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Juli 2009
24.07.2009 Meinungskampf
     
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Die Bezeichnung ist zwar ehrverletzend, aber dann nicht als Beleidigung strafbar, wenn sie in überspitzter und polemischer Form im politischen Meinungskampf geäußert wird, um in erster Linie zur Bildung der öffentlichen Meinung beizutragen. In der öffentlichen Auseinandersetzung, insbesondere im politischen Meinungskampf, muss daher auch Kritik hingenommen werden, die in überspitzter und polemischer Form geäußert wird, weil andernfalls die Gefahr einer Lähmung oder Verengung des Meinungsbildungsprozesses droht. Zur strafbaren Schmähung wird sie erst dann ..., wenn nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern - jenseits auch polemischer und überspitzter Kritik - die Diffamierung der Person im Vordergrund steht.

Das hat das BVerfG im Zusammenhang mit einer Äußerung in einer Fernsehdiskussion von einem wegen Kokainmissbrauchs verdächtigen Journalisten ausgeführt, der seinerseits nicht wegen Zurückhaltung und Höflichkeit berühmt war. (1) Seine Kritik richtete sich gegen den Generalstaatsanwalt in Berlin.

Ich habe den betreffenden Journalisten, der äußerst intelligent zu sein scheint, in seinen eigenen politischen Diskussionssendungen gegenüber seinen Gästen als aufdringlich, mehr als forsch und distanzlos in Erinnerung. Bei allem Verständnis in der Sache und häufig genug gleichen Ansichtstendenzen war er mir unangenehm. Seine Gäste wussten hingegen, worauf sie sich einlassen. Ich bedauere sie nicht.
 

 
Das BVerfG zitiert ausführlich den Wortwechsel, in dem die Bezeichnung "durchgeknallter Staatsanwalt" fiel. Der Sprecher wirkt den Worten nach waidwund angeschlagen und entsprechend bissig. Ich hätte mich nach seinem Angriff eher in der Rolle der großen deutschen Eiche gesehen.

Das BVerfG ist weise genug, den Einzelfall und die besonderen Umstände einer Äußerung zu betrachten und die Meinungsfreiheit einerseits sowie das Ehrenrecht andererseits gegeneinander abzuwägen. Die Grenze der Meinungsfreiheit ist bei besonders schwerwiegender Schimpfwörtern - etwa aus der Fäkalsprache - überschritten.

Wichtig ist mir dabei auch die Rolle des Meinung Äußernden. Dabei ist der Grad der Betroffenheit von besonderer Bedeutung. Wehrt sich der Strafverfolgte gegen den Strafverfolger - wie gesagt, jeder in seiner entsprechenden Rolle, so muss der Strafverfolger meiner Meinung nach Größe und Souveränität zeigen. Anders ist das bei Beiständen, die (kritiklos und ohne professionellen Abstand) meinen, sich die Sache ihres Mandanten zur eigenen machen zu müssen. Da endet mein Verständnis.
 

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(1) BVerfG, Beschluss vom 12.05.2009 - 1 BvR 2272/04
 

 

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© Dieter Kochheim, 11.03.2018