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Auf das Bezahlsystem
Hawala
wurde ich aufmerksam durch zwei Artikel von Alfred Hackensberger
(1)
und Thomas Pany bei
aus 2004
(2).
Pany setzte seine Ausführungen zur
Schattenwirtschaft des internationalen Terrorismus
fort mit der Beschreibung terroristischer Kapitalströme und -sammlungen,
dem neuen Dschihad
(3),
der Zakat, der vom Glauben gebotenen Pflicht zur wohltätigen Spende
(4),
und schließlich der Dawa als Teil des islamischen Bankensystems
(5).
Ihm ging es besonders darum, das Finanz- und Finanzierungssystem für den
Terrorismus nach Art der al-Qaida aufzuzeigen, das sich traditioneller
wirtschaftlicher und rechtlicher Instrumente islamisch geprägter
Gesellschaften bedient.
Schon zuvor hatte sich Hackensberger mit dem islamischen Bankensystem
beschäftigt
(6).
Für sie ist kennzeichnend:
Der
"Glaube" ist für arabische Anleger ausschlaggebend, die religiöse
Integrität entscheidend. Investiert wird auf der Basis des islamischen
Rechts, der "Scharia", die Zinsen und Wucher ("Riba"), zudem Geschäfte
mit Alkohol, Tabak, Glücksspiel und Schweinefleisch verbietet. Geld darf
nicht verliehen werden, nur investiert. Der Gewinn wird durch die
Beteiligung am Profit erzielt, den das Unternehmen, basierend auf die
Investitionen, macht. Laut Koran kann die ursprünglich investierte Summe
nur dann zurück verlangt werden, wenn sie tatsächlich auch ohne die
geringsten Probleme zurückbezahlt werden kann.
Hackensbergers Ansatz ist ein anderer als der von Pany. Er will mehr
die kulturelle und wirtschaftliche Bedeutung traditioneller islamischer
Instrumente und Organisationen im Alltagsleben aufzeigen, Pany ihren
Missbrauch.
In der Tat ist der Ansatz, nicht den "Wucher", also das Geschäft mit
den Zinsen zu betreiben, sondern am Erfolg zu profitieren, ein
interessanter Aspekt, der entfernt an die westlichen Überlegungen zum
Risikokapital erinnert.
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Die risikokapitalistische Denkweise geht jedoch mehr in die Richtung,
das Risikokapital teurer zu vergeben, um damit schlimmstenfalls andere
Ausfälle aufzufangen. Die islamische Betrachtung scheint dagegen von
vornherein auf Risikostreuung ausgerichtet und eine Mischkalkulation zu
sein. Sie hat den Vorteil, dass extrem riskante (und profitable)
Investitionen nur dann gemacht werden, wenn sie hinreichend
"konservativ" abgesichert sind (Risikostreuung).
Beide Autoren haben sich jetzt wieder gemeldet. Pany äußert sich
verhaltener zum islamischen Nischensystem und stellt nicht seinen
prinzipiellen Erfolg, sondern das Fehlen prüfbarer Zahlen in den
Vordergrund
(7).
Wiederum ist Hackensbergers Blick mehr auf die praktischen Auswirkungen
gerichtet, weil er den Erfolg islamischer Banken an der Finanzierung von
Bauvorhaben festmacht, also an dem Grundprinzip der "Investition"
(8).
Fazit
Die islamisch ausgerichteten Finanz- und Finanzierungssysteme wirken
auf dem ersten Blick exotisch und fremd. Bei genauer Betrachtung
entpuppt sich aber die Hawala als nichts anderes als die
rechtlich anerkannte Anweisung, nur dass sie in der Praxis stärker
das Element des Vertrauens
(9)
als des Profits betont. Dasselbe gilt für islamische Banken. Auch nach
den neutestamentarischen Glaubensgrundsätzen sind Wuchergeschäfte, also
Zinsgeschäfte verboten gewesen. Die damit geschaffene wirtschaftliche
Nische haben in unserem Kulturkreis im Mittelalter christliche und
jüdische Kaufleute gleichermaßen ausgefüllt. Die ersten, indem sie die
feudalen Führer mit Krediten versorgten, für die sie monopolistische
Nutzungsrechte erhielten, die anderen, indem sie das Zinsgeschäft offen
betreiben durften.
Das islamische Bankensystem reiht sich darin ein. Ihr Geschäft wollen
alle machen. Von ihm lässt sich allenfalls etwas mehr Respekt vor dem
Risiko lernen, das der trägt, der eine Investition auch wirklich
realisiert. Von ihm wird hingegen auch Dankbarkeit erwartet, indem er
seine Investoren am Erfolg beteiligt.
Interessant.
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