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Januar 2009
31.01.2009 Korruptionsbekämpfung
     
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Die Deutsche Bahn AG soll in den Jahren 2002 und 2003 Daten von 173.000 ihrer 240.000 Mitarbeiter an die Detektei "Network Deutschland" weitergegeben haben mit dem Ziel, schädigende Geschäfte ihrer Mitarbeiter über Scheinfirmen aufzudecken (1).

Im Deutschlandfunk weist der Korruptionsbeauftragte des Unternehmens, Wolfgang Schaupensteiner (2), darauf hin, dass in einer Reihe von Korruptionsfällen ... ein erheblicher Schaden entstanden sei.

Diese Personalie ist interessant. Schaupensteiner ist weder ein wildgewordener Controller noch ein verblendeter Vertriebsmensch, denen das Gespür für Verhältnismäßigkeitserwägungen, Arbeitnehmerrechte und Rechtsverletzungen abhanden gekommen ist. Er ist auch nicht nur einfach ein früherer Staatsanwalt, wie sich der Stern ausdrückt. Schaupensteiner ist der Frontmann bei der Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main gewesen, der als erster die Korruption als Schwerpunktaufgabe bekämpft und dafür Ermittlungsstrategien entwickelt hat. Dort wurde er später zum Oberstaatsanwalt befördert.

Dass die Deutsche Bahn diesen Menschen als ihren "Chief Compliance Officer" gewinnen konnte, ist beachtenswert und zeugt von Weitsicht.

Die üblichen Verdächtigen aus der politischen Öffentlichkeit heulen über einen Datenskandal und fordern den Rücktritt des Bahnvorstandes.

Die gleichen Forderungen wären laut geworden, wenn sich das Unternehmen nicht gegen seine ungetreuen Mitarbeiter gewandt und beträchtliche Schäden zulasten des Unternehmens ignoriert hätte. Schäden, die irgendwie hätten aufgefangen werden müssen und die sich schließlich in den Fahrpreisen wieder gefunden hätten.
 

 
Korruption und Diebstahl zulasten des eigenen Arbeitgebers rechtfertigen die außerordentliche Kündigung - es handelt sich nicht um Lappalien, sondern um schwerwiegende Rechtsbrüche im Zusammenhang mit den Arbeitsverhältnissen. Die Maßnahme soll zu rund 100 Verdachtsfällen geführt haben und das ist eine Menge.

Warum dazu allerdings eine auswärtige Detektei eingeschaltet werden musste, bleibt im Dunkeln.

Unglücklich und hilflos sind die Äußerungen des Unternehmens wegen der Unterrichtung der Mitarbeiter und des Betriebsrats. Im Zusammenhang mit der von Gesetzes wegen geforderten vertrauensvollen Zusammenarbeit hätte die Personalvertretung längst einbezogen werden müssen. Den ehrlichen Mitarbeitern hätte man auch einen lautstarken Dank aussprechen können.

Das ist das, was mich immer nervt, dieses von schlechtem Gewissen zeugenden unter der Decke halten, das in unsägliches Krisenmanagement mündet, wenn doch etwas bekannt wird - was unvermeidlich ist, sobald man gegen die ungetreuen Mitarbeiter offen vorgeht.

Jetzt wurde die Staatsanwaltschaft "eingeschaltet". Das ist das billigste Mittel, um sich weiterer Diskussionen dadurch zu entziehen, dass jetzt ein Verfahren schwebt. Die Verantwortung wird wie eine heiße Kartoffel der Strafverfolgung übergeben, die sich nun im juristischen Neuland tummeln darf. Sie wird wahrscheinlich zu dem Ergebnis kommen, dass Unternehmensdaten keine privaten Daten, sondern Daten des Unternehmens sind, die es jedenfalls dann auf verdächtige Umstände überprüfen darf, wenn schwerwiegende Rechtsverstöße, Schäden und Nachteile zu befürchten sind.

Die Fragen nach der Betriebskultur wird die Staatsanwaltschaft nicht ansprechen. Die scheint bereits missraten zu sein.
 

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(1) Bahn schaltet wegen Datenaffäre Staatsanwaltschaft ein, Heise online 30.01.2009

(2) Bahn verteidigt heimliche Überprüfungen, stern.de 29.01.2009

 

 

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© Dieter Kochheim, 11.03.2018