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verdeckte Ermittlungen - TK-Überwachung
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Eingriffsmaßnahme
Voraussetzungen
Anordnungsbefugnis
Nutzungsbeschränkungen
Mitteilungen
Berichte
Besonderheiten
 


Die Überwachung der Telekommunikation ( § 100a StPO) ist eine verdeckte Ermittlungsmaßnahme, deren Durchführung besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen und anschließenden Förmlichkeiten unterliegt.
 

zurück zum Verweis zur nächsten Überschrift nach oben Eingriffsmaßnahme
 

 
Bei der Überwachung der Telekommunikation - TKÜ ( § 100a StPO) - geht es um das "Mitschneiden" gesprochener Worte oder die mittels einer TK-Infrastruktur übermittelten Daten. Sie ist nach der akustischen Wohnraumüberwachung (großer Lauschangriff, § 100c StPO) die Maßnahme mit dem tiefsten Eingriff in den Privatbereich ( Klarstellung vom Bundesverfassungsgericht).

Sie darf nur gegen den Beschuldigten oder gegen andere Personen richten, von denen auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist ( Verdacht), dass sie für den Beschuldigten bestimmte oder von ihm herrührende Mitteilungen entgegennehmen oder weitergeben (Nachrichtenmittler) oder dass der Beschuldigte ihren Anschluss benutzt ( § 100a Abs. 3 StPO).
 

 

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Die TKÜ ist den Ermittlungen bei schweren Straftaten vorbehalten, die in ihrem Straftatenkatalog abschließend aufgeführt sind ( § 100a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 StPO). Der umfangreiche Straftatenkatalog wird gesondert dokumentiert, weil auch andere Vorschriften aus der Strafprozessordnung auf ihn verweisen (1).

Die weiteren Zulässigkeitsvoraussetzungen sind:

Die Anlasstat muss auch im Einzelfall schwer wiegen ( § 100a Abs. 1 Nr. 2 StPO). Die an anderer Stelle angestellten Erwägungen zu Serienstraftaten und ihrer Zuordnung zur besonders schweren Kriminalität gelten nicht.
 

 
Die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes des Beschuldigten muss auf andere Weise wesentlich erschwert oder aussichtslos sein (Subsidiarität, § 100a Abs. 1 Nr. 3 StPO).

Ist begründet anzunehmen, dass durch die Maßnahmen allein Erkenntnisse aus dem Kernbereich der privaten Lebensgestaltung erlangt werden, ist sie unzulässig ( § 100a Abs. 4 S. 1 StPO).

 

(1) §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 100c Abs. 2 Nr. 1 a), 100f, 100g Abs. 1, 100i Abs. 1 und 163d Abs. 1 Nr. 2 StPO

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Nach § 100b Abs. 1 S. 1 StPO unterliegt die Anordnung der Maßnahme dem Richtervorbehalt.

Bei Gefahr im Verzug ist auch die Staatsanwaltschaft zur Anordnung berechtigt. Ihre Anordnung muss von dem Gericht binnen drei Werktage bestätigt werden ( § 100b Abs. 1 S. 2, 3 StPO).

Die Anordnung muss schriftlich ergehen ( § 100b Abs. 2 S. 1 StPO). Darin sind anzugeben ( § 100b Abs. 2 S. 2 StPO):

1. soweit möglich, der Name und die Anschrift des Betroffenen, gegen den sich die Maßnahme richtet,
 
2. die Rufnummer oder eine andere Kennung des zu überwachenden Anschlusses oder des Endgerätes, sofern sich nicht aus bestimmten Tatsachen ergibt, dass diese zugleich einem anderen Endgerät zugeordnet ist,
 
3. Art, Umfang und Dauer der Maßnahme unter Benennung des Endzeitpunktes.

 

 
Die Dauer der Maßnahme aufgrund einer Anordnung darf 3 Monate nicht überschreiten ( § 100b Abs. 1 S. 4 StPO). Sie darf um jeweils höchstens 3 Monate verlängert werden, wenn die Voraussetzungen der Anordnung unter Berücksichtigung der gewonnenen Ermittlungsergebnisse fortbestehen ( § 100b Abs. 1 S. 5 StPO). Ergeben die Ermittlungsergebnisse, dass die Voraussetzungen für die TKÜ entfallen sind, ist die Maßnahme unverzüglich zu beenden ( § 100b Abs. 4 S. 1 StPO).


 

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Erkenntnisse aus dem Kernbereich privater Lebensgestaltung, die durch eine TKÜ erlangt wurden, dürfen nicht verwertet werden. Aufzeichnungen hierüber sind unverzüglich zu löschen. Die Tatsache ihrer Erlangung und Löschung ist aktenkundig zu machen. ( § 100a Abs. 4 S. 2 bis 4 StPO)
 

 
Wegen der strengen Zulässigkeitsvoraussetzungen kommt den neuen Verwertungsverboten aus § 477 Abs. 2 StPO wegen des Exports verdeckt erlangter Kenntnisse und des § 161 Abs. 2 StPO wegen des Imports solcher Kenntnisse eine besondere Bedeutung zu ( Verwertung gesonderter Erkenntnisse).
 

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Gemäß § 101 Abs. 4 S. 1 Nr. 3 StPO sind die Beteiligten der überwachten Telekommunikation über die Maßnahme zu unterrichten. Die Benachrichtigung darf unterbleiben, wenn die Personen von der Maßnahme nur unerheblich betroffen wurden und anzunehmen ist, dass sie kein Interesse an einer Benachrichtigung haben ( § 101 Abs. 4 S. 4 StPO).

Wegen der TKÜ kommt besonders § 101 Abs. 4 S. 5 StPO zum Tragen. Danach sollen Nachforschungen zur Feststellung der Identität der beteiligten Person nur unternommen werden, wenn dies unter Berücksichtigung der Eingriffsintensität, des Aufwands für die Feststellung ihrer Identität und der daraus folgenden Beeinträchtigungen geboten ist.
 

 
Diese Regelung kennzeichnet das "schlechte Gewissen", das der Gesetzgeber wegen seiner strengen Formanforderungen gehabt haben muss. Die Formalitäten sollen die Heimlichkeit der Maßnahme - wenigsten im Nachhinein - auffangen. Wenn aber jeder Kommunikationsteilnehmer ermittelt werden muss, zum Beispiel jeder Freier einer Prostituierten, deren "Diensthandy" im Zusammenhang mit einem Menschenhandel überwacht wird ( § 232 StGB), dann zieht das umfangreiche und peinliche Personenermittlungen nach sich, die die Eingriffstiefe der auslösenden Maßnahme bei Weitem überschreiten. Davon soll abgesehen werden.

Nach dem Abschluss der TKÜ muss das Gericht über die Ergebnisse der Maßnahme unterrichtet werden ( § 100b Abs. 4 S. 2 StPO). Die Form der Unterrichtung ist nicht vorgeschrieben.
 

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Über die durchgeführten TKÜ-Maßnahmen ist jedes Jahr dem Bundesamt der Justiz zu berichten ( § 100b Abs. 5 StPO). Darin sind anzugeben ( § 100b Abs. 6 StPO):

1. die Anzahl der Verfahren, in denen Maßnahmen nach § 100a Abs. 1 angeordnet worden sind;
 
2. die Anzahl der Überwachungsanordnungen nach § 100a Abs. 1, unterschieden nach
a) Erst- und Verlängerungsanordnungen sowie
b) Festnetz-, Mobilfunk- und Internettelekommunikation;
 
3. die jeweils zugrunde liegende Anlassstraftat nach Maßgabe der Unterteilung in § 100a Abs. 2.
 

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Die Telekommunikationsunternehmen sind zur Auskunftserteilung und Mitarbeit verpflichtet, die mit den Ungehorsamsfolgen aus §§ 95 Abs. 2, 70 StPO erzwungen werden können ( § 100b Abs. 3 StPO).

Nach den allgemeinen Vorschriften unterliegen Gewahrsamsinhaber und Zeugen hingegen grundsätzlich keiner Editionspflicht.
 


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© Dieter Kochheim, 11.03.2018