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BGH verfestigt seine Rechtsprechung |
In der Rechtsprechungspraxis tut sich hingegen wenig und der BGH präzisiert vor allem die Entscheidungslinien, die er bereits eingeschlagen hat. Auch das ist zwischenzeitlich gut so und hilfreich. |
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Die
Rechtsprechungsübersicht präsentiert zunächst eine neue Entscheidung zum Die letzte der vier vorgestellten Entscheidungen des BGH betrifft ein fremdes Thema, das nichts mit der Cybercrime zu tun: Die Schleusung. Der Beschluss ist von besonderem rechtlichen Gehalt, weil er die Systematik der Beihilfe geschlossen abhandelt und die Weitläufigkeit der Strafbarkeit des Gehilfen beleuchtet, wenn der Gesetzgeber seine Handlungen zu selbständigen Taten heraufgestuft hat. Das ist ein rechtlicher Leckerbissen. Ich habe die zitierten Texte mit Links zu ihren Verweisquellen versehen. Es sind nur wenige und vor allem alte Quellen, von denen sich keine Datenspuren finden lassen. Vier Lobe sind angebracht: Google fördert verlässlich Rechtsprechung zutage, wenn man die Stringsuche benutzt. Dabei schließt man das Aktenzeichen (zum Beispiel: "2 StR 74/12") oder eine wissenschaftliche Fundstelle (zum Beispiel: "BGHSt 4, 170") mit Anführungszeichen ein. dejure.org hat sich zu einer genialen Wissensdatenbank entwickelt. Die Webseite liefert nicht nur thematisch fein differenzierte Linklisten, sondern vor allem Übersichten über die Veröffentlichungen von gerichtlichen Entscheidungen und den Quellen, von denen sie zitiert werden. Die Höchstrichterliche Rechtsprechung in Strafsachen ist ein Projekt des Büros von Rechtsanwalt Strate. Die Datenbank präsentiert fachlich aufbereitete Entscheidungen des BGH - auch der älteren, die beim BGH selber nicht zu bekommen sind, des BVerfG und des EuGH-MR. Nach der Original-Quelle ist das die beste Sekundärquelle.
Das
gilt auch für das Projekt
Deutschsprachiges Fallrecht, das die Uni Bern initiiert hat und vor
allem "klassische" Entscheidungen präsentiert. |
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Skimming und Fälschungsverbrechen | ||||
BGH, Beschluss vom 31.05.2012 - 2 StR 74/12 Der Angeklagte ist ein für Skimming-Delikte typischer "Läufer". Er bekam von einem Komplizen die Skimming-Geräte, verbaute sie und spähte mit ihnen die Kundendaten aus. Anschließend übergab er die Geräte und die Daten an seinen Komplizen, der die Daten an die Fälscher weitergab. Der Angeklagte war weder am Fälschen selber noch am Cashing beteiligt. Dennoch ist er als Mittäter des Fälschungsverbrechens anzusehen ( § 152b StGB). <Rn 3> Die Verurteilung des Angeklagten wegen mittäterschaftlich begangener gewerbs- und bandenmäßiger Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion begegnet danach in den sieben Fällen, in denen es zur Auswertung der ausgespähten Daten und zur Erstellung von Kartendubletten kam ..., keinen rechtlichen Bedenken.
Wegen des
mit dem Cashing verbundenen Computerbetruges hat sich der Angeklagte
jedoch nur der Beihilfe strafbar gemacht:
<Rn 4>
Nach den Feststellungen hatte der Angeklagte weder Kenntnis der
konkreten Abläufe beim Einsatz der Karten an den Geldautomaten im
Ausland, noch konnte er sie tatherrschaftlich beeinflussen. Auch
richtete sich sein Interesse an der Tat nicht mehr auf den durch den
Computerbetrug erlangten Vermögensvorteil, da er für seinen Beitrag
unabhängig vom finanziellen Erfolg des Einsatzes der gefälschten
Zahlungskarten entlohnt wurde. Seine Mitwirkung stellt sich somit
insoweit als bloße Förderung fremden Handelns und damit als Beihilfe dar
(vgl. auch
Senat, Beschluss vom 2. Mai 2012 - 2 StR 123/12). |
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Schaden beim Betrug | ||||
13.08.2012 BGH, Urteil vom 27.06.2012 - 2 StR 79/12 <Rn 5> Ein Vermögensschaden im Sinne des § 263 Abs. 1 StGB tritt ein, wenn die Vermögensverfügung des Getäuschten bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise unmittelbar auch zu einer nicht durch Zuwachs ausgeglichenen Minderung des wirtschaftlichen Gesamtwerts des Vermögens des Verfügenden führt (Prinzip der Gesamtsaldierung; vgl. BGHSt 53, 199, 201 mwN). Wird bei einem Kauf über Umstände getäuscht, die den Verkehrswert der Sache maßgeblich mitbestimmen, erleidet der dadurch zum Kaufabschluss bewogene Kunde einen Schaden regelmäßig nur dann, wenn die Sache objektiv den vereinbarten Preis nicht wert ist. Unerheblich ist demgegenüber regelmäßig, ob die gelieferte Ware von geringerem Wert ist als die vertraglich vereinbarte. Daher ist beim Fehlen einer vom Verkäufer fälschlich zugesicherten Eigenschaft der Kaufsache der Käufer nicht stets und ohne Rücksicht darauf, ob die Sache trotz Fehlens der zugesicherten Eigenschaft den vereinbarten Preis wert ist, durch den Abschluss des Vertrages betrügerisch geschädigt (vgl. BGHSt 16, 220, 221 f.; BGH wistra 1986, 169, 170; Fischer, StGB, 59. Aufl., § 263 Rn. 111). Der Angeklagte hatte Sportwagenfelgen ohne Prüfzertifikat aus Italien importiert und als deutsche Markenware verkauft. Außerdem hatte er falsche Prüfmarken selber in die Felgen eingehämmert, um den Eindruck zu verstärken, es handele sich um zugelassene deutsche Ware. Noch mehr lügen kann man auf die Schnelle nicht. Das ist auch der Grund dafür, warum ich Akzeptanzprobleme mit diesem Urteil habe. Dass der Betrugstatbestand keine Motivationsirrtümer schützt - Schwamm drüber. Das könnte man anders sehen, wenn es der Lügner auf den Irrtum gezielt abgesehen hat (und sieht der BGH auch beim Offertenbetrug anders). Wenn aber Wareneigenschaften mit Sicherheitsmerkmalen vortäuscht werden - und das ist bei Sportwagenfelgen für den Einsatz im Hochgeschwindigkeitseinsatz allemal der Fall, dann müsste nicht nur ein rechnerischer (quantititiver) Schadensbegriff zum Einsatz kommen, sondern auch ein qualitativer: Wer über zugesicherte und gleichzeitig erhebliche Eigenschaften täuscht, der betrügt, weil der Käufer auf die zugesicherte Eigenschaft vertraut hat und ohne die Zusicherung keine Vorleistung erbracht hätte. Diese Position wird noch einmal zehn bis zwanzig Jahre brauchen, bis sie sich in der Rechtsprechung durchgesetzt hat, und werde ich in meinem aktiven Berufsleben wahrscheinlich nicht mehr erleben.
Damit
erginge es mir wie dem VRiBGH Dr. Ernemann: An der Unterschriftsleistung
an diesem Urteil ist er gehindert gewesen, weil er in den Ruhestand
eingetreten ist. Das ist die erste Entscheidung des BGH, unter der mir
dieser Hinweis aufgefallen ist. Jetzt haben der zweite und der vierte
Senat des BGH gar keine regulären Vorsitzenden mehr, so dass den
Verteidigern ganz neue kreative Möglichkeiten zur Besetzungsrüge
eröffnet sind. |
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Untreue und Vermögensbetreuungspflicht | ||||
BGH, Beschluss vom 03.05.2012 - 2 StR 446/11
<Rn 4> |
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weite strafrechtliche Haftung des Schleusers | ||||
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In einigen wenigen Fällen hat der Gesetzgeber den Gehilfen einer selbständigen Strafbarkeit unterworfen. Das ist zum Beispiel bei der Unterstützung einer kriminellen Vereinigung der Fall ( § 129 Abs. 1 StGB) oder bei der Schleusung ( § 96 AufenthG). Insoweit hebt der Gesetzgeber drei Delikte hervor, die unerlaubte Einreise ( § 95 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 Nr. 1 lit. a AufenthG), der unerlaubte Aufenthalt ( § 95 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 2, Abs. 2 Nr. 1 lit.b AufenthG) und die Verwendung falscher oder unvollständiger Angaben, um einen Aufenthaltstitel zu erschwindeln ( § 95 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG). Der Täter im Sinne von § 25 Abs. 1 StGB ist der Ausländer, der ohne Erlaubnis handelt, und der Schleuser, der ihn über die Grenze schmuggelt, versteckt oder mit falschen Papieren versorgt, eigentlich nur Gehilfe. Lässt sich der Schleuser jedoch einen Vorteil für sein Tun versprechen oder handelt er im Zusammenhang mit der Einschleusung wiederholt oder zugunsten von mehreren Ausländern, dann befördert § 96 AufenthG ihn zu einem selbständigen Täter. Die strafrechtliche Haftung eines Schleusers geht weit über die des normalen Gehilfen hinaus, wie der BGH jüngst ausgeführt und dabei einen ausführlichen Überblick über seine Rechtsprechung gegeben hat ( BGH, Beschluss vom 06.06.2012 - 4 StR 144/12):
<Rn 3> Durch
§ 96 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG in der Tatbestandsalternative
des Hilfeleistens werden sonst nur nach den allgemeinen Regeln (
§ 27 StGB) strafbare Beihilfehandlungen zu Taten nach
§ 95 Abs. 1 Nr. 3 oder Abs. 2 Nr. 1 AufenthG zu
selbstständigen, in Täterschaft (
§ 25 StGB) begangenen Straftaten heraufgestuft, wenn der
Gehilfe zugleich eines der in
§ 96 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG unter den Buchstaben a) oder b)
genannten Schleusermerkmale erfüllt (vgl.
BGH, Urteil vom 15. November 2006 – 2 StR 157/06 ...;
Urteil vom 11. Juli 2003 – 2 StR 31/03 ...;
Urteil vom 25. März 1999 – 1 StR 344/98 ...). Als ein (täterschaftliches)
Hilfeleisten im Sinne dieser Vorschrift kommen deshalb grundsätzlich
alle Handlungen in Betracht, die nach
§ 27 StGB und den zu dieser Vorschrift entwickelten
Grundsätzen als Beihilfe zu der jeweiligen Bezugstat erfasst werden |
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© Dieter Kochheim, 11.03.2018 |