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Offenkundig legen auch die Ergebnisse dieser Studie nahe, nach mehr
Haftraumkapazitäten
und nach mehr Einzelunterbringungsmöglichkeiten zu rufen. Beides wird
die Gewalt in den
Hafträumen reduzieren helfen, aber nicht die Schlägereien und
Körperverletzungen an anderen
Orten und außerdem würde das Selbstmordrisiko bei einer
undifferenzierten
Einzelunterbringung steigen.
(3)
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 Für
Gewaltexzesse und Bandenbildung unter Häftlingen macht Peter Mühlbauer
in besonders das
sozialillusorische Wohngruppenkonzept aus den 1970er Jahren
verantwortlich
(1).
Dabei wirkt er so hilflos, wie die Studie, auf die er sich beruft
(2).
Die fordert jedenfalls eine differenzierte Behandlung: Identifikation
und Isolation von gefährlichen Gewalttätern und Nutzung aller
Lockerungen und sozialtherapeutischen Maßnahmen für die Straftäter, die
sich für eine Wiedereingliederung eignen.
Auch Mühlbauer spricht von
Soziopathen und gerichtlich zertifizierte Gewaltexperten ..., die in
Milieus wie Gefängnissen oder dem Militär durchaus bestimmendere Rollen
einnehmen können.
Die
Probleme, denen sich der Justizvollzug ausgesetzt sieht, sind vielfältig
und sie werden sich nicht mit einfachen Maßnahmen lösen lassen. Die
Schlaglichter deuten das an:
Gefangene bilden bereits für sich eine besondere Bevölkerungsgruppe,
weil nicht jeder dazu wird. Bevor gegen einen Täter Freiheitsstrafe
vollstreckt wird, muss er schon einige oder sehr schwere Taten begangen
haben. Anders gesagt: Es sind nicht die freundlichsten und friedlichsten
Menschen, die zu Gefangenen werden.
Sie sind ganz überwiegend männlich. Ihr Bildungs- und Sprachniveau ist
im Allgemeinen unterdurchschnittlich.
Es gibt einen großen Anteil kranker und sozial auffälliger Gefangener
mit besonderen Karrieren als Opfer, Abhängiger oder Verlierer.
Gemeinsame soziale, kulturelle und sprachliche Herkünfte begünstigen
Gruppenbildungen und Rivalitäten.
Und nicht zuletzt: Knast ist eine Ausnahmesituation und geprägt von
Unterwerfung, Anpassung und Trennung von der gewohnten Lebensumgebung.
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Es wäre
ein Irrglaube, anzunehmen, der Justizvollzug würde bessere Menschen aus
den Gefangenen machen. Er kann ihnen nur neue Perspektiven,
Herangehensweisen und durch Fortbildung neue Chancen verschaffen. Ändern
können sich die Gefangenen nur selber, wenn sie dazu bereit sind.
Mitarbeiter einer JVA suchten vor etlichen Jahren nach einem Leitbild
für den Vollzug, bis einer der Mitarbeiter einfach nur sagte:
Es wäre
doch schön, wenn es bei uns nicht immer so stinken würde.
Daraus wurde eine besondere Knastphilosophie, die auf der einen Seite
an Schweinchen Dick erinnert: ... und
immer schön sauber bleiben!
Sie verlangt von den Gefangenen die strikte Einhaltung von Regeln, zu
denen auch Pünktlichkeit, Sauberkeit und Ordnung in den Zellen
gehört.
Das mag sehr bürgerlich und altbacken klingen und ist knallhart, hat
aber auch eine positive Kehrseite:
Jeder Gefangene bekommt zunächst alle Vergünstigungen, die das
Vollzugsrecht zulässt. Mit jedem Regelverstoß werden die Vergünstigungen
gekürzt und der Gefangene muss sich durch sein regelrechtes Verhalten
die Vergünstigung erst wieder erarbeiten. Er erfährt dabei am eigenen
Leibe, was er an Freiheit verliert, so dass bereits kleine Kürzungen
unmittelbar gespürt werden.
Diese Strategie ist kein Allheilmittel und sie ist allein deshalb kein
dauerhaftes Modell, weil die Welt draußen so nur funktioniert, wenn es
um Fragen der Wirtschaftlichkeit geht. Sie ist jedoch eine konsequente
Umsetzung des pädagogischen Grundsatzes, niemals mit einer Konsequenz zu
drohen, die man hinterher nicht umsetzt. Diese Konsequenz würde ich mir
angesichts wortgewaltiger Drohungen von Richtern und anderen
Entscheidungsträgern wünschen, die sich im Nachhinein als leere
Sprechblasen erweisen. Die Adressaten ziehen ihre eigenen Schlüsse
daraus: Es geht doch!
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