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Schadenersatz wegen unverhältnismäßiger Ermittlungen |
|
30.12.2007:
Die Ermittlungshandlungen und Eingriffsmaßnahmen der
Strafverfolgungsbehörden unterliegen dem Gebot der Verhältnismäßigkeit.
Für die Abwägung der Interessen der Allgemeinheit an einer effektiven
Strafverfolgung und den individuellen Interessen des Beschuldigten und
anderer Verfahrensbeteiligter (Geschädigte, Angehörige,
Auskunftspersonen) gelten Leitlinien (siehe rechts), die bei einem schwerwiegenden
Verstoß eine Amtshaftungs- und Schadenersatzpflicht auslösen kann (vergl.
§§ 823
Abs. 2,
839 BGB).
In aller Regel führt die Prüfung der Verhältnimäßigkeit nicht zu einem
"auf Null reduziertes Ermessen". Das kann bei allgemeinen
Ermittlungshandlungen nur der Fall sein, wenn der Vorwurf die leichte
Kriminalität betrifft und der Verdacht sehr gering ist. Wegen der
schweren Eingriffsmaßnahmen hat bereits der Gesetzgeber
Ermessensschranken eingebaut, die bei der rechtlichen Prüfung zu
berücksichtigen sind. Die Ermessensgrundsätze im übrigen gelten auch für
sie.
Wegen schwerwiegender Fehler bei der
Ermessensausübung kann jedoch eine Amtshaftungspflicht entstehen.
In dem vom OLG
Celle im
Urteil vom
19.06.2007 - 16 U 2/07 - entschiedenen Fall ging es um ein
Internet-Forum, das die Polizei zur Unterstützung ihrer Ermittlungen
wegen eines vorsätzlichen Tötungsdeliktes nutzte. Während sich die
veröffentlichten Meinungen und die Beiträge auf den unschuldigen Kläger
ausrichteten, wurde später ein anderer als Täter ermittelt.
|
Schwere des Vorwurfs
leichte, mittlere und schwere Kriminalität |
Schwere des Verdachts
Verdacht |
Gefahr für die
Allgemeinheit
a) wegen des Gegenstandes (Waffen, Sprengstoff, Rauschgift)
b) wegen der Person (Wiederholungsgefahr) |
Ermittlungserfolg
Exklusivität der Beweiserhebung:
a) Beweisführung mit einer gleichwertigen, aber weniger
belastenden Maßnahme
b) ... mit einem schwächeren, aber ausreichendem Beweismittel (Surrogat) |
Belastung durch
die Maßnahme
a) Eingriffstiefe
b) Besonderheiten in der Person und den Umständen |
|
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|
|
Die Leitsätze zu dem Urteil lauten:
1. |
Es ist
rechtlich zulässig, dass Strafverfolgungsbehörden als Mittel zur
Aufklärung von schweren Straftaten öffentliche Medien - wie etwa
Fernsehen, Hörfunk, Printmedien und Internet - nutzen. Ein Aufruf
zur Mithilfe durch Erteilung sachdienlicher Hinweise zur Aufklärung
eines Verbrechens über diese Medien ist im Grundsatz nicht zu
beanstanden.
|
2. |
Es ist aber
geboten, dass Mitteilungen von Hinweisgebern nur die
Strafverfolgungsbehörden erreichen und nicht in der Weise öffentlich
gemacht werden, dass sie von jedermann weltweit über das Internet
abgerufen werden können. Diese Notwendigkeit ergibt sich daraus,
dass auch unzutreffende und unsachliche Hinweise gegeben werden und
diese Hinweise unabhängig von ihrer Richtigkeit zu einer
öffentlichen Verdächtigung von Personen führen können.
|
3. |
Es verstößt
daher gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, die Tathinweise
als Diskussionsbeitrag in einem Internet-Forum für andere Nutzer zur
Verfügung zu stellen. Darüber ist es zur Aufklärung der Tat auch
nicht geboten, ein öffentliches Diskussionsforum zum
Meinungsaustausch über die Straftat zu eröffnen. Die strafrechtliche
Bewertung eines ermittelten Sachverhaltes ist ausschließlich Sache
der Strafverfolgungsorgane und der Gerichte. Die öffentliche Meinung
- noch dazu über eine unaufgeklärte Straftat - ist in diesem
Zusammenhang nicht hilfreich und trägt zur Aufklärung nichts bei.
|
|
Das Urteil führt zu den Grundsätzen der Haftung aus:
Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass
strafrechtliche Ermittlungen - hier wegen eines Kapitalverbrechens -
überwiegend mit Eingriffen in das Persönlichkeitsrecht des
Verdächtigten verbunden sind, solche Ermittlungen wegen des
strafrechtlichen Verfolgungszwangs (Legalitätsprinzip) aber rechtmäßig
sind und auch nicht dadurch unrechtmäßig werden, dass sie sich am Ende
als ungerechtfertigt erweisen (vgl. nur Palandt/Sprau, BGB, 66. Aufl.,
§ 823 Rn. 37; zum Zivilprozess: BGH NJW 2004, 446). Allerdings obliegt
den Strafverfolgungsbehörden gegenüber dem Beschuldigten in einem
Ermittlungsverfahren die Amtspflicht, das Persönlichkeitsrecht des
Beschuldigten verletzende Ermittlungsmaßnahmen zu unterlassen, wenn
diese erkennbar überzogen sind. Dies folgt aus dem
verfassungsrechtlichen Prinzip der Verhältnismäßigkeit, demzufolge
eine Ermittlungsmaßnahme unter Würdigung aller persönlichen und
tatsächlichen Umstände des Einzelfalls zur Erreichung des angestrebten
Zwecks geeignet und erforderlich sein muss. Unverhältnismäßig ist eine
Maßnahme, wenn ein milderes Mittel ausreicht. Der mit der
Ermittlungsmaßnahme verbundene Eingriff darf nicht außer Verhältnis zur
Bedeutung der Sache und zur Stärke des bestehenden Tatverdachts stehen
(Meyer-Goßner, StPO, 49. Aufl., Einl. 20 mit Nachweisen).
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Überwachungskameras. Prävention und Aufklärung |
|
29.12.2007:
Öffentliche Überwachungskameras der Polizei und von privaten
Einrichtungen wie in Bahnhöfen (1) und Banken dienen zur Information der
Betreiber und sollen abschreckend wirken. Sie bewirken eine latente
Verunsicherung, weil der Beobachter anonym bleibt und der Beobachtete
einer emotionslosen Kontrolle unterliegt.
Ihre Aufzeichnungen können für die Ermittlungsarbeit äußerst
hilfreich sein, um Täter zu identifizieren. Das gilt vor Allem im
Hinblick auf Gerätemanipulationen wie das
Skimming
im Zusammenhang mit Geldautomaten oder ähnliche Angriffe auf
Fahrkartenautomaten.
Die Qualität ihrer Bilder ist sehr unterschiedlich und richtet sich
nach der Qualität der eingesetzten Technik, nach den
Beleuchtungsverhältnissen und der Größe des überwachten Platzes (2).
Nach verlässlichen Automatiken zur Verhaltens- und Gesichtererkennung
wird geforscht und steht ein durchbrechender Erfolg jedoch aus (3).
Deshalb gilt, dass jede Kameraüberwachung einer menschlichen Auswertung
bedarf, wenn sie zur Abwehr gegenwärtiger Gefahren eingesetzt werden
soll.
Die Kritiker befürchten von der Überwachung öffentlicher Plätze die
Verletzung ihrer informationellen Selbstbestimmungsrechte und daraus
folgend eine einschneidende Einschränkung von Freiheitsrechten (siehe
(1) ).
|
Diese Kritik ist nicht unberechtigt und zwingt jedenfalls beim
Einsatz der Videoüberwachung auf öffentlichen Plätzen durch staatliche
Einrichtungen zu einer Interessenabwägung, die sich an dem Einsatzzweck
orientieren muss:
1. |
akuelle Information
als Hilfsmittel zur Verkehrslenkung, Prozessüberwachung (technische
Anlagen) und zum Erkennen gefährlicher Situationen
|
2. |
Abschreckung und
Prävention
an gefährdeten Einrichtungen und bekannten Gefahrenstellen (z.B.
in öffentlichen Verkehrsmitteln)
|
3. |
Aufklärung
von rechtswidrigen und strafbaren Handlungen |
Aus Anlass eines brutalen Überfalls von zwei jungen Leuten, eines
jugendlichen Griechen und eines heranwachsenden Türken, auf einen
Rentner in der Münchner U-Bahn (4), der mit Hilfe von
Videoaufzeichnungen aufgeklärt werden konnte, verlangen die üblichen
Verdächtigen - möchte man sagen - nach einer Ausweitung der öffentlichen
Videoüberwachung.
|
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|
|
Zurückhaltende, aber richtige Worte hat hierzu Nils Zurawski
(5) gefunden:
Eine
Ausweitung von Kameras an allen möglichen Orten würde diese Art der
Probleme nicht beheben – und wirkt in den entscheidenden Fällen
letztlich doch nicht abschreckend. Andersherum gäbe es kein Argument
gegen mehr Kameras, wenn Fahndungserfolge als Maßstab für den Erfolg
genommen würden ...
Sollten es
Kameras tatsächlich ermöglichen, in Fällen wie dem von München
einzugreifen und zu verhindern, müsste jede Kamera unter ständiger
Beobachtung stehen und Personal vorhanden sein, das eingreifen könnte.
Ob dieses Problem von Technologien gelöst wird, die das Verhalten
analysieren und richtig interpretieren können, bleibt bis auf weiteres
offen ...
Kameras sind
offensichtlich dann am besten, wenn es um klar definiertes Verhalten
geht und klar umrissene Räume - also bei einer Gebäudekontrolle oder in
Parkhäusern, wo es nicht unbedingt um akute Gefahren oder um Leib und
Leben geht. Vielleicht schreckt der Fahndungserfolg die nächsten
Jugendlichen vor einer solchen Tat ab - hoffen möchte ich darauf nicht
...
|
(1)
Stefan
Krempl, Datenschützer kritisiert Ausdehnung der
bundesweiten Videoüberwachung, Heise online 20.11.2007
(2)
80
Prozent der britischen Überwachungskameras liefern keine brauchbaren
Bilder, Heise online 20.10.2007
(3)
Matthias Gräbner, Neuronale Netze finden versteckte
Strukturen, Telepolis 31.07.2006
Kate
Greene, Das Web erkennt Gesichter, Technology
Review 29.05.2006
Veronika Szentpétery, Kriminelle Schwingungen,
Technology Review 27.06.2006 (Stimmenidentifikation)
(4)
Angriff
in Münchner U-Bahn. Serientäter gestehen brutalen Überfall,
sueddeutsche.de 23.12.2007
(5)
Nils
Zurawski, Täter gefasst - Videoüberwachung als
Erfolgsmodell? Telepolis 29.12.2007
Florian
Rötzer, Verdächtige Mikroexpressionen. An 50 Flughäfen
suchen Sicherheitsangestellte nach verdächtigem Verhalten bei
Passagieren ..., Telepolis 05.01.2008
Britische Polizei räumt eklatante Schwächen der Videoüberwachung ein,
Heise online 19.01.2008
|
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Spekulationen zum Bundestrojaner |
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28.12.2007:
Bereits im Vorfeld des am 27.12.2007 beginnenden 24-sten Kongresses des
Chaos Computer Clubs -CCC ( )
- wurde über die Onlinedurchsuchung, den Bundestrojaner und die vom
Bundeskriminalamt als Remote Forensic Software - RFS - bezeichnete
Spionagesoftware spekuliert (1). Andreas Bogk vom
fragt besonders
nach den Wegen für die Infiltration.
Als
Varianten seien vor allem die E-Mail vom Amt mit einem entsprechenden
Anhang oder den Einbau der Software in ausführbare Dateien über den
Internetprovider im Gespräch ... Es sei auch denkbar, dass die
Ermittler versuchen würden, mehr oder weniger bekannte Schwachstellen
wie Exploits zu nutzen, um den Trojaner zu installieren. Am
wahrscheinlichsten ist es für den Hacker aber, dass die Wanze in
Hardwareform im Rahmen einer heimlichen Wohnungsdurchsuchung eingebaut
wird. Entsprechende "USB-Teile" seien in Form eines Keyloggers zur
Aufzeichnung von Tastatureingaben bereits in einem Internet-Café
entdeckt worden.
Solche
Überlegungen hat auch der
Cyberfahnder angestellt und ein Aspekt bleibt nachzutragen: Für die
heimliche Installation von Überwachungstechnik im Wohn- oder
Geschäftsbereich gibt es gegenwärtig keine strafprozessuale
Eingriffsermächtigung. Die dadurch gewonnenen Erkenntnisse wären nicht
verwertbar. Die einzige Möglichkeit bestände darin, manipuliertes
Zubehör der Zielperson anzuliefern, das sie selber in Betrieb setzen
müsste.
Bogk spricht in diesem Zuammenhang auch die Quellenüberwachung an (
Mitschnitte).
|
Dabei geht
es um das Abgreifen von Inhalten bei der Internet-Telefonie vor einer
Verschlüsselung, wie sie etwa Skype durchführt. Die Behauptung, das
Fernmeldegeheimnis werde beim Abgreifen der Kommunikation vom Mikrofon
noch vor dem Einspeisen in eine Telefonleitung nicht berührt, ...
verberge einen möglichen Trojanereinsatz für diese Zwecke. Allerdings
müsse man die Maßnahme dann wohl als akustische Wohnraumüberwachung
auffassen.
In diesem Punkt irrt Bogk. Die auf die Telekommunikation beschränkte
Maßnahme ist bereits jetzt zulässig (
§ 100a StPO) und unterscheidet sich maßgeblich von der automatischen
oder intellektuellen Suche nach Dateien auf den Massenspeichern der
Zielperson (
Selektion von Dateien). Wegen der Infiltration stellen sich hingegen
dieselben Fragen.
(1)
Stefan
Krempl, 24C3: Kampf gegen Schäubles Computerwanze,
Heise online 27.12.2007
Stefan
Krempl, "Bundestrojaner" heißt jetzt angeblich "Remote
Forensic Software", Heise online 03.08.2007
Medienbericht: BND hat bereits Online-Razzien durchgeführt, Heise
online 05.01.2008
Verfassungsschützer installierten „Bundestrojaner“ auf dem Rechner des
Berliner Islamisten Reda Seyam, Focus 05.01.2008
|
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Jahresrückblicke |
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27.12.2007:
macht den Anfang,
wirbt mit dem erotischen Kalender für 2008 (1) und blickt zurück auf Pleiten, Pech und Pannen (2). Die
Hinweise auf neue Gesetze in 2007 ist etwas knapp geraten (3).
setzt die Reihe
mit einem einen
Monatsrückblick fort (4).
|
(1)
Albert
Lauchner, Erotischer Kalender 2008. Die Admin-Babes
2008, Tecchannel 26.12.2007
Favorit
2007
(2)
Matthias Sternkopf, Jahresrückblick. Die
News-Highlights 2007, Tecchannel 27.12.2007
(3)
Matthias Sternkopf, Jahresrückblick. ... Gesetze
(4)
Ben
Schwan, Zurück in die Zukunft, Technology Review
27.12.2007
...
Teil 2, Technology Review 28.12.2007
...
Teil 3, Technology Review 29.12.2007
|
 |
neue Knäste braucht das Land |
|
27.12.2007:
In den USA
kommen auf 100.000 Bürger 737 Strafgefangene. ... Putins Russland ist
mit 607 Strafgefangenen auf Hunderttausend Zweiter. Die Bronzemedaille
geht an Kuba mit 487 Gefängnisinsassen. Bescheiden nehmen sich da
geradezu die 98 Strafgefangenen aus, die in Deutschland im Jahre 2004
auf je Hunderttausend Einwohner kamen (1).
Eine Studie des privaten Justice Policy Institute meint eine
Abhängigkeit zwischen den Ausgaben für den Strafvollzug und der Zahl der
Häftlinge feststellen zu können. Je mehr ausgegeben wird, desto mehr
Häftlinge sollen auch inhaftiert werden.
Ich bin skeptisch. Die Haushaltsmittel, die für den Strafvollzug zur
Verfügung stehen, unterliegen politischen Entscheidungen, die auf
gesellschaftlichen Drücken reagieren. Auch die Strafjustiz in den USA
dürfte vom Grundsatz her unabhängig von politischen Entscheidungen sein.
Deshalb ist eher zu vermuten, dass die Schaffung weiterer Haftplätze auf
dem Druck der Öffentlichkeit reagiert, Fehlentwicklungen entgegen zu
steuern.
Im Übrigen gilt: Der Vollzug von Freiheitsstrafen (und noch viel mehr
die Vollstreckung von Todesstrafen) ist ein Ausdruck gesellschaftlicher
Spaltung und Hilflosigkeit. Er ist gelegentlich unvermeidbar, um Tätern
(Spezialprävention) und ihren Umfeldern (Generalprävention) die Grenzen
der Leidensbereitschaft ihrer Mitmenschen zu demonstrieren. Die Zahlen
aus den USA kennzeichnen wahrscheinlich eher eine von biologischen
Merkmalen geprägte Chancenungleichheit (2), die Zahlen aus Russland eine
Gesellschaft, die noch nicht ihr inneres, auch und vor Allem
ökonomisches Gleichgewicht gefunden hat, und
die aus Kuba, dass dämagogische Grundsätze Sitte und Moral nicht
ersetzen können.
Ungewohnte
Worte vom Cyberfahnder?
Man
muss dazu wissen, dass die Rechtssoziologie (wie ich sie gelernt habe)
einen Entwicklungsprozess von (privater) Moral über (gruppenbezogene)
Sitten zu (staatlichem) Recht kennt. Auf jeder Stufe nimmt der Schmerz
der Gegenwirkung zu (Sanktion).
|
Wenn
ich Menschen verletze, kann ich ihre Ablehnung dadurch ausgleichen, dass
ich sie meide und mich zu anderen wende. Verletzte ich Sitten, muss ich
mich auf eine breite Ablehnung gefasst machen. Mit ihr kann ich mich
entweder abfinden, mich einrichten oder schlicht abwandern. Vor
Strafvorschriften kann ich mich nicht entziehen. Sie haben eine
Allgemeingeltung, vor der ich fliehen oder die ich akzeptieren und
erleiden muss.
Das beschriebene Gedankenmodell hat auch überraschende Auswirkungen.
Der Attentäter stellt seine private Überzeugung über die Meinung seiner
Mitmenschen. Der Märtyrer hat hingegen die Unterstützung seines direkten
sozialen Umfelds. Wenn die "Sitten" dieses Umfeldes entgegen gesetzt dem
(allgemeinen) Recht sind, kommt es unweigerlich zum Konflikt.
Wenn schließlich Moral und Sitte dem Recht widersprechen, kommt es
zur Kraftprobe. Das Recht kann gewinnen, kann aber auch übel leerlaufen,
weil es den gesellschaftlichen Sitten unterliegt. Das ist immer dann der
Fall, wenn die Freiheits- und Entfaltungsrechte in einer Gesellschaft
ungleich sind (3) und das Recht bestimmte Gruppen bevorzugt.
Die Zahlen über die Häftlinge in Deutschland lassen im
internationalen Vergleich eine wohlige Hoffnung aufkommen.
(1)
Hermann
Ploppa, Im Strudel der Gefängnisindustrie. Eine
aktuelle US-Studie stellt fest: Je mehr Geld in den Strafvollzug
gesteckt wird, um so mehr Strafgefangene werden frisch eingeliefert,
Telepolis 27.12.2007
(2) Wie umschreibt man einen latenten Rassismus?
(3) Wie umschreibt man eine Klassengesellschaft?
|
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Vorratsdatenhaltung: Letzte Hürde überwunden |
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26.12.2007: Der Bundespräsident
hat das
Gesetz
zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung und anderer verdeckter
Ermittlungsmaßnahmen sowie zur Umsetzung der Richtlinie 2006/24/EG (Gesetzentwurf
vom 27.06.2007) unterzeichnet, so dass es mit Wirkung vom 01.01.2008 in
Kraft tritt (1). Die Vorratsdatenhaltung beginnt spätestens am
01.01.2009 (
Vorratsdatenhaltung ab 2009) und betrifft die Verkehrsdaten, die
künftig sechs Monate lang gespeichert werden müssen (
-Unfug).
In den Funkmedien werden die ersten Kritiker mit dem Vorwurf gemeldet,
dass damit das Abhören erleichtert werde. In Bezug auf die
Vorratsdatenhaltung geht es aber gerade nicht um das "gesprochene Wort",
sondern um die Verkehrsdaten, also die äußeren Umstände der
elektronischen Kommunikation und die Identifizierung von
Kommunikationspartnern.
Außerdem werde, so die Kritiker weiter, die private Verfolgung von
Urheberrechtsverstößen erleichtert. Das ist Unfug, weil sie keinen
eigenen Auskunftsanspruch haben (2).
Dabei
könnte ein privater Auskunftsanspruch heilsame Wirkungen haben. Bislang
erstatten
die Rechteinhaber - teilweise massenhaft (
neue Muster-Widerrufsbelehrung,
teure
Kritik) - Strafanzeigen und die Staatsanwaltschaften holen die
Provideranfragen auf Kosten der Allgemeinheit (z.B. für rund 37 € im
Einzelfall) ein, weil ein
Auskunftsanspruch nur gegenüber den Strafverfolgungsbehörden besteht.
|
Wenn die Rechteinhaber einen eigenen Auskunftsanspruch hätten, dann könnte
die Staatsanwaltschaft in Bagatellfällen von der Strafverfolgung absehen.
Die Anzeigeerstatter müssten dann selber entscheiden, ob sie die Kosten
für ihre Rechtsverfolgung aufwenden wollen oder nicht.
Die wirklich brisanten Teile der Reform wurden offenbar noch gar
nicht bemerkt (
Onlinedurchsuchung light). Die Bestandsaufnahme des Cyberfahnders
wird alsbald fortgesetzt.
Reform der StPO 2007
(1)
allgemeine Änderungen
(2)
allgemeine Änderungen
(3) Sichtung räumlich getrennter Speichermedien
(1)
Köhler
unterzeichnet Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung, Heise online
26.12.2007
(2)
Zypries: Keine Vorratsdatenspeicherung für zivilrechtliche Zwecke,
Heise online 29.12.2007
28.12.2007:
Stefan
Krempl, Datenschützer bedauern Köhlers Abnicken der
Vorratsdatenspeicherung, Heise online 27.12.2007
28.12.2007: Dem
Irrtum darüber, dass
unsere
gesamte digitale Kommunikation überwacht werde solle, sitzt auch
Tim Pritlove vom
auf:
Stefan
Krempl, 24C3: Hacker gegen
24-Stunden-Rundum-Überwachung, Heise online 27.12.2007
|
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bürgerunfreundliche Politik |
|
26.12.2007:
fragt nach der
bürgerunfreundlichsten Entscheidung (1) der Politik im Jahr 2007 und stellt
zur Auswahl:
1. |
EU-"Reformvertrag" (2)
|
2. |
Gesetz zur
Vorratsdatenspeicherung |
3. |
EU-Richtlinie zur Durchsetzung von "Geistigen Eigentumsrechten"
- IPRED2 (3) |
4. |
Rauchverbot in Gaststätten (
absolut unkorrekt) |
5. |
Zweiter Korb der "Urheberrechtsreform" (
Der "2. Korb" tritt Anfang 2008 in Kraft) |
6. |
Abschaffung des Widerspruchsverfahrens (4) |
7. |
Verbot von "Hacker-Tools" (5) |
8. |
Neudefinition von "offenen Standards" durch den Bundestag
(6) |
9. |
Rom-I-Verordnung (erlaubt Law-Hopping bei Internetgeschäften)
(7) |
Peinliche Forderung: Geben Sie zu jedem Thema den streitigen Gegenstand in
einem Satz an!
|
(1)
Umfrage,
Telepolis 26.12.2007
(2)
Stefan Krempl, EU-Kommission will
Strafverfolgungsnetz im Kampf gegen Terror stärken, Heise online
23.10.2007
(3)
EU-Parlament
schränkt Strafrechtssanktionen zum Schutz geistigen Eigentums ein,
Heise online 25.04.2007
(4)
Vorverfahren
(5)
neues
Hackerstrafrecht
IT-Strafrecht
strafbare Vorbereitungshandlungen
(6)
Bundestag verabschiedet Empfehlung für "offene Standards", Heise
online 06.07.2007
(7)
Peter
Mühlbauer, EU will Rechts-Hopping für Händler erlauben,
Telepolis 21.12.2007
|
 |
Herbert W. Franke bei Telepolis |
 |
25.12.2007:
Mit der Bezeichnung "Science Fiktion-Autor" wird man Herbert W. Franke
(1)
nicht gerecht, der
seit 2004
wieder Romane veröffentlicht und 2007 achtzig Jahre alt wurde (2).
Franke ist Wissenschaftler, Autor, Herausgeber und
Höhlenforscher und seine
neuen
Romane haben an Spannung und seine Figuren an Tiefe gewonnen.
Immer wieder hat er sich mit Beiträgen und Kurzgeschichten in
Erinnerung gerufen (3), zuletzt mit der Kurzgeschichte
Der Erlöser (4). Mit seinen Kurzgeschichten trat Franke 1960 das
erste Mal als Autor in Erscheinung: Auf nur 183 Seiten enthielt
Der grüne Komet
65
Kurzgeschichten, mit denen er manchmal nur einen Gedanken anriss und
dann zum nächsten wechselte. Das war ein geniales literarisches
Feuerwerk, das ich in dieser Form nie wieder erlebt habe.
Altersweisheit?
27.07.2008: Mit einer neuen kleinen Geschichte schließt Franke an die
Tradition des Grünen Kometen an. Sie ist unspektakulär, ironisch und hat
ein witziges ende (5).
29.12.2008: Eine weitere Kurzgeschichte von Herbert W. Franke ist jetzt
veröffentlicht worden (6).
|
(1)
Herbert W. Franke
Herbert
W. Franke, Home Page. Wissensbasierte Visionen
Marshöhlen
Herbert W.
Franke
(2)
Nichts
ist, wie es scheint: Zum 80. Geburtstag von Herbert W. Franke, Heise
online 14.05.2007
(3)
alle
Beiträge von Herbert W. Franke bei Telepolis (Suche)
(4) Kurzgeschichten:
Der Erlöser, Telepolis 24.12.2007
Aktion
Telesport, Telepolis 23.04.2006
Zoide
lügen nicht, Telepolis 07.08.2005
Das
Bewusstsein der Maschine, Telepolis 11.06.2005
Der
Kristallplanet, Telepolis 09.08.2000
Der
blaue Elefant, Telepolis 23.12.1997
Der blaue Elefant
Datei/Neu, Telepolis 15.03.1996
(5)
Die
Eierköpfmaschine, Telepolis 27.07.2008
(6)
Architekt der Zerstörung, Telepolis 25.12.2008
30.07.2009:
Kurzgeschichten von Franke;
Herbert
W. Franke, Der Traum vom Meer, Telepolis 26.07.2009
|
 |
Dagobert McDuck wird 60 |

Ästhetik der antinazistischen Kriegspropaganda bei Walt Disney,
Video
"The Spirit of '43", 1943, YouTube
|
25.12.2007:
In dem Propagandafilm
"The Spirit of '43"
(1943, YouTube) hieß er noch Scrooge McDuck. Erst im Dezember 1947 wurde
er von dem legendären Figurenschöpfer bei
Disney,
Carl
Barks, in die Familie um Donald Duck eingeführt. Dagobert Duck hat
somit "Bühnenjubiläum".
Das wäre nicht der Erwähnung im Cyberfahnder wert, wenn
nicht auch auf den
kleinen Propagandafilm mit Dagoberts erstem Auftreten hingewiesen hätte.
Das Standbild links stammt aus dem letzten Teil des Films und ist ein
Beispiel für die hohe Kunstfertigkeit und Symbolik, mit der seinerzeit
die US-amerikanischen Trickfilme inszeniert und umgesetzt wurden. Das
ist schon genial.
|
Peter
Mühlbauer, Dagobert Duck wird 60, Telepolis
24.12.2007
|
 |
Bundesabhörzentrale |
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23.12.2007:
Nach dem Willen der Bundesregierung soll unter der Federführung des
Bundesverwaltungsamtes in Köln ein zentrales und gemeinsames Rechenzentrum für
die Überwachung der Telekommunikation entstehen, das gleichzeitig für
die Bundespolizei, das Bundeskriminalamt, die angeschlossenen
Landeskriminalämter und den Bundesverfassungsschutz arbeitet. Die
Einrichtung soll ausschließlich als IT-Dienstleister ausgerichtet werden
und dadurch Kosten einsparen. Durch informationstechnische Sicherungen
sollen die unterschiedlichen Dienste voneinander getrennt werden.
Kritiker befürchten, dass die Trennung der TKÜ-Daten und ihre
exklusive Zuordnung zu den beteiligten Diensten keinen Bestand haben
könnten. Vor Allem unter politischem Druck aus dem In- oder Ausland sei
eine Zusammenführung der Daten zu erwarten.
07.02.2010: Die Pläne wurden jetzt aufgegeben.
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Über die Schwierigkeiten bei der Auswertung von TK-Überwachungen hat
sich zuletzt der Bundesanwalt
Griesbaum auf der
Herbsttagung des BKA geäußert und beklagt, dass die Übersetzung der
fremdsprachlichen Aufzeichnungen erhebliche Probleme bereitet. Daran
wird sich auch durch die Schaffung der zentralen Einrichtung nichts
ändern, wenn die gegenwärtig praktizierte Arbeitsteilung beibehalten
wird. Danach wird auch heute schon der technische Vorgang
spezialisierten Einrichtungen - zum Beispiel den Landeskriminalämtern -
übertragen. Die Sprachdatenauswertung obliegt hingegen den
Sachermittlern und dazu gehört auch die Übersetzung in die deutsche
Sprache unter Zuhilfenahme von Dolmetschern.
Kommt
die Bundesabhörzentrale? Heise online 10.11.2007
Bundesregierung: Bundesabhörzentrale ist reine IT-Maßnahme, Heise
online 22.12.2007
Schäuble plant Abhörzentrale, Focus 10.11.2007
Abhörtechnik zentral verwaltet, TAZ 21.12.2007
Innenminister de Maizière verhindert Abhörzentrale, Heise online
07.02.2010
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Onlinedurchsuchung light |
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22.12.2007:
Im Vordergrund der öffentlichen Diskussion über die Reform der
Strafprozessordnung, die am 01.01.2008 in Kraft treten wird, steht die
Vorratsdatenhaltung. Für die Strafverfolgungspraxis ist
wahrscheinlich die
Konzentration der ermittlungsrichterlichen Entscheidungen auf das
Gericht am Sitz der Staatsanwaltschaft viel einschneidender, weil es
einen
Qualitätsgewinn in der Rechtsprechung und eine Vereinfachung
schleuniger Entscheidungen verspricht.
Der
zweite Teil
der Berichterstattung ist von zurückhaltender Bedeutung.
Der
dritte Teil
der Auseinandersetzung mit dem Gesetzeswerk birgt jedoch zündende
Erkenntnisse:
Die
Einführung des neuen
§
110 StPO verschafft einen Durchbruch bei den von Zurückhaltung und
Ängstlichkeit geprägten Diskussionen wegen der Ermittlungen im Internet.
Sie führt die Onlinedurchsuchung light
ein, indem sie die Sichtung und Sicherung ausgelagerter Daten zulässt.
Damit führt sie gleichzeitig eine grundsätzliche gesetzgeberische
Entscheidung ein, die die Diskussion um die Sicherstellung von
ausgelagerten Daten (E-Mails, Webdienste) vorläufig beendet und die
herrschende Meinung zur Umkehr zwingt.
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Das ist eine leise und gleichzeitig mutige Reform mit der richtigen
Zielrichtung. Die herrschene Meinung zum Internet-Ermittlungsrecht muss
sich ändern und neu orientieren.
Fazit: Gut so!
Zu den Beiträgen: Reform der StPO 2007
(1)
allgemeine Änderungen
(2)
allgemeine Änderungen
(3) Sichtung räumlich getrennter Speichermedien
Inhalt von Teil (3):
Zugriff auf externe Datenspeicher
Erst sichten, dann sichern
Versand von E-Mails
strafprozessualer Zugriff
Schutz der vollständigen Übertragung
Durchsicht von Dateien
Sichtung von E-Mails
Datendienste im Internet
Webdienste im Ausland
Fazit
Anmerkungen
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4 % Umsatz im Internet-Einzelhandel |
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20.12.2007:
Vier Prozent des Einzelhandels wird jetzt im Internet umgesetzt,
vermeldet .
Wenn man
bedenkt, dass die Kundengewohnheiten vollständig umgekrempelt werden
mussten, um das Internet als geschäftliches Medium zu akzeptieren, ist
das ein beachtlicher Anteil.
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Die neuen Kaufgewohnheiten verändern auch die Marktchancen für
Dienstleistungen. Schaltergeschäfte bei den Banken gehen zurück
zugunsten von Online-Bezahldiensten, Paketdienste gewinnen ganz neue
Umsatzdimensionen (und bleiben wie PIN auf der Strecke) und die
Kundenbindung (Beratung, einfache Zugänglichkeit, faire
Zahlungsabwicklung) der Unternehmen müssen sich neu ausrichten.
18
Prozent der Einzelhändler vertreiben Waren online, Heise online
20.12.2007
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dreiste Abzocke |
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20.12.2007:
Wenn das stimmt, was
meldet, dann
zockt der Zugangsprovider Comundo mit seiner neu erworbenen Sparte
666net dreist und
unverschämt ab. Es handelt sich um einen Internet-by-Call-Dienst, bei
dem mit jeder Einwahl der Kunden ein eigenständiger Vertrag geschlossen
wird. Die Preisgestaltung soll deshalb nicht der Regulierungsbefugnis
der Bundesnetzagentur unterliegen.
Das erinnert an alte Zeiten mit den Abzocken per Mehrwertdiensten und
Dialern, bevor der Gesetzgeber einen richtigen Schlussstrich zog (
mehr Preisangaben bei TK-Diensten).
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Am 17.
November waren 24,99 Cent pro Minute fällig, am 6. Dezember erhöhte
Comundo den Minutenpreis auf 49,99 Cent und hat ihn am gestrigen
Mittwoch noch einmal rund verdoppelt. Zusätzlich werden 1,99 Euro pro
Einwahl fällig. Genau 61,98 Euro kostet also eine einstündige
Surfsitzung per ISDN oder Modem.
Surfen
für 61,98 Euro pro Stunde, Heise online 20.12.2007
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Domainhandel. Toppreise |
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20.12.2007: Im
November meldete der Domain-Newsletter den Verkauf der Domain
vista.com für
1,25 Mio. $ (
teurer Name). Die
teuersten Domain-Käufe im Jahr 2007 werden im Domain-Newsletter vom
20.12.2007 (
domain-recht.de , siehe rechts) veröffentlicht, wobei es sich
teilweise um Pakete handelt, die ein ganzes Geschäftsfeld umfassen. Sie
bestätigen, dass ohne einem zugkräftigen Domainnamen kein lukratives
Geschäft mehr zu eröffnen ist. Ob diese Preise jedoch noch
wirtschaftlich vertretbar sind, mag zu bezweifeln sein.
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porn.com |
9.500.000 |
$ |
creditcheck.com, freecreditcheck.com |
3.000.000 |
$ |
computer.com |
2.100.000 |
$ |
seniors.com |
1.800.000 |
$ |
tandberg.com |
1.500.000 |
$ |
vista.com |
1.250.500 |
$ |
scores.com |
1.180.000 |
$ |
chinese.com |
1.100.000 |
$ |
topix.com |
1.000.000 |
$ |
guy.com |
1.000.000 |
$ |
|
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-Unfug |
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19.12.2007:
Niemand ist frei von Fehlern. Wenn sie gemacht werden, darf man sie aber
auch hämisch kommentieren.
Im Zusammenhang mit einem amtsgerichtlichen Urteil, das sich gegen die
anwaltlichen Gebührenforderungen wegen einer Serienabmahnung wendet,
schreibt Stefan Krempl bei
:
Von
Rechtsexperten wird seit längerem beklagt, dass die Abmahnmaschinerie
der Musikindustrie zu weit geht. So würden Strafverfolger bei der
Abfrage von Nutzerdaten verstärkt Gerichte umgehen und sich direkt an
Internetprovider wenden. Die Labels und ihre Fahnder hätten es geschafft,
die Staatsanwaltschaften perfekt zu instrumentalisieren, lautet der
Vorwurf (1).
Den "Rechtsexperten" möchte ich über das hinaus, was bereits gesagt ist (
Instrumentalisierung der StA), nicht zu nahe treten. Der zweite Satz
hingegen ist Unfug: Wegen der Bestandsdaten von Internetnutzern können
die Gerichte nicht umgangen werden, weil sie zu einer Entscheidung nicht
berufen sind. Den Auskunftsanspruch für die Strafverfolgungsbehörden
gewährt
§ 113
Abs. 1 TKG. Die Bestandsdaten werden von
§ 3 Nr.
3 TKG definiert.
Entgegen der herrschenden Meinung in der
Vergangenheit, dass dynamische IP-Adressen Verkehrsdaten seien, die nur
nach den
§§ 100g,
100h
StPO aufgrund eines gerichtlichen Beschlusses erhoben werden dürften,
geht die Mehrheit der Rechtsprechung inzwischen davon aus, dass es sich
bei bereits bekannten dynamischen IP-Adressen um Bestandsdaten handelt,
die ohne gerichtlichen Beschluss offenbart werden müssen (2).
|
(1)
Stefan
Krempl, Neue Schlappe für Abmahnanwalt der
Musikindustrie, Heise online 19.12.2007
(2)
LG
Köln,
Urteil vom 12.09.2007 -
28 O 339/07, JurPC
Bei den
vom Access-Provider gespeicherten Daten handelt es sich um Bestandsdaten,
die nicht den §§ 96 Abs. 2 und 100 Abs. 3 TKG unterfallen. Das
nachgelagerte Auskunftsersuchen der Ermittlungsbehörde, das die
dynamische IP-Adresse und den konkreten Zeitpunkt vorgibt und lediglich
die Namhaftmachung des bereits ausreichend individualisierten
Endgerätenutzers begehrt, zielt somit auf die Erhebung von Bestandsdaten
i.S.v. § 3 Nr. 3 TKG und berührt das Fernmeldegeheimnis damit nicht (mehr).
(Leitsatz)
Siehe auch
unzulässige
IP-Anfrage bei Bagatelldelikten. |
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neue Wörter |
Sprachdienste |
|
18.12.2007:
Täglich wird ein Wort in den deutschen Sprachschatz übernommen. Das ist
das Ergebnis einer Untersuchung von Internet-Seiten, die Professor
Quasthoff von der Uni Leipzig durchgeführt hat und deren
Ergebnisse in seinem Deutschen
Neologismenwörterbuch erscheinen. Das sind 2.220 neue Wörter aus den
Jahren 1995 bis 2006.
Informatiker legt Neologismen-Wörterbuch vor, 18.12.2007
|
|
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60 Jahre Transistoren |
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16.12.2007: Der Transistor
war der erste mikroelektronische Schalter und Verstärker, der die Röhre ablöste und damit die Miniaturisierung
der Elektronik einleitete. Die nächste Stufe der Zusammenfassung und
Verkleinerung elektronischer Bauteile bildeten die integrierten
Schaltkreise. Den höchsten Grad der Miniaturisierung dürften die
modernen Prozessoren erreicht haben, deren jüngste Generation (ab 2008)
bis zu 820 Millionen Transistoren in einem Bauteil zusammen fassen (
Prozessor-Kern).
Den sechzigsten Geburtstag des Transistor würdigt Detlef Borchers bei
.
|
Detlef
Borchers, Vor 60 Jahren: Der erste Transistor
funktioniert, Heise online 16.12.2007
Röhrenmuseum
Elektronenröhre
Integrierter Schaltkreis
Prozessor
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Onlinedurchsuchung wird verschoben. Ein Rückblick |
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16.12.2007:
Das Bundesinnenministerium - BMI -
will einen
neuen Entwurf für heimliche Online-Durchsuchungen erst nach dem Urteil
des Bundesverfassungsgerichts über das nordrhein-westfälische
Verfassungsschutzgesetz vorlegen. (1)
Gemeint ist die Neufassung des BKA-Gesetzes durch das Gesetz zur
Abwehr von Gefahren des internationalen Terrorismus (2), dessen Entwurf
vom 11.07.2007 der Chaos Computer Club ( ) im August 2007 veröffentlicht
hat (3). |
(1)
Schäuble schaltet bei Online-Razzien einen Gang zurück, Heise online
14.12.2007
SPD-Innenpolitiker kündigt Zustimmung zu Online-Durchsuchungen an,
Heise online 16.12.2007
(2)
Entwurf
eines Gesetzes zur Abwehr von Gefahren des internationalen Terrorismus
durch das Bundeskriminalamt, Stand: 11.07.2007 (3)
CCC
veröffentlicht umkämpften Gesetz-Entwurf zu Online-Durchsuchungen,
Heise online 31.08.2007 |
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Das Thema
Onlinedurchsuchung
hat neben der
Vorratsdatenhaltung die öffentliche Diskussion im Jahr 2007
beherrscht. Der Cyberfahnder widmete ihm einen größeren Beitrag (
Onlinedurchsuchung) sowie mehrere Kommentare und Meldungen.
Die teilweise hektische Diskussion in den letzten Monaten hat
gelegentlich aus dem Blick verloren, um was es geht. Der Cyberfahnder
hat deshalb unterschieden zwischen der "echten" Onlinedurchsuchung als
heimliche,
also verdeckte Maßnahme, und der offenen, also
"unheimlichen"
Durchsuchung
(1),
und darauf verwiesen, dass die heimliche Maßnahme nur als
Wohnraumüberwachung angesehen werden kann. Wegen des personellen
Einsatzes ist weiterhin zwischen einer automatischen Suche und einer
intellektuellen zu unterscheiden (
Selektion von Dateien). Aus den Bekanntmachungen des BMI und des BKA
war zu entnehmen, dass die dazu geplante und entwickelte Software beide
Suchmethoden miteinander verbinden soll (
Updates).
|
Im Ergebnis meint der Cyberfahnder,
dass die aktive Suche im Zusammenhang mit der Onlinedurchsuchung unter
den strengen Voraussetzungen der Wohnraumüberwachung
zulässig
ist (
§ 100c StPO). Wegen der
Mitschnitte,
also der Überwachung des "fließenden" Datenverkehrs (Onlinekommunikation,
Voice over IP) dürfte bereits die "normale" Überwachung der
Telekommunikation gemäß
§ 100a
StPO einschlägig sein.
Siehe auch:
Onlinedurchsuchung
Bürgeranwalt rettet Tagebücher
Onlinedurchsuchung
Kommentar:
Onlinedurchsuchung
BMI stellt
Bundestrojaner vor
juristische
Diskussion zur Onlinedurchsuchung
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Mit seinem
Beschluss vom 31.01.2007 - StB 18/06 - hat der
Bundesgerichtshof die fehlende Ermächtigungsgrundlage für die
Onlinedurchsuchung gerügt. Darüber hinaus ist beim
Bundesverfassungsgericht eine Verfassungsbeschwerde anhängig, die sich
gegen die Änderungen im Gesetz über den Verfassungsschutz in
Nordrhein-Westfalen richtet
(2).
Sicherlich ist es ratsam, die Entscheidung des BVerfG abzuwarten und
keine weiteren Gesetze in die Welt zu setzen, deren
verfassungsrechtliche Grundlage zweifelhaft ist. Dennoch bleibt die Frage, warum der Bundesgesetzgeber gerade das BKA-Gesetz
für die Einführung der Onlinedurchsuchung ausgewählt hat. Im Kern
handelt es sich dabei um Polizeirecht, also um das Recht der
Gefahrenabwehr. Selbst wenn die Maßnahme danach zulässig wäre, gebe es
erhebliche Zweifel, ob deren Ergebnisse auch im Strafverfahren verwertet
werden dürften, wenn dort eine entsprechende Eingriffsbefugnis fehlt. |
Grundsätzlich gilt, dass die
Erkenntnisse aus polizeirechtlichen Maßnahmen dann im Strafverfahren
verwertet werden dürfen, wenn sie nach Maßgabe des betreffenden
Polizeigesetzes zulässig erlangt wurden. Ob das BVerfG diesen Grundsatz
auch für die Onlinedurchsuchung zulassen wird, ist angesichts der
Eingriffstiefe und Besonderheit dieser Maßnahme fraglich. Die
Rechtsprechung und der Gesetzgeber gehen in jüngster Zeit vermehrt dazu
über, dass die Erkenntnisse, die nur unter besonderen
Zulässigkeitsvoraussetzungen erlangt wurden, in anderen Zusammenhängen
nur verwertet werden dürfen, wenn die Eingriffsmaßnahme auch dort
zulässig ist. Das verhindert zum Beispiel, dass Inhalte und Geodaten,
die im Zusammenhang mit einer Straftat aus der besonders schweren
Kriminalität erhoben wurden, auch zur Verfolgung der Kleinkriminalität
verwendet werden
(3).
Noch fragwürdiger ist die Verwertung von Erkenntnissen im
Strafverfahren, die nur aufgrund einer besonderen Eingriffsbefugnis für
den Verfassungsschutz erlangt wurden. Insoweit ist zu befürchten, dass
die ausstehende Entscheidung des BVerfG keine abschließende Klärung
bringen wird. |
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|
Fazit: Ob die
Onlinedurchsuchung wirklich hilfreich ist, wird sich erst in der Praxis
zeigen. Ich bleibe zunächst bei dem, was ich schon an
anderer
Stelle ausgeführt habe:
Die aktive Onlinedurchsuchung mit dem Ziel, gespeicherte Dokumente
online zu kopieren, ist ein Anwendungsfall des "großen Lauschangriffs"
gemäß
§
100c StPO. Sie ist der Bekämpfung der
besonders schweren
Kriminalität vorbehalten und hat auch hier einen Ausnahmecharakter. Sie
ist die
ultima ratio, die letzte verbleibende Möglichkeit.
|
Die Diskussion
um die Onlinedurchsuchung hat jedenfalls gezeigt, wie plakativ und
bisweilen kopflos öffentliche Debatten geführt werden. Als wenig hilfreich hat
sich dabei gezeigt, dass das BMI und das BKA immer wieder neue
Überlegungen, Varianten und Einzelheiten in die Diskussion einführten,
ohne klar zu sagen, was sie anstreben. Zuletzt hat sich der Bundesanwalt
Griesbaum auf der
Herbsttagung des BKA geäußert und die auch hier vertretene Meinung
verbreitet, dass die Überwachung der fließenden Kommunikation keine
Onlinedurchsuchung, sondern eine TKÜ-Maßnahme ist. Solche klaren Worte
habe ich lange vermisst.
Spätestens im Zusammenhang mit der ausstehenden Entscheidung des
BVerfG wird die Diskussion wieder aufblühen. Ich habe wenig Hoffnung
darauf, dass sie dann zielführender und sachlicher sein wird als im
ausgehenden Jahr 2007. |
 |
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(1)
Das Wortspiel "unheimlich" erfreut mich noch immer.
Zur rechtlichen Einschätzung des Cyberfahnders:
Strafprozessuale Maßnahmen. Großer Lauschangriff
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(2)
Verfassungsbeschwerde gegen Online-Durchsuchungen, Telepolis
26.02.2007
Verfassungsbeschwerde gegen NRW-Verfassungsschutzgesetz angekündigt,
Heise online 20.12.2006
Verfassungsbeschwerde gegen Online-Durchsuchungen in NRW eingelegt,
Heise online 09.02.2007
(3)
Siehe zum Beispiel
§ 100b
Abs. 5 StPO.
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 |
Steigerung des Downloads auch im Dezember zu erwarten |

Download-Prognose für Dezember 2007
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16.12.2007: In
der ersten Hälfte des Dezembers 2007 wurden bereits 7.099-mal die Seiten
des Cyberfahnders aufgerufen (November: 11.319 Seitenaufrufe) und ein
Downloadvolumen von 658.937 Kilobyte erreicht (= 0,63 Gigabyte;
November: 1,05 Gigabyte). Dabei wurden knapp 3.000 Sessions registriert,
bei denen sich die Besucher mit Hilfe der Navigation des Cyberfahnders
fort bewegt haben (November: 4.709). Dazu passen auch die 637 Aufrufe
der Seiten für die Hauptthemen (November: 890), die zu den Inhalten im
Einzelnen führen.
Im Verhältnis zueinander hat das Interesse an den thematischen Beiträgen
zugenommen (1.184 Seitenaufrufe wegen der zehn am häufigsten besuchten
Seiten; November: 1.051) und an den Meldungen nachgelassen (479
Seitenaufrufe; November: 950). Aber selbst diese Zahl zeigt prognostisch
eine leichte Steigerung.
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Im Verhältnis zueinander hat das Interesse an den thematischen Beiträgen
zugenommen (1.184 Seitenaufrufe wegen der zehn am häufigsten besuchten
Seiten; November: 1.051) und an den Meldungen nachgelassen (479
Seitenaufrufe; November: 950). Aber selbst diese Zahl zeigt prognostisch
eine leichte Steigerung.
Rund 1.500 Seitenaufrufe wurden von Google vermittelt (November:
1.980). Die interne Referenz stieg jedoch von 95 auf 96 Prozent (Aufruf
von Dateien beim Seitenaufbau einschließlich aller grafischen Elemente).
Überraschend stiegen die Abrufe des Beitrages über das
Skimming
seit dem 14.12.2007 (59) nochmals stark an (
Tabelle). Dieser Trend hielt selbst über das Wochenende an (75, 69)
und erreichte seinen Höhepunkt am 17.12.2007 (315). Bei Google ist der
Cyberfahnder jetzt auf Platz 4 mit dem
Suchwort
"Skimming".
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 |
Cyberfahnder |
|
© Dieter Kochheim,
11.03.2018 |