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März 2009
27.03.2009 DNA-Analyse
     
zurück zum Verweis zur nächsten Überschrift genetischer Fingerabdruck
 

 
Bei der forensischen DNA-Analyse werden nicht die individuellen Eigenschaften analysiert, die in den Erbinformationen (Genen) selber gespeichert sind, sondern im Wege einer Fragmentlängen-Analyse kleine, sich wiederholende Abschnitte im Erbgut ... Bei diesen DNA-Abschnitten handelt es sich um tandemartige Wiederholungen einer bestimmten Sequenz (Repeats), die im Genom aller Säugetiere vorkommen. Variabel ist dabei die Anzahl der Wiederholungen. Aus ihnen kann man keine Eigenschaften des Individuums ableiten, durch eine erweiterte Untersuchung jedoch das Geschlecht. Das Ergebnis ist dann eine statistische Aussage <darüber>, wie viele Menschen untersucht werden müssen, um zufällig einen zu treffen, der genau dieses Muster aufweist. (1)

Die molekulargenetische Untersuchung ist eine besondere Form der körperlichen Untersuchung ( § 81a StPO) und dient zur Aufklärung von Straftaten. Sie darf gegen den Beschuldigten angeordnet werden ( §§ 81e Abs. 1 i.V.m. 81 a StPO), aber auch bei den Geschädigten und Opfern ( §§ 81c i.V.m. 81 a, 81e StPO). Erklärt sich der schriftlich einverstanden, bedarf es keiner Anordnung, ansonsten eines gerichtlichen Beschlusses, der bei Gefahr im Verzug von der Staatsanwaltschaft oder ihren Ermittlungspersonen ersetzt werden kann ( § 81f StPO). Für die Untersuchung des Spurenmaterials vom Tatort bedarf es keiner besonderen Anordnung ( § 81e Abs. 2 StPO).

Darüber hinaus darf gemäß § 81g StPO eine DNA-Analyse auch zum Zwecke der Identitätsfeststellung in künftigen Strafverfahren durchgeführt werden.
 

 
Der genetische Fingerabdruck ist eine statistische Methode, der auf den biochemischen Eigenschaften des Genoms beruht. Als wissenschaftliche Methode ist sie seit Ende der achtziger Jahre anerkannt.

In seiner frühen Rechtsprechung mahnt der Bundesgerichtshof, dass die statistische Wahrscheinlichkeit der Verbreitung einer bestimmten Merkmalsstruktur für sich alleine kein Vollbeweis sein kann (2). Zugrunde gelegen hat ein Fall aus der Landeshauptstadt in der niedersächsischen Tiefebene und es bestand eine Wahrscheinlichkeit von 0,014 %, dass gleichartige Merkmale festgestellt werden könnten. Bezogen auf die männliche Bevölkerung Hannovers würden aber weitere 35 Männern aus dieser Stadt dieselben DNA-Merkmale zeigen, so dass es tatsächlich angezeigt ist, den Beweiswert stets kritisch zu würdigen.

Jetzt hat der BGH die Anforderungen unter neuen Bedingungen gelockert (3) und er hat Recht daran getan: Jedenfalls bei einem Seltenheitswert im Millionenbereich kann wegen der inzwischen erreichten Standardisierung der molekulargenetischen Untersuchung das Ergebnis der DNA-Analyse für die Überzeugungsbildung des Tatrichters dahin, dass die am Tatort gesicherte DNA-Spur vom Angeklagten herrührt, ausreichen ... Davon unabhängig hat das Tatgericht die Frage zu beurteilen, ob zwischen der DNA-Spur und der Tat ein Zusammenhang besteht.

Das ist genau die Argumentationslinie, die ich nicht müde werde, zu verbreiten: Wie sicher ist ein Beweis und was sagt seine Tatsache wirklich aus? Erst danach können Erfahrungswerte auf die Feststellungen angewendet werden.
 

zurück zum Verweis Das Heilbronner Phantom
   
 
Beim Heilbronner Phantom handelt es sich um eine unbekannte Frau, welche seit 1993 in Europa mit zahlreichen Straftaten in Verbindung gebracht wird, darunter sechs Tötungsdelikten, unter anderem der Tötung einer Polizistin in Heilbronn. Der Zusammenhang zwischen dem Phantom und den Taten konnte nur aufgrund der am Tatort nachgewiesenen DNA ermittelt werden. Das Alter und das Aussehen der Frau sind unbekannt, aus der DNA konnten die Ermittler nur schließen, dass es sich bei dem Phantom um eine Frau handelt. Ihre DNA wurde bis Anfang August 2008 insgesamt 33 Mal ... an Tatorten in Österreich, Frankreich und Deutschland gefunden. (4)
 
 

 
Eine unbekannte Frau stand noch bis vor wenigen Wochen in dem Verdacht, eine außergewöhnliche Verbrecherin zu sein, die nicht nur eine Polizistin in Heilbronn umgebracht haben könnte, sondern auch eine Vielzahl anderer schwerer Straftaten begangen haben. Das belegen jedenfalls die an den Tatorten gefundenen DNA-Spuren.

Das Rätsel um die Phantom-Mörderin ist gelöst: Sie hat nachweislich nie existiert. Die DNS-Spuren stammen von einer Arbeiterin in einem bayerischen Verpackungsbetrieb. (5)

Jetzt werden die ersten Rufe laut, die eine Zertifizierung des Materials verlangen, das für DNA-Analysen verwendet wird, und die Rufer haben Recht. Die kriminalistische Methode als solche ist durch die Phantom-Episode nicht in Frage gestellt. Die Art und Weise ihrer Anwendung hingegen schon.

Sterilität im Sinne von Keimfreiheit, verhindert keine Kontamination mit DNA-Material, wissen wir jetzt. Das war mir jedenfalls vorher nicht bekannt.

Die Moden der Verteidigervorbringen werden künftig um eine Variante reicher sein: Der leider nicht auffindbare eineiige Zwilling meines Mandanten hat noch bis kurz vor der Tat in einer Wattestäbchen-Fabrik gearbeitet. Das DNA-Muster muss von ihm stammen.
 

zurück zum Verweis Anmerkungen
 


(1) genetischer Fingerabdruck. Methoden

(2) BGH, Urteil vom 12.08.1992 - 5 StR 239/92

(3) BGH, Beschluss vom 21.01.2009 - 1 StR 722/08
 

 
(4) Angelo D. Alterio, Das Heilbronner Phantom: Eine Mörderin ohne Gesicht, webnews.de 30.11.2008

(5) Das Phantom von Heilbronn gibt es nicht, sueddeutsche.de 27.03.2009
 

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© Dieter Kochheim, 11.03.2018