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Dezember 2011 |
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Was kommt am Ende raus? |
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Strafzumessungsrecht und besondere Folgen
der Strafe |
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Nur
die lebenslange Freiheitsstrafe ist von unbestimmter Dauer (
§ 38 Abs. 1 StGB) und dauert mindestens 15 Jahre (
§§ 57a,
57b
StGB). Alle übrigen Freiheits- und Geldstrafen müssen genau
beziffert werden. Den Maßstab für die Strafe bildet die persönliche
Schuld, die den Täter trifft (
§ 46 Abs. 1 S. 1 StGB). In den Gerichtsverfahren geht es deshalb
ganz häufig nur um die Frage, welche Strafe "am Ende herauskommt", weil
davon auch andere Fragen abhängen wie die Strafaussetzung zur Bewährung
oder Schranken für die Berufstätigkeit. |
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Dieser Streifzug gibt einen Überblick über die verschiedenen Aspekte der Strafzumessung. Strafzumessung ist eine unpräzise Angelegenheit. Die wichtigsten Strafzumessungsgründe benennt § 46 Abs. 2 StGB:
die
Beweggründe und die Ziele des Täters, Mit diesen Instrumenten kann niemand wirklich
messgenau begründen, warum es für eine Straftat statt 3 Jahre 6 Monate
nur 3 Jahre 5 Monate geben muss oder statt 70 Tagessätzen Geldstrafe 75
Tagessätze. |
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Strafrahmen | ||||
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Der Strafrahmen gibt ein Gerüst für die Mindest- und die
Höchststrafen, liefert damit die Vorstellungen des Gesetzgebers über die
Schwere der betroffenen Kriminalität und ermöglicht es, die individuelle
Schuld anhand der Strafzumessungsgründe, vergleichbarer Fälle aus der
Spruchpraxis und der Schwere der Tat im Einzelfall zu skalieren. |
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Geständnis | ||||
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Ein Geständnis verringert die persönliche Schuld und das in jeder Lage des Verfahrens und sei es beim letzten Wort des Angeklagten ( § 258 Abs. 2 StPO): Jedes Geständnis eines Angeklagten ist daher grundsätzlich geeignet, Bedeutung als strafmildernder Gesichtspunkt zu erlangen, auch wenn seine Gewichtigkeit unterschiedlich sein kann (2). Nur: Was ist ein Geständnis wert in Bezug auf die Strafe? Die Kronzeugenregelung sieht die Möglichkeit vor, den Strafrahmen zu mildern ( § 46b Abs. 1 StGB). Allerdings muss sich der Angeschuldigte beeilen und kann die Milde nur in Anspruch nehmen, wenn er an der Aufklärung von Straftaten anderer bis zur Eröffnung des Hauptverfahrens in seiner eigenen Sache mitwirkt ( § 46b Abs. 3 StGB). Der vom Gesetz für ein Geständnis vorgesehen Zeitpunkt ist die Aussage des Angeklagten zur Sache ( § 243 Abs. 5 S. 1 StPO). Von seinem Aussageverhalten hängt es ab, in welcher Breite eine Beweisaufnahme durchgeführt werden muss ( § 244 Abs. 1 StPO). Je später das Geständnis erfolgt, desto weniger zeigt es die Einsicht und innere Abkehr des Angeklagten von seiner Tat; mit anderen Worten: Desto weniger kann es sich auf die angemessene Strafhöhe auswirken.
Im
Berufungsverfahren (
§§ 312 ff. StPO) kann das Rechtsmittel auf bestimmte
Beschwerdepunkte, zum Beispiel auf das Strafmaß beschränkt werden (
§ 318 StPO). Viele Richter sehen allein in der Beschränkung ein
Geständnis wegen des Sachverhalts im Übrigen und nehmen sie zum Anlass
für eine erheblich mildere Strafe als das in erster Instanz. |
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Strafhürden | ||||
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Geldstrafen bis zu 90 Tagessätzen werden nicht in das normale Führungszeugnis aufgenommen ( § 32 Abs. 2 Nr. 5 BZRG). Sie sind keine Vorstrafen, über die man dem Arbeitgeber oder anderen Einrichtungen Auskunft geben müsste. Im erweitertem Führungszeugnis werden sie allerdings aufgeführt ( § 30a BZRG). Beamte, die zu einer Freiheitsstrafe von mindestens 1 Jahr verurteilt werden, verlieren automatisch ihre Beamtenrechte ( § 41 Abs. 1 Nr. 1 BBG). Wer wegen eines Verbrechens ( § 12 Abs. 1 StGB) zu Freiheitsstrafe von mindestens 1 Jahr verurteilt wird, verliert für die Dauer von fünf Jahren die Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden und Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen ( § 45 Abs. 1 StGB). Das führt zum Beispiel bei Rechtsanwälten zu einem Feststellungsverfahren über den Widerruf ihrer Zulassung zur Rechtsanwaltschaft ( § 14 Abs. 2 Nr. 2 BRAO). Wer wegen eines Verbrechens zu einer Freiheitsstrafe von mindestens 2 Jahren verurteilt wurde, darf von Gesetzes wegen keine Jugendlichen beschäftigen, ausbilden oder beaufsichtigen ( § 25 Abs. 1 Nr. 1 JArbSchG). Allein die Tatsache, dass jemand wegen einer Straftat nach dem Betäubungsmittelgesetz (oder anderer aufgeführter Gesetze) verurteilt wird, führt zu denselben Verboten, ohne dass es auf die Höhe der Strafe ankäme ( § 25 Abs. 1 Nr. 4 JArbSchG). Die Vollstreckung von Freiheitsstrafen bis 2 Jahre können zur Bewährung ausgesetzt werden ( § 56 Abs. 2 StGB). Ob dabei immer die vom Gesetz geforderten "besonderen Umstände" vorliegen, darf bezweifelt werden. Der allgemeine Vollzugsplan für den Justizvollzug eines Bundeslandes orientiert sich in aller Regel an der noch zu verbüßenden Freiheitsstrafe. Deshalb kann es für einen Verurteilten stark darauf ankommen, ob er aus der Unfreiheit (Untersuchungshaft) die Strafhaft antritt oder erst auf Ladung und freiwilligem Antritt (Selbststeller). Von der verbleibenden Strafe kann es dann abhängen, ob er schnell in den begehrten offenen Vollzug oder in den geschlossenen kommt. Die Verurteilung eines Ausländers zu einer Freiheitsstrafe von mindestens 3 Jahren führt zu seiner zwingenden Ausweisung ( § 53 Nr. 1 AufenthG).
EU-Bürger
genießen hingegen eine besondere Freizügigkeit (
Gesetz über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern). Werden
sie zu einer Freiheitsstrafe von mindestens 5 Jahren verurteilt, sind
zwingende Gründe für ihren Verlust des Rechts auf Einreise und
Aufenthalt gerechtfertigt (
§ 6 Abs. 5 S. 3 FreizügG/EU). Auch sie können abgeschoben werden. |
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Mindeststrafen | ||||
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Die untere Grenze eines Strafrahmens ist für die erfahrungsgemäß und denkbar harmlosesten Fälle vorgesehen. So die Theorie, nicht aber die Spruchpraxis mancher Berufungsgerichte. Nehmen wir als Beispiel zwei Schläger, die einen anderen verprügeln. "Zwei gegen einen ist feige" sagt nicht nur der Kindermund, sondern auch das Gesetz ( § 224 Abs. 2 Nr. 4 StGB). Es handelt sich nämlich um eine gefährliche Körperverletzung, für die Freiheitsstrafe zwischen 6 Monaten und 10 Jahren vorgesehen ist. Waren die Beteiligten vielleicht alle angetrunken und enthemmt? Hat das Opfer vielleicht auch noch den Streit provoziert? Dann landen wir bei einem minder schweren Fall, für den es nur noch 3 Monate bis 5 Jahre Freiheitsstrafe gibt. Kurze Freiheitsstrafen bis 6 Monate sollen aber nicht ausgesprochen werden, sondern die entsprechenden Geldstrafen ( § 47 Abs. 2 StGB). Deshalb kann der Richter Gnade walten lassen und auf 90 Tagessätze erkennen. So wird aus einer nicht unerheblichen Straftat, für die man mindestens 6 Monate Gefängnisstrafe bekommen kann, eine Nicht-Vorstrafe am untersten Ende der Strafdrohung. Hier tummeln sich alle angetrunkenen und provozierenden Schläger, deren Opfer nur ein Fünkchen Mumm und Widerworte gefunden haben. Nur einen Tagessatz mehr und ihre Strafe wäre wenigstens eine Vorstrafe nach dem BZRG. Verbrechen sind Straftaten, die mit einer Mindeststrafe von 1 Jahr Freiheitsstrafe geahndet werden ( § 12 Abs. 1 StGB). So droht zum Beispiel beim Cashing, also beim Gebrauchen gefälschter Zahlungskarten mit Garantiefunktion ( § 152b Abs. 1 StGB), eine Freiheitsstrafe von 1 bis 10 Jahren.
Die Strafe eines Gehilfen muss gemildert werden (
§ 27 Abs. 2 S. 2 StGB). Dadurch verringert sich in diesem Fall die
Freiheitsstrafe auf 3 Monate bis 7 Jahre 6 Monate (
§ 49 Abs. 1 StGB). Dieselbe Milderung gilt faktisch auch dann, wenn das
Verbrechen nicht vollendet wird (Versuch:
§ 23
Abs. 2 StGB). |
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Gesamtstrafe | ||||
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Vor 20 Jahren war es noch einfach. Man bestimmte eine Einsatzstrafe für die schwerste Tat und die Einzelstrafen für alle anderen. Dann saldierte man die einzubeziehenden Einzelstrafen und halbierte sie. Die Summe daraus plus die Einsatzstrafe ergaben die angemessene Strafe, die eigentlich keiner weiteren Begründung mehr bedurfte. Abweichungen nach oben oder unten mussten besonders begründet werden. Dieses einfache System war zu einfach. Nachdem der BGH die fortgesetzte Handlung abgeschafft hatte, mit dem die Tatgerichte ganze Lebensabschnitte von Junkies zu einer materiellen Tat zusammengefasst, betagte Steuersünder bis in ihre Jugendjahre zurückverfolgt und Kinderschänder über die ganze Schulzeit der Opfer hinweg der gerechten Strafe zugeführt hatten, wurde das System der Gesamtstrafenbildung und des Tatbegriffes wieder ausgefeilt. Nicht den großen Bogen über Alles - wie die fortgesetzte Handlung - aber den kleinen zieht die Bewertungs- und die deliktische Einheit und wiederholte gleichartige Taten können bei der Gesamtstrafenbildung nur eine schwache Aufstockung bewirken. Richtige Vergewaltiger, die zwei Jahre
Mindeststrafe für ihre Tat bekamen, gab es schon damals nicht, nur
minder schwere Fälle mit einer Mindeststrafe von sechs Monaten. Außer:
Der hinterhältige Täter im dunklen Park hinterm Busch. Aber warum bringt
sich die Frau in diese Gefahr? Hat sie nicht doch durch ihr
provozierendes Verhalten dem Täter Bereitwilligkeit signalisiert? Also
doch: Minder schwerer Fall. Heraus kam eine Freiheitsstrafe bis höchstens zwei Jahre.
Das ermöglicht die Strafaussetzung zur Bewährung. |
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Vollstreckungslösung | ||||
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Gegen nur noch beliebige Argumente, um eine
Freiheitsstrafe kleinzureden, hat sich unlängst der BGH gewandt:
Ausländerrechtliche Folgen und die Tatache, dass der Angeklagte
Untersuchungshaft verbüßt hat, sind grundsätzlich keine bestimmenden
Strafzumessungsgründe.
(3) |
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rechtliche Bewertungseinheit | ||||
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Fazit | ||||
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Die Erörterung der Strafhürden zeigt, dass in die Fragen nach der angemessenen Strafe auch andere rechtliche Folgen einfließen und die strittigste davon ist die nach der Strafaussetzung zur Bewährung, die bei Freiheitsstrafen bis zu 2 Jahren möglich ist. Einfacher macht es da das Jugendstrafrecht, das
keine Gesamtfreiheitsstrafe, sondern nur eine einheitliche Jugendstrafe
kennt (
§ 31 JGG). |
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Anmerkungen | ||||
(2) BGH, Urteil vom 28.08.1997 - 4 StR 240/97, Rn 42 (3) Ebenda (1) |
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© Dieter Kochheim, 11.03.2018 |