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  Berührungspunkte zwischen den verschiedenen Verfahrensordnungen ergeben 
		sich besonders häufig zwischen dem polizeilichen Gefahrenabwehr- und dem 
		Strafverfahrensrecht. Sobald die Voraussetzungen für eine 
		strafverfahrensrechtliche Untersuchung vorliegen, ist nur noch die StPO 
		ausschlaggebend, wie der BGH schon 1999 im Hinblick auf eine "Gemengelage" 
		wegen beider Verfahrensordnungen ausgeführt hat  (vorrang 1). 
		 Eine 
		Überschneidung kann frühzeitig eintreten, weil nach meiner Auffassung 
		auch die Vorermittlungen einen Teil der strafrechtlichen Ermittlungen 
		bilden  (vorrang 2). 
		Dieses Stadium ist unterhalb der Schwelle des Legalitätsprinzips 
		angesiedelt (  § 152 Abs. 2 StPO) und dient der Überprüfung von "Merkwürdigkeiten"  (vorrang 3). 
		Dabei handelt es sich um Tatsachen, die sowohl eine natürliche Ursache 
		haben, aber auch die Folge einer Straftat sein können. Wegen der 
		Leichensachen hat der Gesetzgeber die Vorermittlungen ausdrücklich in 
		der StPO geregelt  (vorrang 4) 
		und im übrigen einzelne Eingriffsermächtigungen so ausgestaltet, dass 
		sie bereits während der Vorermittlungen anwendbar sind. Das sind zum 
		Beispiel die Anhörungen (  § 163 Abs. 1 S. 2 StPO), förmliche Vernehmungen (  § 161 Abs. 1 StPO), behördliche Auskünfte (  § 161 Abs. 1 StPO), Beschlagnahmen (  §§ 94,  95 
		StPO) und Durchsuchungen (  §§ 102,  103 
		StPO)  (vorrang 5). 
		Die Ermächtigung der Polizei ergibt sich aus ihrem Recht zum ersten 
		Zugriff (  § 163 Abs. 1 StPO). 
		 Im 
		Zusammenhang mit den personalen Ermittlungen im Internet sind Konflikte 
		zwischen dem Gefahrenabwehrrecht und dem Strafverfahrensrecht im 
		Anfangsstadium nicht zu erwarten, weil die Polizei von beiden 
		Verfahrensordnungen zum Handeln in eigener Zuständigkeit ermächtigt wird. 
		Beispiel gebend ist für mich das Niedersächsische SOG  (vorrang 6), 
		das Datenerhebungen und ihre Speicherung bereits zu Zwecken der 
		Gefahrenabwehr zulässt. Diese polizeilichen Eingriffsrechte 
		korrespondieren mit denen aus der Ermittlungsgeneralklausel  (vorrang 7) 
		in  § 161 Abs. 1 StPO, so dass jedenfalls wegen der Datenrecherchen, der 
		Einrichtung von Fake-Accounts unter Alias-Namen und der Kommunikation 
		mit anderen Teilnehmern im Internet keine grundlegend unterschiedlichen 
		Handlungsvoraussetzungen bestehen. 
		 Spätestens 
		sobald der Beamte Kenntnisse über konkrete Straftaten erlangt, wird er 
		im Strafverfahren tätig (  § 163 Abs. 1, Abs. 2 StPO) und hat alle keinen Aufschub duldenden 
		Ermittlungen vorzunehmen, soweit nicht andere gesetzliche Vorschriften 
		die Befugnisse besonders regeln (  § 163 Abs. 1 S. 2 StPO). Dazu gehört jedenfalls auch, die 
		Erkundungen unter seinem Alias-Namen fortzusetzen. 
		Die Gründe dafür ergeben sich aus verschiedenen Gesetzen, die eine 
		einheitliche Ausrichtung haben. Das Gerichtsverfassungsgesetz 
		verpflichtet den Staatsanwalt dazu, sich allen
		 Amtshandlungen zu unterziehen, bei denen Gefahr im Verzug ist (  § 143 Abs. 2 GVG)  (vorrang 8). 
		Er muss wegen  aller verfolgbaren Straftaten einschreiten, sofern zureichende 
		tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen (Legalitätsprinzip,  § 
		152 Abs. 2 StPO), wobei er die Polizei mit den Ermittlungen 
		beauftragen kann, die ihm insoweit Folge zu leisten hat (  § 161 Abs. 1 S. 2 StPO). Beide sind deshalb verpflichtet,  für die 
		Erhebung der Beweise Sorge zu tragen, deren Verlust zu besorgen ist 
		(  § 160 Abs. 2 StPO). 
		 Für die 
		Fortsetzung der Kommunikation unter einem Alias gibt die Ermittlungsgeneralklausel 
		in  § 161 Abs. 1 StPO eine hinreichende Eingriffsermächtigung, so dass 
		jedenfalls ein überhasteter Abbruch nicht geboten ist, wenn Straftaten zum 
		Gesprächsthema werden. Wegen der Verabredung von Absatzgeschäften 
		(Scheingeschäft) und für die längerfristige Kommunikation greifen dann 
		die Besonderheiten des Strafverfahrensrechts, die strenger sind als die 
		Generalklausel. 
 
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  Die 
		Verhandlungen über Scheingeschäfte dienen ausdrücklich den Zwecken der 
		Strafverfolgung und müssen sich nach deren Regeln richten  (schein 
		1). 
		 Im 
		Zusammenhang mit polizeilichen Scheingeschäften fordert der BGH schon 
		lange eine  Gesamtwürdigung ..., nach der die entscheidende Frage zu beantworten ist, 
		ob das tatprovozierende Verhalten des Lockspitzels ein solches Gewicht 
		erlangt hat, dass demgegenüber der eigene Beitrag des Täters in den 
		Hintergrund tritt  (schein 
		2). Das setzt eine gefährliche Form von Kriminalität  (schein 
		3) und einen tatgeneigten Täter voraus, der grundsätzlich zur 
		Begehung einer Straftat bereit ist und mit dem nur noch die Einzelheiten 
		des Geschäftes verhandelt werden müssen  (schein 
		4). Diese Grenzen lässt auch der Europäische Gerichtshof für 
		Menschenrechte genügen  (schein 
		5). 
		 Es gibt 
		keine gesetzliche Vorschriften, die ausdrücklich das Scheingeschäft 
		betreffen. Zum Einsatz kommt dabei in aller Regel ein "Nicht offen 
		ermittelnder Polizeibeamter" - NoeP. 
		Sein Handeln ist im Einzelfall zulässig im Rahmen der "kriminalistischen 
		List". Ihre Ausgestaltung muss sich an der Schwere der Kriminalität und 
		Intensität des Eingriffs orientieren. Die einschlägigen Richtlinien 
		verlangen spätestens dann eine staatsanwaltschaftliche Genehmigung des 
		NoeP-Einsatzes, wenn im Einzelfall die Notwendigkeit besteht, die 
		Identität des Beamten geheim zu halten 
		 (schein 
		6). 
		 Die 
		Sachleitungsbefugnis der Staatsanwaltschaft (  §§ 160,  161 StPO) erfordert hingegen mehr, so dass sich in der Praxis 
		weitgehend durchgesetzt hat, dass der NoeP-Einsatz in jedem Fall von ihr 
		genehmigt werden muss - und sei es nachträglich. Er umfasst nämlich 
		mehrere rechtlich bedeutende Aspekte: 
		 Die Tatsache, dass ein NoeP eingesetzt wird. Das setzt eine Kriminalität 
		von einiger Schwere voraus. 
		 Rahmen und Grenzen des Einsatzes. Immerhin darf der NoeP nur im 
		Einzelfall eingesetzt werden und sein Einsatz darf nicht zur Aushölung 
		anderer Eingriffsformen führen  (schein 
		7). 
		 Geheimhaltung der Identität des NoeP. Seine Qualität als Beweismittel 
		wird dadurch deutlich vermindert. 
		  
		
 
		 (1) | 
    
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  Dieser 
		Aufsatz beschäftigt sich ausschließlich mit den Personenbeweisen im 
		Zusammenhang mit Internetrecherchen zur Strafverfolgung. Er widmet sich 
		der Frage, was die Strafverfolger im Rahmen der Kommunikation im 
		Internet dürfen und welche Voraussetzungen dafür erfüllt sein müssen. Es geht insoweit nur um die interaktiven 
		Ermittlungsmaßnahmen. Das sind die, bei denen der Ermittler persönlich 
		mit technischen Prozessen und Personen interagiert. Davon abzugrenzen 
		sind die technischen Werkzeuge zur Unterstützung und automatischen 
		Ermittlungsmaßnahmen. 
		  
 
		 (1) | 
    
      |  | 
  (vorrang 1)    BGH, Urteil vom 18.11.1999 - 1 StR 221/99, Rn 52
 
		
		 (vorrang 
		2)  Eingriffsrechte während der Vorermittlungen, 12.08.2009 
		
		 (vorrang 
		3)  Merkwürdigkeit, 12.08.2009 
		
		 (vorrang 
		4)  Vorermittlungen bei Leichensachen, 12.08.2009 
		
		 (vorrang 
		5)  Eingriffsrechte im Stadium der Vorermittlungen, 12.08.2009 
		
		 (vorrang 
		6)  Niedersächsisches Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung, 
  2. Abschnitt, Befugnisse zur Datenverarbeitung 
		
		 (vorrang 
		7)  BVerfG: Direkte Auskunft über Bestandsdaten, 15.06.2011 
		
		 (vorrang 
		8) Den Anordnungen der Staatsanwaltschaft hat die Polizei (Ermittlungspersonen 
		der Staatsanwaltschaft) Folge zu leisten (  § 152 Abs. 1 GVG). 
		
		 (schein 
		1) Siehe  (vorrang 1), Rn 51 
		
		 (schein 
		2)    BGH, Urteil vom 23.05.1984 - 1 StR 148/84, Rn 7 
		
		 (schein 
		3) Ebenda  (schein 1) 
		
		 (schein 
		4) Siehe  (vorrang 1), Rn 55;  keine Tatprovokation, 20.04.2008. 
		
		 (schein 
		5)  Grenzziehung vom EuGH, 20.04.2008 
		
		 (schein 
		6)  Nr. 2.9 Anlage D zu den Richtlinien für das Straf- und Bußgeldverfahren 
		- RiStBV 
		
		 (schein 
		7) Ebenda  (schein 6), Teil B. III. 
                           
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