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Bei der
forensischen DNA-Analyse werden nicht die individuellen Eigenschaften
analysiert, die in den Erbinformationen (Genen) selber gespeichert sind,
sondern im Wege einer Fragmentlängen-Analyse
kleine, sich
wiederholende Abschnitte im Erbgut ... Bei diesen DNA-Abschnitten
handelt es sich um tandemartige Wiederholungen einer bestimmten Sequenz
(Repeats), die im Genom aller
Säugetiere vorkommen. Variabel ist dabei die Anzahl der
Wiederholungen. Aus ihnen
kann man
keine
Eigenschaften des Individuums ableiten, durch eine erweiterte
Untersuchung jedoch das Geschlecht. Das Ergebnis ist dann eine
statistische Aussage <darüber>, wie viele Menschen untersucht
werden müssen, um zufällig einen zu treffen, der genau dieses Muster
aufweist.
(1)
Die
molekulargenetische Untersuchung ist eine besondere Form der
körperlichen Untersuchung (
§ 81a StPO) und dient zur Aufklärung von Straftaten. Sie darf gegen
den Beschuldigten angeordnet werden (
§§ 81e Abs. 1 i.V.m.
81 a
StPO), aber auch bei den Geschädigten und Opfern (
§§ 81c i.V.m.
81 a,
81e StPO).
Erklärt sich der schriftlich einverstanden, bedarf es keiner Anordnung,
ansonsten eines gerichtlichen Beschlusses, der bei Gefahr im Verzug von
der Staatsanwaltschaft oder ihren Ermittlungspersonen ersetzt werden
kann (
§ 81f StPO). Für die Untersuchung des Spurenmaterials vom Tatort
bedarf es keiner besonderen Anordnung ( § 81e Abs. 2 StPO).
Darüber hinaus darf gemäß
§
81g StPO eine DNA-Analyse auch zum Zwecke der Identitätsfeststellung in künftigen Strafverfahren
durchgeführt werden.
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Der
genetische Fingerabdruck ist eine statistische Methode, der auf den
biochemischen Eigenschaften des Genoms beruht. Als wissenschaftliche
Methode ist sie seit Ende der achtziger Jahre anerkannt.
In seiner frühen Rechtsprechung mahnt der Bundesgerichtshof, dass die
statistische Wahrscheinlichkeit der Verbreitung einer bestimmten
Merkmalsstruktur für sich alleine kein Vollbeweis sein kann
(2).
Zugrunde gelegen hat ein Fall aus der Landeshauptstadt in der
niedersächsischen Tiefebene und es bestand eine Wahrscheinlichkeit von
0,014 %, dass gleichartige Merkmale festgestellt werden könnten. Bezogen
auf die männliche Bevölkerung Hannovers würden aber weitere 35 Männern
aus dieser Stadt dieselben DNA-Merkmale zeigen, so dass es tatsächlich
angezeigt ist, den
Beweiswert stets kritisch zu würdigen.
Jetzt hat der BGH die Anforderungen unter neuen Bedingungen gelockert
(3)
und er hat Recht daran getan:
Jedenfalls bei einem Seltenheitswert im Millionenbereich kann wegen der
inzwischen erreichten Standardisierung der molekulargenetischen
Untersuchung das Ergebnis der DNA-Analyse für die Überzeugungsbildung
des Tatrichters dahin, dass die am Tatort gesicherte DNA-Spur vom
Angeklagten herrührt, ausreichen ... Davon unabhängig hat das Tatgericht
die Frage zu beurteilen, ob zwischen der DNA-Spur und der Tat ein
Zusammenhang besteht.
Das ist
genau die
Argumentationslinie, die ich nicht müde werde, zu verbreiten: Wie
sicher ist ein Beweis und was sagt seine Tatsache wirklich aus? Erst
danach können Erfahrungswerte auf die Feststellungen angewendet werden.
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Beim
Heilbronner Phantom handelt es sich um eine unbekannte Frau,
welche seit 1993 in Europa mit zahlreichen Straftaten in
Verbindung gebracht wird, darunter sechs Tötungsdelikten, unter
anderem der Tötung einer Polizistin in Heilbronn. Der
Zusammenhang zwischen dem Phantom und den Taten konnte nur
aufgrund der am Tatort nachgewiesenen DNA ermittelt werden. Das
Alter und das Aussehen der Frau sind unbekannt, aus der DNA
konnten die Ermittler nur schließen, dass es sich bei dem
Phantom um eine Frau handelt. Ihre DNA wurde bis Anfang August
2008 insgesamt 33 Mal ... an Tatorten in Österreich,
Frankreich und Deutschland gefunden.
(4)
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Eine
unbekannte Frau stand noch bis vor wenigen Wochen in dem Verdacht, eine
außergewöhnliche Verbrecherin zu sein, die nicht nur eine Polizistin in
Heilbronn umgebracht haben könnte, sondern auch eine Vielzahl anderer
schwerer Straftaten begangen haben. Das belegen jedenfalls die an den
Tatorten gefundenen DNA-Spuren.
Das
Rätsel um die Phantom-Mörderin ist gelöst: Sie hat nachweislich nie
existiert. Die DNS-Spuren stammen von einer Arbeiterin in einem
bayerischen Verpackungsbetrieb.
(5)
Jetzt
werden die ersten Rufe laut, die eine Zertifizierung des Materials
verlangen, das für DNA-Analysen verwendet wird, und die Rufer haben
Recht. Die kriminalistische Methode als solche ist durch die
Phantom-Episode nicht in Frage gestellt. Die Art und Weise ihrer
Anwendung hingegen schon.
Sterilität im Sinne von Keimfreiheit, verhindert keine Kontamination
mit DNA-Material, wissen wir jetzt. Das war mir jedenfalls vorher nicht
bekannt.
Die Moden
der Verteidigervorbringen werden künftig um eine Variante reicher sein:
Der leider nicht auffindbare eineiige Zwilling meines Mandanten hat noch
bis kurz vor der Tat in einer Wattestäbchen-Fabrik gearbeitet. Das
DNA-Muster muss von ihm stammen.
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