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Juni 2011
gezielte Angriffe; Bitcoins
     
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12.06.2011 
Florian Rötzer nimmt einen DDoS-Angriff gegen den französischen Atomenergie-Konzern EDF, zu dem Anonymous aufgerufen hat, zum Anlass, den Spiegel sekundär zu zitieren (1). Danach habe McAfee schon im April 2011 in einer Studie namens "In the Dark" davor gewarnt, dass künftig Energieunternehmen starken Angriffen ausgesetzt sein könnten und die Energieversorgung gefährdet sein könnte, wenn die Unternehmen keine besonderen Sicherheitsvorkehrungen treffen würden. Die primäre Quelle bei McAfee bleiben beide schuldig.

Das klingt richtig wichtig. Verschwiegene Quellen wirken immer geheimnisvoll und wissend.

Auch ohne Quellenangabe hatte darüber am 20.04.2011 tecchannel berichtet und damit den Cyberfahnder angespornt. Hier wurde deshalb am 22.04.2011 die deutschsprachige Quelle veröffentlicht (2).

Geht doch! Ist ganz einfach und tut nicht weh!
 

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12.06.2011 
Der Bundesverband Digitale Wirtschaft - BVDW - warnt vor Bitcoins als Zahlungsmittel (3).

Bitcoins - BTC - sind digitale und gleichzeitig anonyme Werteinheiten, die stark verschlüsselt sind und in einem offenen Peer-to-Peer-Netzwerk gegen andere Dienste und Leistungen getauscht werden können (4). Sie haben keine materielle (Edelmetall) oder abstrakte Wertbasis (geldwirtschaftliche Systeme unter volkswirtschaftlicher Absicherung), können nur durch dem Einsatz immer höherer Rechenleistungen erzeugt werden und bilden ihren Tauschwert durch schlichte Marktmechanismen, also Akzeptanz, Angebot und Nachfrage. Die aktuelle "Geldmenge" umfasst etwa 6,4 Millionen BTC (5). Ihr Tauschwert pro Einheit liegt gegenwärtig bei etwa 19 US-$, so dass der BTC-Geldmarkt zur Zeit auf etwa 122 Millionen US-$ beschränkt ist (6). Alle 10 Minuten kann (statistisch) ein neuer "Block" errechnet werden (7). Die Gesamt-BTC-Menge ist jedoch rechnerisch auf 6.929.999 Blocks und somit auf knapp 21 Millionen BTC begrenzt (8).

Bereits jetzt sind die BTC stark überbewertet. Sie sind zunächst 1:1 an der €-Währung ausgerichtet gewesen (9) und lassen ganz erhebliche Wechselkursschwankungen erwarten. Ihr System beruht auf einer normativen Mengengrenze, die nur auf einer mathematischen und veränderlichen Variablen fußt. Geldwirtschaftliche Kontrollinstrumente und eine Regulierung fehlen. Ihr Tauschwert wird allein vom Markt bestimmt.

Ein bislang einzelnes Beispiel belegt, dass das Transfersystem nicht vor Diebstahl schützt (9a): Ein Benutzer, der sich als Early Adopter bezeichnet, behauptet, ihm seien über Nacht etwa 25.000 Bitcoins (aktueller Wert rund 500.000 US-Dollar) gestohlen worden. Die Bitcoin-Tauschbörse Mt. Gox wurde anschließend wegen ihrer Sicherheitsmängel geschlossen (9b).

Ein anderer Trojaner nutzt die Rechenkapazitäten eines Botnetzes, um die schwierigen kryptographischen Rätsel zu knacken, die mit der Errechnung neuer Coins verbunden sind (9c). Die Cybercrime-Szene ist eben erfinderisch, wenn irgendwo Geld lockt.

Die Warnungen des BVDW sind deshalb nicht unberechtigt, zwar nicht, weil ein gesetzgeberisches Verbot oder der Niedergang der offiziellen Micropaymentsysteme droht (hallo Nachtigall!), sondern weil undurchsichtige und meistens irrational gesteuerte Marktsysteme zur Instabilität und zu starken Schwankungen neigen. Die an lockeren Leinen regulierten Börsen-, Wertpapier- und Kapitalmärkte haben das längst bewiesen.

Mühlbauer zeichnet hingegen in den großen Bogen, hebt die Anonymität des Systems hervor, das keine Rückabwicklung erfolgloser Zahlungen zu- und steuerliche Schätzungen erwarten lässt (10). Der Weg-ist-weg-Einwand erinnert mich an die konsequente russische Herangehensweise, die auch WebMoney zugrunde liegt: Mach Dein Geschäft! Ich kriege meinen Anteil! Und dann ist Ruhe! Allenfalls an den Schnittstellen, an denen Bitcoins in andere Werteinheiten umgetauscht werden, können die Inhaber identifiziert werden (10a).

Auch wenn Mühlbauer bei es nicht wahrhaben will (11): Die BTC sind ein ernsthaftes Zahlungsmittel nur für Internetkriminelle oder Spekulanten, die schwere Kursverluste schmerzfrei verkraften können. Dass sich Finanzinstitute als Wechselstuben zur Verfügung stellen, ist unverantwortlich und unverständlich genug. Vielleicht lockt einfach nur der schnelle Gewinn, möchte der Böswillige meinen.
 

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(1) Florian Rötzer, Panikmache gegen Hacktivisten, Telepolis 06.06.2011

(2) Sicherheitsstudien. Versorgungsunternehmen und Java, 22.04.2011

(3) BVDW warnt Verbraucher und Händler vor Bitcoins als Zahlungsmittel, BVDW 01.06.2011

(4) Bitcoin

(5) Was ist die aktuelle Gesamtzahl an existierenden Bitcoins?

(6) Mt. Gox (USD/Liberty Reserve) [Grafik]

(7) Warum muss ich zehn Minuten warten, bevor ich Geld ausgeben kann, das ich bekommen habe?

(8) Wie lange wird es dauern bis alle Münzen generiert sind?

(9) (8)

(9a) Florian Hofmann, Bitcoin-Diebstahl: Eine halbe Million US-Dollar weg? Heise online 15.06.2011;
Trojaner stiehlt virtuelle Währung, Heise online 17.06.2011.

(9b) Bitcoin-Tauschbörse nach Angriff geschlossen, Heise online 20.06.2011

(9c) Twitter-gesteuertes Botnetz schöpft BitCoins, Heise online 04.08.2011

(10) Peter Mühlbauer, Digicash 2.0, Telepolis 06.06.201

(10a) Ebenda (9a).

(11) Schattenwirtschaft
 

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© Dieter Kochheim, 11.03.2018