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Mai 2012 |
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Dialer und Firmenmäntel |
Auch der Berichterstatter scheint noch nicht so recht seine Position und Rolle gefunden zu haben. Er eiert. Solche Berichte kann man Mal lustig - oder jedenfalls beachtlich - finden, muss man aber nicht ständig haben: BreakingNews, SMS-Chat-Prozess nunmehr in zwei getrennten Beweisaufnahmen fortgesetzt, kiel211.de 18.03.2012.
Kommen
wir deshalb zurück zum BGH! |
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No Deal of Dialer | |||
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Dem Spuk hat der Gesetzgeber inzwischen ein Ende bereitet, Registrierungspflichten und Inkassoverbote eingeführt. Das nicht zuletzt auf dem Hintergrund, dass die seinerzeit eingesetzten Dialer ihre Aktivitäten gerne verschwiegen und sogar ihre Formen wandelten. Als Basis-Malware nisteten sie sich ungefragt und heimlich ein und öffneten sich anschließend als freundliche Helfer, die alle ihre hilfreichen Funktionen erst mit der ausdrücklichen Zustimmung des Anwenders einrichten würden. Das steht hinter dem Begriff "Autodialer" und das bedeutet: Heimliche Abzocke - so wie später die Göttinger Abofalle funktioniert hat. Bei einem Schaden von rund 12 Mio. Euro hat das Landgericht Osnabrück 2011 den geständigen Hauptangeklagten wegen banden- und gewerbsmäßigen Computerbetruges ( §§ 263a Abs. 2, 263 Abs. 5 StGB) zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde (1). Die Einzelheiten der eingestzten Malware hat der BGH nicht erörtert (2) und die zu milde Strafe nur am Rande kritisiert <Rn 22>. Zum interessanten materiellen Cybercrime-Strafrecht äußert sich das Urteil nur knapp <Rn 20, 21>: Im Falle eines erneuten Schuldspruchs wird näher auf eine Abgrenzung zwischen Betrug und Computerbetrug Bedacht zu nehmen sein und zudem können nähere Erörterungen dazu angezeigt sein, inwieweit eine etwaige Beteiligung des Angeklagten als Mittäter an den Betrugstaten sich auch auf den Tatbestand der Datenunterdrückung erstreckte. Bei der Abgrenzung zwischen Betrug ( § 263 StGB) und Computerbetrug ( § 263a StGB) kommt es darauf an, ob ein Mensch getäuscht und dadurch zu einem unbedarften Eingaben oder einen Mausklick mit kostenpflichtiger Folge veranlasst wurde (zuletzt: Abofallen) oder ob ein Datenverarbeitungsvorgang manipuliert und dadurch der rechtswidrige Vermögensgewinn ausgelöst wurde. Betrug käme also dann in Betracht, wenn der Dialer nach unzutreffenden Versprechungen vom Anwender selber installiert wurde, und Computerbetrug, wenn die Installation ohne Zutun des Anwenders heimlich erfolgte. Der Hinweis auf die Datenunterdrückung bezieht sich auf § 303a Abs. 1 StGB. In Unkenntnis der Einzelheiten verbieten sich Spekulationen. Einen breiten Raum im Urteil des BGH nehmen die Ausführungen zur durchgreifenden Verfahrensrüge der Staatsanwaltschaft ein. Der Vorsitzende des Gerichts war befangen und die Zurückweisung des staatsanwaltschaftlichen Ablehnungsgesuches hätte nicht verworfen werden dürfen. Der Fall ist ein plakatives Beispiel dafür, wie sich ein Gericht durch entgegenkommende Milde bei einem Angeklagten anbiedert. Am ersten Verhandlungstag wurde über eine Verständigung verhandelt, wobei wegen drei der vier Angeklagten ein Einverständnis erzielt wurde. Darauf verlas der Verteidiger des verbleibenden Hauptangeklagten eine Erklärung und der Angeklagte beantwortete Fragen des Gerichts. Sein Verteidiger erklärte danach, der Angeklagte wolle keine weiteren Fragen beantworten <Rn 5>. Der Vorsitzende drängte auf einen schnellen Verfahrensabschluss und darauf, dass nur ein einziger Polizist als Zeuge gehört werden solle. Darüber kam es zum Disput. Als daraufhin der Staatsanwalt seine abweichende Auffassung wiederholte, warf der Vorsitzende ihm ungehalten vor, sich "unanständig" zu verhalten und die anderen Verteidiger "in Sippenhaft zu nehmen" <Rn 6>. Für Fragen der Staatsanwaltschaft an den Angeklagten ließ der Vorsitzende zehn Minuten Zeit. Nach dieser Zeit beendete er die Fragen des Staatsanwalts und wies darauf hin, die Kammer werde nach eigenem Ermessen über die Abladung von Zeugen entscheiden und erwarte für den nächsten Sitzungstag die Schlussvorträge. Unmittelbar da-nach unterbrach er die Sitzung bis zum eine Woche später liegenden nächsten Verhandlungstag <Rn 6>.
Der
Staatsanwalt lehnte darauf außerhalb der Haupthandlung, aber zulässig,
den Vorsitzenden wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Das Meint auch der
BGH <Rn 12>: Der geschilderte Fall ist ein extremes Beispiel für ein schuldunangemessenes Entgegenkommen gegenüber einem Angeklagten. Je komplizierter eine Materie ist, desto geneigter sind viele Gerichte, Milde wlten zu lassen. Das ist auch nicht falsch, weil der unsinnige Einsatz von personellen Ressourcen im Strafverfahren kann nicht der Sinn der Sache sein. Bei einem Schaden von 12 Mio. Euro konnte eine Freiheitsstrafe mit Strafaussetzung zur Bewährung auch bei einem umfassenden Geständnis (was nicht erfolgte) und anderen Strafmilderungsgründen nicht ernsthaft erwogen werden (3). Die Kehrseite davon ist: Je länger die Taten zurückliegen, desto schwieriger wird die Aufklärung und desto milder das Ergebnis. Das ist auch einer der Gründe dafür, dass die Staatsanwaltschaft zurückhaltender mit Rechtsmitteln umgeht. Das war hier unumgänglich. (1) Osnabrück: Höxteraner wegen Computerbetrugs verurteilt, Mindener Tageblatt 22.06.2011 (2) BGH, Urteil vom 29.03.2012 - 3 StR 455/11
(3)
Vermögensverlust großen Ausmaßes und die Strafzumessung, 24.03.2012 |
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Firmenmantel und Mittäterschaft beim Betrug | |||
Die Angeklagten erwarben eine solche Aktiengesellschaft nach Schweizer Recht (1), deren Aktien sie unter der Vorspiegelung, es handle sich um ein im Bereich regenerativer Energien erfolgreich tätiges Unternehmen, an gutgläubige Kapitalanleger verkaufen wollten <Rn 3>. An dem dann ab Mai 2008 stattfindenden Telefonvertrieb der Aktien durch N. , L. und K. waren die Angeklagten nicht mehr beteiligt. Gewonnen werden konnten etwa 80 Anleger; es entstand ein Gesamtschaden von ca. 1.100.000 € <Rn 6>. Im Zusammenhang mit dem Erwerb eines Firmenmantels, den andere Mittäter dann für betrügerische Fahrzeugkäufe nutzten, hat der BGH 2008 eine weite Fassung der Mittäterschaft beim nur im Vorbereitungsstadium handelnden Komplizen vorgestellt (2). Der 3. Strafsenat verlangt jetzt eine genauere Aufklärung über Willensrichtung der Tatbeteiligten. Die Komplizen, deren Wille auf einer bloßen Förderung fremden Handelns gerichtet ist, bleiben dabei schlichte Gehilfen ( § 27 StGB) (1) <Rn 8>:
Bei Beteiligung mehrerer Personen, von denen nicht jede sämtliche
Tatbestandsmerkmale verwirklicht, handelt mittäterschaftlich, wer seinen
eigenen Tatbeitrag so in die Tat einfügt, dass er als Teil der Handlung
eines anderen Beteiligten und umgekehrt dessen Handeln als Ergänzung
des eigenen Tatanteils erscheint (Fischer, StGB, 59. Aufl., § 25 Rn. 12
mwN). Ob danach Mittäterschaft anzunehmen ist, hat der Tatrichter
aufgrund einer wertenden Gesamtbetrachtung aller festgestellten Umstände
zu prüfen; maßgebliche Kriterien sind der Grad des eigenen Interesses
an der Tat, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder
wenigstens der Wille dazu, so dass die Durchführung und der Ausgang der
Tat maßgeblich auch vom Willen des Betreffenden abhängen (st. Rspr.;
vgl. Eine Auseinandersetzung mit der nicht abgelegenen Entscheidung aus 2008 (2) findet nicht statt. Das muss keine böse Absicht sein. |
Cyberfahnder | |
© Dieter Kochheim, 11.03.2018 |