|
|
Wolfgang
Stieler äußert in eine Erleuchtung: Die Befürworter der
Sperrung von Webseiten beharren
auf ihren Standpunkt nur deshalb, weil sie der (falschen) Meinung
unterlägen,
dass
schlechte, schlimme Gedanken offenbar ansteckend sind. Schon der erste
Kontakt mit solchem Gedankengut infiziert bislang unschuldige, die damit
zu gefährlichen radikalen, perversen – oder gar beides auf einmal –
werden.
(1)
Der zu einfache Zugang zu
potenziell gefährlichen "Kochrezepten"
(2),
Halbfertigprodukten
(3)
und ideologischen Verirrungen
(4)
ist tatsächlich der Grund für eine Vielzahl von Verboten,
Umgangsbehinderungen und Strafen.
Das ist jedoch nur ein Teil der Argumente, die für die Sperren gegen
kinderpornographische Seiten sprechen. Ihre Gefährlichkeit liegt tiefer:
Für eine Bombenbauanleitung muss der Verfasser nicht bereits eine
Bombe gebaut oder gar zur Explosion gebracht haben. Für ein
kinderpornographisches Bild muss aber als zwingende Voraussetzung ein
Kind missbraucht worden sein. Diese Voraussetzung ist so ekelhaft und
schlimm, dass der Gesetzgeber eine Randunschärfe im Regelungswerk
akzeptiert und Grafiken ohne menschliche Modellvorlage sowie fast schon
reife junge Frauen in den Schutzbereich mit aufnimmt - entsprechend den
Vorgaben der EU.
|
Diese Ausbreitung des Schutzbereiches ist den Grundsätzen geschuldet,
die in anderen Zusammenhängen als "Mitnahmeeffekte" oder "wehret den
Anfängen" bezeichnet werden. Ich leugne nicht, dass qualitative Welten
zwischen einer nackt posenden, aber erwachsenen Lolita und einem Baby
bestehen, das penetriert wird. Wo aber beginnt die Verrohung,
Gleichgültigkeit und der Gewöhnungseffekt, der im Schlimmsten mündet?
Auch das Abbild der kindlich wirkenden und aufreizend abgebildeten
Lolita kann und soll Phantasien anreizen, deren Billigung Schranken
aufweicht und jedenfalls Gewohnheiten normalisiert. Irgendwann gibt es
kein klares Nein! mehr, sondern nur noch ein seichtes Was soll's!
Stieler ist jedenfalls auf einem Irrweg. Es geht nicht um das
infektiöse Böse, sondern darum, Kindern eine unbelastete Entwicklung zu
Erwachsenen zu ermöglichen, in der sie selbstbestimmte Sexualität
erleben können - ohne vorher psychisch verkrüppelt und traumatisiert
worden zu sein.
Ich gebe
ihm zu, dass diese besondere Verbrechensform nicht verallgemeinert
werden darf. Bei der Meinungs- und Informationsfreiheit muss man auch
Fehler in Kauf nehmen, wenn sie lässlich oder eben nur lästig bleiben.
Schweren Verkrüppelungen darf jedoch kein Vorschub geleistet werden!
|