Innerhalb der deutschen Rechtsordnung stehen die Europäische
Menschenrechtskonvention und ihre Zusatzprotokolle, soweit ihnen der
Bundesgesetzgeber mit förmlichem Gesetz nach
Art. 59 Abs. 2 GG zugestimmt hat, im
Rang eines Bundesgesetzes
(...). Diese Rangzuweisung führt dazu, dass deutsche Gerichte die
Europäische Menschenrechtskonvention wie anderes Gesetzesrecht des
Bundes im Rahmen methodisch vertretbarer
Auslegung zu beachten und anzuwenden haben. Die
Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention und ihrer
Zusatzprotokolle sind in der deutschen Rechtsordnung aufgrund dieses
Ranges in der Normenhierarchie kein unmittelbarer verfassungsrechtlicher
Prüfungsmaßstab (vgl.
Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG;
§ 90 Abs. 1 BVerfGG). Ein Beschwerdeführer kann insofern
vor dem Bundesverfassungsgericht nicht unmittelbar die Verletzung eines
in der Europäischen Menschenrechtskonvention enthaltenen Menschenrechts
mit der Verfassungsbeschwerde rügen. Die Gewährleistungen der
Europäischen Menschenrechtskonvention beeinflussen jedoch die Auslegung
der Grundrechte und rechtsstaatlichen Grundsätze des Grundgesetzes. Der
Konventionstext und die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für
Menschenrechte können auf der Ebene des Verfassungsrechts als
Auslegungshilfen für die Bestimmung von Inhalt und Reichweite von
Grundrechten und rechtsstaatlichen Grundsätzen des Grundgesetzes dienen,
sofern dies nicht zu einer - von der Europäischen
Menschenrechtskonvention selbst nicht gewollten (vgl.
Art. 53 EMRK) - Einschränkung oder Minderung des
Grundrechtsschutzes nach dem Grundgesetz führt (...).
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Seit
mehreren Jahren besteht ein Kompetenzstreit zwischen dem Europäischen
Gerichtshof für Menschenrechte und dem Bundesverfassungsgericht über die
Auslegungshoheit bei den Menschenrechten. Der EuGH meint, er stehe über
allen nationalen Gerichten der Europäischen Union, und das BVerfG setzt
dagegen, dass es die Hüterin der Grundrechte ist. Soweit es um die
Menschenrechtskonvention und ihre Auslegung gehe, handele es sich um
einfaches Bundesrecht, das dem Grundgesetz nachgeordnet ist. Der EuGH
könne bei der Auslegung helfen, nicht aber für sich beanspruchen, über
dem Nationalen Verfassungsgericht zu stehen.
Es geht um einen tragischen und schmerzlichen Fall: Die Mutter eines
bei einem Verkehrsunfall getöteten Sohnes verlangt nach Strafverfolgung
und benennt aus ihrer Sicht die Verdächtigen aus einer politischen
Sekte. Die Strafverfolgungsbehörden meinen hingegen, alle
Ermittlungsmöglichkeiten ausgeschöpft zu haben und die von der
Streiterin gezogenen Schlüsse nicht beweisen zu können.
Die streitende Mutter beruft sich auf die Menschenrechtskonvention
und das BVerfG nimmt das zum Anlass, deren "nur" bundesrechtliche
Bedeutung hervorzuheben. Das Gericht führt zudem die Rechtsprechung des
EuGH zu den Anforderungen an strafrechtlichen Ermittlungen aus und
watscht mehrfach den Anwalt ab, der die Frau im Verfahren vor dem BVerfG
vertreten hat.
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Die Ermittlungen müssen zum einen prompt, umfassend,
unvoreingenommen und gründlich sein (...). Sie müssen darüber hinaus
geeignet sein, zur Identifizierung und Bestrafung der verantwortlichen
Person zu führen (...). Nicht jeder Ermittlungsfehler führt jedoch zu
einer Verletzung von Art.
2 EMRK, sondern nur ein Fehler, der den
Untersuchungszweck gefährdet, Todesursache und verantwortliche Person
festzustellen (...).
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