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Atomvulkan Golkonda, Praktikanten, Regenbogen |
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Die Helden im Atomvulkan Golkonda unternehmen eine Venus-Expedition und
sterben fast alle dabei (
Kurzrezension).
Es handelt sich um den ersten Roman der Strugatzki-Brüder und
er erschien 1959
(3).
Er ist packend erzählt und lässt auf dem inneren Nachbarplaneten eine an
unwirtliche Lebensverhältnissen angepasste Pflanzen- und Tierwelt
entstehen.
Der überlebende Held - Alexej Petrowitsch Bykow - taucht dann wieder in
dem Episodenroman Praktikanten von 1962 auf und erobert andere Teile des
Sonnensystems
(4).
Beide Bücher sind vergriffen. Bei Amazon wird der Atomvulkan Golkonda
antiquarisch vermittelt.
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Die abenteuerlichen und naturwissenschaftlich ausgerichteten
Schwerpunkte verlassen die Strugatzkis bereits schrittweise mit "Der
ferne Regenbogen" von 1963
(5).
Ohne den Protagonisten Bykow beschreibt der Roman ein Forschungsprojekt auf dem fernen Planeten
Regenbogen, das außer Kontrolle gerät und die Forscher und ihre Familien
zu vernichten droht. Sie können aber nicht alle fliehen, weil dazu die
Kapazität ihres Raumschiffs nicht ausreicht.
Der Roman ist 2002 bei Suhrkamp neu erschienen und bei Amazon
antiquarisch verfügbar.
Den ersten Zyklus, den die drei Werke kennzeichnen, beschreibt Darko
Suvin als
noch immer ziemlich idyllisch
(6).
Recht hat er.
|
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Es ist nicht leicht, ein Gott zu sein |
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Maxim Kammerer steht im Mittelpunkt von sechs Romanen, die - wie schon
der Regenbogen - außerhalb unseres Sonnensystems spielen.
Den Anfang markiert die Novelle Fluchtversuch von 1962
(7).
Mit ihm wenden sich die Strugatzkis, wie ein Jahr später mit "Der ferne
Regenbogen",
gegen eine unbedingte und unreflektierte Technikgläubigkeit (Alpers pp., S. 943),
wobei sie auch die fatale Verknüpfung zwischen Technik und Sklaverei
aufgreifen.
Im Westen bekannt wurden die Autoren mit "Es ist nicht leicht, ein
Gott zu sein" von 1964
(8),
worin sie einen irdischen Agenten, Anton, auf einen Planeten mit
mittelalterlichen Menschen versetzen und die Frage stellen, ob er
das Recht zum Eingreifen hat. Sie stellen auch
die Frage nach der Verantwortlichkeit des einzelnen gegenüber der
Geschichte (Alpers pp., S. 942). Der Roman liefert den Kern für den
Film
Stalker von 1978/79.
Ähnlich stellt sich das Problem für Maxim Kammerer in "Die bewohnte
Insel"
(9).
Auch er versucht
eine unterdrückte Gesellschaft zu befreien, nur um schließlich
festzustellen, dass er sich als Agent der Erde gegen ein von der Erde
installiertes System wendet (Alpers pp., S. 942).
In "Ein Käfer im Ameisenhaufen" von 1979 variieren die Strugatzkis das
Thema noch einmal und umkleiden es mit einer Kriminalgeschichte
(10).
In "Der Junge aus der Hölle" versetzen uns die Autoren 1974 in eine
Welt,
in der die Menschen, trotz schier übermenschlicher Errungenschaften,
Menschen geblieben sind. In sie
gerät ein junger Mann, der auf seinem fernen Heimatplaneten für ein
faschistisches Regime erzogen worden ist - und der nichts lieber will,
als zurückzukehren in die Hölle, aus der er gerettet wurde.
(11)
|
In ihren Romanen verwenden die Autoren immer häufiger den Begriff
Progressor, mit
dem sie ein Individuum bezeichnen, das in die Geschicke und Geschichte
eines Alien-Volkes eingreift. Dies sind zunächst hadernde und Bedenken
tragende irdische Vertreter und in den späteren Werken vermehrt
Außerirdische, die sich in die weltlichen Prozesse einmischen.
Die Novelle "Die Wellen ersticken den Wind" von 1985
(11a)
betrachtet wieder Maxim Kammerer, der sich und seine Umgebung einer
biologischen und metaphysischen Weiterentwicklung ausgesetzt sieht. Das
Thema ist den Autoren im Zusammenhang mit den
"Häßlichen Schwänen" besser gelungen. Man muss diese Art der
Metaphysik mögen, ich bin für sie wahrscheinlich zu materiell
eingestellt und mag sie nicht. Die geradezu Phönix-artige Auferstehung
des Schmetterlings aus seiner Puppe beschreibt die Vorstellung des
kommunistisch-freien Menschen von dem Joch der Ausbeutung nicht
schlecht. Das haben die Autoren wahrscheinlich satirisch (und
erfolgreich) auf die Schippe nehmen wollen. Es ist schön, dass wir
darüber philosophiert haben - das Lesen macht mir dennoch keinen Spaß.
Der "Fluchtversuch", "Es ist nicht leicht ...", "Der Junge aus der Hölle"
und "Die Wellen ersticken den Wind" sind nur antiquarisch bei Amazon erhältlich.
Damit ich nicht falsch verstanden werde: Die Strugatzkis sind subtil und
nicht einmal vorsichtig dabei. Ihre Sticheleien gegen die sie umgebende
Herrschaft, die eine Fortentwicklung zur kommunistischen Freiheit
propagiert, ist genial und sicherlich köstlich - für den, der wie sie in
derselben Umgebung gesteckt hat. Für mich, der ich keine Pressionen
befürchten musste, wirken die Befreiungsschläge der Autoren eher bemüht,
langatmig und - mit Verlaub - langweilig. Nichts für ungut ...
|
|
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phantastische Märchen |
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1965 entstanden zwei Romane, die sich mit dem
Phantastisch-Märchenhaften befassen (Alpers pp., S. 943).
In "Montag beginnt am Samstag" stellen die Strugatzkis ein
naturwissenschaftliches Institut für Zauberei und Wohlfahrt vor, in dem
Fabelwesen, Idole, Gestalten des Märchens und Wunschträume der
Kollektivphantasie materialisiert, ökonomisch nutzbar und damit zum
Konsum geeignet gemacht werden
(12).
In eine groteske und skurille Zukunftswelt sieht sich der
Ich-Erzähler in "Die gierigen Dinge des Jahrhunderts" (ebenfalls 1965)
versetzt, als er nach jahrelanger Arbeit im Weltraum zurück kehrt.
Es gibt beunruhigende Anzeichen von irrationalen Akten,
Geheimgesellschaften mit destruktiven Absichten, Ausbrüchen von
Massenwahnsinn - und fortwährende Anspielungen auf ein geheimnisvolles
Produkt, das nur durch die "richtigen Verbindungen" zu erhalten sei und
höchste Lust verspreche. In diesem Buch rechnen (die Brüder
Strugatzki) mit opportunistischem Spießbürgertum und satter
Selbstzufriedenheit ab
(13).
Übrigens: der Erzähler zahlt mit Dollars.
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Seltsame Dinge geschehen auch in der drückenden sommerlichen Hitze, die
in "Milliarden Jahre vor dem Weltuntergang" herrscht (erschienen 1976).
Eine schöne junge Frau taucht auf und verschwindet spurlos; dann
begeht einer der führenden Rüstungsforscher Selbstmord. Bei dem Biologen
Waingarten taucht ein rothaariger Gnom auf, der das Ultimatum einer
"Superzivilisation" überbringt, sofort alle Forschungsarbeiten
einzustellen und alle Unterlagen zu vernichten
(14).
Am Ende bleibt die Frage offen, wie der zeitgenössische Mensch von 1976
mit seiner Umwelt umgeht und welche Zukunftsentscheidungen er trifft.
Bei allem Märchenhaften dieser drei Romane vermitteln sie auch
tiefsinnige Gedanken und viel Schwermut in der russischen Seele. Sie
erinnern ein wenig an
Stanislaw Lem und das dürfte kein Zufall sein. Die Gedanken, die die
Autoren äußern, hätten - gleichsam gefährlich - verstanden und
missverstanden werden können. Dadurch, dass sie sie in surreale Umwelten
verlegen, geben sie sich und ihren Protagonisten mehr Spielräume.
Alle drei Romane sind antiquarisch bei Amazon erhältlich.
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Ausflüge |
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Ich bezeichne das 1968 erschienene Buch "Die Schnecke am Hang" als kafkaesk.
Suvin sieht das anders
(15):
Der Roman
ist eine legitime Fortsetzung der Gogolschen und Schtschedrinschen
Ader in der russischen Literatur und der großen sowjetischen Tradition
von Ilf-Petrow oder Olescha, an der Grenzlinie von SF und Satire wie in
Majakowskis Spätstücken. Die Strugatzkis verschmelzen diese
Überlieferung mit den von Swift, Kafka, Lem und der englischen
phantastischen Literatur (Lewis Carroll etwa) gelieferten Anregungen,
und damit bieten sie dem Leser ein brillantes Wortkunstwerk - eine
Mimikry des Jargons der Bürokraten und der Gelehrten, der Ausdrucksweise
der Spießer und der Fanatiker, Ironie und Parodie, Umgangssprache und
Neologismen.
Das Buch ist antiquarisch bei Amazon erhältlich.
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Mit dem "Picknick am Wegesrand" von 1972 betreiben die Autoren
experimentelle Geschichtsforschung
(16),
sagt Lem über das Buch, das die Grundlage für den Spielfilm "Stalker"
lieferte
(17). Alpers pp. betrachten es als ein
herausragendes Werk
(18),
das
untypisch für die russische SF und ganz deutlich an die
anglo-amerikanische angelehnt sei. Das mag stimmen, aber ich halte
es eher für populistisch und versponnen.
Irgendwo in den USA existiert eine Zone, von der man vermutet, dass
Außerirdische dort gelandet sind, doch ein Kontakt im eigentlichen
Sinne hat nicht stattgefunden. Sie haben allerlei Unrat zurückgelassen,
der für Menschen extrem gefährlich ist. Der Protagonist ist ein
sogenannter Schatzsucher, der diese gefährlichen Gegenstände aus der Zone
herausholt, was wiederum nur unter Lebensgefahr möglich ist. Weder die
Gegenstände noch der Sinn des Besuchs werden am Ende des Romans erklärt
(Alpers pp.). Lem vermutet eine Havarie.
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Gesellschaftskritik |
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Ihre Gesellschaftskritik an dem sowjetischen Alltag kleiden die Autoren
in ein absurdes Gewand. Den frühen Höhepunkt dieser Ausrichtung erreichen sie
mit ihren Novellen "Die zweite Invasion der Marsianer" (1967)
(19)
und "Troika" (1968)
(20).
Nach der Verlagsbeschreibung spielt die "Invasion" auf H.G. Wells an,
was der deutsche Titel kaum zu verhüllen vermag. Die Invasion erfolgt
unversehens, heimlich und schleichend, durch Flüsterpropaganda und eine
Flut von Gerüchten geht der Mensch seiner Rolle als "Krone der
Schöpfung" verlustig, aus rein opportunistischen Erwägungen läßt er sich
die Herrschaft der "Marsianer" willig gefallen
(21).
Diese Form der schleichenden gesellschaftlichen Umformung lässt sich auf
alle Gesellschaftsformen, totalitär oder nicht, und historische Prozesse
übertragen. Man nennt sie auch "Salamitaktik": Von alten Gewohnheiten
und Sitten wird immer wieder ein schmerzlos wirkender Teil entfernt, bis
am Ende alle Beteiligten kaum bemerkt haben, dass sie einen ständigen
Prozess der Umerziehung durchlaufen haben. Sie funktioniert viel zu
häufig und wegen gesellschaftlicher Prozesse noch besser als bei der
Umerziehung eines einzelnen Menschen (aber auch dort).
Die Troika ist bizarr, satirisch und witzig und variiert das Thema. Zwei
Mitarbeiter des Instituts für Hexerei und Zauberkünste werden zur
Kolonie für unerklärliche Erscheinungen entsandt. Dort geraten sie an
eine Dreierkommission, eine Troika, die sich im Verlauf endloser
Überprüfungsverfahren als unfähig erweist, die "unerklärlichen
Erscheinungen" (darunter eine sprechende Wanze, ein Krake namens Spiridon
und ein Pterodaktylus) zu verstehen und richtig einzuordnen. Alles, was
nicht ins bürokratische Schema paßt, wird als unwissenschaftlich und
volksfeindlich verboten oder ausgemerzt. Mit welcher Ignoranz,
Beschränktheit und Umständlichkeit die Troika vorgeht, wird
schonungslosem Gelächter preisgegeben.
(22).
Der Verlagstext ist antistalinistisch gefärbt, aber das sind die
Autoren auch. Das Cover nimmt diese Haltung wunderschön auf, indem drei
Gesichter sich leicht verdeckend nebeneinander gereiht werden. Diese Art
der sehr sowjetischen Darstellung kennt man mit den Ansichten von Marx,
Engels, Lenin und Stalin und mit diversen Varianten. Nett.
|
"Die häßlichen Schwäne" stammen aus dem Jahr 1972 und wurden in der
Sowjetunion nicht veröffentlicht, wohl aber 1982 bei Heyne
(23)
und später - vollständiger - bei Suhrkamp als zweiter Teil von "Das
lahme Schicksal" (1986)
(24).
"Das lahme Schicksal" beginnt mit der Geschichte von Felix Sorokin,
einem Schriftsteller, der sich mit seinen Visionen aus seinem
aus
Furcht vor verständnislosen Literaturfunktionären und -kritikern
nie veröffentlichten Roman konfrontiert sieht, also mit Prophezeiungen,
die Gestalt annehmen.
Über "Die häßlichen Schwäne" berichtet der Klappentext:
Es
beginnt mit einem lästigen Augenleiden, dann folgen Hautausschläge, die
ständig mit nassen Umschlägen behandelt werden müssen. "Naßmänner" nennt
man deshalb die Erkrankten, sperrt sie in Leprosorien und riegelt sie
hermetisch von der Außenwelt ab. Die Regierung schweigt und hält die
Quarantäne aufrecht.
Die
Bevölkerung soll nicht erfahren, um was genau es sich dabei handelt. Es
ist nämlich keine Lepra, es ist ein Aussatz besonderer Art. Es sind
Begleiterscheinungen einer Höherentwicklung des Menschen zum Homo
superior. Aber auch wenn die Leute das nicht wissen, es genügt ihnen zu
spüren, dass die "Naßmänner" anders sind. Und als die Kinder beginnen,
merkwürdig fasziniert zu reagieren, und es zum Auszug kommt wie einst
beim Rattenfänger von Hameln, werden die Eltern rebellisch und versuchen
die Quarantänestation mit Gewalt zu stürmen.
Doch
sie machen die bittere Erfahrung, daß die häßlichen jungen Schwäne, die
sich einst zur zukünftigen Menschheit mausern werden, über ungeahnte
Kräfte verfügen, die alle bisher geltenden Machtkonstellationen beiseite
zu fegen in der Lage sind und denen ihre menschlichen Vorfahren nicht
viel mehr bedeuten als denen die Affen.
Ich halte nicht viel von darwinistischen Expansionsvorstellungen, die
zu häufig im Totalitärem und im Faschismus landen. Davon sind die
Strugatzkis aber weit entfernt. Sie drohen den Verantwortlichen und den
Mitläufern nur damit, dass sie unter der Herrschaft einer neuen
Generation ausgedient haben werden. Das wiederum ist eine gute
Perspektive.
Alle vier Bücher sind antiquarisch bei Amazon
erhältlich.
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Erzählungen |
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Bei den Erzählungsbänden weiß man nie, wann die einzelnen Texte
entstanden sind.
Die Kurzgeschichten in dem Band "Mittag, 22. Jahrhundert"
(25)
ranken
überwiegend um die Kosmonauten Sergei Kondratjew und Jewgeni Markowitsch
Slawin, die nach langer Zeit im Weltraum in die brave neue Welt
(26)
des 22. Jahrhunderts zurückkehren. Der Titel ist genial. Die Geschichten
sind eher
idyllisch und technikgläubig, was im Anbetracht des Entstehens der
Titelgeschichte (1962) und dem Erscheinen hier (1974/1977) nicht
verwundert.
Das Buch ist antiquarisch bei Amazon erhältlich.
Die Geschichte vom "Knirps" erschien zuerst im Heyne Science Fiction
Jahresband 1981
(27)
und hat mich umgehauen. Der "Kleine", wie er später genannt wird
("Knirps" finde ich treffender), hat eine menschliche Gestalt und ist
offenbar menschlicher Herkunft. Irgendetwas oder irgendwer - ein
Prospektor - hat ihn aber verändert. Gar nicht 'mal böswillig, sondern
um ihm überlebensfähig und neugierig zu machen. So trifft er als
Einziger auf die, die ihn und seine Mitmenschen retten sollen.
|
Mit dieser Perspektive verlassen die Strugatzkis ihre Sticheleien gegen
das sowjetische System und seinem aufstrebenden Menschentum. Auch an
diesem Punkt möchte ich nicht falsch verstanden werden: Ihre Sticheleien
sind böswillig, müssen aber nicht gänzlich böswillig gemeint sein. Der
"Knirps" macht deutlich, dass es eine physikalisch-biologische
Weiterentwicklung des Menschen geben könnte.
Während ich darüber nachdenke, wird mir die biologistische
Perspektive der sowjetischen Kommunismusvorstellung immer deutlicher.
Danke, liebe Strugatzkis, das möchte ich nicht!
Den gedanklichen Faden nimmt die "Dritte Zivilisation" wieder auf und
versetzt Stas Popow in eine schwierige Situation
(28):
Er
hört unheimliche Geräusche, sieht Phantome, zweifelt am eigenen
Verstand, bis auch andere unerklärliche Vorgänge bemerken und
schließlich ihr Urheber selbst auftaucht - der "Kleine", ein
Menschenkind, das als einziger Überlebender eine vor Jahren abgestürzten
Raumschiffes auf dem Planeten aufgezogen wurde. Von wem? Wer hat seinen
Körper so grotesk deformiert und ihn mit Fähigkeiten ausgestattet, über
die kein Mensch verfügen kann?
Das Buch ist antiquarisch bei Amazon erhältlich.
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letztes gemeinsames Werk |
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Die "Stadt der Verdammten" ist der letzte Roman, den die Strugatzkis
gemeinsam herausgegeben haben. Er entstand zwischen 1969 und 1975 und
wurde (nach verschiedenen Quellen) aber erst 1987 oder 1989
veröffentlicht
(29).
Die Autoren beschreiben das "Große Experiment", das an einem
unbekannten und abgelegenen Ort mit Menschen aus verschiedenen Teilen
der Welt, aus verschiedenen Epochen und mit unterschiedlichen
Weltanschauungen durchgeführt wird. Es dient zur Suche nach der idealen
menschlichen Gesellschaft.
Seltsames geschieht in der Stadt: Tausende von Pavianen fallen ein,
verwüsten alles; Menschen verschwinden ... Ein faschistischer Putsch
beendet jäh das »Große Experiment«. Stadt der Verdammten ist die
Geschichte vom fast unvermeidlichen Scheitern gesellschaftlicher
Utopien, eine Parabel von hoher Aktualität.
(30)
Das Buch ist antiquarisch bei Amazon erhältlich.
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Mit ihren gemeinsamen Werken haben Arkadi und Boris Strugatzki immer
meine Anerkennung, aber selten meine Begeisterung erregt. Die frühen,
klassischen Weltraumabenteuer liefern solides erzählerische Handwerk. Ab
"Es ist nicht leicht, ein Gott zu sein" wurden ihre Werke zunehmend
nachdenklicher und abnehmend euphorisch, später tiefgründig und - sehr
russisch - traurig. Die versteckte System- und Gesellschaftskritik wird
darin deutlich und es verwundert, dass nur zwei Werke nicht in der
Sowjetunion erscheinen konnten.
Die Tiefe der Gedanken der Protagonisten ist etwas Besonderes. Viele
Motive wiederholen sich aber auch.
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nachkommunistische Reflexionen |
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An "Die Suche nach der Vorherbestimmung" schrieb Boris Strugatzki 1993
und 1994. Der Roman wurde 1995 in Moskau unter dem Pseudonym "S.
Wititzki" und leider erst 2004 bei Klett-Cotta veröffentlicht
(31).
Die Hauptperson, Stanislaw Krasnogorow, erkennt, dass sie bereits
23-mal Lebensgefahren ausgesetzt war und jedes Mal auf unerklärliche Art
überlebt hat. Er schreibt ein Buch darüber, für das sich zwar kein
Verlag, wohl aber der KGB-Agent Wenjamin Krasnogorski interessiert. Dieser stellt
fest:
Beinahe alle Menschen, die in der fiktiven Welt des Romans auftauchen,
sind in der Wirklichkeit auf rätselhafte Weise ums Leben gekommen.
Zufall oder Schicksal?
(32)
Mich hat die Zeitreise begeistert, bei der Strugatzki seinen Helden
die Zeit von der deutschen Belagerung St. Petersburgs bis in eine
fiktive Zukunft Russlands nacherleben lässt. Seine Kindheitserinnerungen
aus dem Zweiten Weltkrieg werden besonders feinfühlig, dicht und
spannend geschildert, samt Kälte und noch mehr Kälte, zerborstenen
Glasscheiben und Katzen, die man um des Überlebens Willen essen musste.
Er erlebt die sowjetische Realität unter Stalin, Breshnew und
schließlich die Perestroika sowie militärische Menschenversuche,
geklonte Bestien und neue Reiche, die mit Sonderrechten durch ihr, jetzt
kapitalistisches Russland jagen und es nach ihren Vorstellungen
gestalten.
Das Buch ist einfach hervorragend, gespickt mit Zitaten und
Andeutungen, die der Übersetzer liebevoll kommentiert hat, und ein
Erlebnis besonderer Art.
|
"Die Ohnmächtigen" erschien 2003 in St. Petersburg und Moskau ebenfalls
unter dem Pseudonym "S. Wititzki", 2007 bei Klett-Cotta
(33).
Im Klappentext heißt es, der Roman sei eine
verstörende Parabel über die Ohnmacht der Intellektuellen im
postkommunistischen Russland. Das ist wohl richtig so.
Eine der Hauptpersonen ist der Meteorologe Wadim, der in der Lage
ist, Massenentscheidungen, mithin auch Wahlergebnisse vorherzusehen. Er
gehört zu einer Gruppe von Menschen mit anderen außergewöhnlichen
Fähigkeiten. Ein rätselhafter Alter bringt Menschen mit einem einzigen
Satz auf einen neuen Lebensweg, andere erkennen unfehlbar jede Lüge,
haben das absolute Gedächtnis, können Menschen psychisch manipulieren,
über Insekten gebieten oder mit bloßem Hass töten.
Die Geschichte ihres Lehrers, der diese Gaben in ihnen entdeckte, reicht
zurück bis zu Menschenversuchen in der Stalinzeit. Als eine
Politmafia Wadim
erpressen will und verlangt, dass er mit seiner besonderen Gabe
Einfluss auf das Ergebnis der in St. Petersburg anstehenden
Gouverneurswahl
nimmt, versuchen sie gemeinsam das Unheil abzuwenden. (Zitate aus
dem Klappentext)
Boris Strugatzki ist in der Jetztzeit angekommen und ist ein
spannender Erzähler geblieben.
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Fazit |
|
|
Was sind meine persönlichen Favoriten?
Da ist zunächst die
Geschichte vom Knirps, die mich begeistert hat. Zu nennen ist auch
der
Atomvulkan Golkonda
- solides SF-Handwerk mit russischer Exotik. Mit
Es ist nicht leicht, ein Gott zu sein haben Arkadi und Boris
Strugatzki eine neue Perspektive in die SF gebracht, indem sie nach der
moralischen und philosophischen Berechtigung zur Einflussnahme auf
fremde Kulturen fragen. Eine ähnliche philosophische Tiefe hat (mir)
seinerzeit nur
Stanislaw Lem vermittelt, der jedoch eher den Standpunkt vertreten
hat, dass es unmöglich ist, fremde Intelligenz zu erkennen, und noch
mehr, mit ihr zu kommunizieren.
Trotz meiner Kritik:
Die häßlichen Schwäne sind ein Leckerbissen gewesen und die
Milliarden Jahre vor dem Weltuntergang ebenfalls.
|
Restlos begeistert haben mich jedoch die beiden Spätwerke, die Boris
Strugatzki allein geschrieben hat:
Die Suche nach der Vorherbestimmung und
Die Ohnmächtigen.
|
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Anmerkungen |
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(1)
Arkadi und Boris Strugazki
(Schreibweise bei )
(1a)
Ausnahme, aber auch nicht überwältigend:
die bibliothek strugatzki
(2)
Alpers, Fuchs, Hahn, Jeschke, Lexikon der Science Fiction Literatur,
Heyne, Neuausgabe 1987, S. 942
(3)
Cover der Ausgabe bei Heyne von 1974
(4)
Cover der Ausgabe im Aufbau Taschenbuch Verlag 1994
(5)
Cover der Ausgabe bei Heyne von 1976
(6)
Darko Suvin, Nachwort zu Strugatzki, Die Schnecke am Hang, Suhrkamp
1978, S. 255.
Er ist der Autor einer faszinierenden Analyse zur
Poetik der Sience Fiction (Suhrkamp 1979;
antiquarische Angebote bei Amazon), in der er diese Literaturgattung von
der phantastischen im übrigen dadurch abgrenzt, dass sie
erkenntnisbezogen ist. Er spricht insoweit von der erkenntnisbezogenen
Verfremdung.
(7)
Cover der Ausgabe bei Suhrkamp 1983
(8)
Cover der Ausgabe bei Heyne von 1973
(9)
martialisches Cover der Ausgabe bei Ullstein von 1982;
Bestellung bei
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(Neuerscheinung 2008 bei Suhrkamp)
(10)
Cover der Ausgabe bei Suhrkamp 1985
(11)
Cover der Ausgabe bei Suhrkamp 1990,
aus dem Klappentext.
(11a)
Cover der Ausgabe bei Suhrkamp 1988
(12)
Cover der Ausgabe bei Suhrkamp 1982,
aus dem Klappentext.
(13)
Cover der Ausgabe bei Suhrkamp 1982,
aus dem Klappentext.
(14)
Cover der Ausgabe bei Heyne 1981,
aus dem Klappentext.
(15)
Cover der Ausgabe bei Suhrkamp 1978. Suvin-Zitat: ebenda, S. 276 f.
|
(16)
Cover der Ausgabe bei Suhrkamp 1981. Lem-Zitat: ebenda, S. 201.
Siehe auch
Picknick am Wegesrand.
Bestellung bei 
(Neuerscheinung 2008 bei Suhrkamp).
(17)
Stalker (Film)
(18)
siehe Anm. 2, S. 943.
(19)
Cover der Ausgabe bei Suhrkamp 1984. Diese Ausgabe enthält auch die
"Troika".
(20)
Cover der Ausgabe bei Suhrkamp 1993
(21)
Verlagstext zu "Die zweite Invasion der Marsianer", 1984
(22)
Verlagstext zu "Troika", 1993.
Cover der Ausgabe bei
Suhrkamp 1993. Zitat aus dem Innentext.
(23)
Cover der Ausgabe bei Heyne 1982
(24)
Cover der Ausgabe bei Suhrkamp 1991. Das nachfolgende Zitat stammt vom
Verlag.
(25)
Cover der Ausgabe bei Knaur 1977
(26)
Tin
Lizzy wurde 100
(27)
Cover des Originals von 1981;
nicht erhältlich.
(28)
Cover der Ausgabe bei Suhrkamp 1993. Zitat aus dem Innentext.
(29)
Cover der Ausgabe bei Ullstein 1995;
Inhaltswiedergabe
(30)
Innentext
(31)
Cover der dt. Erstausgabe bei Klett-Cotta 2004;
Bestellung bei
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(32)
Zitat aus der Produktbeschreibung bei Amazon.
(32)
Cover der dt. Erstausgabe bei Klett-Cotta 2007;
Bestellung bei
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© Dieter Kochheim,
11.03.2018 |