Ausländerrechtliche Folgen einer Tat sind regelmäßig keine
bestimmenden Strafzumessungsgründe (...). Dies gilt auch bei einer
zwingend vorgeschriebenen Ausweisung (...); anderes kann nur dann gelten,
wenn zusätzliche Umstände hinzutreten, die die Ausweisung als besondere
Härte erscheinen lassen (...). <Rn 8> |
Untersuchungshaft ist jedoch, jedenfalls bei Verhängung einer zu
verbüßenden Freiheitsstrafe, kein Strafmilderungsgrund (...).
Erstmaliger Vollzug von Untersuchungshaft (...) oder Krankheit während
der Untersuchungshaft (...) können allenfalls dann strafmildernd sein,
wenn damit ungewöhnliche, über die üblichen deutlich hinausgehende
Beschwernisse verbunden sind (...). Allein der Hinweis auf ein
eingeschränktes Wohlbefinden belegt dies nicht. <Rn 9>
(1) |
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Strafzumessungsrecht und besondere Folgen
der Strafe
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Nur
die lebenslange Freiheitsstrafe ist von unbestimmter Dauer (
§ 38 Abs. 1 StGB) und dauert mindestens 15 Jahre (
§§ 57a,
57b
StGB). Alle übrigen Freiheits- und Geldstrafen müssen genau
beziffert werden. Den Maßstab für die Strafe bildet die persönliche
Schuld, die den Täter trifft (
§ 46 Abs. 1 S. 1 StGB). In den Gerichtsverfahren geht es deshalb
ganz häufig nur um die Frage, welche Strafe "am Ende herauskommt", weil
davon auch andere Fragen abhängen wie die Strafaussetzung zur Bewährung
oder Schranken für die Berufstätigkeit.
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Dieser Streifzug gibt einen Überblick über die
verschiedenen Aspekte der Strafzumessung.
Strafzumessung ist eine unpräzise Angelegenheit. Die wichtigsten
Strafzumessungsgründe benennt
§ 46
Abs. 2 StGB:
die
Beweggründe und die Ziele des Täters,
die
Gesinnung, die aus der Tat spricht, und der bei der Tat aufgewendete
Wille,
das
Maß der Pflichtwidrigkeit,
die
Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat,
das
Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen
Verhältnisse sowie
sein Verhalten nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden
wiedergutzumachen, sowie das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem
Verletzten zu erreichen.
Mit diesen Instrumenten kann niemand wirklich
messgenau begründen, warum es für eine Straftat statt 3 Jahre 6 Monate
nur 3 Jahre 5 Monate geben muss oder statt 70 Tagessätzen Geldstrafe 75
Tagessätze.
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Strafrahmen |
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Deshalb ist es zunächst wichtig, den Strafrahmen
zu bestimmen. Ein Beispiel: Den "einfachen" Betrug bemisst der Gesetzgeber mit
Freiheitsstrafe bis 5 Jahre oder mit Geldstrafe (
§ 263 Abs. 1 StGB).
Die Geldstrafe wird in Tagessätzen verhängt. Sie beträgt mindestens
fünf ... volle Tagessätze, sagt
§ 40 Abs. 1 StGB.
Ein Tagessatz wird auf mindestens einen ... Euro festgesetzt,
ergänzt
§ 40 Abs. 2 S. 3 StGB. Somit reicht der Strafrahmen für einen Betrug
von 5 € Geldstrafe bis zu 5 Jahren Freiheitsstrafe. Begeht der Betrüger
mehrere Taten, muss für jede Tat eine Einzelstrafe bestimmt und die
höchste davon ist die Einsatzstrafe, die im Wege der
Gesamtstrafenbildung angemessen erhöht werden muss (
§ 53 Abs. 1 StGB). Die Höhe der Gesamtstrafe ist auf 15 Jahre
Freiheitsstrafe gedeckelt (
§ 54 Abs. 2 S. 2 StGB).
Der Strafrahmen gibt ein Gerüst für die Mindest- und die
Höchststrafen, liefert damit die Vorstellungen des Gesetzgebers über die
Schwere der betroffenen Kriminalität und ermöglicht es, die individuelle
Schuld anhand der Strafzumessungsgründe, vergleichbarer Fälle aus der
Spruchpraxis und der Schwere der Tat im Einzelfall zu skalieren.
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Geständnis |
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Der
Beschuldigte in einem Ermittlungsverfahren ist nicht verpflichtet, sich
zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen zu äußern (
§ 136 Abs. 1 S. 2 StPO). Ihm ist aber die Gelegenheit zur Äußerung
zu geben.
Ein
Geständnis verringert die persönliche Schuld und das in jeder Lage des
Verfahrens und sei es beim letzten Wort des Angeklagten (
§ 258 Abs. 2 StPO):
Jedes
Geständnis eines Angeklagten ist daher grundsätzlich geeignet, Bedeutung
als strafmildernder Gesichtspunkt zu erlangen, auch wenn seine
Gewichtigkeit unterschiedlich sein kann
(2). Nur: Was ist ein Geständnis wert in Bezug auf
die Strafe?
Die
Kronzeugenregelung sieht die Möglichkeit vor, den Strafrahmen zu mildern
(
§ 46b Abs. 1 StGB). Allerdings muss sich der Angeschuldigte beeilen
und kann die Milde nur in Anspruch nehmen, wenn er an der Aufklärung von
Straftaten anderer bis zur Eröffnung des Hauptverfahrens in seiner
eigenen Sache mitwirkt (
§ 46b Abs. 3 StGB).
Der vom Gesetz für ein Geständnis vorgesehen Zeitpunkt ist die Aussage
des Angeklagten zur Sache (
§ 243 Abs. 5 S. 1 StPO). Von seinem Aussageverhalten hängt es ab, in
welcher Breite eine Beweisaufnahme durchgeführt werden muss (
§ 244 Abs. 1 StPO). Je später das Geständnis erfolgt, desto weniger
zeigt es die Einsicht und innere Abkehr des Angeklagten von seiner Tat;
mit anderen Worten: Desto weniger kann es sich auf die angemessene
Strafhöhe auswirken.
Im
Berufungsverfahren (
§§ 312 ff. StPO) kann das Rechtsmittel auf bestimmte
Beschwerdepunkte, zum Beispiel auf das Strafmaß beschränkt werden (
§ 318 StPO). Viele Richter sehen allein in der Beschränkung ein
Geständnis wegen des Sachverhalts im Übrigen und nehmen sie zum Anlass
für eine erheblich mildere Strafe als das in erster Instanz.
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Strafhürden |
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In der
Praxis besonders bedeutsam ist die Frage nach bestimmten Strafhürden, um
die gerungen wird. Dazu einige Beispiele:
Geldstrafen bis zu 90 Tagessätzen werden nicht in das normale
Führungszeugnis aufgenommen (
§ 32 Abs. 2 Nr. 5 BZRG). Sie sind keine Vorstrafen, über die man dem
Arbeitgeber oder anderen Einrichtungen Auskunft geben müsste. Im
erweitertem Führungszeugnis werden sie allerdings aufgeführt (
§ 30a BZRG).
Beamte, die zu einer Freiheitsstrafe von mindestens 1 Jahr verurteilt
werden, verlieren automatisch ihre Beamtenrechte (
§ 41 Abs. 1 Nr. 1 BBG).
Wer wegen eines Verbrechens (
§ 12 Abs. 1 StGB) zu Freiheitsstrafe von mindestens 1 Jahr
verurteilt wird, verliert für die Dauer von fünf Jahren die Fähigkeit,
öffentliche Ämter zu bekleiden und Rechte aus öffentlichen Wahlen zu
erlangen (
§ 45 Abs. 1 StGB). Das führt zum Beispiel bei Rechtsanwälten zu
einem Feststellungsverfahren über den
Widerruf ihrer Zulassung zur Rechtsanwaltschaft (
§ 14 Abs. 2 Nr. 2 BRAO).
Wer
wegen eines Verbrechens zu einer Freiheitsstrafe von mindestens 2 Jahren
verurteilt wurde, darf von Gesetzes wegen keine Jugendlichen
beschäftigen, ausbilden oder beaufsichtigen (
§ 25 Abs. 1 Nr. 1 JArbSchG). Allein die Tatsache, dass jemand wegen
einer Straftat nach dem Betäubungsmittelgesetz (oder anderer aufgeführter
Gesetze) verurteilt wird, führt zu denselben Verboten, ohne dass es auf die
Höhe der Strafe ankäme (
§ 25 Abs. 1 Nr. 4 JArbSchG).
Die Vollstreckung von Freiheitsstrafen bis 2 Jahre können zur Bewährung
ausgesetzt werden (
§ 56 Abs. 2 StGB). Ob dabei immer die vom Gesetz geforderten "besonderen
Umstände" vorliegen, darf bezweifelt werden.
Der
allgemeine Vollzugsplan für den Justizvollzug eines Bundeslandes orientiert sich in aller Regel an der noch zu verbüßenden
Freiheitsstrafe. Deshalb kann es für einen Verurteilten stark darauf
ankommen, ob er aus der Unfreiheit (Untersuchungshaft) die Strafhaft
antritt oder erst auf Ladung und freiwilligem Antritt (Selbststeller).
Von der verbleibenden Strafe kann es dann abhängen, ob er schnell in den begehrten offenen Vollzug oder
in den geschlossenen kommt.
Die Verurteilung eines Ausländers zu einer Freiheitsstrafe von
mindestens 3 Jahren führt zu seiner zwingenden Ausweisung (
§ 53 Nr. 1 AufenthG).
EU-Bürger
genießen hingegen eine besondere Freizügigkeit (
Gesetz über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern). Werden
sie zu einer Freiheitsstrafe von mindestens 5 Jahren verurteilt, sind
zwingende Gründe für ihren Verlust des Rechts auf Einreise und
Aufenthalt gerechtfertigt (
§ 6 Abs. 5 S. 3 FreizügG/EU). Auch sie können abgeschoben werden.
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Mindeststrafen |
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Von besonderer Bedeutung sind die Mindeststrafen. Erhöhte
Mindeststrafen sieht das Gesetz vor allem für besonders schwere Fälle
vor. Gute Beispiele dafür liefert der Diebstahl (
§ 242 StGB): Wird einfach nur eine fremde Sache gestohlen, droht
dafür Freiheitsstrafe bis 5 Jahre oder Geldstrafe. Der Einbruch oder der
Diebstahl eines abgeschlossenen Fahrrades ist hingegen ein besonders
schwerer Fall nach
§
243 Abs. 1 StGB, der mit einer Freiheitsstrafe zwischen 3 Monaten
und 10 Jahren Freiheitsstrafe droht. Kein besonders schwerer Fall,
sondern ein selbständiges Delikt ist der Wohnungseinbruchsdiebstahl (
§ 244 Abs. 1 Nr. 3. StGB), für den 6 Monate bis 10 Jahre
Freiheitsstrafe drohen. Wird diese Tat von mehreren Bandenmitgliedern
ausgeführt (Mitführen von Waffen, Wohnungseinbrüche), wandelt sie sich
sogar zu einem selbständigen Verbrechen (
§ 244a StGB), für das Freiheitsstrafe zwischen 1 und 10 Jahren droht.
Die untere Grenze eines Strafrahmens ist für die erfahrungsgemäß und
denkbar harmlosesten Fälle vorgesehen. So die Theorie, nicht aber die
Spruchpraxis mancher Berufungsgerichte.
Nehmen wir als Beispiel zwei Schläger, die einen anderen verprügeln. "Zwei
gegen einen ist feige" sagt nicht nur der Kindermund, sondern auch das
Gesetz (
§ 224 Abs. 2 Nr. 4 StGB). Es handelt sich nämlich um eine
gefährliche Körperverletzung, für die Freiheitsstrafe zwischen 6 Monaten
und 10 Jahren vorgesehen ist. Waren die Beteiligten vielleicht alle
angetrunken und enthemmt? Hat das Opfer vielleicht auch noch den Streit
provoziert? Dann landen wir bei einem minder schweren Fall, für den es
nur noch 3 Monate bis 5 Jahre Freiheitsstrafe gibt. Kurze
Freiheitsstrafen bis 6 Monate sollen aber nicht ausgesprochen werden,
sondern die entsprechenden Geldstrafen (
§ 47 Abs. 2 StGB). Deshalb kann der Richter Gnade walten lassen und
auf 90 Tagessätze erkennen. So wird aus einer nicht unerheblichen
Straftat, für die man mindestens 6 Monate Gefängnisstrafe bekommen kann, eine
Nicht-Vorstrafe am untersten Ende der Strafdrohung. Hier tummeln sich
alle angetrunkenen und provozierenden Schläger, deren Opfer nur ein
Fünkchen Mumm und Widerworte gefunden haben. Nur einen Tagessatz mehr
und ihre Strafe wäre wenigstens eine Vorstrafe nach dem BZRG.
Verbrechen sind Straftaten, die mit einer Mindeststrafe von 1 Jahr
Freiheitsstrafe geahndet werden (
§ 12 Abs. 1 StGB). So droht zum Beispiel beim Cashing, also beim Gebrauchen gefälschter Zahlungskarten mit Garantiefunktion (
§ 152b Abs. 1 StGB), eine Freiheitsstrafe von 1 bis 10 Jahren.
Die Strafe eines Gehilfen muss gemildert werden (
§ 27 Abs. 2 S. 2 StGB). Dadurch verringert sich in diesem Fall die
Freiheitsstrafe auf 3 Monate bis 7 Jahre 6 Monate (
§ 49 Abs. 1 StGB). Dieselbe Milderung gilt faktisch auch dann, wenn das
Verbrechen nicht vollendet wird (Versuch:
§ 23
Abs. 2 StGB).
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Gesamtstrafe |
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Bei der Gesamtstrafenbildung sind dann der Milde alle Türen und Tore
geöffnet.
Vor 20 Jahren war es noch einfach. Man bestimmte
eine Einsatzstrafe für die schwerste Tat und die Einzelstrafen für alle
anderen. Dann saldierte man die einzubeziehenden Einzelstrafen und
halbierte sie. Die Summe daraus plus die Einsatzstrafe ergaben die
angemessene Strafe, die eigentlich keiner weiteren Begründung mehr
bedurfte. Abweichungen nach oben oder unten mussten besonders begründet
werden.
Dieses einfache System war zu einfach. Nachdem
der BGH die fortgesetzte Handlung abgeschafft hatte, mit dem die
Tatgerichte ganze Lebensabschnitte von Junkies zu einer materiellen Tat
zusammengefasst, betagte Steuersünder bis in ihre Jugendjahre
zurückverfolgt und Kinderschänder über die ganze Schulzeit der Opfer
hinweg der gerechten Strafe zugeführt hatten, wurde das System der
Gesamtstrafenbildung und des Tatbegriffes wieder ausgefeilt. Nicht den
großen Bogen über Alles - wie die fortgesetzte Handlung - aber den
kleinen zieht die
Bewertungs- und die deliktische Einheit und
wiederholte gleichartige Taten können bei der Gesamtstrafenbildung nur
eine schwache Aufstockung bewirken.
Richtige Vergewaltiger, die zwei Jahre
Mindeststrafe für ihre Tat bekamen, gab es schon damals nicht, nur
minder schwere Fälle mit einer Mindeststrafe von sechs Monaten. Außer:
Der hinterhältige Täter im dunklen Park hinterm Busch. Aber warum bringt
sich die Frau in diese Gefahr? Hat sie nicht doch durch ihr
provozierendes Verhalten dem Täter Bereitwilligkeit signalisiert? Also
doch: Minder schwerer Fall. Heraus kam eine Freiheitsstrafe bis höchstens zwei Jahre.
Das ermöglicht die Strafaussetzung zur Bewährung.
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Vollstreckungslösung |
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Gehofft hatte ich auf die
Vollstreckungslösung.
Sie versprach ein Ende bei der Mauschelei um die angemessene Strafe und
hätte klare Linien schaffen können. Solange Verfahrensverzögerungen -
von wem auch immer provoziert und meistens durch Arbeitslast verursacht
- nur auf die Freiheitsstrafe als solche bezogen werden konnte, bildeten
sie ein beliebiges und gern genommenes Instrument, um eine
Bewährungsstrafe zu begründen. Wenn aber eine Tat so schuldschwer ist,
dass keine Bewährung mehr möglich ist, so hätte die Vollstreckungslösung
zwar die Vollzugsdauer verringern können, nicht aber die Tatsache, dass
die Strafe verbüßt werden muss. Heute: Beide Instrumente - die
Verringerung der Gesamtstrafe durch Verfahrenseinflüsse und die
Vollstreckungslösung gelten nebeneinander und liefern Zuckerstücke, um
den mehr oder weniger reuigen Täter die tatsächliche Strafe akzeptabel
werden zu lassen. Ob die noch immer schuldangemessen ist, ist eine
andere Frage.
Gegen nur noch beliebige Argumente, um eine
Freiheitsstrafe kleinzureden, hat sich unlängst der BGH gewandt:
Ausländerrechtliche Folgen und die Tatache, dass der Angeklagte
Untersuchungshaft verbüßt hat, sind grundsätzlich keine bestimmenden
Strafzumessungsgründe.
(3)
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rechtliche Bewertungseinheit |
Mehrere natürliche Handlungen können als eine Tat im Rechtssinne
anzusehen sein (sog. rechtliche Bewertungseinheit), wenn sie sich als
Teilakte einer sukzessiven Tatausführung zur Erreichung eines
einheitlichen Erfolges darstellen (
BGH, Beschluss vom 1. Februar 2007 – 5 StR 467/06 <Rn
6>, ...). Eine sukzessive Tatausführung kann auch dann gegeben sein,
wenn der Täter zunächst davon ausgeht, den angestrebten Taterfolg durch
eine Handlung erreichen zu können, sich dann aber umgehend zu weiteren
Tathandlungen entschließt, nachdem die ins Auge gefasste Handlung keinen
oder nur einen Teilerfolg erbracht hat (...). Dabei ist es jedoch
erforderlich, dass die weiteren Tathandlungen auf die vorhergehende
Handlung aufsetzen (vgl.
BGH, Urteil vom 24. Mai 2000 – 3 StR
551/99 <S. 6> ...) und sich nicht als neuer Anlauf zur (vollständigen)
Erreichung des ursprünglich angestrebten Taterfolges darstellen. Ein
Wechsel des Angriffsmittels, räumliche Trennungen oder längere zeitliche
Intervalle zwischen den jeweiligen Einzelakten stellen die Annahme einer
Bewertungseinheit nicht grundsätzlich in Frage (
BGH, Urteil vom 24. Mai 2000 – 3 StR 551/99 <S. 6> ...),
können aber ein Indiz für einen neuerlichen Tatbeginn sein. Für die
Erpressung ist anerkannt, dass mehrere Angriffe auf die
Willensentschließung des Opfers als eine Tat im Rechtsinne zu werten
sind, wenn dabei die anfängliche Drohung lediglich den Umständen
angepasst und aktualisiert (
BGH, Urteil vom 1. März 1994 – 1 StR 33/94
<Rn 3> ...;
Beschluss vom 3. April 2008 – 4 StR 81/08 <Rn 7> ... ; vgl.
Beschluss vom 22. Oktober 1997 – 3 StR 415/97, ...), im Übrigen aber
nach wie vor dieselbe Leistung gefordert wird (...). Die rechtliche
Bewertungseinheit endet in diesen Fällen erst dann, wenn der Täter sein
Ziel vollständig erreicht hat oder nach den insoweit entsprechend
heranzuziehenden Wertungen des Rücktrittsrechts von einem
fehlgeschlagenen Versuch auszugehen ist (vgl.
BGH, Urteil vom 30. November 1995 – 5 StR
465/95 <Rn 29>, ...;
Urteil vom 24. Mai 2000 – 3 StR 551/99 <S. 6> ...;
Beschluss vom 3. April 2008 – 4 StR 81/08 <Rn 4> ...).
(3)
|
|
In seinem
Beschluss vom 22.11.2011
(4)
fasst der BGH die Rechtsprechung zur Bewertungseinheit lesenswert
zusammen. Das Zitat spricht für sich
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Fazit |
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Der
Überblick über das Strafzumessungsrecht zeigt die "Stellschrauben", die
dabei gestaltend sind. Zunächst geht es um die genaue Qualifizierung der
Straftat und ihres Strafrahmens, wobei auch minder oder besonders
schwere Fälle betrachtet werden müssen, die den Strafrahmen in beide
Richtungen verschieben können. Dann sind die mehraktigen Handlungen
darauf zu betrachten, ob sie zu einer rechtlichen Bewertungseinheit
zusammenzuziehen sind. Dadurch entscheidet sich, ob eine Straftat
vorliegt oder mehrere, für die eine Gesamtstrafe gebildet werden muss.
Die Erörterung der Strafhürden zeigt, dass in
die Fragen nach der angemessenen Strafe auch andere rechtliche Folgen
einfließen und die strittigste davon ist die nach der Strafaussetzung
zur Bewährung, die bei Freiheitsstrafen bis zu 2 Jahren möglich ist.
Einfacher macht es da das Jugendstrafrecht, das
keine Gesamtfreiheitsstrafe, sondern nur eine einheitliche Jugendstrafe
kennt (
§ 31 JGG).
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Anmerkungen |
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(1)
BGH, Beschluss vom 13.10.2011 - 1 StR 407/11, Rn 8,
9
(2)
BGH, Urteil vom 28.08.1997 - 4 StR 240/97, Rn 42
(3)
Ebenda
(1)
(4)
BGH, Beschluss vom 22.11.2011 - 4 StR 480/11, Rn 5
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Cyberfahnder |
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© Dieter Kochheim,
11.03.2018 |