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Besonders
lesenswert ist die neue Folge Vorsicht, Kunde
in der Zeitschrift
(1).
Wie immer handelt es sich um einen Einzelfall: Eine Dreizehnjährige
bekommt unvermittelt eine "letzte außergerichtliche Mahnung" von web.de
über 20 €
(2). Sie versichert, nichts mit diesem Internetanbieter zu tun zu
haben und der Anschein spricht für sie. Ihr Vater kümmert sich.
Der Kundenservice dieses Anbieters ist ausschließlich über eine teure
Mehrwertdienstnummer erreichbar. Eine E-Mail des Vaters an das
"Info"-Postfach des Dienstes wird vom Roboter artig mit dem Bemerken
bestätigt, dass die Nachricht keine rechtliche Wirkung entfaltet.
Als nächstes meldet sich der Bayerische Inkasso Dienst mit einer
Forderung von jetzt 85,12 €. Auf den Widerspruch des Vaters, dass weder
ein Vertrag besteht noch überhaupt mit einer Dreizehnjährigen zustande kommen
konnte, kommt die Forderung nach einer Geburtsurkunde des Mädchens.
Als die
bei beiden
nachfragt, verweigern das Inkasso-Unternehmen und der Webanbieter
Auskünfte aus Gründen des Datenschutzes. Die Forderung wird schließlich
fallen gelassen. Es stellt sich heraus, dass die ersten Mahnungen wohl
per E-Mail an das Postfach gerichtet wurden, das bei web.de eingerichtet
worden war - von wem auch immer.
Eine kundenfreundliche Reaktion oder das Eingestehen eigener Fehler
erfolgt nicht. Anlass dazu gäbe es genug.
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Es liegt
eine
Ansammlung von Dreistigkeiten vor, wenn die Aussagen in der
stimmen - wovon
der Erfahrung nach auszugehen ist:
Web.de macht keine Identitätsprüfung und verlässt sich auf das, was der
angebliche Kunde online angibt. Identitätsdiebstahl ist für das
Unternehmen ein Fremdwort. Wer auf Identitätsprüfungen verzichtet, stellt
sich jedoch in die bedenkliche Nähe zum Anstifter zum Identitätsdiebstahl.
Wer
nur per Mehrwertdiensttelefonnummer erreichbar ist, gibt sich damit den
ersten Anschein eines hemmungslosen Abzockers. Vorliegend: Unwiderlegt.
Wer
eingehenden E-Mails die Rechtsverbindlichkeit abspricht und sich
gleichzeitig darauf beruft, seine Forderungen per E-Mail verkündet zu
haben, gehört wegen widersprüchlichen Verhaltens virtuell geohrfeigt.
Gleichwohl: Eine verbreitete Unsitte.
Anstelle eine Geburtsurkunde zu fordern hätte auch eine EMA-Anfrage
(3)
gemacht werden können - auf eigene Kosten natürlich.
Wenn ich Dreck am Stecken habe, dann berufe ich mich auf den
Datenschutz. Oder: Gelebtes schlechtes Gewissen.
Weitere Fremdwörter: Störungs- und Krisenmanagement. Wenn sich die
meldet, dürfte
bei allen Beteiligten inzwischen klar sein:
der Fall ist vorgeprüft und
Veröffentlichung und Bloßstellung erfolgen unverzüglich.
Das ist nicht dumm gelaufen, sondern besonders dumm angestellt. Bei dem
Unternehmen hätte ich mehr unternehmerische Professionalität erwartet.
Wie man sich doch täuschen kann.
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(1)
Georg Schnurer,
Verkehrte Welt. Beweislastumkehr à la Web.de, c't 18/2010, S. 62
(2)
Mit fragwürdigem Vertragsgebahren ist web.de schon wiederholt
aufgefallen, wie die
berichtet:
Web.de. Kritik
(3)
EMA: Einwohnermeldeamt
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