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Auch eine rechtmäßige Sperrerklärung führt nicht zu einem
Beweisverbot (...). Sie bedeutet nur, daß das mit der Sache
befaßte Gericht die Weigerung der Behörde, die Identität eines Zeugen zu
offenbaren, hinnehmen muß. Kennt das Gericht aus den Akten oder aus
sonstigen Erkenntnisquellen die Identität des Zeugen, steht
seiner Ladung und Vernehmung die Sperrerklärung nicht entgegen
(...). Ergeben sich aus den Akten oder aus
sonstigen Erkenntnisquellen Hinweise auf die Identität des Zeugen, kann
es die Aufklärungspflicht ( § 244 Abs. 2 StPO) erfordern, daß
das Gericht von Amts wegen Bemühungen entfaltet, den Namen
festzustellen und die Vernehmung in der Hauptverhandlung zu
ermöglichen (...). Bezeichnet ein Beweisantrag eine
bestimmte Person, so ist deren Vernehmung nicht schon deshalb
unzulässig, weil diese Person mit jemandem identisch sein kann, dessen
Identität die Exekutive unter Berufung auf
§ 96 StPO nicht preisgeben
will.
(10)
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Jüngst hat
sich das BVerfG mit Sperrerklärungen der Bundesverwaltung im
Zusammenhang mit dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss über die
Aktivitäten des Bundesnachrichtendienstes im Irak auseinander gesetzt
(1)
und massive Rechtsfehler festgestellt
(2).
Für den Cyberfahnder von Interesse ist, dass das Verfahrensrecht für die
Untersuchungsausschüsse auf das Strafverfahrensrecht verweist.
Eine mehr vernünftige als bahnbrechende Aussage ist die, dass Akten
gegenüber
Zeugenaussagen in der Regel einen höheren Beweiswert haben,
weil das
Gedächtnis von Zeugen aus mancherlei Hinsicht unergiebig werden kann
(3).
Wegen der Herausgabe von behördlichen Akten und Beschränkungen in Bezug
auf
Aussagegenehmigungen
(4)
sind die
§§ 54 Abs. 1 und
96 StPO einschlägig.
Beamte, also auch Minister, benötigen eine Aussagegenehmigung, um als Zeugen Angaben machen
zu dürfen, und sind zur Aussage verpflichtet, wenn diese vorliegt.
Insoweit gelten die gleichen Grundsätze wie bei den
Zeugnisverweigerungsberechtigten. Die Exekutive ist hingegen engeren
Grenzen unterworfen und grundsätzlich zur Erteilung der
Aussagegenehmigung verpflichtet (
Kasten unten links).
Das Bundesverfassungsgericht erkennt jedoch einen Kernbereich der
Willensbildung für die Regierung an, der sich der parlamentarischen
Kontrolle und Ausforschung entzieht (
Kasten unten Mitte).
In Bezug auf das Strafverfahrensrecht bestätigt das BVerfG
schließlich das schon in der StPO angelegte Recht der öffentlichen Verwaltung,
unter den in
§ 96 StPO genannten Voraussetzungen bestimmte Informationen
nicht preisgeben zu müssen (
Kasten unten rechts).
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Besonders
deutlich werden die Berührungspunkte zu diesen Rechtproblemen im
Zusammenhang mit den Vertraulichkeitszusagen für Informanten
(8)
und Geheimhaltungszusagen für Vertrauenspersonen
(9).
An die
Sperrerklärungen ist das Gericht nur insoweit gebunden, dass es sie
hinnehmen muss (siehe
Kasten links). Ein Verwertungs- oder Beweiserhebungsverbot entsteht
dadurch nicht, wie der BGH vor einigen Monaten wieder bestätigt hat
(11).
Es darf die Enttarnung betreiben und ist dazu innerhalb seiner
Aufklärungspflicht auch verpflichtet (siehe
Kasten links).
Geheimhaltung hinterlässt immer einen üblen Nachgeschmack. Besonders
wichtig wird in ihrem Zusammenhang, wie vertrauenswürdig die
Sachinformation ist, deren Hintergründe nicht befragt und geprüft werden
können.
Ich bin der Überzeugung, dass ganz ohne dem Schutz der Geheimhaltung
auch eine demokratische Grundordnung nicht auskommen kann, und bin damit
vollständig auf der Linie, die auch das BVerfG vertritt.
Die Prozesse der Geheimhaltung dürfen sich jedoch nicht
verselbständigen. VP-Führungen müssen einen gesunden und kritischen
Abstand zu ihren Informanten halten, weil diese sich Vorteile von der
Zusammenarbeit versprechen und ihre ureigenen Interesse vertreten. Ihre
Gefährdung ist ein starkes Argument, ihre Wiederverwendung hingegen
nicht. Ein Plan-B mit dem Ziel, Informanten zu offenbaren, wenn es im
Interesse der Strafverfolgung nötig ist, und gleichzeitig zu schützen,
scheint in aller Regel nicht vorhanden zu sein.
Geheimhaltung muss dem Schutz der Gemeinschaft dienen und darf
Gemeinschaftsschädliches nicht vertuschen.
Schwierig ...
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Die allgemeinen, sinngemäß anzuwendenden Vorschriften des
Strafprozesses über Zeugenrechte und -pflichten gelten
grundsätzlich auch bei der Vernehmung von Amtsträgern und
Abgeordneten als Zeugen in einem Untersuchungsausschuss. Dieser
Personenkreis unterliegt darüber hinaus besonderen
Verschwiegenheitspflichten, die sich auch auf Aussagen vor
Gericht beziehen. Der einzelne Amts- oder Mandatsträger kann
daher seiner Zeugenpflicht vor einem parlamentarischen
Untersuchungsausschuss nur nachkommen, wenn und soweit die
hierfür erforderliche Aussagegenehmigung vorliegt, die ihn von
seiner Verschwiegenheitspflicht befreit (...). Liegt eine
Aussagegenehmigung vor, ist er wie jeder andere Zeuge zur
Aussage verpflichtet (...). Die Bundesregierung ist
vorbehaltlich verfassungsrechtlicher Grenzen zur Erteilung der
erforderlichen Aussagegenehmigung verpflichtet (...).
(5)
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Die
Verantwortung der Regierung gegenüber Parlament und Volk setzt
notwendigerweise einen Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung
voraus, der einen auch von parlamentarischen
Untersuchungsausschüssen grundsätzlich nicht ausforschbaren
Initiativ-, Beratungs- und Handlungsbereich einschließt. Dazu
gehört die Willensbildung der Regierung selbst, sowohl
hinsichtlich der Erörterungen im Kabinett als auch bei der
Vorbereitung von Kabinetts- und Ressortentscheidungen, die sich
vornehmlich in ressortübergreifenden und -internen
Abstimmungsprozessen vollzieht (...).
(6)
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Nach
der Strafprozessordnung findet die Pflicht zur Vorlage von Akten
ihre Grenze, wo das Bekanntwerden der betreffenden Informationen
das Wohl des Bundes oder eines Landes gefährden würde (
§ 96 StPO). In gleicher Weise ist nach der
Strafprozessordnung und den von ihr in Bezug genommenen
gesetzlichen Vorschriften auch die Pflicht zur Erteilung von
Aussagegenehmigungen begrenzt.
(7)
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