Der Angeklagte bot im Zeitraum Februar bis Anfang November 2008 über
eine von ihm gegründete Gesellschaft im Internet Waren zum Kauf gegen
Vorkasse oder per Nachnahme an. Als er die Produkte „ins Netz stellte“,
hatte er von Anfang an die Vorstellung, dass er auf die einzelne
Bestellung „zumindest häufig – nicht nur vereinzelt – trotz bereits
geleisteter Zahlung des Kunden (also in der Vorkasse-Variante) gar
nichts, nicht die bestellte Ware oder aber die bestellte in nicht
ordnungsgemäßem Zustand oder nur einen Teil der bestellten Ware liefern
würde. Für den Fall, dass der jeweilige Kunde die Nachnahme-Variante
wählen sollte, hatte der Angeklagte die Vorstellung, dass häufig – nicht
nur vereinzelt – ein leeres Paket oder Päckchen oder aber ein Karton mit
gegenüber dem jeweils Bestellten geringerwertigem Inhalt geliefert
werde“ (UA S. 6). Im Tatzeitraum erfolgten zumindest 119
Warenbestellungen von Kunden, die entweder keine oder nicht die
geschuldete Warenlieferung erhielten.
(1) |
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10-11-22
Der
Betrüger mit allgemeinem Plan und Vorsatz wird nicht etwa nur wegen
einer materiellen Tat bestraft, sondern wegen jeder einzelnen
Tathandlung, zu der er sich im Einzelfall entschließt (siehe
links)
(1).
Sein Tatplan gibt nur den äußeren Rahmen vor, zum Beispiel für sein
gewerbsmäßiges Handeln. Er betrügt in jedem Einzelfall neu, weil er sich
immer wieder neu entscheidet, welche seiner Handlungsvarianten er wählt.
Der Sachverhalt unterscheidet sich vom typischen Stoßbetrug. Bei
diesem will der Täter innerhalb kurzer Zeit möglichst viel
betrügerischen Gewinn machen. Der vom BGH beschriebene Täter setzt und
spielt hingegen auf Zeit und will damit auch seinen Profit strecken. Er
betrügt hier 119 Mal.
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10-11-24
Im
Zusammenhang mit einer förmlichen Verständigung im Strafverfahren ist
das Gericht nach
§
257c Abs. 3 S. 2 StPO gehalten, nach vorläufiger Bewertung der Sach-
und Rechtslage eine Strafober- und -untergrenze zu benennen, in deren
Rahmen sich sein Strafausspruch halten würde, wenn der Angeklagte zum
Beispiel ein qualifiziertes Geständnis abgibt. Qualifiziert ist ein
Geständnis, wenn es sich nicht nur auf eine Verteidigererklärung
(3)
beschränkt und sich der Angeklagte die Erklärung zu eigen macht, sondern
der Angeklagte auch auf Verständnis- und ergänzende Fragen des Gerichts
und der Staatsanwaltschaft äußert.
Den Angeklagten interessiert nur die Obergrenze, die
Staatsanwaltschaft aber auch die Untergrenze. Entspricht das Urteil
schließlich überhaupt nicht mehr ihren Vorstellungen, ist sie zum
Rechtsmittel berechtigt
(4).
Das kann aber nur eine Notlösung sein, weil: Man steht zu seinem Wort!
Fehlt es an der Benennung einer Untergrenze, ist der Angeklagte nicht
beschwert
(5);
damit kann er jedenfalls eine Revision nicht begründen. Beschwert und
revisionsberechtigt ist in diesen Fällen allein die Staatsanwaltschaft.
Zusagen, Gespräche und falsch verstandene Erwartungen des Angeklagten
außerhalb der förmlichen Verständigung werden von deren strikten Regeln
nicht erfasst
(6).
Der BGH lässt ausdrücklich offen, ob Umgehungen nach Maßgabe
dorfrichterlicher Zusagen und Marschrouten zu den Folgen des
§ 302 Abs. 1 S. 2 StPO führen. Diese Vorschrift verbietet die
Protokollierung eines Rechtsmittelverzichts nach einer vorhergegangenen
Absprache und das könnte die Rechtsprechung auch auf "informelle"
Absprachen mit der Folge ausweiten, dass der protokollierte Verzicht
unwirksam ist.
Es müssen ja auch noch offene Fragen für die Zukunft bleiben!
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10-11-23
Ein
interessanter Vortrag über die Cyberwar-Technologien stammt von Bert
Weingarten
(2),
weil er die militärische Dimension in den Vordergrund stellt. Seine
Betrachtungsweise ist sehr westlich, schematisch und strukturiert.
Meine Vorstellung ist eine andere und die muss deshalb nicht besser
sein. Ich denke, dass die organisierte Cybercrime und der Kalte Cyberwar
auf einen gemeinsamen Personalpool zurück greifen und im wesentlichen
dieselben Werkzeuge, also vor allem Botnetze nutzen. Die Cyberwar-Strategen
setzen sich von der Cybercrime dadurch ab, dass sie die physikalische
Vernichtung feindlicher Ressourcen planen und dazu auch physische Gewalt
einsetzen. Dabei müssen die Krieger nicht notwendiger Weise Militärs
sein. Es kann sich auch um Söldner handeln, die von Staaten oder
Unternehmen eingekauft werden, Terroristen und anderen Eiferern.
Weingarten gebe ich recht darin, dass militärische und
geheimdienstliche Cyberwar-Strategien gradlinig und zielorientiert sein
werden, klinisch. Das ist aber nicht die Denkungsart, die überall auf der
Welt verbreitet ist und schon gar nicht die von Schurken, die über
hinreichend viel Geld verfügen.
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