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August 2009
07.08.2009 Strafverfahrensrecht
     
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Die Beweiswürdigung des Landgerichts weist keinen durchgreifenden Rechtsfehler auf. Das hiergegen gerichtete Beschwerdevorbringen unternimmt den im Revisionsverfahren unzulässigen Versuch, die allein dem Tatgericht obliegende Beweiswürdigung mit zum Teil urteilsfremdem Vorbringen durch eine eigene zu ersetzen. (1)
 

 
Das angefochtene Urteil stützt die Feststellung, das an die Zeugin Sch. adressierte Paket sei für den Angeklagten bestimmt gewesen, allein auf die Aussage des Zeugen S. . Sonstige, den bisher nicht einschlägig in Erscheinung getretenen Angeklagten belastende Indizien sind den Urteilsfeststellungen nicht zu entnehmen, so dass sich die bestreitende Einlassung des Angeklagten und die belastende Aussage des Zeugen S. gegenüberstehen. In einem solchen Falle, in dem Aussage gegen Aussage steht, müssen die Urteilsgründe erkennen lassen, dass der Tatrichter alle Umstände, welche die Entscheidung zugunsten oder zulasten des Angeklagten zu beeinflussen geeignet sind, erkannt, in seine Überlegungen einbezogen und rechtsfehlerfrei gewürdigt hat ... (2)
 

 

 
Jüngst sind zwei Entscheidungen des BGH zu Fragen der Beweiswürdigung veröffentlicht worden, die bekannte Positionen des Gerichts bestätigen.

Die erste hebt die Stellung des erkennenden Gerichts hervor, das sich aufgrund der durchgeführten Hauptverhandlung eine Überzeugung gebildet hat und deshalb auch alleine über die Bedeutungen und Aussagewerte der Beweismittel zu entscheiden hat. Das Revisionsgericht muss sich auf Rechtsfragen beschränken und kann das angegriffene Urteil im Hinblick auf die Beweiswürdigung nur aufheben, wenn es deutliche Fehler in Bezug auf Logik oder Lebenserfahrung oder deutliche Widersprüche zeigt [Kasten links oben; (1)].

Abgerundet wird die starke Stellung des Tatsachengerichts durch die schon ältere Entscheidung des Großen Senats in Strafsachen, der eine Protokollberichtigung auch dann zulässt, wenn dadurch einer formellen Revisionsrüge der Boden entzogen wird [Rügeverkümmerung; (2)].

 
Der BGH kann aber auch pingelig werden, wie die zweite neuere Entscheidung andeutet (3). Es betrifft den Fall, dass sich zwei Aussagen grundsätzlich widersprechen, so dass das Gericht sehr genau begründen muss, warum es der einen und nicht der anderen Äußerung folgt (Kasten links unten).

Umgangssprachlich nennt man das "Aussage gegen Aussage". Wenn sich das Gericht tatsächlich keine abschließende Meinung bilden kann, greift im Strafverfahrensrecht der Zweifelsgrundsatz (4), so dass der Angeklagte wegen des streitigen Vorwurfs nicht verurteilt werden kann. Aber auch die Zweifel müssen hinreichend begründet werden. "Einfach nur so" zugunsten des Angeklagten zu entscheiden, lässt der BGH ebenfalls nicht zu (5).

Im Zivilverfahren wird die "Aussage gegen Aussage"-Situation anders gelöst. Das rechtliche Fachwort dafür heißt "non liquet" (6). Sie führt dazu, dass die Beweislastregeln zum Einsatz kommen, worauf eine Partei einen Sachverhalt zur Begründung der ihr günstigen Rechtsposition eben nicht beweisen kann und deshalb unterliegt. Das ändert nichts daran, dass sich auch der Zivilrichter eine Überzeugung bilden kann und deshalb eher von der einen als von der anderen Aussage überzeugt ist. Das muss er begründen. Ein Zivilurteil, das sich auf die Beweislastregeln zurückzieht, kann deshalb einfach auch nur der fehlenden Entscheidungsfähigkeit des Richters geschuldet sein. Das gibt es jedoch auch im Strafverfahren.
  

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(1) BGH, Beschluss vom 02.07.2009 - 3 StR 131/09;
Zitat: RN 3

(2) BGH, Großer Senat, Beschluss vom 23.04.2007 - GSSt 1/06

(3) BGH, Beschluss vom 09.07.2009 - 4 StR 124/09;
Zitat: RN 8
 


(4) In dubio pro reo

(5) Grenzen des Rücktritts

(6) Non liquet
 

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© Dieter Kochheim, 11.03.2018