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November 2010 |
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nach freier, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung |
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Diese Grundsätze stellt der BGH (2008) seiner Überprüfung des links geschilderten Sachverhalts voran und bemängelt dann, dass sich das erkennende Gericht die Beurteilungen und Bewertungen des polizeilichen Sachverständigen zu eigen gemacht hat, ohne die dabei zugrunde liegenden Erfahrungssätze zu prüfen und seinerseits zu bestätigen. Kurz gesagt: Die Beweiswürdigung obliegt allein dem erkennenden Gericht. Das gilt zunächst wegen der Glaubwürdigkeit einer Person und der Glaubhaftigkeit ihrer Angaben. Deshalb ist ein "Glaubwürdigkeitsgutachten" meistens ungeeignet ( § 244 Abs. 3 StPO), wie es häufig von Verteidigern wegen tatsächlicher oder zusammengereimter Widersprüche in einer Aussage gefordert wird. Ausnahmen gibt es in Bezug auf kindliche Zeugen, bei denen Realitätswahrnehmung, Suggestion und Fantasie oder fantasiegesteuerte Verarbeitung nahe beieinander liegen und sich vermengen können. Das gilt auch bei Persönlichkeitsveränderungen mit Krankheitswert bei echten hirnorganischen oder etwa einer Posttraumatischen Belastungsstörung. |
Für die gebotene Bewertung gibt es Erfahrungssätze. Sie können aus der eigenen Erfahrungswelt des Richters stammen, wissenschaftlich erprobt und untermauert sein oder auch aus Erfahrungen mit ähnlichen und vergleichbaren Sachverhalten abgeleitet werden. Einer der schillernsten Begriffe sind in diesem Zusammenhang sind die "kriminalistischen Erfahrungen". Sie entfalten gelegentlich ein Eigenleben, wenn die Fakten fehlen. "Täteranalysen" der hier angesprochenen Art sind vor allem statistische Methoden des Profilings, die Aussagen mit einer mehr oder weniger guten Wahrscheinlichkeit möglich machen. Wenn der BGH mahnt, die damit abgeleiteten, fachkundigen Schlüsse dürfe das Gericht nicht ungeprüft übernehmen, ist das völlig richtig. Es macht einen Unterschied, ob ein psychologisch gebildeter Fachmann Aussagen über das Täterverhalten trifft oder ein erfahrener Ermittler. Der eine wie der andere kann mit seiner Beurteilung falsch liegen. Deshalb kommt es besonders darauf an, die gedanklichen Schritte nachzuvollziehen, die zu einem bestimmten Schluss führen. |
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"Täteranalysen" arbeiten weniger mit physikalischen Messgrößen als mit
"weichen" statistischen Verteilungen. Wenn sie - wie hier - zum
Ausschluss eines Verdächtigen führen sollen, können sie keine hohe
Geltung beanspruchen, aber Zweifel beseitigen. Wenn also nur die
Möglichkeit besteht, der "Zeuge K." könne anstelle des Angeklagten eine
Tat begangen haben, ist die Täteranalyse ein Mosaikstein für die
Überzeugungsbildung des Gerichts, der von anderen Anhaltspunkten in
seiner Geltung gestützt werden muss. Die hier angesprochenen Grundsätze gelten gleichermaßen für die ermittelnden Polizisten und Staatsanwälte. Sie haben Aufgaben, die Rollen definieren, und die Rolle eines Ermittlers ist es nicht, entweder alle möglichen Leute schrankenlos zu verfolgen, fantastische Gedankenbilder aus mehr unsicheren als sicheren Erfahrungswerten abzuleiten oder sich mit dem Klageruf "das bringt ja doch nichts" der Strafverfolgung zu verweigern. Professionelles Handeln dürfen der Arbeitgeber und die Öffentlichkeit gleichermaßen erwarten.
Mich
erschreckt, wenn ich bei Strafverfolgern (auch Richtern) mangelnde
Neugier bemerke. Das gilt besonders für interdisziplinäre Unkenntnisse
und offenes Desinteresse an dem, was neben dem Tellerrand liegt. Doch
das ist ein anderes Thema. |
Der "Juristerei" wird häufig die Qualität einer "Wissenschaft" des Rechts abgesprochen. Unter dem Blickwinkeln der Mathematik oder der Naturwissenschaften stimmt das. Recht ist im Einzelfall nicht mess- oder wägbar. Rechtswissenschaft und Rechtsprechung haben jedoch Methoden
entwickelt, wie Sachverhalte zu bestimmen und das Recht auf sie
anzuwenden ist. Ihre Ursprünge entstammen der Logik, der Sprachenkunde
und der Philosophie, also denselben Wurzeln, die für die Mathematik und
die "harten" Naturwissenschaften leitend waren. Der Gegenstand des
Rechts sind neben natürlichen Prozessen vor allem jedoch Menschen sowie
soziale und wirtschaftliche Prozesse und gesellschaftliche Gemenge. Die
Rechtswissenschaft ist deshalb keine "Science" im Sinne der Physik und
ihrer nahen Disziplinen, aber genau so ein Kind der Naturphilosophie,
aus denen auch sie stammen. Sie muss Regelwerke auf Beobachtungen
anwenden, die Geltung der Regelwerke im Einzelfall präzisieren
(Auslegung) und schließlich ein Ergebnis formulieren. Diesen Prozess
nennt man Syllogismus: Obersatz (abstrakt), Untersatz (konkret),
Schluss; er geht auf Aristoteles zurück. |
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Anmerkungen | |||
(2) ebenda (1), Rn 9
(3)
ebenda
(1), Rn 9 |
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Cyberfahnder | |||
© Dieter Kochheim, 11.03.2018 |