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11-01-28
E-Mails vernichten täglich 40 Minuten Arbeitszeit und in keinen
Nachrichten wird mehr gelogen als eben in E-Mails. Das sind die
Grundaussagen einer Meldung bei
(1).
Über die gedankenlose, geradezu freche und aufdringliche Nutzung von
neuen Kommunikationsmedien hat sich schon 2002 Freyermuth erregt
(2).
Das begann bereits beim Fax: Nein, ein Fax ist nicht deshalb besonders
wichtig und muss sofort beantwortet werden, weil es ein Fax ist. Der
Übermittlungsweg ist nur besonders effizient und schnell. Auch eine SMS
muss nicht sofort beantwortet werden. Wir verhandeln nicht "unter vier
Augen" und müssen deshalb nicht unverzüglich reagieren.
Dasselbe gilt für E-Mails. Sie sind ein wunderbares Transportmittel
für Informationen, kommen (fast und meistens) in Echtzeit beim Partner
an und veranlassen ihn häufig genug zu nicht nur grammatisch und
orthographisch unüberlegten Reaktionen.
Schnelllebigkeit heißt nicht Gehirn abschalten und in die Tasten hauen.
Alle digitalen Informationen unterscheiden sich von Gespräch auch dadurch,
dass sie einfach konserviert werden können. Sie sind kein
interaktives Gespräch, an dessen Ende eine einverständliche Umarmung
oder eine wüste gegenseitige Beschimpfung erfolgt, sondern der Austausch
von Depeschen, die immer wieder gelesen, neu interpretiert und mit
wertenden Gefühlen unterlegt werden können. Nur der Erste, der eine
solche soziale Bombe platziert, hat alle Zeit und
Gestaltungsmöglichkeiten, den Effekt zu planen.
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Das beginnt
damit, wer direkt angesprochen wird, wer (offen) eine Kopie - CC -
erhält und wem hinterhältig eine geheime Kopie zugeschoben wird - BCC.
Empfänger und CC-Empfänger können daraus ablesen, wer alles in die
Kommunikation einbezogen wird und ein potenzielles Interesse an dem
Thema hat. Sender und BCC bilden hingegen eine konspirative Einheit, in
der der Sender dem BCC signalisiert: Ey, kuck, was ich getan habe
und dabei habe ich dich ganz heraus gehalten.
Auch das ist eine Lüge gegenüber den anderen Kommunikationspartnern.
Doch machen wir uns nichts vor: Soweit die digitale Kommunikation
konserviert ist, kann die Unterrichtung anderer auch später erfolgen.
Besonders
mit den Anhängen zu E-Mails kann - gerade im Geschäftsleben - eine
Informationsoffenheit vorgegaukelt werden, die nichts anderes als das
Abwälzen von Verantwortung ist: "Aber ich habe Sie doch informiert!"
Nein, ist zu entgegnen, ich wurde mit Informationen vollgeschüttet und
Sie haben auf mich die Verantwortung abgewälzt, daraus die wesentlichen
Inhalte selber heraus zu filtern.
Die Brisanz
der elektronischen Kommunikation liegt darin, dass ihre Schnelligkeit zu
Unüberlegtheit und zu einer gewissen Faulheit führt, dem Partner
wirklich etwas zu übermitteln. Dazu gehört eben Überlegung, ein Konzept
und eine Korrektur.
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