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In dem
Verzeichnis des BKA über seine
Schriftenreihe sind mir zwei Neuerscheinungen
(1) aufgefallen. Die eine betrifft ein sehr spezielles Thema, die
Gesichtsrekonstruktion bei Leichen
(2).
Die zweite
Neuerscheinung betrifft das Profiling
als Gegenstand der Beweisaufnahme
(3).
Zunächst stellt sich die Frage nach dem Sinn, Anknüpfungs- und
Befundtatsachen, die einem Profiling zugrunde lagen, in eine
Hauptverhandlung einzuführen.
Dem Profiling geht es darum, aus Tatspuren und dem Täterverhalten
vor, während und nach der Tat auf sein soziales und psychisches Profil
zu schließen, um die Richtung der Ermittlungen zu präzisieren und den
Täterkreis einzugrenzen. Es ist nicht dazu geeignet, einen Tatnachweis
zu führen, sondern allenfalls mittelbar dafür, andere Beweismittel zu
unterstützen oder in Frage zu stellen.
Ärgerlich
ist es, wenn ein hoch dekorierter Kollege Unfug verbreitet. RiBGH
Boetticher belehrt uns darüber
(4), dass die Ermittlungsmethoden und somit auch das angewandte
Profiling in den Anklagesatz und in das Wesentliche Ergebnis der
Ermittlungen in der Anklageschrift gehören und ihre Anknüpfungs- und
Befundtatsachen dem
Akteneinsichtsrechts der Verteidigung nach Maßgabe des
§ 147 StPO (DrS. 32) unterliegen. Solche oberflächlichen Fehler
wird der Revisionsrichter bei anderen sicherlich nicht dulden.
Der
Anklagesatz enthält den abstrakten (Gesetzeswortlaut) und konkreten
Tatvorwurf, also die Handlungen die dem Angeschuldigten vorgeworfen
werden (
§ 200 Abs. 1 S. 1 StPO). Die Ermittlungsmaßnahmen werden in ihm nur
dann erwähnt, wenn sie einen Bezug zum tatsächlichen Vorwurf haben; zum
Beispiel bei einem Widerstand (
§ 113 StGB) oder einer noch
erlaubten Tatprovokation.
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Das Gesetz
verlangt im Regelfall die Darstellung des wesentlichen Ergebnisses der
Ermittlungen in der Anklageschrift (
§ 200 Abs. 2 S. 1 StPO). Merke:
Wesentliches Ergebnis!
Die Zwischenschritte und ermittlerischen Sackgassen haben in der
Darstellung nichts zu suchen, wenn am Ende eine geschlossene Kette mit
starken Beweismitteln steht. Allenfalls dann, wenn nur die Gesamtschau -
auch auf die Ergebnisse des Profilings - ein geschlossenes Bild ergibt,
müssen sie als Beweismittel (
§ 200 Abs. 1 S. 2 StPO) und im Wesentlichen Ergebnis aufgeführt
werden.
§ 147 StPO unterscheidet nach der Akteneinsicht und dem besonderen
Fall der Besichtigung von Beweisstücken (
§ 147 Abs. 4 StPO). Diese vom Gesetzgeber angeordnete
Differenzierung scheint dem BGH nicht immer gegenwärtig zu sein
(5).
Die
tatsächlichen Spuren, die dem Profiling zugrunde liegen, sind
Beweisstücke und unterliegen nur dem Besichtigungsrecht der
Verteidigung. Das Gutachten des Profilers ist selbstverständlich ein
Aktenbestandteil und seine Aussage in Hauptverhandlung die eines
Sachverständigen, soweit es um seine naturwissenschaftliche Handarbeit
(Erhebung von Befundtatsachen) und seine Ergebnisse geht, und die eines
sachverständigen Zeugen, wenn er die Tat selber beobachtet oder die Anknüpfungstatsachen am Tatort
unmittelbar gesichert hat.
Die
Beweisbedeutung des Profilings ist eine andere Frage. Es ist eine
Erfahrungswissenschaft, die mit statistischen Methoden arbeitet, und
versagt, wenn ihre Grundlagen unsicher sind.
Einer anderen statistischen Methode, dem genetischen Fingerabdruck,
hat der BGH unlängst eine gesicherte Geltung bescheinigt
(6). Ein solcher Ritterschlag für das Profiling ist bislang nicht
erfolgt und steht auch nicht zu erwarten.
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