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Juni 2010 |
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Urlaubslektüre |
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Die Grundgedanken, die dem Roman von Daniel Suarez zugrunde liegen, sind keine Spinnerei (1). Daemons sind automatische Routinen, die in Computern schlummern und bei bestimmten Anforderungen Drucker und andere Dienste vermitteln oder aktive Prozesse ausführen. Moderne Online-Spiele verfügen zudem über eine gewisse "künstliche Intelligenz" (KI), die zwar noch weit hinter menschlicher Intelligenz zurücksteht, jedoch in begrenzten situativen Rahmen schneller, konsequenter und gradliniger reagieren als die menschliche Wollmilchsau arbeiten kann. Suarez hat aus diesen Elementen einen düsteren und rasanten Plot abgeleitet. Die digitale Schattenmacht des Mathew Sobol beherrscht lebende Menschen, die der Autor gut im Griff hat. Der zweite Teil soll leider erst 2011 erscheinen. |
Die ausstehenden Verdienste hat er durch wissenschaftliche Arbeit erreichen wollen. Ein mächtiger Auftraggeber verhindert das und zwingt ihn dazu, einen weiteren Mordauftrag anzunehmen. Andreas Brandhorst ist zu einem Klassiker der deutschen SF-Szene geworden, hat lange Zeit an der Perry Rhodan-Serie mitgeschrieben und liefert seit einigen Jahren gute literarische Qualitäten ab. Dabei neigt er zur Fantasy, schafft es aber, den phantastischen Elementen Erklärungen und Fesseln anzulegen, die noch in erklärbaren naturwissenschaftlichen Grundlagen wurzeln. Den Titel, die "Kinder der Ewigkeit" (2), finde ich etwas blass. Die Handlungen in dem Buch sind jedoch zügig und spannend. Seine Stärken sind die heimlichen Bezüge zur Informationstechnik, zu Sandboxes, zum Routing und schließlich beim sicheren, nicht aneckendem Navigieren durch die modernen Gedankengebäude der Naturwissenschaften. Herausgekommen ist ein lesbares Buch, das keinen euphorischen Lob
verdient. Leider: Wie so häufig bei Brandhorst! |
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Das ist die Idee, die bei Charles Stross am Anfang steht (3). Daraus entsteht ein Entwicklungsroman, der mehrere Jahrhunderte umfasst. Dabei erlebt der Leser die Umformung des Sonnensystems zu einer zwiebelförmigen Dyson-Sphäre, das Abheben künstlicher Intelligenzen zu metaphysischen Existenzen und die gestaltenden Einflüsse einer digital aufgerüsteten Katze. Nicht selten bewegt sich Stross in versponnenden Umgebungen und absonderlichen Umständen, behält dabei jedoch den einen oder anderen Fuß in der realen Erfahrungswelt, die uns geläufig ist. Aus den jedenfalls als Hypothesen gesicherten Überlegungen zu Wurmlöchern, zur relativistischen Raumfahrt und zur Künstlichen Intelligenz entwickelt Stross Handlungsumgebungen mit leidlicher Bodenhaftung und Nachvollziehbarkeit. Als Urlaubslektüre empfohlen. |
Der 991-Seiten-Roman (4) entstand in den Fünfziger Jahren des Zwanzigsten Jahrhunderts und soll ein Klassiker der phantastischen Literatur in Russland sein. Dieses Wissen hilft darüber hinweg, dass Snegows Vorstellungen vom Raum, von der Schwerkraft, der Zeit und besonders vom Zentrum der Milchstraße etwas absonderlich wirken. Umgekehrt gedacht: Visionär, aber falsch. Seine Protagonisten leben hingegen die klassischen russischen Selbst- und Weltzweifel aus. Es ist ein wichtiger, aber kein bahnbrechender Roman. Genau deshalb
empfehle ich ihn zur Lektüre. |
Anmerkungen | ||
(2)
Andreas Brandhorst, Kinder der Ewigkeit, Heyne 2010
(3)
Charles Stross, Accelerando, Heyne 2006
(4)
Sergej Snegow, Menschen wie Götter, Heyne 2010 |
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Cyberfahnder | ||
© Dieter Kochheim, 11.03.2018 |