Web Cyberfahnder
  Cybercrime    Ermittlungen    TK & Internet    Literatur    intern    Impressum 
Oktober 2010
05.10.2010 10-10-03 Danke für den Fisch!
     
zurück zum Verweis zur nächsten Überschrift Jetzt ist aber Schlüss! (2)

 
Die Verfolgung schwerer Straftaten werde in einigen Fällen sicher erschwert, weil das Bundesverfassungsgericht die bisherige Regelung zur sechsmonatigen Vorratsdatenspeicherung gekippt hat, räumte Schaar ein. Es sei jedoch "unangemessen und voreilig, wenn das BKA gute Alternativen von vornherein ausschließt". Der "Quick Freeze"-Ansatz habe sich zusammen mit der derzeitigen Praxis der Aufbewahrung der sogenannten Verkehrsdaten durch Provider für drei bis sieben Tage beim Vorgehen gegen Urheberrechtsverstöße durch die Unterhaltungsindustrie bewährt. Es sei verwunderlich, dass die Strafverfolgungsbehörden so viel länger bräuchten als die Film- und Musikbranche, um die entsprechenden Verbindungsinformationen auszuwerten. (1)
 

 
Eigentlich wollte ich die Meldung bei gar nicht aufrufen, weil sich gegenwärtig offenbar jeder Kritiker der Vorratsdatenspeicherung äußert und sich am BKA reibt, das keine Gelegenheit auslässt, dem Beispiel einer früheren Oppositionspartei folgend, deren Vorsitzender im Fernsehen tagtäglich und nur mit seiner Forderung nach Neuwahlen bekannt war, die Vorratsdatenspeicherung bei jeder auch unsinnigen Gelegenheit zu fordern.

Der Bundesdatenschutzbeauftragte Schaar ist ein Fachmann - zweifellos. Von Fachleuten erwarte ich, dass sie ein sie betreffendes Thema durchdrungen, das Für und Wider abgewogen, sich entschieden haben und dennoch für Gegenargumente offen bleiben. Die Heise-Meldung lässt mich in Bezug auf Schaar daran zweifeln.

"Quick Freeze" ist eine gute Methode, um eine laufende Kommunikation zu protokollieren. Sie ist keine Alternative zur Vorratsdatenspeicherung, weil sie eine laufende Überwachung voraussetzt. Wer sie als eine Alternative präsentiert, setzt einen flächendeckenden Überwachungsstaat à la Orwell voraus.

Die Verfolger von Urheberrechtsverstößen legen sich wie Straßenräuber auf die Lauer und protokollieren bevorzugt P2P-Netzwerke, um dann mit meist überzogenen Abmahn-Forderungen zuzuschlagen und abzuzocken. Wer das als Leitbild für die Strafverfolgung propagiert, lebt in einem anderen Rechtsstaat und unter einer anderen, nicht mehr freiheitlichen Verfassung als ich.
 

 
Binnen "drei bis sieben Tage" merken Normalbürger in aller Regel nicht, dass sie betrogen, belogen, anderweitig bloßgestellt oder ihrer Identität beraubt wurden. Solange sie das nicht merken und anzeigen, weiß auch die Strafverfolgung nichts davon, dass möglicherweise eine Straftat begangen wurde.

Allen Betroffenen rufen Schaar und Konsorten künftig zu: "Freut Euch! Dank unserer stetigen Bemühungen hinterlasst Ihr keine Datenschatten. Freut Euch auch darüber, dass Euer Geld weg ist und Eure Daten missbraucht werden! Weil: Das ist echte Freiheit, Freiheit vor Strafverfolgung und Rechtsschutz".

Bestimmte Wirtschaftszweige werden davon profitieren. Die Hersteller von Sparstrümpfen, Waffen und langfristig haltbaren Lebensmitteln. Das Vertrauen in digitale Geschäfts- und Kommunikationsbeziehungen wird den Bach runter gehen, Onlinebanking zu einem obszönen Kunstwort aus der Märchenwelt der tiefen Vergangenheit werden und in jedem Kleingarten ein Wachturm mit MG stehen, weil jeder nur noch das als werthaltig betrachtet und schützt, was er unmittelbar kontrollieren kann.

Genial an der Strategie ist, dass jedenfalls die globale Kriminalität einen großen Bogen um unser Heimatland machen wird. Wer will als anständiger Dieb schon Rüben klauen in einem Land, das nur noch aus schwer aufgerüsteten Kleingärten besteht und deren Bewohner sich angewöhnt haben, in jede Münze zu beißen, um zu prüfen, ob sie auch aus dem richtigen Metall besteht?
 

zurück zum Verweis Alternativen


 
Allen IT-Ermittlern empfehle ich: Schult um! Übernehmt wirklich wichtige Aufgaben!

Verkehrskasper zum Beispiel - und das meine ich Ernst! Eine wichtige Arbeit, eine gute Arbeit und lachende Kinder, wenn Sie Ihre Arbeit gut machen.

Oder werden Sie Hundeführer! Das Tier zeigt Ihnen, ob Sie Ihre Arbeit gut machen und wenn ja, dann haben Sie einen Freund, den Ihnen kein Politiker streitig macht.

Lernen Sie Fremdsprachen und gehen in den Streifendienst! Reden Sie mit den Leuten auf der Straße, helfen ihnen beim Ausfüllen des GEZ-Formulars und lassen sich dafür einen Kaffee beim türkischen Bäcker an der Ecke ausgeben! Das ist keine Bestechung, sondern normaler zwischenmenschlicher Umgang, bei dem keiner dem anderen etwas schuldig bleibt. So wird der Polizist wirklich zum Freund und Helfer, der aus offenem Herzen und weit weg von jeder Beleidigung geduzt wird.

Oder gehen Sie zur Pferdestaffel. Die Viecher wiegen mindestens eine halbe Tonne, sind kompliziert, haben ihren eigenen Willen und verlangen Zeit, bis sie Ihnen gehorchen. Von Windows & Co. sind Sie nichts anderes gewöhnt. Wenn Sie sie als Freund gewonnen haben, dann sind die Tiere aber resistent gegen fremde Flüsterer, brauchen keine Updates und die Versionswechsel erfolgen nur langfristig.
 

 
Lange vorher, eher: alsbald, wird es den Cyberfahnder nicht mehr geben. Ich selber schaue mich schon mal um nach einer biersaufenden Wildsau um, mit der ich Gassi gehen kann.

Auch das meine ich Ernst, wobei es noch nicht einmal der Wildsau bedarf. Welche Kriminalität ich verfolge oder verwalte, ist gleichgültig. Keinem wird es auffallen, wenn ich in meinem Garten ein Türmchen und ein Kellerchen baue. Dort im Boden lagere ich dann vor allem langfristig haltbare Lebensmittel ein und die Bücher, die ich schon längst habe lesen oder noch einmal lesen wollen.
 

zurück zum Verweis Anmerkungen
 


(1) Datenschützer kritisiert BKA-Beharren auf der Vorratsdatenspeicherung, Heise online 05.10.2010

(2) Dieser Ausruf ist von einer jungen türkisch-stämmigen Mitbürgerin verbürgt, die damit ihr nahe stehende Pubertierende gemaßregelt hat. Ich liebe sie dafür mit allem Abstand, die die Sitte erfordert.
 

 

zurück zum Verweis Cyberfahnder
© Dieter Kochheim, 11.03.2018