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Februar 2011 |
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Eskalationen in der dualen Welt |
Dieter Kochheim,
Eskalationen, 19.02.2011 |
11-02-41
Dieter Kochheim,
Eskalationen, 19.02.2011 |
WikiLeaks bekommt die vertraulichen Dokumente nicht von irgendwelchen Trenchcoatträgern in dunklen Ecken zugespielt, sondern über die Kommunikationsnetze. Das folgt aus seiner Tradition als Plattform, die weltweit Regimekritikern in totalitären Staaten die Veröffentlichung subversiver, peinlicher und auch gefährlicher Informationen ermöglicht. |
Eskalationen in der dualen Welt | ||
Das sind die guten Gründe dafür, dass Paget und seine Kollegen bei McAfee davon ausgehen, dass die Erscheinungsformen der Wirtschaftskriminalität, vor allem der Geldwäsche, und der Cybercrime immer weiter zusammenwachsen werden. Der Trend zum Zusammenwachsen kommt aus beiden Richtungen. Die Cyber-Kriminellen entdecken immer häufiger die klassischen Formen der Beutesicherung für sich und in der traditionellen Sparte werden zunehmend die Vorteile der Internetkommunikation und der digitalen Zahlungssysteme erkannt. |
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Schon jetzt ist sicher, dass die Vernichtung von WikiLeaks kein bleibender Erfolg sein wird. Längst haben sich neue Whistleblowing-Plattformen gebildet und ihre Betreiber haben aus dem Fall gelernt. Sie werden mehr technische Sicherungen einbauen, auf schillernde und angreifbare Exzentriker wie Assange verzichten und an seiner Stelle projektbezogene Aushängeschilder auftreten lassen, die gleich wieder aus dem Verkehr gezogen werden. Die unvermeidbare Vernichtung von WikiLeaks wird die Subversion vorantreiben.
Das hat Anonymous bewiesen. Im Gegensatz zum typisch deutschen
CCC-Verein, der sich als letzter Fahnenträger der akademischen
Hackerkultur und Retter aller Freiheitsrechte versteht, oder der
amerikanische Cult of the Dead Cow, der eigentlich lieber ein
Motorradclub geworden wäre, ist Anonymous eine modulare Bewegung, die
unerwartet ihre Schlagkraft bewiesen hat mit mächtigen DDoS-Angriffen
und einer professionellen Hacking-Kompetenz, die alle gängigen Methoden
erfolgreich anwendet. Anonymous präsentiert eine zivile Gegenmacht, die
sich der Administration und dem kommerziellen Establishment erfolgreich
entgegen stellt. Das ist keine kleine verschworene Gruppe, sondern eine
weltweite Bewegung mit eigenen politischen und Moralvorstellung, die
sich bislang als bemerkenswert stabil herausgestellt hat. |
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Ob man die WikiLeaks-Veröffentlichungen und die Anonymous-Aktionen vorbehaltlos befürworten kann, ist eine andere Frage. Ich neige bekanntlich zum abwägenden „Ja Aber“. Beide zeigen ungeachtet dessen einen selbstgerechten Freiheitsanspruch, der sich erfrischend von den Heimlichkeiten, Munkeleien und Seilschaften in der Tagespolitik und der Ökonomie im Mainstream abhebt. Eine institutionelle Selbstgerechtigkeit kennen wir sonst nur aus der Wirtschaft und von ihren Verbänden. Sie stilisieren gelegentlich Software- oder Kunstdiebe zu blutrünstigen Piraten und Verbrechern, kümmern sich um ihr Kerngeschäft und halten sich in gesellschaftlichen und politischen Fragen ganz neutral. Das waren sie nie, weil jedenfalls ihre Verbände mit großem Aufwand Lobby-Politik betreiben. Das Image als Saubermänner kratzen die Beispiele Stuxnet, Exploit-Händler
und das Dreigestirn Berico-HBGary Federal-Palantir nachhaltig an. Wer sind denn die Geldgeber für Stuxnet? Woher stammen das
Knowhow über industrielle Steuerungsanlagen und über Exploits, die noch
nach drei Jahren völlig unbekannt waren? Woher kommen die
Programmiererteams, die für mindestens zwei Jahre angeheuert wurden? Die
Analysen der Sicherheitsunternehmen, allen voran Symantec, sprechen
dafür, dass sie jedenfalls nicht aus der kriminellen Malwareszene
kommen. |
Der Cyberspace kennt – für sich betrachtet – keine zwingenden und justiziablen Regeln. Sie und ihre Sanktionen setzen gewöhnlich erst dann ein, wenn die Cyberrealität in die gewohnte Realität schwappt und in ihr Wirkungen hinterlässt. Beide Welten sind inzwischen so stark miteinander verwoben, dass sie sich nicht mehr – weder tatsächlich noch per bemühter Definition – voneinander trennen lassen. Das bedeutet aber auch, dass wir die materielle und die digitale Welt
als eine Einheit ansehen müssen. In der einen mag es abgelegene
Bergdörfer ohne Zugang zu Kommunikationsnetzen und in der anderen
hochgesicherte und abgeschottete Zirkel geben. Die großen Flächen in
beiden sind aber schon heute Schnittflächen, die sich gegenseitig
durchdringen.
Sicherheit ist unteilbar. Es gibt keine materielle Sicherheit, die von
der digitalen unabhängig ist; und umgekehrt. |
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Wie geht es weiter? | ||
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Mangelnde Entrüstung | ||
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Cyberfahnder | ||
© Dieter Kochheim, 11.03.2018 |