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Gewerbsmäßig handelt, wer sich durch wiederholte Tatbegehung
eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von einigem Umfang
und einiger Dauer verschaffen will. Liegt diese Absicht vor, ist
bereits die erste Tat als gewerbsmäßig begangen einzustufen,
auch wenn es entgegen den ursprünglichen Intentionen des Täters
zu weiteren Taten nicht kommt. Eine Verurteilung wegen
gewerbsmäßiger Deliktsbegehung setzt daher schon im Grundsatz
nicht notwendig voraus, dass der Täter zur Gewinnerzielung
mehrere selbstständige Einzeltaten der jeweils in Rede stehenden
Art verwirklicht hat. Ob der Ange-klagte gewerbsmäßig gehandelt
hat, beurteilt sich vielmehr nach seinen ursprünglichen
Planungen sowie seinem tatsächlichen, strafrechtlich relevanten
Verhalten über den gesamten ihm anzulastenden Tatzeitraum (...).
Erforderlich ist dabei stets, dass sich seine
Wiederholungsabsicht auf dasjenige Delikt bezieht, dessen
Tatbestand durch das Merkmal der Gewerbsmäßigkeit qualifiziert
ist.
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Die Liste
mit den materiellen Bandenstraftaten (
Bandenliste) beruht auf einem Suchlauf bei
gesetze-im-internet und enthält 49 Fundstellen. Nicht erfasst werden
solche Vorschriften, die bei bandenmäßiger Begehung besondere
Nebenfolgen eröffnen
(2).
In mindestens 2 Fällen wird die Bandenqualifikation nur durch
Verweise eingeführt. Das ist der Fall beim
Computerbetrug ( § 263a Abs. 2 StGB)
und bei der
Fälschung beweiserheblicher Daten ( § 269 Abs. 3 StGB).
Solche Verweise könnte es noch mehr geben, sie sind mir jedoch nicht
aufgefallen.
In den
meisten Fällen behandelt der Gesetzgeber die banden- und die
gewerbsmäßige Begehung selbständig und gleich. In diesen Fällen ist in
der Liste "alternativ" vermerkt, was bedeutet, dass sowohl die eine wie
auch die andere Qualifikation zum erhöhten Strafrahmen führt.
In 6 Anwendungsfällen ist "kumulativ" angegeben. Das bedeutet, dass
beide Qualifikationen zusammen kommen müssen.
Das ist meistens der Fall, wenn die alternativen Qualifikationen
bereits einen erweiterten Strafrahmen eröffnen und dieser durch die
Kumulation nochmals verschärft wird. Eine Ausnahme bildet der
Subventionsbetrug, der nur die kumulative Qualifikation kennt. Eine
weitere Ausnahme kennzeichnen die 5 Anwendungsfälle, für die "ausschl[ießlich]"
vermerkt sind. Sie kennen keine Qualifikation der Gewerbsmäßigkeit, weil
sie sie bereits im Grunddelikt zumindest berühren (z.B. bei der
Steuerhinterziehung, § 370 AO,
nicht aber der Steuerhehlerei, § 374 AO).
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Der
Gesetzgeber hat die Qualifikation als Bandentat in aller Regel als
besonders schweren Fall ausgestaltet ("bsF"). Das hat mehrere
Auswirkungen:
Die Strafbarkeit des Versuchs (
§ 23 StGB) richtet sich beim besonders schweren Fall nach dem
Grunddelikt (
§ 12 Abs. 3 StGB). Ist das Grunddelikt kein Verbrechen (
§ 12 Abs. 1 StGB), so muss das Gesetz die Strafbarkeit des Versuchs
ausdrücklich anordnen
(3).
Auch die Verjährung der Strafverfolgung (
§§ 78 ff. StGB) richtet sich nach der Strafdrohung für das
Grunddelikt.
Nach der Definition des Bundesverfassungsgerichts
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ist die
besonders schwere Kriminalität davon geprägt, dass sie mit einer
Strafe von
mehr als
5 Jahre Freiheitstrafe bedroht ist. Das gilt auch für die
Qualifikationstatbestände unabhängig vom Grunddelikt.
Von der
besonderen Schwere der Kriminalität macht es das BVerfG abhängig, ob
ihre Verfolgung auch besonders tief in Grundrechte eingreifende
Ermittlungsmaßnahmen zulässt. In ständiger Rechtsprechung orientiert es
sich an dem
Straftatenkatalog des
§
100a Abs. 2 StPO, der keine Zweifel daran lasse, dass es sich bei
den aufgeführten Tatbeständen um solche handelt, die der besonders
schweren Kriminalität zugehören
(5).
Die
Bandenliste weist deshalb in der rechten Spalte aus, ob die Tat eine
Katalogtat ist ("100a") oder sogar dem schärferen Katalog des
§
100c Abs. 2 StPO zugehört ("100c"). Nur 7 Bandenqualifikationen sind
keine Katalogtaten. Von den übrigen Nennungen ist knapp die Hälfte auch
in
§
100c Abs. 2 StPO erfasst.
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Die
Zuhälter (2) hat der Gesetzgeber aus den Augen verloren. Er hat sie
weder in den
Straftatenkatalog aufgenommen noch als Bande einer verschärften
Strafdrohung unterworfen.
Chemiewaffenhändler will der Gesetzgeber zwar auch als Bande
verfolgt wissen, lässt dazu aber nicht die Überwachung der
Telekommunikation zu. Ähnlich verhält es sich bei den
pornographischen Schriften. Die Banden, die sie verbreiten,
unterliegen einer besonderen Strafdrohung, soweit sie aber nur
"jugendpornographische" Schriften verbreiten, sind die
Ermittlungsmaßnahmen eingeschränkt worden.
Mit
insgesamt rund 50 Bandentatbeständen hat der Gesetzgeber zwar nicht
wenige, aber auch nicht äußerst viele Deliktsformen einer verschärften
Strafdrohung unterworfen. Das spricht
für seine Zurückhaltung und selbstkritische Beschränkung sowie
für
seinen klaren Auftrag, die als Bande definierte Kriminalität auch
nachhaltig zu verfolgen.
Dass er dabei nicht frei von politischen Moden ist, zeigt sich an der
Behandlung des
Dopings, des
Einschleusens und des
Menschenhandels, die er besonders hervorhebt, ohne dass diese
Kriminalitätsformen wegen ihrer menschlichen Folgen das in allen Fällen
rechtfertigen.
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In allen
anderen Fällen hat der Gesetzgeber ein gutes Augenmaß bewiesen und sich auf die
Kriminalitätsformen konzentriert, die tatsächlich das Potential für eine
besondere Gefährlichkeit haben.
Der
abschließende Blick gilt der Cybercrime. Sie ist in der
Bandenliste stark vertreten und umfasst das
Skimming, den
Computerbetrug, die
Computersabotage und die Verschleierungshandlungen im Zusammenhang
mit dem
Identitätsdiebstahl.
Warum aber die bandenmäßige Computersabotage nicht im
Straftatenkatalog erscheint, verschließt sich dem verständigen
Beobachter. Ihr Anwendungsfall sind die
Botnetze,
deren Bedeutung dem Gesetzgeber noch nicht bekannt zu sein scheint.
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