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Dezember 2009
22.12.2009 Vorratsdaten
22.12.2009 Postgeheimnis
zurück zum Verweis zur nächsten Überschrift halbherzige Vertretung Postvorführung
 

 
 
Der Senat ist verwundert, dass er für das angegriffene Gesetz heute keinen politischen Verantwortlichen hat finden können, der es verteidigt. (1)
 
 

 
Am 15.12.2009 fand die öffentliche Verhandlung vor dem Bundesverfassungsgericht wegen der 34.000 Verfassungsbeschwerden gegen die Vorratsdatenhaltung statt. Lesenswert ist der Bericht, den die dazu veröffentlicht hat (2).

Die politischen Verantwortungsträger haben dabei ein schlechtes Bild hinterlassen, wie das Zitat links bereits hervorhebt.

Das BVerfG hat die Verhandlung auf zwei Themen aufgeteilt. Zunächst ging es ihm um die Frage der Speicherung als solche (besonders § 113a TKG) und dann um den Zugriff auf diese Daten (z.B. § 100g StPO).

Die Journalisten schließen daraus nicht ohne Grund, dass die Speicherpflicht vom BVerfG bestätigt, aber der Zugriff auf die Daten starken Einschränkungen unterworfen wird. Das würde zur Grundlinie des BVerfG passen, die es in seiner Spruchpraxis zeigt. Zuletzt hatte es die Onlinedurchsuchung vom Grundsatz her erlaubt, die Anordnungs- und Verwendungsvoraussetzungen jedoch stark beschränkt.

Trotz aller gewohnter Aufgeregtheit denke auch ich, dass die Vorratsdatenspeicherung vom BVerfG bestätigt wird. Ohne sie würde die Verfolgung der Internetkriminalität fast vollständig erliegen.

In Bezug auf die Verwertungsregeln bleibt es spannend. Eine Beschränkung auf solche Straftaten, die aus dem Straftatenkatalog des § 100a Abs. 2 StPO stammen, würde das Gros der "normalen" Internetkriminalität von der Verfolgung ausschließen. Das kann in der Tat zu rechtsfreien Räumen führen, die die Allgemeinheit äußerst belasten würden.

Eine ganz andere Frage ist die, wie der mögliche Missbrauch der gespeicherten Daten bei den TK-Unternehmen verhindert werden kann. Auch dazu wird sich das höchste Gericht äußern, vermute ich Mal.
 

 
Der Tagesspiegel meldet, dass sich der bundesdeutsche Zoll bis 1989 die Postsendungen aus der DDR hat "vorführen" lassen, wenn sie „dem Anschein nach Waren enthielten“ (3). Dies gehe aus einer Regierungsantwort auf eine Anfrage der Abgeordneten Petra Pau hervor (4).

Mit naturgesetzlicher Vorhersehbarkeit entrüstet sich Frau Pau nicht nur, "dass es für diese Überwachung noch nicht einmal ein Gesetz gab", sondern auch darüber, dass die Bundesregierung nicht in der Lage sei, Auskunft zur Zahl der Betroffenen zu geben, deren Sendungen geöffnet oder gar beschlagnahmt wurden.

Die Beweggründe für die den hoheitlichen Eingriff in das Postgeheimnis ( Art. 10 Abs. 1 GG) bleiben dem geneigten Zeitungsleser verborgen. Wegen der Frage nach der gesetzlichen Rechtsgrundlage kann ich jedoch helfen: Gesetz zur Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses (5).

Der weiteren Empörung darüber, dass die Regierung außer Stande sei, den Umfang der betroffenen Postsendungen zu benennen, vermag ich hingegen nicht zu folgen. Ich würde mich jedenfalls mehr darüber aufregen, wenn sie es könnte und womöglich auch noch Listen mit allen Versendern und Empfänger vorlegte. Das würde nämlich bedeuten, dass sich der Grundrechtseingriff weiter vertieft und durch den Zugriff auf solche Daten erneuert hätte. Nach den geltenden Zweckbindungen wäre das zudem unzulässig ( § 4 G 10). Ins Einzelne gehende Erörterungen solcher Eingriffe gehören auch nicht in die Öffentlichkeit, sondern in die G 10-Kommission ( § 14 G 10), deren Mitglieder einer besonderen Geheimhaltungspflicht unterliegen ( § 15 Abs. 2 S. 2 G 10, §§ 203 Abs. 2 Nr. 4, 353b Abs. 2 StGB).
 

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(1) VRiBVerfG Papier, zitiert bei (2)

(2) Holger Bleich, Jürgen Kuri, Auf der Kippe, c't 1/2010 S. 46

 

 
(3) Matthias Meisner, Spitzel drüben, Spitzel hüben, Tagesspiegel 21.12.2009

(4) Linke, Bundestagsvizepräsidentin

(5) erste Fassung 13.08.1968, aktuelle Fassung: Artikel 10-Gesetz vom 26. Juni 2001. Siehe auch G 10-Gesetz.
 

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© Dieter Kochheim, 11.03.2018