
Verfolgten - zweifach -, falls vorhanden und zur Identifizierung
erforderlich, und
|
2. |
eine beglaubigte Mehrfertigung des Haftbefehls
oder des vollstreckbaren Straferkenntnisses. |
Das Landeskriminalamt ergänzt gegebenenfalls den Vordruck.
2. Wird schon vor Übersendung der Unterlagen gemäß Nummer 1,
beispielsweise fernschriftlich, das Bundeskriminalamt unmittelbar um
sofortige Einleitung der internationalen Fahndung ersucht, so hat das
Ersuchen folgende Angaben zu enthalten:
|
1. |
möglichst genaue Angaben über den Verfolgten
(Geburtstag und -ort, Namen der Eltern, Staatsangehörigkeit,
Personenbeschreibung, Ausweis- oder Passdaten),
|
2. |
die Haftbefehlsdaten mit dem Namen des Richters
|
3. |
eine kurze Darstellung der Straftat unter Angabe
des Tatorts und der Tatzeit
|
4. |
die Erklärung mit dem Namen des die Fahndung
veranlassenden Staatsanwalts, dass bei gleichbleibender Sach- und
Rechtslage im Fall der Ermittlung des Verfolgten ein
Auslieferungsersuchen angeregt werden wird, sowie
|
5. |
die Länder, Ländergruppen oder Fahndungszonen, in
denen gefahndet werden soll. |
3. Die Löschung der Fahndung soll erst nach der Übernahme des
Verfolgten durch die deutschen Behörden veranlasst werden.
4. Endet die nationale Fahndung durch Fristablauf, ist dem
Bundeskriminalamt gemäß Nr. 6 RiVASt unverzüglich mitzuteilen, dass von
dort aus die bestehende internationale Fahndung zu widerrufen ist.
|
|
IV. Fahndung im SIS und durch Interpol |
|
1. Soll in den Schengener Vertragsstaaten und in einem oder mehreren der
in den Begleitpapieren zum Vordruck KP 21/24 genannten europäischen
Nachbarstaaten gefahndet werden, so ist nur der Vordruck KP 21/24 mit
den ergänzenden Begleitpapieren auszufüllen. Bei den Nachbarstaaten kann
die Fahndung auf einen oder mehrere Staaten beschränkt werden.
Soll nur in einem oder mehreren dieser europäischen Nachbarstaaten
gefahndet werden (ohne SIS-Fahndung), so ist jedoch das Formblatt IKPO
Nr. 1 zu verwenden.
|
2. Soll die Fahndung sowohl im Gebiet der Schengener Vertragsstaaten als
auch in weiteren, nicht zu den europäischen Nachbarstaaten zu
rechnenden Staaten über Interpol veranlasst werden, so ist sowohl der
Vordruck KP 21/24 mit den ergänzenden Begleitpapieren als auch der
Vordruck IKPO Nr. 1 auszufüllen.
|
|
V. Festnahme im Rahmen einer Nacheile |
|
Wird der Verfolgte im Rahmen einer Nacheile aufgegriffen, muss der
zuständigen ausländischen Behörde innerhalb von sechs Stunden (wobei die
Stunden zwischen Mitternacht und neun Uhr nicht mitzählen), ein Ersuchen
um vorläufige Festnahme zugehen (
Art. 41 Abs. 6 SDÜ).
|
|
|
VI. Ausschreibung zur Aufenthaltsermittlung |
|
Die Ausschreibung zur Aufenthaltsermittlung ist im Bereich des SIS (vgl.
Art.
98 SDÜ) durch den Vordruck KP 21/24 und im Rahmen von Interpol durch
IKPO Nr. 2 zu veranlassen.
|
|
|
VII. |
|
Die Richtlinien treten am 1. Oktober 1993 in Kraft.
|
|
|
Anmerkungen |
|
(1) Der
vollständige Text der RiStBV und ihrer Anlagen ist verfügbar bei dem
Brandenburgischen Vorschriftensystem - BRAVORS,
RiStBV
Der Text verfügt leider über keine internen "Anker" (Textmarken), so
dass er sich nicht zum Zitieren eignet. Die Anlage F wurde unverändert
übernommen, unnötige Leerzeichen entfernt und dem Layout des
Cyberfahnders angepasst.
Siehe auch
Schengener Informationssystem
(2)
Ausfüllanleitung aus NRW,
Muster
|
|
|
Cyberfahnder |
|
© Dieter
Kochheim,
11.03.2018 |