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geheime Ermittlungen | |||||||
geheime Ermittlungen | |||||||
Unmittelbarkeitsprinzip |
Scheinkäufer. Provokateure. Verdeckte Ermittler Grenzen der Strafverfolgung |
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Einsatz von Vertrauensleuten Glaubwürdig- und Glaubhaftigkeit Zeuge vom Hörensagen verschiedene V-Personen Informant Vertrauensperson verdeckter Ermittler nicht offen ermittelnder Polizeibeamter Zeugenschutz anonyme Hinweise Lockspitzel. Tatprovokation Vorrang der StPO vor dem Polizeirecht keine Tatprovokation Scheinkauf Grenzziehung vom EuGH verbotene Methoden kriminalistische List verdeckte Ermittlungen im Internet öffentlich zugängliche Informationen nicht offen ermittelnder Polizeibeamter geschlossene Benutzerkreise Keuschheitsprobe. Scheinkauf Auslandsberührung anlassunabhängige Internetrecherche |
20.04.2008: Die Diskussionen um die Onlinedurchsuchung, die Kennzeichenerfassung und die Nutzung von Vorratsdaten reagieren besonders auf die technischen Überwachungsmöglichkeiten und Datenspuren im Zusammenhang mit verdeckten Ermittlungen. Im Zusammenhang mit der Verfolgung der besonders schweren und der Organisierten Kriminalität stehen den Strafverfolgungsbehörden aber auch personelle Ermittlungs- und Sicherungsmaßnahmen zur Verfügung, die von der Rechtsprechung als zulässig angesehen werden.
Von einem kriminellen Umfeld ernsthaft bedrohte Privatpersonen können zu ihrer
Sicherung in den
Zeugenschutz aufgenommen oder ihnen als
Informanten Vertraulichkeit zugesagt werden. Das sind Ausnahmen und
müssen solche bleiben, weil die Auskünfte von Informanten und anderen
Vertrauenspersonen in aller Regel nur als
Zeugen vom Hörensagen in eine Hauptverhandlung eingeführt werden
können. Sie sollen nicht vor schlichten unangenehmen Konfrontationen im
Gerichtssaal und in der Öffentlichkeit bewahren, sondern nur vor
schweren Nachteilen im privaten Umfeld. |
Die Rechtsprechung erkennt die kriminalistische List im Gegensatz zur verbotenen Täuschung als zulässig an. Dazu gehören auch der Einsatz von nicht offen ermittelnden Polizeibeamten, von verdeckten Ermittlern und schließlich auch die Mitwirkung an Straftaten durch Scheinkäufe bis hin zu Keuschheitsproben, um in kriminelle Strukturen eindringen zu können. Die hier aufgezeigten Ermittlungsmaßnahmen zeigen die Grenzen des Möglichen und haben immer einen Ausnahmecharakter. Sie bedürfen im Vorfeld einer genauen Prüfung und Genehmigung, im Falle des verdeckten Ermittlers in aller Regel auch des Gerichts ( § 110a StPO). Sie müssen den Fällen vorbehalten bleiben, die besonders schwer wiegen und mit anderen Mitteln nicht aufgeklärt werden können. Durch die Entscheidung des BVerfG zur
Onlinedurchsuchung wird die Diskussion zu
verdeckten Ermittlungen im Internet neu eröffnet. Dieser Aufsatz
schließt deshalb mit einer ersten Bestandsaufnahme, welche Maßnahmen
dazu in Betracht kommen. Hier betreten die Ermittlungsbehörden Neuland,
ebenso wie bei der
"Onlinedurchsuchung light" und der
Quellen-TKÜ. |
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Unmittelbarkeitsprinzip | |||||||
Vor Allem zur Verfolgung der besonders schweren Kriminalität sind die Polizei und die Staatsanwaltschaft berechtigt, Gewährsleuten Vertraulichkeit und Geheimhaltung zuzusagen, wenn sie oder ihre Angehörigen bei einer Offenbarung ihrer Identität gefährdet wären oder schwere wirtschaftliche Nachteile befürchten müssten. Die rechtlichen Instrumente dafür sind die Aussagegenehmigung und die
Sperrerklärung. |
Nach dem Grundsatz der Amtshilfe (
Art. 35 Abs. 1 GG) sind Verwaltungsbehörden auch dazu verpflichtet,
der Justiz ihre Akten auf Aufforderung vorzulegen. Unter engen
Voraussetzungen können jedoch die obersten Landesbehörden, also die
zuständigen Senatoren oder Ministerien, im Einzelfall Sperrerklärungen
abgeben, die im Strafverfahren nicht angefochten werden können (
§ 96 StPO)
(1). |
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Einsatz von Vertrauenspersonen | |||||||
der Einsatz von V-Personen und von verdeckt arbeitenden Polizeivollzugsbeamten (ist) zur Bekämpfung besonders gefährlicher und schwer aufklärbarer Kriminalität, zu der insbesondere auch der Rauschgifthandel gehört, notwendig und zulässig ... (2) Zuvor (1981) hatte auch das BVerfG die Verwertung verdeckt erlangter Erkenntnisse genehmigt: § 251 II StPO ist mit dem Grundgesetz, insbesondere mit dem Recht des Beschuldigten auf ein rechtstaatliches, insbesondere auch faires Strafverfahren vereinbar. Dies gilt ... auch dann, wenn die "Unerreichbarkeit" einer Beweisperson im Sinne dieser Vorschrift auf die Weigerung einer Behörde zurückzuführen ist, ihr Wissen vom Aufenthaltsort dieser Person mitzuteilen oder ihren Angehörigen die Aussage über Umstände zu genehmigen, auf die sich ihre Pflicht zur Amtsverschwiegenheit bezieht. (3) Regelmäßig können die Erkenntnisse von V-Personen nur durch
Polizeibeamte in die Hauptverhandlung eingeführt werden, die ihrerseits
berichten, was sie ohne Aufdeckung ihrer Identität von einer
V-Person erfahren haben. Das ist nur eine mittelbare Beweisführung. |
Glaubwürdig ist eine Person, wenn sie integer und neutral ist. Sie muss sich darum bemühen, Fakten vollständig darzulegen und dabei erklären, wie sie zu ihrer Kenntnis gelangt sind. Sie muss solche Kenntnisse, die sie durch andere erlangt hat, kennzeichnen und muss sich bei der Bewertung zurück halten. Die Glaubwürdigkeit von ausgewiesenen Lügnern oder wegen Aussagedelikten Vorbestraften ( §§ 153 ff. StGB) ist mindestens eingeschränkt und muss besonders gewürdigt werden. Im Zweifel kann auf ihren Angaben keine Verurteilung gestützt werden. Glaubhaft ist der Inhalt einer Aussage, wenn sie widerspruchsfrei ist und mit der Alltagserfahrung, mit dem besonderen Erfahrungswissen und den Erkenntnissen aus anderen Beweismitteln im Einklang steht. Auch insoweit spielt die Glaubwürdigkeit eine gewisse Rolle, weil eigene Interessen und Neigungen der Auskunftsperson den Inhalt ihrer Aussage färben und prägen können. Die Beurteilung der Zuverlässigkeit einer Aussage obliegt den
Verfahrensbeteiligten und abschließend dem Gericht im Rahmen seiner
Urteilsbegründung. In geeigneten (seltenen) Fällen, zum Beispiel bei
Kindern, psychisch Kranken oder traumatisierten Personen, kann das
Gutachten eines Fachpsychologen als Sachverständiger zu Rate gezogen
werden. |
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Zeuge vom Hörensagen | |||||||
In dem Beschluss von 1981 hat das BVerfG deshalb auch ausgeführt:
Der Anspruch des Angeklagten auf ein faires Verfahren steht dem
Beweismittel des "Zeugen vom Hörensagen" grundsätzlich nicht entgegen.
Allerdings stellt die nur begrenzte Zuverlässigkeit dieses Beweismittels
besondere Anforderungen an die Beweiswürdigung und die Begründung der
tatrichterlichen Entscheidung; dies gilt im verstärktem Maße, wenn der
Gewährsmann anonym bleibt.
(3) |
Nach ständiger Rechtsprechung des BGH ist bei der Beurteilung eines "Zeugen von Hörensagen" besondere Vorsicht geboten. So ist der Tatrichter gehalten, den Beweiswert dieses weniger sachnahen Beweismittels besonders sorgfältig zu prüfen. Dies gilt vor allem dann, wenn ein Polizeifahnder oder Gewährsmann nur deshalb nicht als Zeuge gehört werden kann, weil die zuständige Behörde sich weigert, seinen Namen und seine Anschrift preiszugeben oder eine Aussagegenehmigung zu erteilen. Hier darf der Tatrichter nicht übersehen, dass es die Exekutive ist, die eine erschöpfende Sachaufklärung verhindert und es den Verfahrensbeteiligten unmöglich macht, die persönliche Glaubwürdigkeit des im Dunkeln bleibenden Fahnders oder Gewährsmanns zu überprüfen ...
Dessen von einem Vernehmungsbeamten wiedergegebenen Aussagen sind
deshalb besonders kritisch zu würdigen. Auf sie darf eine Feststellung
regelmäßig nur dann gestützt werden, wenn diese Angaben durch andere
nach der Überzeugung des Tatrichters wichtige Beweisanzeichen bestätigt
worden sind ... Der Tatrichter muss sich der Grenzen seiner
Überzeugungsbildung stets bewusst sein, sie wahren und dies in den
Urteilsgründen zum Ausdruck bringen ...
(4) |
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Auch dagegen, die Angaben eines verdeckten Ermittlers durch die Vernehmung von Polizeibeamten als Zeugen vom Hörensagen in den Strafprozess einzuführen, bestehen von Verfassungs wegen generell keine Bedenken. Der Zeuge vom Hörensagen ist - als eine Form des "mittelbaren Beweises" - ein nach der StPO zulässiges Beweismittel, dessen Heranziehung und Bewertung nach den §§ 244 II, 261 StPO zu beurteilen ist ... (4)
Das Recht des Angeklagten auf ein faires rechtsstaatliches Verfahren
(
Art. 2 I i.V. mit
Art. 20 III GG) gebietet jedoch, wegen der nur begrenzten
Zuverlässigkeit des Zeugnisses vom Hörensagen besondere Anforderungen an
die Beweiswürdigung zu stellen. So ist der Beweiswert von Bekundungen,
die auf einen in der Hauptverhandlung nicht vernommenen Gewährsmann
zurückgehen, besonders kritisch zu überprüfen. Dessen Angaben genügen
regelmäßig nicht, wenn sie nicht durch andere, nach der Überzeugung des
Strafgerichts wichtige Gesichtspunkte bestätigt werden ...
(4) |
Bei den vernehmenden Polizeibeamten handelt es sich in aller Regel um besonders geschulte VP-Führer. Ihnen kommt die anspruchsvolle Aufgabe zu, zunächst dem Staatsanwalt, der über die Zusage der Vertraulichkeit oder Geheimhaltung entscheidet, und schließlich dem Gericht die Zuverlässigkeit seiner Auskünfte zu vermitteln. Über seine Zweifel und Bedenken muss er offen berichten, weil ihm und seinen Bewertungen die Strafverfolgungsbehörden blind vertrauen müssen. Gleichzeitig muss der VP-Führer alle Auskünfte vermeiden, die zur Aufdeckung und Enttarnung gefährdeter Personen führen können. Der VP-Führer muss somit mehrere Aufgaben wahrnehmen. Er ist der Vermittler von Sachauskünften, muss diese sowohl wegen ihrer Herkunft und wegen aller sonstigen Umstände bewerten und darf schließlich nur die Informationen preis geben, die den Gewährsmann und sein Umfeld nicht gefährden. Diese Einschränkungen führen in aller Regel dazu, dass auf
vertraulichen Erkenntnissen keine geschlossene Beweisführung aufgebaut
werden kann, sondern sie "nur" die
tatsächlichen Anhaltspunkte liefern können, die
andere Ermittlungshandlungen begründen. |
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verschiedene V-Personen | |||||||
Informant ist eine Person, die im Einzelfall bereit ist, gegen Zusicherung der Vertraulichkeit der Strafverfolgungsbehörde Informationen zu geben, so die Definition in der Anlage D zu den RiStBV (6). Er berichtet wie der Zeuge über vergangene Wahrnehmungen. Dadurch unterscheidet er sich von der V-Person, (6) die, ohne einer Strafverfolgungsbehörde anzugehören, bereit ist, diese bei der Aufklärung von Straftaten auf längere Zeit vertraulich zu unterstützen, und deren Identität grundsätzlich geheimgehalten wird. Sie arbeitet für Geld und ist der klassische Polizeispitzel (7). Verdeckt ermittelnde Polizeibeamte können ebenfalls in zwei Formen auftreten: Verdeckte Ermittler
sind Beamte des Polizeidienstes, die unter einer ihnen verliehenen, auf
Dauer angelegten, veränderten Identität (Legende) ermitteln. Sie dürfen
unter der Legende am Rechtsverkehr teilnehmen ( § 110a Abs. 2 StPO).
Dazu dürfen auch "passende" Ausweispapiere und andere öffentliche
Urkunden erstellt werden, die die Legende bestätigen (
§ 110a Abs. 3 StPO). Ihr Einsatz bedarf grundsätzlich der Zustimmung
der Staatsanwaltschaft (
§ 110b Abs. 1 S. StPO) und dann, wenn sie auf bestimmte Beschuldigte
angesetzt sind oder wenn sie Wohnräume betreten sollen, der Zustimmung
des Gerichts (
§ 110b Abs. 2 StPO, siehe auch
§§
110c,
101
Abs. 4 Nr. 9 StPO). Ihre Identität kann auch nach ihrem Einsatz
geheim gehalten werden (
§ 110b Abs. 3 StPO)
(8). |
Der Polizeibeamte, der seinen Beruf verschweigt und zum Beispiel unter dem Allerweltsnamen "Meier" eine Geldübergabe oder einen Waffenkauf durchführt, handelt nur vorübergehend und nicht unter einer konstruierten Legende. Er ist kein verdeckter Ermittler, sondern ein NOEP: Nicht offen ermittelnder Polizeibeamter. Die Einzelheiten über die Einsatzbereiche von Informanten, V-Personen
und verdeckten Ermittlern sind in der
Anlage D zu den
Richtlinien für das Straf- und Bußgeldverfahren - RiStBV -
ausgeführt. Dabei handelt es sich um Verwaltungsvorschriften, die zwar
Auslegungsregeln, aber kein selbständiges Recht schaffen können. Mit
Ausnahme der verdeckten Ermittler gibt es für die privaten V-Personen
und den NOEP keine gesetzlichen Vorschriften. Die Zulässigkeit ihrer
Einsätze kann deshalb nur aus der ständigen und gesicherten
Rechtsprechung der Obergerichte abgeleitet werden
(9). |
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Zeugenschutz | |||||||
Der Zeugenschutz ist gestaffelt und ermöglicht auch die Maßnahmen örtlicher Polizeibehörden, die sich zum Beispiel darauf beschränken können, den Wohnsitz eines Zeugen geheim zu halten, wenn er als gefährdet eingeschätzt wird. (11) Zeugenschutz ist für die Betroffenen eine harte Sache. Sie müssen ihre gelebte Identität und ihr Lebensumfeld aufgeben, um an einem anderen Ort unter einem neuen Namen und mit einer neuen Lebensgeschichte ein neues Leben aufzubauen. Er eignet sich nur für Menschen, die erheblich gefährdet und gleichzeitig bereit sind, für die Strafverfolgung als Zeuge zur Verfügung zu stehen. Dabei lassen sich für manche Menschen kaum neue Identitäten schaffen, wenn sie etwa besondere körperliche Eigenschaften haben, was zum Beispiel auch bei großflächigen Tätowierungen der Fall sein kann. Außerdem müssen sie den Abbruch aller sozialen Beziehungen verkraften
können, so dass der Zeugenschutz meistens nur für solche Menschen in
Betracht kommt, die das Opfer von zeitlich langen und gewalttätigen
Straftaten sind. |
Ein dritter Weg ist der des Strafnachlasses, der entweder aus dem Tatbestandsmerkmal des Bemühens, den Schaden wiedergutzumachen, in § 46 Abs. 2 StGB oder aus Kronzeugenregeln abgeleitet wird. Er verlangt eine offene Konfrontation des Aussagenden mit seiner bisherigen Lebensumgebung, die gelegentlich sehr handgreiflich und schmerzhaft werden kann. Diese Maßnahme eignet sich besonders für Menschen, die durch Krankheit (Rauschgiftabhängigkeit) oder andere Lebensumstände bereits tief in einem kriminellen Umfeld stecken, das sie nur mit Kraftanstrengung und ernsthaftem Willen verlassen oder überwinden können. Vorsicht ist bei "Ich weiß was"-Denunzianten geboten, die häufig
genug durch ihre Anschwärzungen von ihrer eigenen Schuld ablenken oder
sich Vorteile, zum Beispiel wegen ihrer Strafvollstreckung verschaffen
wollen. Ihre Hinweise können für eine ernsthafte und rechtsstaatliche
Strafverfolgung hilfreich sein, bleiben aber sehr häufig im Nebulösen
und Allgemeinen. |
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anonyme Hinweise | |||||||
Viele anonyme Hinweise beschränken sich auf Allgemeinplätze, Bewertungen und Andeutungen und lassen für ernsthafte Ermittlungen keinen Raum. Sie sind unbeachtlich. In diesen Fällen muss die Staatsanwaltschaft zwar ein Ermittlungsverfahren einleiten, es aber ohne jede Außenwirkung wieder einstellen. Qualifizierte anonyme Hinweise sind an ihren Detailinformationen und
meistens daran erkennbar, dass der Urheber sehr vorsichtig bei seinen
Wertäußerungen ist. Sie weisen meistens auf einen Insider hin, der einem
Loyalitätskonflikt ausgesetzt ist. |
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Lockspitzel. Tatprovokation | |||||||
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Vorrang der StPO vor dem Polizeirecht | |||||||
Das folgert der BGH, weil
die
Tatprovokation nur zulässig (ist), wenn die VP (bzw. der VE) gegen eine
Person eingesetzt wird, die in einem den
§§ 152 Abs. 2,
160 StPO
vergleichbaren Grad verdächtig ist, an einer bereits begangenen Straftat
beteiligt gewesen zu sein oder zu einer zukünftigen Straftat bereit zu
sein; hierfür müssen also zureichende tatsächliche Anhaltspunkte
vorliegen. (Rn 52). Somit richte sich der Lockspitzeleinsatz
gegen
eine bestimmte Person zur Aufklärung und Aburteilung einer Straftat mit
strafverfahrensrechtlichen Mitteln (Rn 53).
Bei der
gezielten Provokation einer (polizeilich kontrollierten) Straftat
handelt es sich um eine Maßnahme, die nicht mehr der Gefahrenabwehr
dient. Sie ist darauf gerichtet, potentielle Straftäter bei einer
Straftat zu ergreifen und der Strafverfolgung zuzuführen. (Rn 53) |
Aktuell wird die Ermächtigung des Bundeskriminalamts zur Onlinedurchsuchung im BKA-Gesetz diskutiert, ohne dass entsprechende Ermächtigungen in der StPO vorgesehen werden. Nach der Argumentation des BGH können entgegen den politischen Fürsprechern die daraus gewonnenen Erkenntnisse nicht in Strafverfahren gegen islamistische Gewalttäter verwertet werden, wenn die Onlinedurchsuchung nicht auch im Strafverfahren zulässig ist - was jedenfalls vom BGH bezweifelt wird (14) und man nicht meinen Argumenten folgt. Darüber hinaus beschränken jetzt die Vorschriften des § 477 Abs. 2 StPO den Export verdeckt erlangter Kenntnisse und der neue § 161 Abs. 2 StPO den Import (15). |
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keine Tatprovokation | |||||||
Es liegt noch keine Tatprovokation vor, wenn eine VP einen Dritten ohne sonstige Einwirkung lediglich darauf anspricht, ob dieser Betäubungsmittel beschaffen könne. Ebenso liegt keine Provokation vor, wenn die VP nur die offen erkennbare Bereitschaft zur Begehung oder Fortsetzung von Straftaten ausnutzt. Dagegen ist die VP als die Tat provozierender Lockspitzel tätig, wenn sie über das bloße "Mitmachen" hinaus in die Richtung auf eine Weckung der Tatbereitschaft oder eine Intensivierung der Tatplanung mit einiger Erheblichkeit stimulierend auf den Täter einwirkt. (16)
Scheinkäufe von
Betäubungsmitteln, Waffen, Hehlerware oder Produktfälschungen sind
deshalb keine Tatprovokationen, wenn der Täter mit seinen Leistungen
bereits wirbt und die Polizei nur auf die Bereitschaft des Täters
anspricht und ihm eine Gelegenheit bietet, die Tat auch auszuführen. |
Das Beispiel zeigt die Problematik solcher Einsätze: Der Diebstahl ist zum Zeitpunkt der Provokation noch nicht ausgeführt. Mit der Bestimmung der Beschaffenheit des Diebesguts nimmt der Lockspitzel in Kauf, dass ein bislang noch unbeteiligter Dritter an seinem Eigentum geschädigt wird (Einbruchsfolgen, Wegnahme). Solche Provokationen sind grundsätzlich nur dann zulässig, wenn bei der Tatausführung der Zugriff erfolgt. Eine echte Tatprovokation liegt dann vor, wenn die Polizei den Anstoß
liefert, auf die Tatbegehung drängt und der Täter erst dadurch eine
Tatbereitschaft entwickelt. Sie ist nach der Rechtsprechung der obersten
Gerichte nicht rechtswidrig (
anders EuGH), führt beim Täter
aber zur Schuldminderung und damit zur Verringerung des Strafmaßes.
Dabei handelt es sich ausdrücklich um einen
schuldunabhängigen Strafmilderungsgrund
(17),
so dass mit der jüngeren Rechtsprechung im Urteilsausspruch die
Vollstreckungslösung zur Anwendung kommen dürfte. |
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Grenzziehung vom EuGH | |||||||
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verbotene Methoden | |||||||
Die Rechtsprechung hat sich immer wieder mit den Grenzen der verbotenen Vernehmungsmethoden auseinander gesetzt, wobei der "Fall Gäfgen" (21) deshalb besondere Aufmerksamkeit erfahren hat, weil der seinerzeitige stellvertretende Polizeipräsident in Frankfurt, Wolfgang Daschner, dem wegen der Entführung eines Kindes Verdächtigen „Schmerzen, wie er sie noch nie erlebt habe“, androhen ließ (22).. Gäfgen wurde vom LG Frankfurt wegen Mordes am 28.07.2003 zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt (23). Der BGH hat seine Revision "schmucklos" verworfen (24). Das BVerfG hat den Einsatz verbotener Methoden zwar festgestellt, Gäfgens Verurteilung jedoch nicht beanstandet (25, Leitsätze):
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Bei
Täuschungen unternimmt der BGH eine Abwägung.
Bei der
Frage, ob ein Verfahrensverstoß
im Zusammenhang mit einer Vernehmung zu einem Verwertungsverbot
führt, ist sein Gewicht mit dem Interesse an der Aufklärung von, zumal
wie hier schwerwiegenden, Straftaten abzuwägen.
(26)
Dabei stand folgende Einlassung im Raum:
Nach der Belehrung,
jederzeit einen Verteidiger zuziehen zu dürfen, sei ihm auf seine Frage
nach einem Anwalt erklärt worden, einen Anspruch auf einen Anwalt hätte
er
nur, wenn er diesen auch bezahlen könne. Auf seine anschließende Frage
nach
einem Pflichtverteidiger sei ihm erklärt worden, auch hierauf habe er
keinen Anspruch,
wenn er nicht zahlen könne. „Kein Geld, kein Anwalt“. (S. 3) Das
sei jedoch noch
kein
aktives, zielgerichtet betriebenes Verhalten der
Strafverfolgungsbehörden (S. 7). |
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Als unzulässig hat er die Drohung angesehen, ohne Geständnis müsse der Angeklagte mit Haft rechnen (27). Unbeabsichtigte Irreführungen, aus denen der Betroffene falsche Schlüsse zieht (28), betrachtet der BGH jedoch als nicht bedeutsam. Ebenfalls keinen Verstoß gegen § 136a StPO sieht der BGH in einer nachdrücklichen, aber sachgerechten Belehrung durch den Richter (29, Leitsätze):
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§ 136a StPO verbietet daher nicht jede kriminalistische List, sondern nur eine Lüge, durch die der Beschuldigte bewusst irregeführt und seine Aussagefreiheit beeinträchtigt wird ... Um eine zulässige kriminalistische List handelt es sich insbesondere dann, wenn der vernehmende Beamte Fangfragen oder solche Fragen stellt, deren Hintergrund der Beschuldigte nicht erkennt, wenn er den Beschuldigten über den Ermittlungsstand und bereits gewonnene Erkenntnisse im Unklaren lässt oder wenn er einen von ihm, dem Beamten, nicht verursachten Irrtum des Beschuldigten ausnutzt. Ein bisschen Täuschung ist daher erlaubt. (31) |
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verdeckte Ermittlungen im Internet | |||||||
Im Zusammenhang mit seiner Entscheidung über die Onlinedurchsuchung (32) hat das BVerfG auf die Zulässigkeit verdeckter Ermittlungen im Internet ausdrücklich hingewiesen. Insoweit unterliegen die öffentlich
und unbeschränkt zugänglichen Informationen aus dem
Internet nur insoweit einer Beschränkung, dass ihre Sammlung und
Auswertung dann einer besonderen Ermächtigungsgrundlage bedürfen, wenn
sie mit anderen Informationsquellen verknüpft oder so konzentriert
gesammelt werden, dass die Sammlung die Schwelle zum Schutz der
informationellen Selbstbestimmung
überschreitet. Insoweit dürften die allgemeine
Ermittlungsermächtigung aus
§
161 Abs. 1 StPO und der maschinelle Datenabgleich (
§ 98c StPO)
hinreichende
Ermächtigungsgrundlagen sein. |
Daraus folgt, dass selbst bei einer Patrouille oder geringen Verdachten alle offenen Internetseiten, Gästebücher, Blogs, Foren und Newsgroups den Ermittlern offen stehen. Das gilt auch für den gezielt ermittelnden
NOEP.. Er bewegt sich ohne Legende und verschweigt nur, dass er
Polizist ist. Selbst wenn er dazu E-Mail- und andere Konten mit
Allerweltsnamen und -begriffen anlegt, handelt es sich um eine
sozialadäquate Internutzung, gegen die auch das
BVerfG
keine Bedenken erhebt. Das Gericht betrachtet schließlich auch den
Einsatz
verdeckter Ermittler im Internet unter den Voraussetzungen des § 110a Abs.
1 StPO als
zulässig. |
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geschlossene Benutzerkreise | |||||||
Zugangsdaten zu itS, die Berechtigte - Zeugen oder anderweitig Beschuldigte - offenbaren, sind deshalb für die Ermittlungen nutzbar. Dasselbe ist nach den Ausführungen des BVerfG auch nicht ausgeschlossen wegen der Zugangsdaten, die mit anderen zulässigen Ermittlungen erlangt wurden, also zum Beispiel durch Beschlagnahme ( § 94 Abs. 2 StPO), Herausgabeverlangen ( § 95 Abs. 1 StPO), Postbeschlagnahme ( §§ 99, 100 StPO), Überwachung der Telekommunikation ( § 100a StPO) oder eine "Onlinedurchsuchung light" ( § 110 Abs. 3 StPO). Keine Bedenken bestehen insoweit gegen den Einsatz von
Informanten und Vertrauenspersonen, wenn die übrigen Voraussetzungen für
ihren Einsatz bestehen. |
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Keuschheitsprobe. Scheinkauf | |||||||
Problematisch sind die
Keuschheitsproben, bei denen der (in aller Regel) verdeckte
Ermittler seinerseits eine rechtswidrige Tat begehen muss, um in den
inneren Kreis einer Tätergruppe aufgenommen zu werden. Die
offensichtlichen Fallgruppen sind die Lieferungen von gecrackten
Programmen oder von Vorpremierenfilmen, um in Tauschzirkeln,
volksverhetzende oder rassistische Meinungskundgebungen, um in
entsprechende Diskussionsrunden, und die Angebote von
kinderpornographischen Bildern, um in solche Neigungskreise aufgenommen
zu werden. |
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Auslandsberührung | |||||||
Auslandsdaten dürfen jedenfalls erhoben und gespeichert werden, wenn
sie ohne einen hoheitlichen Zwangsakt zur Verfügung stehen. Das gilt
immer für die jedermann zugänglichen Daten. Im Zusammenhang mit
Erkenntnissen aus verdeckten
Ermittlungen durch Personen, also unter Ausschluss
technischer Maßnahmen, halte ich die Auslandsermittlungen im Hinblick
auf die Beweiserhebung
grundsätzlich für zulässig. Ob sie verwertbar sind, ist die zweite
Frage, die im Einzelfall geklärt werden muss. Insoweit fehlt es an
Erfahrungen, die wir alle erst noch machen müssen. Eine genaue
gesetzgeberische Unterscheidung zwischen
Beweiserhebungs- und Beweisverwertungsverboten fehlt leider auch im
internationalen Maßstab (
Archivlösung). |
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anlassunabhängige Internetrecherche | |||||||
Christian Engel führt dazu aus (34): Im Gegensatz dazu steht die anlassunabhängige Internetrecherche, bei
der Polizeibeamte ohne
konkrete Anhaltspunkte für eine Straftat das Internet durchstreifen. Um
hierbei Doppelermittlungen zu
vermeiden wird diese Tätigkeit zentral durch das BKA, bei der sog. ZaRD
(Zentralstelle für
anlassunabhängige Recherche in Datennetzen), durchgeführt. |
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Anmerkungen | |||||||
(2)
BGH, Urteil vom 23.05.1984 - 1 StR 148/84; (3) BVerfG, Beschluss vom 26.05.1981 - 2 BvR 215/81, abgedruckt bei Jens Ph. Wilhelm, Entscheidungssammlung zum Strafverfahrensrecht, Stand Dezember 2003, S. 7 (4) BVerfG, Beschluss vom 19.07.1995 - 2 BvR 1142/93, abgedruckt bei Jens Ph. Wilhelm, Entscheidungssammlung zum Strafverfahrensrecht, Stand Dezember 2003, S. 18, 19 (5) BGH, Urteil vom 18.11.1999 - 1 StR 221/99
(6)
Verwaltungsdefinition des Informanten und der V-Person. Die
Richtlinien für das Straf- und Bußgelverfahren - RiStBV - sind
Verwaltungsvorschriften. Sie haben keinen Gesetzesrang und können
deshalb nur als Auslegungsregeln für die Interpretation der
StPO-Vorschriften herangezogen werden. Vor Allem die Anlagen -
hier die
Anlage D - bestimmen sehr mutig die Ausführung von
Verfahrensvorschriften und sind für die Praxis äußerst hilfreich. Sie
schaffen aber kein Recht und können keine Eingriffsbefugnisse begründen
oder begrenzen, die nicht schon in einem Gesetz vorgesehen und
ausgeführt sind. |
Die (punktuellen) Angaben von Informanten kann man prüfen, verwerfen
oder in eine Ermittlungsstrategie einbeziehen. (8) Zu den Grenzen der Verwertbarkeit der Erkenntnisse von verdeckten Ermittlern: verdeckter Ermittler darf nicht schnüffeln.
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(10) Susi Wimmer, Zeugenschutz. Wenn das Leben wieder auf Null gestellt wird, sueddeutsche.de 09.11.2007 (11) Begleitend werden dabei vor Allem örtliche Beratungsstellen für die Opfer von Gewalttaten tätig, die mit der Polizei zusammen arbeiten; coatnet.org (mit nicht mehr aktuellem Gesetzeszitat). (12) BGH, Urteil vom 18.11.1999 - 1 StR 221/99 (Rn 51) (13) BGH, Urteil vom 23.05.1984 - 1 StR 148/84
(14)
BGH,
Beschluss vom 31.01.2007 - StB 18/06; (16) siehe Anmerkung 12, Rn 55
(17)
ebenda, Rn 65 |
(19) ebenda, Leitsatz 6; (20) ebenda, Leitsatz 5 (21) lesenswert: EuGH-MR, EGMR Nr. 22978/05. Zulässigkeitsentscheidung vom 10.04.2007 (Gäfgen gegen Deutschland)
(22)
Daschner-Prozess; (24) BGH, Beschluss vom 21.05.2004 -2 StR 35/04 |
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(28)
BGH,
Beschluss vom 17.03.2005, S. 4 (29) BGH, Urteil vom 27.04.2007 -2 StR 523/06 (30) Karl-Bruno Kaefer, Vernehmung des Beschuldigten. Repetitorium anhand von praktischen Fällen aus dem Strafprozessrecht, Kriminalistik 6/99, S. 2 (31) Ulrich Sommer, Tipps zur Strafprozessordnung,, 08.12.2003, S. 29
(32)
BVerfG,
Urteil
vom 27.02.2008 - 1 BvR 370/07, 595/07;
(33)
Wobei es auch die Erfahrung gibt, dass viele Leute es nicht glauben,
wenn sich jemand als "Der Bulle" bezeichnet. |
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Cyberfahnder | |||||||
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© Dieter Kochheim, 11.03.2018 |