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August 2008
allg Meldung 26.08.2008  
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Peter Mühlbauer berichtet in von einem Hobbyhistoriker (1), der herausgefunden haben will, dass der in Korruptionsvorwürfen verstrickte, frühere Aufsichtsratschef der Siemens AG, Heinrich von Pierer, eigentlich Heinrich Pierer von Esch heißen müsste, einen gekauften Adelstitel trage und standesungemäß das "von" vor seinen bürgerlichen Namen geschoben habe.

Soweit zum Hintergrund, der keiner Meldung im Cyberfahnder wert ist (und in ).

Der zweite Teil wird schon interessanter. Ein Siemens-Justiziar, ein Mitarbeiter aus der Kommunikationsabteilung des Unternehmens und ein namhafter Rechtsanwalt sollen den Vertreter des Hobbyforschers unter Druck gesetzt und damit zu einer Unterlassungserklärung seines Mandanten in Bezug auf seine Forschungsergebnisse veranlasst haben. Dabei soll der Justiziar ... mit den "mannigfaltigen" Möglichkeiten seines Konzerns und "Unannehmlichkeiten" ... gedroht haben, wenn der nicht auf seinen Mandanten einwirke, seine Recherchen sein zu lassen.

Auch das wäre nicht als Meldung im Cyberfahnder geeignet.

Nach Pierers Rücktritt soll der Hobbyforscher gegen seinen Rechtsanwalt Strafanzeige wegen Nötigung erstattet haben, weil er durch dessen Drohung mit der Mandatsniederlegung und anderen Drängen zu der erzwungenen Unterlassungserklärung gezwungen worden sei. Gegen diesen Rechtsanwalt, also nicht dem Namhaften, der zusammen mit den Siemens-Funktionären aufgetreten sein soll, soll ein "Verfahren" eingeleitet worden sein, an dessen Ende er im Juni letzten Jahres ... 20.000 Euro für einen gemeinnützigen Zweck gezahlt habe und es eingestellt worden sei.
 

 
Die einzige Möglichkeit, wie das geht, ist eine (zunächst vorläufige und dann endgültige) Einstellung gemäß § 153a StPO und die geht nur, wenn die Staatsanwaltschaft und das für die Verurteilung zuständige Gericht (nach vorläufiger Beurteilung anhand der Aktenlage) davon überzeugt sind, dass der Angezeigte zwar verurteilt werden könnte, insgesamt aber eine so geringe Schuld trägt, dass eine milde Sanktion ausreicht und keine Strafe im Gesetzessinne nötig ist.

Dann macht die Meldung einen argumentativen Sprung, indem sie den namhaften Rechtsanwalt zitiert, der für Siemens tätig gewesen sein soll: Der Siemens-Anwalt ließ dazu erklären, dass Einstellung und Zahlung "ohne abschließende Klärung der Fakten" ergangen seien, weshalb sie keinen "Sanktionscharakter" hätten und er deshalb "zwingend als unschuldig zu bezeichnen" sei.

An dieser Stelle wird es lustig. Wenn der Anwalt des Hobbyforschers unter Druck bereit war, gegen die Interessen seines Mandanten zu handeln, so dass dieser eine fragwürdige Unterlassungserklärung gegeben haben soll, dann war dieser Anwalt jedenfalls nicht unschuldig im moralischen Sinne. Er ist nicht vorbestraft im rechtlichem Sinne, aber keineswegs frei von Sünde im biblischen Kontext.

Was gilt dann aber dann für den zwar namhaften, in diesem Zusammenhang aber namenlosen Anwalt, der die Mitarbeiter des Siemens-Konzern begleitet hat? Er hat tatenlos zugesehen, wenn man der Meldung folgt, dass einem Berufskollegen zugesetzt und gedroht wurde. Das ist keiner Verfahrenseinstellung wegen geringer Schuld würdig, sondern verlangt eher nach einem förmlichen Berufsverbot.

Dies ist ein extrem reflexiver Artikel in der Konjunktivform nach dem Motto: Nicht Genaues weiß man nicht. Wenn die behaupteten Fakten hingegen zutreffen, dann hat eine ganz große Schweinerei stattgefunden, die dem Anschein nach strafrechtlich nicht unter dem Gesichtspunkt einer geringen Schuld beerdigt werden kann.
 

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(1) Peter Mühlbauer, Der "Plattmacher". Wie ein Siemens-Anwalt einen Hobbyhistoriker mundtot machen wollte, Telepolis 26.08.2008
 

 

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© Dieter Kochheim, 11.03.2018