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Juli 2010 |
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schnöde Formalitäten |
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1978 ist Polanski aus den USA geflohen. Jetzt geht es darum, dass er sich 2006 endgültig in der Schweiz niedergelassen hat, dort auch ein eigenes Chalet bewohnt und sich vor der US-Strafverfolgung in Sicherheit wähnte. Bei seiner Einreise in die Schweiz im September 2009 wurde er aufgrund eines internationalen Haftbefehls aus den USA festgenommen. Seine Auslieferungshaft verbüßte er seit Dezember 2009 als Hausarrest in seinem Domizil, an das er mit einer elektronischen Fußfessel gebunden war. Jetzt hat die Schweiz seine Auslieferung abgelehnt und ihn wieder in Freiheit entlassen. Die gegen Polanski erhobenen Vorwürfe sind schwer und schlimm, wenn sie stimmen. Mich verstimmen hingegen die Begleittöne. Die ihm vorgeworfenen Handlungen sollen 1977, also vor 33 Jahren stattgefunden haben. Das ist verdammt lange her. Ich kenne die Einzelheiten nicht, vermute aber, dass nach deutschem Strafrecht inzwischen Verfolgungsverjährung eingetreten wäre. Ein Nebenargument der Schweizer Behörden soll sein, dass Polanski ein begründetes Vertrauen darauf erworben habe, in der Schweiz keine rechtlichen Nachteile erwarten zu müssen. Um derart fadenscheinige Argumente ist das Ländle nie verlegen gewesen, wenn es um zahlungskräftige Immigranten ging. Überzeugender ist das Schweizer Argument, die US-Behörden hätten die vertraulichen Zeugenaussagen in Polanskis Verfahren nicht vorgelegt (3). Das hingegen wäre typisch. |
Es ist geradezu köstlich, dass die kleine Schweiz mit der Argumentation reagiert, die man von den USA gewohnt ist: Es fehlen die durchgreifenden Beweismittel. Noch köstlicher sind die berichteten Reaktionen aus den USA: Stellt euch nicht so an. Das ist eine ganz schlimme Sache, die da passiert ist. Wie könnt ihr euch einfach auf schnöde Formalitäten zurückziehen. Mit der Rechtsstaatlichkeit anderer Rechtsstaaten haben die USA anscheinend Probleme und besonders deshalb, weil die eigenen Maßstäbe dabei völlig in Vergessenheit zu geraten scheinen. Der wilde, wilde Westen kommt dann richtig zur Geltung, wenn auf die weiß-rot gestreifte Brust getrommelt wird: Wir jagen ihn bis zu seinem Lebensende.
Spreche
ich für Polanski? Man muss ihn deshalb nicht als Mensch mögen und in die Arme schließen. Menschen- und Grundrechte schützen aber auch ihn. Das heißt: Eine Rechtsordnung zeigt ihre Größe erst dadurch, dass sie sich von affiger Brusttrommelei verabschiedet. Das ist möglicherweise zu viel von den USA verlangt, wo
Strafverfolgung und politische Karriere eng verbunden zu sein scheinen -
wenn man Gerüchten Glauben schenken kann. |
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Anmerkungen | |||
(2)
Jürgen Kowallik, Sie jagen ihn bis zu seinem Lebensende,
Berliner Kurier 14.07.2010 |
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Cyberfahnder | |||
© Dieter Kochheim, 11.03.2018 |