Justizstatistik |
2009 |
2010 |
Amtsgerichte |
1.243.951 |
1.213.093 |
Landgerichte |
14.204 |
14.071 |
Gerichte insgesamt |
1.258.155 |
1.227.164 |
|
Staatsanwaltschaften |
4.705.021 |
4.610.969 |
|
Verfahren mit TKÜ-B. |
0,11 % |
0,12 % |
Verfahren mit Verk.dt.-B. |
0,20 % |
0,15 % |
|
gerichtl. anh. Ermittl.vf. |
26,7 % |
26,6 % |
|
TKÜ |
2009 |
2010 |
Diff. |
Verfahren |
5.301 |
5.493 |
+ 3,6 % |
Erstanordnungen |
17.208 |
17.351 |
+ 0,8 % |
Folgeanordnungen |
3.150 |
3.047 |
- 3,3 % |
Anteil der Folgean. |
18,3 % |
17,6 % |
|
|
Festnetz |
3.470 |
3.519 |
+ 1,4 % |
Mobilfunk |
16.376 |
16.510 |
+ 0,8 % |
Internet-TK |
759 |
997 |
+ 31,4 % |
|
BtM |
7.174 |
6.880 |
- 4,1 % |
Raub, Erpressung |
1.152 |
1.150 |
- 0,2 % |
Kapitaldelikte |
871 |
902 |
+ 3,6 % |
Bandendiebstahl |
1.006 |
829 |
- 17,6 % |
Betrug |
530 |
633 |
+ 19,4 % |
|
Verkehrsdaten |
2009 |
2010 |
Diff. |
Verfahren |
9.459 |
6.828 |
- 27,8 % |
Erstanordnungen |
15.707 |
12.239 |
- 22,1 % |
Folgeanordnungen |
519 |
337 |
- 35,1 % |
Anteil der Folgean. |
3,3 % |
2,8 % |
|
|
Katalogtaten |
14.714 |
11.663 |
- 20,7 % |
sonst. bes. schwere Taten |
1.458 |
835 |
- 42,7 % |
|
retrograde Daten |
15.287 |
11.078 |
- 27,5 % |
künftige Daten |
885 |
1.420 |
+ 60,5 % |
|
|
Das Bundesamt
für Justiz hat vor ein paar Tagen die statistischen Zahlen über die Überwachung der
Telekommunikation und die Providerauskünfte wegen Verkehrsdaten in
Ermittlungsverfahren aus dem
Jahr 2010 veröffentlicht
(1).
Die
Verfahren, in denen TKÜ-Maßnahmen angeordnet wurden, sind zwischen 2009
und 2010 um 3,6 % auf knapp 5.500 angestiegen (
Tabelle links Mitte). Der Anteil der überwachten Endgeräte je
Verfahren ist etwa auf gleichem Niveau geblieben (etwas mehr als 3
Endgeräte je Verfahren).
Vergleicht man diese
Zahlen mit
der Justizstatistik
(2),
die auch erst gerade veröffentlicht wurde, zeigt sich, dass etwa in
jedem Tausendsten Ermittlungsverfahren TKÜ-Beschlüsse erwirkt wurden (
Tabelle oben: 0,11 bzw. 0,12 %). Der Vergleich zwischen den
gerichtsanhängig gewordenen Ermittlungsverfahren und den Eingangszahlen
bei den Staatsanwaltschaften zeigt auch, dass fast drei Viertel aller
Verfahren ohne Anklage o.ä. abschließen, also eingestellt werden (
ebenda: 26,7 bzw. 26,6 %).
Traditionell die meisten TKÜ-Anordnungen betreffen den Mobilfunk (2010:
16.510 Anordnungen). Der
Grund dafür ist die empirische Tatsache, dass viele Verdächtige über
mehrere mobile Endgeräte verfügen und dass diese Ermittlungsmaßnahme vor
allem im Zusammenhang mit arbeitsteiligen Täterstrukturen in Betracht
kommt. Das belegen auch die Zahlen über die häufigsten Anlasstaten (
Tabelle links Mitte, untere Zeilen). Straftaten nach dem
Betäubungsmittelgesetz bilden die Spitze, Raub, Erpressung, Mord und
Totschlag folgen erst mit deutlichem Abstand. Während der
Bandendiebstahl als Anlasstat deutlich nachgelassen hat, sind die
schweren Formen des Betruges auf dem Vormarsch.
Um einem Irrtum vorzubeugen: Internet-Telekommunikation ist nicht
gleichzusetzen mit Quellen-TKÜ, sondern umfasst vor allem die Ausleitung
von DSL- und UMTS-Strömen. Die Quellen-TKÜ als solche wird nicht
statistisch erfasst
(3).
Die
Verfahren, in denen Beschlüsse über Verkehrsdatenauskünfte erwirkt
wurden, sind um 27,8 % zurückgegangen (
Tabelle links unten). Auch ohne wissenschaftliche Analysemethoden
kann das getrost als eine Reaktion der Praxis auf die Entscheidung des
BVerfG gegen die Vorratsdatenspeicherung gewertet werden, wie auch der
Rückgang bei den retrograden Verkehrsdaten zeigt (- 27,5 %). Wenn
vorausgesehen wird, dass die Maßnahme erfolglos bleibt, dann wird
vielfach auch der Arbeitsaufwand gescheut, der damit zusätzlich
verbunden ist.
Beide
Maßnahmen-Statistiken zeigen, dass die Folgeanordnungen deutlich hinter
den Erstanordnungen zurück bleiben. Daraus kann geschlossen werden, dass
die meisten Eingriffsmaßnahmen nur kurzfristig durchgeführt und ihre Auswirkungen auf ein
geringes Maß gehalten werden.
Folgeanordnungen in Bezug auf Verkehrsdaten machen nur Sinn, wenn es um
die laufende Protokollierung geht. Insoweit sind die Anordnungen
tatsächlich um 60,5 % angestiegen.
Die
Verkehrsdaten-Statistik weist keine Deliktsgruppen aus.
Den größten Anteil machen jedoch die "Katalogtaten" aus, also
schwere Straftaten
aus dem
Straftatenkatalog des
§
100a Abs. 2 StPO. Das lässt vermuten, dass die Verteilung ähnlich
sein wird wie bei der TKÜ-Statistik.
Die Zahlen
belegen, dass die Justiz sich wegen der schweren Eingriffsmaßnahmen auf
ein Promille der anhängigen Verfahren beschränkt, unter denen die
Verfolgung von Rauschgifthändlerbanden noch hervorsticht.
Der Rückgang bei den Verkehrsdatenerhebungen
kann als ein zweischneidiger Erfolg des Verbots der
Vorratsdatenspeicherung angesehen werden. Er zeigt auch, dass die
Aufklärung im Bereich der schweren Kriminalität deutlich nachgelassen
hat.
(1)
BAJ, Telekommunikationsüberwachung.
Übersicht TKÜ 2010, 29.07.2011
Übersicht TKÜ 2009, 28.10.2010
Übersicht Verkehrsdatenüberwachung 2010, 29.07.2011
Übersicht Verkehrsdatenüberwachung 2009, 28.10.2010
(2)
BJA, Geschäftsentwicklung bei Gerichten und
Staatsanwaltschaften von 2007 bis 2010, 20.09.2011
(3)
Man hört gelegentlich, dass es sie geben soll.
|