Der Antragsteller kann nicht verlangen, dass die in elektronischer
Form zum Handelsregister eingereichten Anträge und Eingaben ihm in
ausgedruckter Form zur Bearbeitung vorgelegt werden. Ein Eingriff in
seine richterliche Unabhängigkeit ist mit der angegriffenen Weigerung
nicht verbunden. <Rn 13>
Der Begriff "Maßnahme der Dienstaufsicht" im Sinne des
§ 26 Abs. 3 DRiG ist nach ständiger Rechtsprechung des
Dienstgerichts des Bundes im
Interesse eines wirkungsvollen Schutzes der richterlichen Unabhängigkeit
weit zu fassen. Es genügt jede Einflussnahme der Dienstaufsicht
führenden Stelle, die sich auch nur mittelbar auf die Tätigkeit des
Richters auswirkt. Erforderlich ist lediglich, dass ein konkreter Bezug
zu der Tätigkeit des Richters besteht ... <Rn 15>
Eine Verletzung der richterlichen Unabhängigkeit kommt durch
Maßnahmen in Betracht, die dazu bestimmt oder geeignet sind, die
richterliche Rechtsfindung durch psychischen Druck oder auf andere Weise
unmittelbar oder mittelbar zu beeinflussen. Ausgehen kann ein solcher
Einfluss auch von Anordnungen der Dienstaufsicht im Zusammenhang mit der
Benutzung von Geräten und Hilfsmitteln, die der Richter für seine Arbeit
benötigt. In den Schutzbereich der richterlichen Unabhängigkeit sind
nach ständiger Rechtsprechung des Dienstgerichts des Bundes nämlich
nicht nur die Endentscheidung, sondern alle der Rechtsfindung auch nur
mittelbar dienenden - vorbereitenden und nachfolgenden - Sach- und
Verfahrensentscheidungen einbezogen ... <Rn 19>
Aus der Unabhängigkeit -
Art. 97 GG - des Richters folgt, dass er grundsätzlich
seine Arbeit nicht innerhalb fester Dienstzeiten und nicht an der
Gerichtsstelle erledigen muss (
BGH, Urteil vom 25. September 2002 - RiZ(R) 2/01, NJW 2003,
282;
Urteil vom 16. November 1990 - RiZ(R) 2/90, BGHZ 113, 36,
38 f.). Das gilt aber nicht, wenn die Ausführung der ihm obliegenden
Dienstgeschäfte die Anwesenheit an der Gerichtsstelle erfordert. Denn
die richterliche Unabhängigkeit ist kein Standesprivileg der Richter (
BGH, Urteil vom 27. September 1976 - RiZ(R) 3/75 <Auszug>,
BGHZ 67, 184, 187). Erfordert die Bearbeitung der gemäß den
Anforderungen des Gesetzgebers in elektronischer Form vorliegenden
Eingaben zum Handelsregister die Anwesenheit des Richters an seinem
computergestützten Arbeitsplatz, liegt darin keine Beeinträchtigung der
richterlichen Unabhängigkeit durch die Dienstaufsicht. <Rn 24>
(2) |
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10-12-42
Die
Stellungnahme des Deutschen Richterbundes zur ausstehenden Neuregelung
der Vorratsdatenspeicherung ist klar, deutlich und zutreffend
(1).
Sie könnte von mir sein.
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10-12-44
Die PIN-Verifikation anhand des EMV-Chips lässt sich im Rahmen einer
Offline-Prüfung durch einen Man-in-the-Middle-Angriff aushebeln,
behauptet
eine britische Studie
(3),
auf die
verweist
(4).
Der EMV-Chip ist - nach dem nur in Deutschland verbindlichem
Maschinenlesbaren Merkmal - die weltweit propagierte Wunderwaffe, um
Zahlungskarten zu sichern und den leicht auslesbaren und kopierbaren
Magnetstreifen zu ersetzen. Er enthält ein kleines eigenes
Betriebssystem und gesicherte Daten.
Zweifeln lässt mich daran bereits, dass der Chip mit eigener
"Intelligenz", also Verarbeitungslogik ausgestattet wird. Sie eröffnet
die prinzipielle Möglichkeit, manipuliert, also umprogrammiert zu
werden. Meine Zweifel weiter genährt haben die Meldungen vom
Jahresanfang, dass fehlerhafte Chips einfach so von Geldautomaten geupdatet, also umprogrammiert werden können. Was Geldautomaten können,
können grundsätzlich auch kriminelle Angreifer.
Die jetzt beschriebene Lücke betrifft die Fähigkeit des EMV-Chips,
ohne Beteiligung des Rechenzentrums der kartenausgebenden Bank die
eingegebene PIN zu verifizieren. Diese Funktion wird bei instabilen
Online-Verbindungen (vor allem) im Einzelhandel benötigt.
Nach der Studie können im Offline-Verfahren die Daten aus dem
EMV-Chip einer gestohlenen Karte ausgelesen und mit einem
zwischengeschalten Gerät die Richtigkeit der vom Täter wahllos
eingegebenen PIN vorgegaukelt werden. Dabei liegt die Schwachstelle
darin, dass das Rechenzentrum am Ende auf die korrekte Prüfung im
EMV-Chip vertraut, ohne seinerseits die PIN zu prüfen. Das ist
eigentlich logisch.
Der EMV-Chip offenbart damit mehrere Mängel, die vorhersehbar waren:
Er
ist nachträglich programmierbar. Besser wäre es gewesen, wenn seine
zentralen Funktionen fest verdrahtet und deshalb unanfällig wären.
Er muss beschreibbare Teile haben
(5).
Die scheinen aber nicht hinreichend eingegrenzt zu sein.
Die
Online-Autorisierung ist genial. Die daneben eröffnete Offline-Prüfung
der PIN flunkert eine Scheinsicherheit vor. Man hätte statt dessen auch
das Abbuchungsverfahren ohne PIN zulassen können und sollen.
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10-12-43
Die richterliche Unabhängigkeit ist kein Standesprivileg, heißt
es im Urteil des Bundesdienstgerichtshofes, also des BGH, vom Oktober
(2).
Sie ist eine notwendige Voraussetzung für die Funktionstüchtigkeit der
Dritten Gewalt und reicht deshalb bis in den Bereich der Arbeitsumgebung
hinein. Sie ist aber kein Freibrief für eine völlig rahmenlose
Arbeitsgestaltung. Es gibt vom Gesetz vorgeschriebene Dienstgeschäfte,
die an der Gerichtsstelle geleistet werden müssen, wie die mündlichen
Verhandlungen und Entscheidungsverkündungen. Dasselbe gilt auch für das
elektronische Handelsregister. Es wurde 2007 vom Gesetzgeber eingeführt
und sieht keine manuelle Bearbeitung in Papierform vor. Deshalb gilt:
Dem Antragsteller steht ... ein Anspruch, zur Bearbeitung der
Eingaben von der Geschäftsstelle generell mit papiernen Ausdrucken
versorgt zu werden, nicht zu. ... Ein Anspruch des Richters gegenüber
der Justizverwaltung auf eine über das vom Gesetz- und Verordnungsgeber
vorgesehene Maß hinausgehende Gestaltung der Arbeitsgrundlagen besteht
nicht. <Rn 22>
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(1)
Sigrid Hegmann, Stellungnahme des Deutschen
Richterbundes zur aktuellen Diskussion um die Vorratsdatenspeicherung,
DRB Dezember 2010
(2)
BGH, Urteil vom 21.10.2010 - RiZ(R) 5/09
(3)
Steven J. Murdoch, Saar Drimer, Ross
Anderson, Mike Bond, Chip and PIN is
Broken, IEEE Computer Siciety 07.04.2010
(4)
Peter Muehlbauer, Britische Banken wollen
Cambridge-Universität zensieren, Telepolis 27.12.2010
(5)
Auch die dritte Spur des Magnetstreifens ist beschreibbar, um das Limit
und die Fehlversuche zu speichern. Die Spuren 1 und 2 sind hingegen
besonders stark magnetisiert, so dass sie nur mit nicht marktgängigen
Spezialgeräten überschreibbar sind.
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