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Auskünfte, Aussagen, Beweismittel
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allgemeine Ermittlungsbefugnisse
Personenbeweis
  Exkurs: Auswahl von Sachverständigen
Auskunftsverweigerungsrechte
  Angehörige
  beratende Tätigkeiten
  Entbindung ...
  Amtsverschwiegenheit
  Amtshife
  Bankgeheimnis
Exkurs: Wahrheit
Vorbereitung auf die Aussage
Ungehorsamsfolgen
Auskunftsersuchen
  Bestandsdaten (IP-Adressen)
  Verkehrs- und Inhaltsdaten
Sachbeweis
  Beschlagnahmeverbote
Schriftstücke
Kontoverdichtung
 

 
Anmerkungen
  Beschuldigter
  Buchführung beim Steuerberater
  disponibler Auskunftsschutz
  Gefahr im Verzug (ausgelagert)
  GVU
  Herausgabeverlangen
  Sicherstellung, Beschlagnahme

Cyberfahnder, Auskünfte, Aussagen, Beweismittel, Dieter Kochheim 02.07.2007 (8 S., 159 KB)
 

 
Welche Ermittlungsbefugnisse haben die Strafverfolgungsbehörden und welche Maßnahmen können sie zu ihrer Durchsetzung durchführen, anordnen oder einleiten?

Der Beitrag führt in die allgemeinen Grundlagen des Ermittlungsrechts ein und behandelt besonders die Fragen zur Zeugenvernehmung, zu Beweis- und Zwangsmitteln sowie deren Grenzen (Auskunftsverweigerung, Beschlagnahmeverbote)
 

zurück zum Verweis zur nächsten Überschrift nach oben Allgemeine Ermittlungsbefugnisse Personenbeweis
 

 
Gemäß § 161 Abs. 1 StPO ist die Staatsanwaltschaft befugt,

von allen Behörden Auskünfte zu verlangen und

Ermittlungen jeder Art vorzunehmen
oder die Polizei damit zu beauftragen.

Ermittlungshandlungen, die tiefer in die grundrechtlich geschützten Bereiche der Bürger eingreifen, werden dabei besonderen Anforderungen unterworfen (Voraussetzungen, Verfahren, Förmlichkeiten) und vielfach einem Richtervorbehalt unterstellt.

Wegen der verschiedenen Beweismittel unterscheidet die StPO grundsätzlich zwischen dem Personenbeweis (Zeugen, Sachverständige, sachverständige Zeugen) und dem Sachbeweis (körperliche Beweisstücke, Schriften, Augenscheinsgegenstände und Urkunden).
 

 
Wegen des Personenbeweises unterscheidet das Gesetz zwischen Zeugen (§§ 48 ff. StPO) und Sachverständigen (§§ 72 ff. StPO). Während der Zeuge nur über seine sinnlichen Erfahrungen und Erinnerungen Auskunft geben kann, obliegt dem Sachverständigen die fachkundige Bewertung von Sachverhalten, wozu er auch damit beauftragt werden kann, seinerseits Sachverhalte zu erheben (z.B. durch medizinische Versuchsreihen). Die Verfahrensvorschriften sind für beide fast gleich und regeln besonders die Eidesleistung (§§ 59 ff., 79 StPO) und die Struktur der Vernehmung ( § 68, 69 StPO). Neueren Datums sind die Zulassung der Aufzeichnung auf Bild-Ton-Träger ( § 58a StPO), die Abwehr entehrender Fragen ( § 68a StPO) und die Beiordnung eines Rechtsanwalts ( § 68b StPO).
 

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§ 73 Abs. 2 StPO gibt eine Priorität für die Auswahl von Sachverständigen vor, die für die Gerichte bindend und für die Strafverfolgungsbehörden im übrigen leitend ist:

  1. verbeamtete Sachverständige (Hochschullehrer, Ärzte, Fachbeamte der Polizei)
     
  2. öffentlich bestellte Sachverständige von den Industrie- und Handelskammern, allgemein vereidigte Dolmetscher
     
  3. "normale" Sachverständige mit besonderer Fachkunde
     
  4. "befangene" Sachverständige, die entweder in der Sache selber betroffen oder bei einem "betroffenen" Interessenverband beschäftigt sind

Diese Reihenfolge schließt "befangene" Sachverständige nicht vollständig aus, verlangt aber nach einer Begründung, warum Sachverständige aus einer der ersten drei Gruppen nicht zur Verfügung stehen und sie besonders geeignet sind.
 

 
Dies gilt besonders für die Mitarbeiter der Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverstößen - GVU, die im Rahmen ihres Anstellungsvertrages den Zielen der Gesellschaft verpflichtet sind und deshalb deren Mitgliedern gerichtsverwertbare Beweise im Zusammenhang mit Urheberrechtsverstößen verschaffen und übergeben müssen .

Andererseits wird ein "befangener" Goldschmied am besten selber die von ihm gefertigten und später gestohlenen Schmuckstücke identifizieren können als ein anderer.

Im Einzelfall sollten Sachverständige aus der Gruppe der befangenen Sachverständigen besonders belehrt und frühzeitig darauf hingewiesen werden, dass sie sich wegen Meineids ( § 154 StGB), wegen einer falschen uneidlichen Aussage ( § 153 StGB) und wegen Strafvereitelung ( § 258 StGB) strafbar machen können, wenn sie falsche Auskünfte erteilen, oder wegen verbotener Mitteilungen über Gerichtsverhandlungen ( § 353d Nr. 3. StGB), wenn sie Geheimnisse aus dem Verfahren offenbaren, bevor ihnen oder ihrem Arbeitgeber Akteneinsicht gewährt wurde oder sie in öffentlicher Verhandlung erörtert wurden.
  

zurück zum Verweis zur nächsten Überschrift nach oben Auskunftsverweigerungsrechte Angehörige
 

 
Besondere Förmlichkeiten widmet die Strafprozessordnung der Vernehmung des Beschuldigten. Die Ermittlungsbehörden und Gerichte müssen ihm eröffnen, welche Tat ihm zur Last gelegt wird und welche Strafvorschriften in Betracht kommen ( § 136 StPO). Er ist umfassend zu belehren (Auskunftsfreiheit, Beauftragung eines Verteidigers, Beweisanträge) und es steht ihm vor allem frei, sich zu äußern . Diese Beschuldigtenrechte werden in § 136a StPO mit dem Verbot von Vernehmungsmethoden ergänzt, die die Willensfreiheit des Beschuldigten beeinträchtigen können.

Der Grundgedanke, dass niemand sich selber oder einen nahen Angehörigen wegen einer Straftat belasten muss, findet sich auch in § 55 StPO wieder, mit dem das Auskunftsverweigerungsrecht auf Zeugen erweitert wird.
 

 
Eine zentrale Rolle gebührt den Auskunftsverweigerungsrechten der Angehörigen ( § 52 StPO) und für Berufe mit einer besonderen Vertrauenstellung ( § 53 StPO) einschließlich ihrer Mitarbeiter (Berufshelfer, § 53a StPO).

Mit dem Auskunftsverweigerungsrecht der Angehörigen schützt das Gesetz den Zusammenhalt und die Freiheit der Familie. Es gibt dem Verwandten, dem Ehepartner, dem Verlobten und deren nächsten Angehörigen das eigene, persönliche Recht, keine Angaben über den Beschuldigten machen zu müssen. Entscheidet sich der Angehörige dazu, auszusagen, müssen seine Angaben wahrheitsgemäß sein.
 

zurück zum Verweis zur nächsten Überschrift nach oben beratende Tätigkeiten Entbindung von der Schweigepflicht
 

 
§ 53 StPO nennt an erster Stelle die Seelsorger, gefolgt von Verteidigern und berufsständischen Beratern (Ärzte, Rechtsanwälte, Steuerberater u.a.), besonderen Beratungsstellen, Parlamentariern und schließlich die Presse und andere Medien.

Die privilegierten Tätigkeiten fasst das Gesetz in drei Gruppen:

Ein absoluter Auskunftsschutz gilt für die Seelsorger und Parlamentarier. Das Gesetz überlässt es der nicht überprüfbaren Selbstverantwortung des Privilegierten, auszusagen oder nicht.

Ein disponibler Auskunftsschutz gilt für die berufsständischen Berater. Insoweit obliegt dem Beschuldigten die Entscheidung, ob sie aussagen dürfen oder nicht. Werden sie von ihrer Schweigepflicht entbunden, müssen sie wahrheitsgemäß aussagen .

Ein materiell beschränkter Auskunftsschutz gilt schließlich für die Presse und journalistischen Medien. Insoweit bestimmt § 53 Abs. 2 S. 2 StPO eine Reihe schwerwiegender Straftaten, bei deren Vorliegen das Auskunftsverweigerungsrecht suspendiert ist.
 

 
Mit den Auskunftsverweigerungsrechten für Berater sollen die besonderen Vertrauensverhältnisse zwischen Arzt und Patient sowie dem Mandanten und den übrigen Beratern im Interesse des Hilfesuchenden geschützt werden. Ein hervorgehobener Schutz des Beraters selber ist damit nicht verbunden (jedenfalls nicht im Bereich des disponiblen Auskunftsschutzes).

Diesen Grundsätzen konsequent folgend hebt § 53 Abs. 2 S. 1 StPO das Auskunftsverweigerungsrecht auf, wenn der Beschuldigte den Berater von seiner Schweigepflicht entbindet. Daraus folgt, dass auch die Beschlagnahmeverbote ( § 97 StPO), die im Zusammenhang mit den Sachbeweismitteln erörtert werden, aufgehoben sind, wenn eine Schweigepflichtsentbindung vorliegt.

Die Erklärung des Beschuldigten über die Entbindung von der Schweigepflicht kann auf bestimmte Vorgänge oder Zeiträume beschränkt werden. Betrifft der Vorgang das Schutzverhältnis zu mehreren Personen, müssen sie alle der Entbindung zustimmen (z.B. bei Eheleuten wegen der gemeinsamen Steuererklärung).

Widerruft der Beschuldigte die Entbindung, so lebt die Schweigepflicht für die Zukunft wieder auf. Aussagen und sichergestellte Beweismittel aus der Zwischenzeit bleiben für das Gericht verwertbar.
 

zurück zum Verweis zur nächsten Überschrift nach oben Amtsverschwiegenheit Amtshilfe
 

 
Richter und Beamte bedürfen einer ausdrücklichen Aussagegenehmigung, wenn sie über ihre dienstlichen Kenntnisse als Zeuge aussagen sollen ( § 54 Abs. 1 StPO). Die Genehmigung kann unter den in § 96 StPO genannten Voraussetzungen beschränkt oder verweigert werden, wobei diese Vorschrift besonders Akten und andere amtliche Schriftstücke in Behörden betrifft. Solche Sperrerklärungen können der Beschuldigte und der Nebenbeteiligte (z.B. der Nebenkläger, § 395 StPO), nicht aber die Staatsanwaltschaft oder das Gericht im Verwaltungsrechtsweg anfechten.
 

 
Für den Verkehr zwischen den Strafverfolgungs- und anderen Behörden gilt das Gebot zur Amtshilfe gemäß Art. 35 Abs. 1 Grundgesetz - GG. Die Auskunftserteilung kann in Ausnahmefällen verweigert werden, wenn zum Beispiel das Steuer- oder das Sozialgeheimnis betroffen ist (siehe aber die Öffnungsklauseln in § 30 Abs. 4 Nr. 4, 5 Abgabenordnung - AO - und § 35 Sozialgesetzbuch I - SGB I - in Verbindung mit §§ 67 ff. SGB X, dort besonders § 68 SGB X).

Neben dem besonderen Verfahren aus § 96 StPO erkennt es die Rechtsprechung an, dass auch Behörden durchsucht werden dürfen, etwa dann, wenn ein Auskunftsersuchen nach § 161 Abs. 1 StPO erfolglos blieb oder wegen der Besonderheiten im Einzelfall zu befürchten ist, dass ein aktenführender Mitarbeiter Beteiligter oder Nebentäter einer Straftat ist.
 

zurück zum Verweis zur nächsten Überschrift nach oben Bankgeheimnis Exkurs: Wahrheit
 

 
Es gibt kein strafprozessuales Bankgeheimnis.

Ein besonderes Auskunftsverweigerungsrecht für das Kreditwesen ergibt sich aus § 30a AO (aber sehr zurückhaltend!) und allgemein gehalten in der Zivilprozessordnung ( § 384 Nr. 3 ZPO).

Diese Bestimmungen entfalten aber keine Fernwirkung, weil die Aufzählung in § 53 StPO abschließend und die Strafprozessordnung in Bezug auf das Ermittlungs- und Strafverfahren das speziellere Gesetz ist.
 

 
Zweifel an der Glaubwürdigkeit einer Person bestehen besonders dann, wenn sie bereits wegen einer Falschaussage oder eines Meineids rechtskräftig veurteilt ist. Andere Indizien können andere nachgewiesene Lügen, widersprüchliche oder sinnlos wechselnde Einlassungen oder ein offen zutage tretendes, unreflektiertes Eigeninteresse sein.

Die Glaubhaftigkeit einer Aussage orientiert sich hingegen an ihrer inneren Struktur, ihrem Einklang mit der Lebenserfahrung und ihrer Lückenlosigkeit (Stringenz).

Juristen können sicherlich keine Psychologen mit dem Schwerpunkt "Aussageverhalten" sein, müssen sich aber genau damit im Rahmen ihrer Möglichkeiten und Erfahrungen auseinander setzen.
 

zurück zum Verweis zur nächsten Überschrift nach oben Vorbereitung auf die Aussage
 

 
In der Praxis äußerst umstritten ist die Frage, ob sich der Zeuge auf seine Vernehmung vorbereiten muss.

Dazu wird er in aller Regel allein schon deshalb nicht in der Lage sein, weil ihm mit der Ladung zum Vernehmungstermin keine oder nur sehr spärliche Hinweise gegeben werden, zu welchem Thema er aussagen soll.

Der Zeuge muss wahrheitsgemäß aussagen und die Wahrheit kann darin liegen, dass er sich nicht erinnert.

Im übrigen gilt: Es ist im Interesse einer umfassenden und wahrheitsgemäßen Sachaufklärung erfreulich, wenn sich der Zeuge auf seine Aussage vorbereitet und sich Schriftverkehr und Aufzeichnungen in Erinnerung ruft. Eine sanktionierte Pflicht dazu gibt es hingegen nicht. Er muss zu seiner Vernehmung (vor dem Staatsanwalt und dem Gericht) erscheinen, muss sich darauf aber nicht inhaltlich vorbereiten.
 

 
Etwas anderes gilt allenfalls für den Sachverständigen. Ihm kann die Einsichtnahme in die Akten (einschließlich der Beweisstücke [ § 147 Abs. 2, Abs. 4 StPO]) und die selbständige Vernehmung von Personen gestattet werden ( § 80 StPO). Sein Gutachten muss er dann "nach bestem Wissen und Gewissen" erstatten ( § 79 Abs. 2 StPO), so dass er in der Tat auch eine Nachforschungs- und Vergewisserungspflicht hat, die dem Zeugen fehlt.
 

zurück zum Verweis zur nächsten Überschrift nach oben Ungehorsamsfolgen Auskunftsersuchen
 


Erscheint der ordnungsgemäß geladene Zeuge unentschuldigt nicht vor dem Richter, werden ihm die durch das Ausbleiben entstandenen Kosten auferlegt ( § 51 Abs. 1 StPO). Daneben kann das Gericht weitere Ungehorsamsfolgen anordnen ( § 51 Abs. 1 StPO):

Ordnungsgeld
ersatzweise Ordnungshaft
zwangsweise Vorführung (s.a. § 135 StPO)

Verweigert er die Aussage ohne berechtigten Grund, kann gegen ihn außerdem

Beugehaft

bis 6 Monate Dauer angeordnet werden ( § 70 Abs. 2 StPO).

Ordnungsgeld und Ordnungshaft können auch gegen "ungehorsame" Sachverständige angeordnet werden ( § 77 StPO).
  

 
Zeugen und Sachverständige müssen auch vor dem Staatsanwalt erscheinen ( § 161a Abs. 1 StPO). Im Fall ihres Ungehorsams können dieselben Ordnungsmittel angeordnet werden wie bei der gerichtlichen Einvernahme ( § 161a Abs. 2 StPO), wobei die Festsetzung der Ordnungs- und der Beugehaft (auf Antrag der StA) dem Richter vorbehalten ist.

Im vorbereitenden Verfahren gilt das Unmittelbarkeitsprinzip für den Personenbeweis nicht ( § 250 StPO), so dass hier nach einhelliger Meinung in Rechtsprechung und Literatur auch eine schriftliche Zeugenaussage zulässig ist. Weigert sich der Zeuge oder Sachverständige trotz ausdrücklicher Belehrung, sich auf das staatsanwaltschaftliche Auskunftsersuchen zu äußern, führt das zu denselben Ungehorsamsfolgen, als wenn er sein Gutachten verspätet erstellt oder auf eine förmliche Ladung nicht erscheint.
 

zurück zum Verweis zur nächsten Überschrift nach oben Bestandsdaten (IP-Adressen)  


Ein besonderes Auskunftsrecht gibt § 113 Telekommunikationsgesetz - TKG - in Hinblick auf die Bestandsdaten der Telekommunikation und damit letztendlich auch wegen der Nutzung des Internets. Dies sind nach der Begriffsbestimmung in § 3 Nr. 3 TKG die Daten eines Teilnehmers, die für die Begründung, inhaltliche Ausgestaltung, Änderung oder Beendigung eines Vertragsverhältnisses über Telekommunikationsdienste erhoben werden.

Die wegen der Internetkommunikation verwendeten IP-Adressen (Internetprotokoll) werden unterschieden nach statischen und dynamischen Adressen. Statische IP-Adressen werden den Nutzern verbindlich und unveränderlich zugewiesen. Sie sind kontinuierlich unter dieser Adresse präsent. Diese Adressen werden einhellig zu den Bestandsdaten gezählt.
 


Dynamische IP-Adressen werden dem Anwender von seinem Zugangsprovider nach Bedarf und Verfügbarkeit zugewiesen. Sie wechseln bei jeder neuen Verbindungsaufnahme und womöglich auch während eines Session, wenn der Anwender mehrere Aktionen gleichzeitig ausführt oder auf einer Internetseite vorübergehend verharrt. Überwiegend wird jetzt die Meinung vertreten, dass dynamische IP-Adressen Bestandsdaten sind und demzufolge nach § 113 TKG abgefragt werden können ( -Unfug).

Kontodaten, besondere Abreden und andere Auffälligkeiten im Zusammenhang mit der Vertragsgestaltung können den engen Rahmen sprengen, den das TKG wegen der Bestandsdaten definiert, so dass es sich in der Praxis empfiehlt, die Abfrage der Bestandsdaten mit einem staatsanwaltschaftlichen Auskunftsersuchen nach § 161a Abs. 1 StPO zu kombinieren.
 

zurück zum Verweis zur nächsten Überschrift nach oben Verkehrs- und Inhaltsdaten
 

 
Die Verkehrsdaten (früher: Verbindungsdaten) sind nach der Definition in § 3 Nr. 30 TKG die Daten, die bei der Erbringung eines Telekommunikationsdienstes erhoben, verarbeitet oder genutzt werden, die also im Zusammenhang mit der elektronischen Kommunikation anfallen. Sie umfassen auch die sogenannten Geodaten, die eine grobe Positionsbestimmung aktiver Mobiltelefone ermöglicht.

Wegen dieser Daten besteht ein rückwirkender Auskunftsanspruch und ein in die Zukunft gerichteter Protokollierungsanspruch gemäß § 100g StPO, der allerdings mehreren Beschränkungen unterworfen ist:

Die Ermittlungen müssen sich auf besonders schwerwiegende Vorwürfe beziehen, die in dem Straftatenkatalog der Vorschrift abschließend aufgeführt sind
 

 
Ausnahme: Die Straftat wurde mit einem Endgerät ausgeführt, wobei es sich um jedes Telefon oder jeden internetfähigen Computer handeln kann

Die Anordnung unterliegt grundsätzlich dem Richtervorbehalt ( § 100g StPO)

Die Überwachung der Telekommunikation gemäß § 100a StPO richtet sich gegen die übermittelten Inhalte und unterliegt einem strikten Straftatenkatalog, der der Vorschrift voran gestellt ist. Die durch die Überwachungsmaßnahme gewonnenen Erkenntnisse dürfen nur für andere Tatvorwürfe verwendet werden, wenn auch sie in dem Straftatenkatalog aufgeführt sind .
 

zurück zum Verweis zur nächsten Überschrift nach oben Sachbeweis Beschlagnahmeverbote
 

 
"Gegenstände, die als Beweismittel für die Untersuchung von Bedeutung sein können, sind in Verwahrung zu nehmen", ist die schlichte Aussage von § 94 Abs. 1 StPO. Sie werden beschlagnahmt, wenn sie nicht freiwillig herausgegeben werden ( § 94 Abs. 2 StPO). Die Anordnung trifft der Richter ( § 98 Abs. 1 StPO), wenn nicht ausnahmsweise  "Gefahr im Verzug" besteht.

Lange Zeit war strittig, ob das in § 95 Abs. 1 StPO beschriebene Herausgabeverlangen die dort in Absatz 2 bestimmten Ungehorsamsfolgen auslösen kann, wenn es von der Staatsanwaltschaft oder von der Polizei stammt. Nach einem allmählichen Wandel der Rechtspechung vor zehn Jahren ist es jetzt die herrschende Meinung, dass die Weigerung ausreicht, auf ein Verlangen der Ermittlungsbehörden Beweisstücke herauszugeben, um eine gerichtliche Anordnung nach § 95 Abs. 2 StPO zu treffen .

Das wichtigste Instrument, um an Beweisstücke zu gelangen, ist die Durchsuchung bei dem Verdächtigen ( § 102 StPO) oder dem unverdächtigen Dritten ( § 103 StPO). Die Entscheidung darüber obliegt grundsätzlich dem Richter ( § 105 StPO). Die Einzelheiten und Förmlichkeiten werden an anderer Stelle beschrieben (in Teilen überholt: Dieter Kochheim, Durchsuchung und Beschlagnahme. Verfahrensrecht des Ermittlungsverfahrens, Cyberfahnder 18.05.2003 [128 S., 1,5 MB]).
 

 
Die Beschlagnahmeverbote in § 97 Abs. 1 StPO knüpfen an die Auskunftsverweigerungsrechte in den §§ 52 und 53 StPO an. Sie werden begleitet von einer Reihe von Ausnahmen (Abs. 2 bis 5), die eigene Tatbeteiligungen der Privilegierten und besondere Fallgruppen betreffen.

Von wesentlicher Bedeutung sind die Abstufungen, die Abs. 1 unternimmt. Im Verhältnis zu den Angehörigen sind nur die schriftlichen Mitteilungen zwischen ihnen und dem Beschuldigten geschützt (Nr. 1). Im Verhältnis zu den berufsständischen Beratern sind darüber hinaus auch deren Aufzeichnungen und "ärztlichen Untersuchungsbefunde" vom Beschlagnahmeverbot umfasst (Nr. 2, Nr. 3).

Im Hinblick auf die Verteidigerpost hat die Rechtsprechung abweichend vom Gesetzeswortlaut und beruhend auf dem besonderen Schutz des Verhältnisses zwischen Beschuldigtem und seinem Verteidiger ( § 148 StPO) und dem Grundsatz der Waffengleichheit anerkannt, dass sie auch im Gewahrsam des Beschuldigten beschlagnahmefrei ist.

Die Beschlagnahmeverbote greifen bei den berufsständischen Beratern nur, wenn sie im Kernbereich ihrer Tätigkeit handeln. Eine besondere praktische Bedeutung hat diese Einschränkung bei den Buchführungsunterlagen von Firmen, die sich beim Steuerberater befinden .

zurück zum Verweis zur nächsten Überschrift nach oben Schriftstücke Kontoverdichtung
 

 
Die Sichtung von Schriftstücken ( § 110 StPO, Einzelheiten) ist eine Ausführungsvorschrift für die Durchsuchung. Nach seiner Neufassung 2005 lässt der Paragraph die Durchsicht von Schriftstücken auch gegen den Willen des Betroffenen zu, wenn der Staatsanwalt im Einzelfall die Polizei anweist, die Sichtung durchzuführen. Es geht dabei darum, aus einer Vielzahl von Briefen und Aufzeichnungen diejenigen auszuwählen, die als Beweisstücke in Betracht kommen. "Schriftstücke" sind insoweit auch Abbildungen (Fotos) und elektronische Dokumente, wenn sie einen individuellen Inhalt präsentieren. Damit grenzen sie sich von den Druckwerken ab, bei denen es sich um Massenprodukte handelt, die noch nie von den Einschränkungen des § 110 StPO betroffen waren.

Sobald ein Schriftstück (freiwillig herausgegeben und) sichergestellt oder förmlich beschlagnahmt worden ist, hat die Vorschrift keine Bedeutung mehr. Wenn aus anderen Gründen kein Verwertungsverbot besteht (z.B. wegen fehlender Genehmigung im Wege der Rechtshilfe) stehen alle Beweisstücke uneingeschränkt für die Ermittlungsarbeit seitens der Polizei oder der Staatsanwaltschaft zur Verfügung. Das gilt sogar für urheberrechtlich geschützte Werke und Computerprogramme, deren Verwendung in behördlichen und gerichtlichen Verfahren ausdrücklich zugelassen ist ( § 45 Urhebergesetz - UrhG).
 

 
Die Kontoverdichtung ist eine Zusammenstellung der Bank über Soll- und Habenbuchungen eines Kunden nach Maßgabe der Vorgaben der Staatsanwaltschaft (nur bestimmte Beträge in einer bestimmten Größenordnung, während eines bestimmten Zeitraums oder mit einer bestimmten Herkunft). Sie ist - wenn sie nicht vollständig die Kontoauszüge wieder gibt, die die Bank ihrem Kunden im Wege der Kontokorrentabrede erstellen muss - eine intellektuelle Leistung ihrer Mitarbeiter. Auch wenn das Ergebnis ein körperlicher Gegenstand ist, so beruht er jedoch auf den körperlichen Buchführungsunterlagen der Bank und auf einer Leistung ihrer Mitarbeiter, deren Ergebnis sonst nur im Wege des Personenbeweise erhoben werden kann.

Eine solche Editionspflicht gibt es für Zeugen ebenso wenig wie sie zu einer Vorbereitung ihrer Zeugenaussage gezwungen werden können. Wenn man sie nicht zu Sachverständigen bestellt, so kann die Aufforderung der Staatsanwaltschaft, eine Kontoverdichtung zu erstellen, nur als die freiwillige Abwendung verstanden werden, anstelle einer sonst drohenden Durchsuchung und Beschlagnahme die geforderte Kontoübersicht zu erstellen. Die dazu geleisteten Aufwendungen werden nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz - JVEG - erstattet, das 2004 das frühere Zeugen- und Sachverständigen-Entschädigungsgesetz - ZSEG - abgelöst hat.
 

zurück zum Verweis zur nächsten Überschrift nach oben Anmerkungen
 

 
Sachverständige, GVU:
Meine ständige Mahnung zum zurückhaltenden Einsatz von Durchsuchungshelfern und Sachverständigen von der GVU findet sich jetzt auch vereinzelt in der Rechtsprechung wieder: Landgericht Kiel, Beschluss vom 14.08.2006 - 37 Qs 54/06, Staatsanwaltschaft darf GVU nicht bei Urheberrechtsermittlungen beiziehen, heise online 31.10.2006.

Beschuldigtenrechte:
Der Erklärungsschutz ( rechtliches Gehör) setzt sich fort bis hin zu den Frage- und Erklärungsrechten in der gerichtlichen Hauptverhandlung (zum Beispiel §§ 243 (besonders Abs. 4), 244, 257 StPO). Eine Ausnahme macht nur § 33 Abs. 4 StPO wegen solcher gerichtlichen Anordnungen, deren Erfolg gefährdet wäre, wenn dem Betroffenen zuvor Gehör gewährt würde (Untersuchungshaft, Beschlagnahme und andere Maßnahmen). Dasselbe gilt für die Akteneinsicht des Verteidigers, die von der Staatsanwaltschaft während der noch laufenden Ermittlungen beschränkt werden kann ( § 147 Abs. 2 StPO).
 

 
disponibler Auskunftsschutz:
Das Auskunftsverweigerungsrecht der berufsständischen Berater (auch der Seelsorger und Parlamentarier) wird ergänzt mit einer strafbewehrten Schweigepflicht (Schutz der Vertraulichkeit und von Privatgeheimnissen, §§ 201 ff. StGB).

Wegen der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer, die für eine Kapitalgesellschaft (GmbH, Aktiengesellschaft) tätig waren, hat sich die Meinung durchgesetzt, dass sie nicht ohne Zustimmung des Beschuldigten von dessen Organnachfolgern (Geschäftsführer, Vorstand, Insolvenzverwalter) von ihrer Schweigepflicht entbunden werden können, weil sie auch ein persönliches Bindungsverhältnis zur Person des Beschuldigten und nicht nur zu seiner organschaftlichen Rolle haben.

Im Hinblick auf Verstorbene geht das Recht zur Entbindung von der Schweigepflicht auf deren Erben über. Mit einer wesentlichen Einschränkung besonders für Ärzte: Sie müssen eigenverantwortlich entscheiden, ob es im mutmaßlichen Interesse des Vestorbenen geboten ist, ob sie Angaben machen oder nicht.
 

 
Diese Entscheidung ist nicht überprüfbar und für das Gericht bindend. Dies hat eine besondere praktische Bedeutung in Streitigkeiten über die Erbfolge und die Testierfähigkeit des Verstorbenen.

Augenschein, Urkunden:
Gegenstände, Grafiken und Schriftstücke (aber auch Filme und Tondokumente) unterliegen in der Hauptverhandlung dem Augenschein ( § 86 StPO), d.h. sie können von den Verfahrensbeteiligten sinnlich wahrgenommen werden. Ihr Aussagewert muss abschließend vom Gericht bewertet und dargelegt werden.

Urkunden hingegen dokumentieren aus sich selbst heraus eine Erklärung. Sie sind verlesbar ( § 249 StPO) und müssen ergänzend wegen ihrer äußeren Merkmale in Augenschein genommen werden. Ihr Wortlaut steht damit fest. Seine Richtigkeit ist hingegen der Interpretation zugänglich.

Dasselbe gilt für Behördengutachten (und einige andere standardisierte Aufzeichnungen), die durch Verlesung in die Hauptverhandlung eingeführt werden können, ohne dass ihr Verfasser persönlich als Zeuge vernommen werden muss (Durchbrechung des Unmittelbarkeitsprinzips, § 256 StPO).
 

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Sicherstellung
ist jede amtliche Inverwahrnahme von Gegenständen als Beweisstück, Einziehungsgegenstand oder zur Rückgewinnungshilfe. Die Beschlagnahme ist die zwangsweise Sicherstellung gegen den Willen des Betroffenen.

Überwachung der Telekommunikation:
Dafür liebe ich den Chaos Computer Club: "ganz schlimme Straftaten gegen die Obrigkeit" ( Wiki des CCC Berlin); stimmt!

Herausgabeverlangen:
Die besonders im Zusammenhang mit Bankunterlagen geäußerte Gegenmeinung vertrat den Standpunkt, dass auf die Verweigerung der Herausgabe nach § 94 Abs. 2 StPO die Beschlagnahme erfolgen müsse, die nur vom Richter angeordnet werden kann ( § 98 Abs. 1 StPO). Verlange jedoch die Staatsanwaltschaft oder die Polizei die Herausgabe, so bestehe, jedenfalls im Hinblick auf Kreditunternehmen, niemals Gefahr in Verzug, so dass keine Beschlagnahme erfolgen könne.

In der Praxis verlangten die Banken "den üblichen Beschluss", der sowohl in der Anordnung der Beschlagnahme ( § 94 Abs. 1 StPO), einer Durchsuchung ( § 103 StPO) oder eines richterlichen Herausgabeverlangens bestehen konnte (§ 95 Abs. 1 StPO).
 

Buchführung beim Steuerberater:
Die Rechtsprechung hat sich frühzeitig mit der Frage auseinander setzen müssen, wie die kaufmännischen Unterlagen zu behandeln sind, die sich zum Zweck der Buchführung beim Steuerberater befinden. Sie werden einhellig als beschlagnahmefähig angesehen, weil die Erstellung der Buchführung eine persönliche Pflicht des Kaufmanns oder des GmbH-Geschäftsführers ist ( § 242 HGB, § 41 GmbHG). Übernimmt diese Aufgabe der Steuerberater, so wird er außerhalb des Kernbereichs seines Berufsstandes tätig, so dass insoweit die §§ 53 Abs. 1 Nr. 3 und 97 Abs. 1 StPO nicht wirken.

Beschlagnahmefähig sind deshalb die Handelsbriefe, Handelsbücher und Inventare ( § 257 HGB), Hauptabschlussübersichten sowie die vom Kaufmann unterschriebenen Jahresabschlüsse einschließlich Bilanzen, Gewinn- und Verlustrechnungen und Lageberichte ( §§ 264, 265 HGB), weil sie Bestandteile der kaufmännischen Buchführung sind.

Beschlagnahmefrei hingegen sind die Entwürfe des Steuerberaters für den steuerlichen Jahresabschluss ( § 274 HGB), der Schriftverkehr und die Aufzeichnungen im Zusammenhang mit der steuerlichen Veranlagung und die Handakten des Steuerberaters, soweit sie keine der bezeichneten, beschlagnahmefähigen Schriftstücke enthalten.
 

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© Dieter Kochheim, 11.03.2018