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Für die
Aufklärung von Straftaten sind die Durchsuchung und die
Beschlagnahme die richtigen Maßnahmen. Ihnen geht es um die Sicherung
von Beweismitteln. Helfen können Zeugen und Informanten ("ich habe
gesehen ..."), Vertrauenspersonen (Szenemitglieder, "der hat gesagt
...") und verdeckte Ermittler (Polizisten, "der hat gesagt ..."). Ein
strategisches Mittel für die Aufklärung begangener Straftaten ist die
Ausforschung der aktuellen digitalen Kommunikation hingegen eher selten.
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Dennoch kann die Onlinedurchsuchung eine wichtige Bedeutung für
retrograde Ermittlungen haben. Es gibt Täter und Tätergruppen, an die
sich die Ermittler nach und nach annähern müssen. Der klassische
Gesetzgeber hat dafür vor Allem die Beschlagnahme, die Postbeschlagnahme,
die Durchsuchung und die Telefonüberwachung zur Verfügung gestellt. Die
technischen Möglichkeiten der Täter, die eingangs dargelegt wurden,
machen weitere und neue Eingriffsmöglichkeiten erforderlich.
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Als "echte"
Onlinedurchsuchung dürfte die unbemerkte, also heimliche Korruktion und Penetration des PCs des
Verdächtigen anzusehen sein, um auf Betriebsinformationen und auf alle oder ausgewählte Daten auf dem PC zugreifen zu können.
Beispielgebend sind die Techniken der Täter, die Viren und Trojaner einsetzen. Ihre
Crimeware forscht private PCs aus und integriert sie in
Botnetze. Darüber hinaus müssen die Methoden bedacht werden, die für die moderne
Industriespionage zum Einsatz kommen (siehe
Angriffe
...). Insoweit kommen auch Hardware-Methoden (siehe
"harte"
physikalische Angriffspunkte) und unscheinbare Aufnahmegeräte in
Betracht (siehe
Kuckkuck).
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Die
Durchsuchung nach Maßgabe der Strafprozessordnung (
§§ 102,
103
StPO) ist eine harte Konfrontation des betroffenen Privatmenschen
mit der Obrigkeit. Sie ist "unheimlich" in dem Sinne, dass sie offen und
unverdeckt erfolgt. Dafür kennt sie auch Regularien wie das
grundsätzliche Verbot der Durchsuchung zur Nachtzeit (
§ 104 StPO), das Anwesenheitsrecht des Durchsuchungsbetroffenen und
die Eröffnung des Durchsuchungszwecks (
§ 106 Abs. 1, 2 StPO), die Bescheinigungspflicht ( §
107 StPO) und die Anwesenheit von zwei Gemeindemitgliedern oder einem
-beamten (
§ 105 Abs. 2 StPO).
Die Onlinedurchsuchung wird hingegen durchgängig als heimliche
Maßnahme beschrieben. Die Grundsätze der klassischen Durchsuchung können
für sie jedenfalls dann nicht gelten, wenn sie sich im Stillen gegen den
Dateninhaber richtet.
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Für
heimliche Ermittlungen besteht kein prinzipielles Verbot, das ergibt
sich nicht zuletzt daraus, dass im Einzelfall das rechtliche Gehör
ausgeschlossen ist (
§ 33 Abs. 4 StPO) und das Bundesverfassungsgericht die
Telefonüberwachung (
§ 100a StPO), die Wohnraumüberwachung (
§ 100c StPO) und den IMSI-Catcher (
§ 100i StPO) grundsätzlich als verfassungsgerecht anerkannt hat.
Darüber hinaus gehend hat das Bundesverfassungsgericht zuletzt im
Zusammenhang mit seinem Urteil zum großen Lauschangriff festgestellt,
dass auch Täuschungen nicht grundsätzlich von Verfassungs wegen
ausgeschlossen sind (
Urteil vom 03.03.2004 - 1 BvR 2378/98, 1 BvR 1084/99, Rn 156).
Für fast alle heimlichen Ermittlungsmaßnahmen hat der Gesetzgeber
jedoch als Nachbildung der Bescheinigungspflicht im Zusammenhang mit
der Durchsuchung ( §
107 StPO) eine Bestätigungspflicht im Zusammenhang mit der
Beschlagnahme (
§ 98 Abs. 2 StPO), eine Mitteilungspflicht wegen technischer
Maßnahmen (
§ 101 StPO) und wegen der akustischen Wohnraumüberwachung daneben
sogar eine Berichtspflicht eingeführt (
§ 100d Abs. 8 bis 10 StPO).
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In dieses System passt die Onlinedurchsuchung nicht hinein, wenn sie als
heimliche Durchsuchung nach Maßgabe der Vorschriften über die "klassische"
Durchsuchung angeordnet und durchgeführt werden soll.
Bei genauer Betrachtung zeigt sich jedoch, dass alle
Ermittlungsmaßnahmen, die im Zusammenhang mit der Online-Durchsuchung
angesprochen werden, in der Strafprozessordnung geregelt sind.
Allerdings handelt es sich bei ihnen in den meisten Fällen um eine
Wohnraumüberwachung nach Maßgabe von
§ 100c StPO, die der
besonders schweren Kriminalität und nur den Fällen vorbehalten ist,
in denen andere Ermittlungsmethoden scheitern oder keinen Erfolg
versprechen.
Für die nähere Betrachtung und rechtliche Einordnung schauen wir uns
die Orte genauer an, die für den Zugriff auf Daten in Betracht kommen.
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