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Februar 2010 |
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Turbulenzen beim bargeldlosen Zahlungsverkehr |
Sicherheitsmerkmale und Merkmalstoffe |
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Meine Sparda-Bank Hannover eG, die sich seit Jahrzehnten dadurch auszeichnet, keine Kontoführungsgebühren zu erheben, muss dem böswilligen Angriff eines Mitbewerbers aufgesessen sein, der mir das Schreiben links zugesandt hat. Danach will meine Bank jährlich 25 € dafür bekommen, dass sie mir eine Kreditkarte aus dem Master-Verbund ausstellt und die gebotenen Sicherheitsstandards einhält. Das leistet sie bisher nicht, weil der Karte, die ich habe, jedenfalls ein ganz wichtiges Sicherheitsmerkmal fehlt, der EMV-Chip. Ob sie über das MM verfügt, weiß ich nicht und kann ich als Kunde auch nicht erkennen. Die Tageszeitungen melden zudem, dass meine Bank alle Debitkarten austauschen will, weil angeblich ein französischer Lieferant bei der Programmierung der EMV-Chips geschlampt hat. Von meiner Bank weiß ich aus der , dass sie 400.000 Karten austauschen will (1). Ich weiß nicht, ob auch der Chip auf meiner Maestro-Karte betroffen ist, weil ich es ihm nicht ansehen kann. Das Thema Kartensicherheit kam im Januar auf, nachdem sich herausgestellt hatte, dass die Debitkarten vieler Kunden nicht akzeptiert wurden (2). Ursache des Problems ist ein Chip eines bestimmten Produktionstyps, dessen Software Fehler bei der Verarbeitung der Jahreszahl 2010 aufweist und daher im Terminal seine Arbeit versagt. Insgesamt sind 30 Millionen Karten betroffen ... (3) Nach der Entwarnung kam die Ernüchterung: An Geldautomaten im Ausland könne es noch immer Probleme geben. Urlauber sollten sich deshalb mit anderen Zahlungsmitteln wie Reiseschecks, Bargeld und Glasperlen versorgen.
Äußerst schnell meldete sich der Deutsche Sparkassen- und Giroverband,
der ein Update an den gängigen Geldautomaten versprach
(4). |
Die Printausgabe der nennt weitere Details: Ursache der Probleme ist ein Softwarefehler einer auf dem Karten-Chip laufenden Sicherheitsanwendung. Diese sogenannte EMV-Anwendung ermöglicht Karten und Terminals unter anderem sich mittels kryptografischer Verfahren jeweils die Echtheit zu signalisieren. Damit lassen sich bestimmte Angriffe und Betrügereien wie Skimming verhindern. EMV soll später den Magnetstreifen ersetzen. Aufgrund eines Programmierfehlers hat der Chip allerdings Probleme, die Jahreszahl 2010 richtig zu verarbeiten und bricht bestimmte Transaktionen ab. (5) Nie zuvor habe ich so viele Details über den EMV-Chip an einer Stelle veröffentlicht gesehen. Und pfiffige Tipps wie den, den EMV-Chip mit Klebeband abzudecken, damit das POS-Terminal nur den Magnetstreifen auslesen kann. Die Meldungen werfen neue Fragen auf. Wenn der EMV-Chip für eine Verschlüsselung sorgt, wird dann der Datenverkehr im bargeldlosen Zahlungsverkehr nicht verschlüsselt? Der EMV-Chip ist offenbar nicht schreibgeschützt. Jeder, der technischen Zugriff auf einen Geldautomaten hat, kann ihn umprogrammieren und jeden denkbaren Unsinn damit machen. Ein geheimer Generalschlüssel wird nach Aussage der Banken nicht zum Zugriff auf die Chips verwendet. (6) Die negativ gefasste Aussage lässt den Schluss zu, dass einen solchen
Generalschlüssel gibt. Das ist der erste Schritt dahin, dass er auch
missbraucht wird.
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Sicherheitsmerkmale und Merkmalstoffe | |||||||
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Die Skimming-Täter haben es noch nicht geschafft, Fälschungen mit einem solchen Chip herzustellen. Sie beschränken sich darauf, den Magnetstreifen auszulesen und seinen Inhalt auf die Magnetstreifen von White Cards oder anderen Identitätskarten zu kopieren. 07.03.2010: Das Sicherheitsverfahren zur PIN-Prüfung anhand von Prüfwerten aus dem EMV-Chip wurde inzwischen ausgehebelt (10a). Das zweite wichtige Sicherheitsmerkmal ist das MM (11). kartensicherheit.de offenbart nur, dass das MM mit der "MM-Box" korrespndiert, die sich in allen deutschen Geldautomaten befindet (12). Über seine Funktionsweise gibt es nur geheimnisvolle Andeutungen.
Nach den verschiedenen Andeutungen handelt es sich um eine Substanz, die
sich im Kartenkörper befindet. Der Hersteller G&D verrät uns, dass die
Substanz verschiedene Codes wiedergeben kann. Dieser Code wird
verglichen mit den Daten vom Magnetstreifen, so dass damit die Echtheit
geprüft werden kann. kartensicherheit.de verrät uns nicht nur, dass für
das Prüfverfahren die MM-Box zuständig ist, sondern dass sich auch ein
besonderer MM-Code auf dem Magnetstreifen befindet
(13).
Nach G&D handelt es sich dabei um einen Prüfwert. |
Über die "geheimnisvolle Substanz" wissen wir von G&D nur, dass sie unsichtbar ist. Maschinenlesbare Merkmale in Banknoten werden mit Sensoren ausgelesen
(15).
Als Beispiele dafür werden genannt Metallfasern und Merkmalstoffe
(MM-Features)
(16).
Der Begriff "Merkmalstoff" führt uns über
freepatentsonline.com zur Beschreibung des betreffenden Patents von
G&D
(17).
Dort werden die verschiedenen Formen, Vor- und Nachteile von
Merkmalstoffen diskutiert. |
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Anmerkungen | |||||||
(2) EC-Karten-Probleme bei Händlern in Deutschland gelöst, c't 08.01.2010 (3) Banken planen Umprogrammierung fehlerhafter EC-Karten, c't 11.01.2010 (4) ebenda (3) (5) EC-Karten-Update soll Fehler beheben, c't 3/2010, S. 53 (6) ebenda (1)
(7)
Glossar bei
Giesecke & Devrient; (8) Glossar bei Giesecke & Devrient
(9)
Convego Element – die sichere Lösung für Ihre EMV-Chip-Migration |
(10a) Daniel Bachfeld, Phish & Chips, Angriff auf das EMV-Verfahren bei Bezahlkarten, c't 6/2010
(11)
Maschinenlesbares Merkmal, ebenda
(10); (12) MM-Merkmal - das Sicherheitsmerkmal in deutschen ec-Karten (14) MACHINE-READABLE SECURITY ELEMENT FOR SECURITY PRODUCTS, freepatentsonline.com (15) aaO (8) (16) Sicherheitsmerkmale, Landqart AG 01.07.2009, S. 3 |
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Cyberfahnder | |||||||
© Dieter Kochheim, 11.03.2018 |