03.07.2011
Mit einem
tiefen Ausflug in den Allgemeinen Teil des Strafgesetzbuches löst der
BGH einen zunächst kompliziert wirkenden Streit um die
Zuständigkeit deutscher Strafgerichte
(1).
Die
Angeklagten hatten zunächst von 2000 bis 2003
in 78 Fällen Diamanten minderer Qualität zu überhöhten Preisen an
Privatanleger <verkauft> ... Zur Vorbereitung dieser Geschäfte wurde den
Kunden zunächst ein kleiner, weißer, hochwertiger Diamant angeboten,
verbunden mit der Garantie, diesen gegen Rückzahlung des Kaufpreises
zuzüglich eines Bonus (bis 10%) binnen weniger Monate zurück zu nehmen
(„Opening“). Kunden, die die Werthaltigkeit dieser Diamanten andernorts
überprüfen ließen, wurde die Angemessenheit des Kaufpreises bestätigt.
Sodann wurden den Kunden - zumeist gegen Verrechnung des für die nunmehr
zurückgenommenen hochwertigen Diamanten gezahlten Kaufpreises zuzüglich
der vereinbarten Boni - größere Diamanten geringerer Qualität aus der
gelblichen und bräunlichen Farbskala zu deutlich überhöhten Preisen
verkauft („Loading“).
Dafür verbüßte einer von ihnen Untersuchungshaft.
Dessen ungeachtet setzten sie unter Beteiligung einer weiteren Täterin -
als Gehilfin (
§ 27 Abs. 1 StGB) -
ab 2004 die Masche fort, allerdings unter dem Dach einer französischen
Firma, und betrogen mindestens 59 Leute aus Österreich und der
deutschsprachigen Schweiz. Als ausführende Täter handelten sie jedenfalls im Ausland
und ihre Opfer waren durchweg Ausländer.
Auch für
die Taten Deutscher im Ausland gilt nach
§ 7 Abs. 2 Nr. 1 StGB das deutsche Strafrecht, wenn die Tat am
ausländischen Tatort mit Strafe bedroht ist. Der BGH geht nur knapp auf
die insoweit einschlägigen § 146 des
Österreichischen Strafgesetzbuches und
Art. 146 des Schweizerischen Strafgesetzbuches ein <Rn 13> und
wählt
dann einen anderen Lösungsweg, weil auch ein inländischer Tatort besteht
<Rn 14>:
Die Taten der Angeklagten sind selbständige Verbrechen (
§ 12 Abs. 1 StGB) des gewerbsmäßigen Bandenbetruges gemäß
§ 263 Abs. 5 StGB.
Für jeden der mittäterschaftlich handelnden Angeklagten wird dort ein
Tatort begründet, wo einer von ihnen gehandelt hat (
§ 9 Abs. 2 StGB).
Das
gilt auch für die Handlungen, die sich gesehen nur
Vorbereitungshandlungen sind
(2).
Der
für sich strafbaren Vorbereitungshandlung der Verbrechensabrede (
§ 30 Abs. 2 StGB)
steht nicht entgegen, dass Zeit, Ort und Modalitäten der geplanten
Straftaten im Einzelnen noch offen blieben, denn die Verabredung eines
Verbrechens setzt nur voraus, dass sie ... in ihren wesentlichen
Grundzügen konkretisiert ist
(3).
Auch
die dritte, nur als Gehilfin vorgesehene Frau kann sich an einer Bande
beteiligen
(4),
ohne dass sie sich schon mit der Abrede im Vorbereitungsstadium
strafbar macht
(5).
Anders gesagt: An der Verbrechensabrede müssen sich mindestens zwei
Mittäter (
§ 25 Abs. 2 StGB) beteiligen
(6).
Bei der Tatbegehung zählt aber auch der Gehilfe zu der mindestens
dreiköpfigen Bande
(7).
Die
strafbare Vorbereitungshandlung der Verbrechensabrede (
§ 30 Abs. 2 StGB) tritt zwar subsidiär hinter dem vollendeten
Verbrechen zurück
(8).
Das
gilt aber nicht für den mit der Abrede begründeten Tatort, an der die
beiden Angeklagten als Mittäter beteiligt waren.
Elegante
Lösung!
(1)
BGH, Beschluss vom 14.04.2011 - 1 StR 458/10
(2)
Verweis auf
BGH, Beschluss vom 20.01.2009 - 1 StR 705/08.
(3)
Verweis auf
BGH, Urteil vom 28.06.2007 - 3 StR 140/07
(4)
Verweis auf
BGH, Beschluss vom 19.04.2006 - 4 StR 395/05
(5)
BGH, Urteil vom 04.02.2009 - 2 StR 165/08
(6)
Ebenda
(5)
(7)
BGH, Beschluss vom 22.03.2001 - GSSt 1/00, S. 22.
(8)
Verweis auf
BGH, Urteil vom 04.12.1992 - 2 StR 442/92.
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