Hostprovider mit Datenspeichern |
Wegen der Mailboxen und der persönlichen Datenspeicher bei Webdiensten
kann sich ein direkter Zugriff beim Hostprovider anbieten. Hierbei wird
keine laufende Kommunikation "mitgehört", sondern werden nur die Daten
aufgezeichnet, die unter der Hoheit des Anwenders und mit seinem Wissen dauerhaft gespeichert sind.
Wegen der im Netz
abgelegten Dokumente der Zielperson kommt vorrangig eine "einfache"
körperliche Beschlagnahme nach den
§§
94,
98
StPO in Betracht. Sie richtet sich gegen den Hostprovider als "Dritter"
im Sinne von
§
103 StPO, weil auf seinen Speichermedien die Daten des Kunden eine
physikalische Verkörperung erfahren haben. Die Beschlagnahme richtet
sich gegen diese Speichermedien beim Hostprovider. Gibt er eine Kopie
davon heraus, handelt es sich um ein Surrogat zur Abwendung der sonst
erforderlichen Sicherstellung, die seinen Geschäftsbetrieb erheblich
beeinträchtigen würde.
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In
Bezug auf die Mailboxen vertritt der überwiegende Teil der juristischen
Meinungen die Auffassung, es läge kein Fall der Beschlagnahme
physikalisch manifestierter Daten vor (
§ 94 StPO). Ihre Vertreter verweisen überwiegend auf die
Postbeschlagnahme gemäß
§ 99
StPO, in deren Zusammenhang der komplette Übertragungsweg vom
öffentlichen (gelben) Briefkasten bis zum Hausbriefkasten des Empfängers
unter einen besonderen Schutz gestellt ist. Die meisten Vertreter dieser
Meinung wollen deshalb auf die Überwachung des E-Mail-Verkehrs beim
Hostprovider der Mailbox die strengen Anforderungen des
§ 100a StPO
angewendet wissen. Sie betrachten den Hostprovider wie ein klassisches
Postlager, wobei der Übermittlungsweg für die postalische Nachricht erst
abgeschlossen ist, wenn der Empfänger sie abholt.
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Diese restriktive Argumentation passt spätestens dann nicht, wenn Kopien
einer E-Mail selbst dann beim Hostprovider verbleiben, nachdem der
Empfänger sie auf seinen PC übertragen hat. Wegen dieser E-Mails ist der
Übertragungsvorgang abgeschlossen und wird beim Hostprovider nur eine
Kopie verwahrt, die wie eine fotomechanische (körperliche) Ablichtung
oder Abschrift zu behandeln ist, also als beschlagnahmefähiger
Gegenstand.
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Sie passt
noch weniger auf das Verfahren, bei dem der Empfänger seine ein- und
abgehenden Nachrichten online verwaltet. Hierbei ist der "Hausbriefkasten"
die Mailbox beim Hostprovider selber. Beim Hostprovider werden sie
körperlich gespeichert, so dass sie wie Schriftstücke im Sinne von
§
110 StPO und damit als Beweisstücke im Sinne von
§ 94
Abs. 1 StPO und nicht als "fließende" Kommunikation gemäß
§
100a StPO zu behandeln sind. |
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Neu
und unbeachtet ist das Problem, wie auf die zentral verwalteten
Dokumente zugegriffen werden soll, die gemeinschaftlich in Workgroups
erstellt werden.
Dabei bietet sich dieselbe Lösung an wie wegen der Webdienste: Der
Betreiber des Servers für die
Groupware, das
Dokumentenmanagementsystem - DMS, das
Content Management System - CMS - oder des
SharePoint Servers verwaltet alle Daten der Arbeitsgruppe und
verkörpert sie physikalisch, indem er sie auf Massenspeichern sichert.
Die Massenspeicher sind Beweisgegenstände im Sinne von
§ 94
Abs. 1 StPO und können deshalb auch beim Server-Betreiber
sichergestellt (ohne hoheitliche Gewalt) oder beschlagnahmt werden (mit
Zwang). Gibt er das Surrogat heraus, so dient das der Abwendung einer
sonst erforderlichen Beschlagnahme.
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Schwieriger ist die Situation, wenn das Groupware Management mit einem
Filesharing verbunden wird, wobei keine
zentrale Instanz die Datenhaltung und -sicherung übernimmt, sondern
dezentral organisiert ist.
In einem solchen System müssen die Daten zusammen gesammelt und von
den verteilten Speicherorten abgerufen werden. Das geht nur, wenn der "Sammler"
sich als Berechtigter ausgibt.
Das spricht dafür, dass es sich um eine verdeckte Ermittlung handelt,
die jedenfalls im Bereich der besonders schweren Kriminalität und
ausnahmsweise bei der mittleren Kriminalität zulässig ist (Anlage D zu
den Richtlinien für das Straf- und Bußgeldverfahren - RiStBV).
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