|
Die
Beweiswürdigung des Landgerichts weist keinen durchgreifenden
Rechtsfehler auf. Das hiergegen gerichtete Beschwerdevorbringen
unternimmt den im Revisionsverfahren unzulässigen Versuch, die
allein dem Tatgericht obliegende Beweiswürdigung mit zum Teil
urteilsfremdem Vorbringen durch eine eigene zu ersetzen.
(1)
|
Das angefochtene Urteil
stützt
die Feststellung, das an die Zeugin Sch. adressierte Paket sei
für den Angeklagten bestimmt gewesen, allein auf die Aussage des
Zeugen S. . Sonstige, den bisher nicht einschlägig in
Erscheinung getretenen Angeklagten belastende Indizien sind den
Urteilsfeststellungen nicht zu entnehmen, so dass sich die
bestreitende Einlassung des Angeklagten und die belastende
Aussage des Zeugen S. gegenüberstehen. In einem solchen Falle,
in dem Aussage gegen Aussage steht, müssen die Urteilsgründe
erkennen lassen, dass der Tatrichter alle Umstände, welche die
Entscheidung zugunsten oder zulasten des Angeklagten zu
beeinflussen geeignet sind, erkannt, in seine Überlegungen
einbezogen und rechtsfehlerfrei gewürdigt hat ...
(2)
|
|
Jüngst sind
zwei Entscheidungen des BGH zu Fragen der Beweiswürdigung veröffentlicht
worden, die bekannte Positionen des Gerichts bestätigen.
Die
erste hebt die Stellung des erkennenden Gerichts hervor, das sich
aufgrund der durchgeführten Hauptverhandlung eine Überzeugung gebildet
hat und deshalb auch alleine über die Bedeutungen und Aussagewerte der
Beweismittel zu entscheiden hat. Das Revisionsgericht muss sich auf
Rechtsfragen beschränken und kann das angegriffene Urteil im Hinblick
auf die Beweiswürdigung nur aufheben, wenn es deutliche Fehler in Bezug
auf Logik oder Lebenserfahrung oder deutliche Widersprüche zeigt [Kasten
links oben;
(1)].
Abgerundet wird die starke Stellung des Tatsachengerichts durch die
schon ältere Entscheidung des Großen Senats in Strafsachen, der eine
Protokollberichtigung auch dann zulässt, wenn dadurch einer formellen
Revisionsrüge der Boden entzogen wird [Rügeverkümmerung;
(2)].
|
Der BGH
kann aber auch pingelig werden, wie die zweite neuere Entscheidung
andeutet
(3).
Es betrifft den Fall, dass sich zwei Aussagen grundsätzlich widersprechen,
so dass das Gericht sehr genau begründen muss, warum es der einen und
nicht der anderen Äußerung folgt (Kasten
links unten).
Umgangssprachlich nennt man das "Aussage gegen Aussage". Wenn sich
das Gericht tatsächlich keine abschließende Meinung bilden kann, greift
im Strafverfahrensrecht der Zweifelsgrundsatz
(4),
so dass der Angeklagte wegen des streitigen Vorwurfs nicht verurteilt
werden kann. Aber auch die Zweifel müssen hinreichend begründet werden.
"Einfach nur so" zugunsten des Angeklagten zu entscheiden, lässt der BGH
ebenfalls nicht zu
(5).
Im Zivilverfahren wird die "Aussage gegen Aussage"-Situation anders
gelöst. Das rechtliche Fachwort dafür heißt "non liquet"
(6).
Sie führt dazu, dass die Beweislastregeln zum Einsatz kommen, worauf
eine Partei einen Sachverhalt zur Begründung der ihr günstigen
Rechtsposition eben nicht beweisen kann und deshalb unterliegt. Das
ändert nichts daran, dass sich auch der Zivilrichter eine Überzeugung
bilden kann und deshalb eher von der einen als von der anderen Aussage
überzeugt ist. Das muss er begründen. Ein Zivilurteil, das sich auf die
Beweislastregeln zurückzieht, kann deshalb einfach auch nur der
fehlenden Entscheidungsfähigkeit des Richters geschuldet sein. Das gibt
es jedoch auch im Strafverfahren.
|