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Meine
Sparda-Bank Hannover eG, die sich seit Jahrzehnten dadurch auszeichnet,
keine Kontoführungsgebühren zu erheben, muss dem böswilligen Angriff
eines Mitbewerbers aufgesessen sein, der mir das Schreiben
links zugesandt hat. Danach will meine Bank jährlich 25 € dafür
bekommen, dass sie mir eine Kreditkarte aus dem Master-Verbund ausstellt
und die gebotenen Sicherheitsstandards einhält. Das leistet sie bisher
nicht, weil der Karte, die ich habe, jedenfalls ein ganz wichtiges
Sicherheitsmerkmal fehlt, der EMV-Chip. Ob sie über das MM verfügt, weiß
ich nicht und kann ich als Kunde auch nicht erkennen.
Die Tageszeitungen melden zudem, dass meine Bank alle Debitkarten
austauschen will, weil angeblich ein französischer Lieferant bei der
Programmierung der EMV-Chips geschlampt hat. Von meiner Bank weiß ich
aus der
, dass sie
400.000 Karten austauschen will
(1). Ich weiß nicht, ob auch der Chip auf meiner
Maestro-Karte betroffen ist, weil ich es ihm nicht ansehen kann.
Das Thema
Kartensicherheit kam im Januar auf, nachdem sich herausgestellt hatte,
dass die Debitkarten vieler Kunden nicht akzeptiert wurden
(2).
Ursache des
Problems ist ein Chip eines bestimmten Produktionstyps, dessen Software
Fehler bei der Verarbeitung der Jahreszahl 2010 aufweist und daher im
Terminal seine Arbeit versagt. Insgesamt sind 30 Millionen Karten
betroffen ...
(3)
Nach der Entwarnung kam die Ernüchterung: An Geldautomaten im Ausland
könne es noch immer Probleme geben. Urlauber sollten sich deshalb mit
anderen Zahlungsmitteln wie Reiseschecks, Bargeld und Glasperlen
versorgen.
Äußerst schnell meldete sich der Deutsche Sparkassen- und Giroverband,
der ein Update an den gängigen Geldautomaten versprach
(4).
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Die
Printausgabe der
nennt weitere Details:
Ursache der Probleme ist ein Softwarefehler einer auf dem
Karten-Chip laufenden Sicherheitsanwendung. Diese sogenannte
EMV-Anwendung ermöglicht Karten und Terminals unter anderem sich mittels
kryptografischer Verfahren jeweils die Echtheit zu signalisieren. Damit
lassen sich bestimmte Angriffe und Betrügereien wie Skimming verhindern.
EMV soll später den Magnetstreifen ersetzen. Aufgrund eines
Programmierfehlers hat der Chip allerdings Probleme, die Jahreszahl 2010
richtig zu verarbeiten und bricht bestimmte Transaktionen ab.
(5)
Nie zuvor habe ich so viele Details über den
EMV-Chip an einer Stelle veröffentlicht gesehen. Und pfiffige Tipps
wie den, den EMV-Chip mit Klebeband abzudecken, damit das POS-Terminal
nur den Magnetstreifen auslesen kann.
Die
Meldungen werfen neue Fragen auf.
Wenn der EMV-Chip für eine Verschlüsselung sorgt, wird dann der
Datenverkehr im bargeldlosen Zahlungsverkehr nicht verschlüsselt?
Der EMV-Chip ist offenbar nicht schreibgeschützt. Jeder, der technischen
Zugriff auf einen Geldautomaten hat, kann ihn umprogrammieren und jeden
denkbaren Unsinn damit machen.
Ein geheimer Generalschlüssel wird nach Aussage der Banken nicht zum
Zugriff auf die Chips verwendet.
(6)
Die negativ gefasste Aussage lässt den Schluss zu, dass einen solchen
Generalschlüssel gibt. Das ist der erste Schritt dahin, dass er auch
missbraucht wird.
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MM (Moduliertes Merkmal)
Manipulationen der auf der Magnetpiste gespeicherten Daten
müssen erkennbar sein. Dazu wurde von G&D das unsichtbare
maschinenlesbare Merkmal entwickelt. Jede deutsche ec-Karte ist
mit diesem individuellen, unsichtbaren Merkmal ausgestattet.
Entsprechende Erkennungsmodule im Geldausgabeautomaten prüfen
die Existenz des Merkmals und vergleichen die gespeicherten
Informationen mit den Daten auf der Magnetpiste. Manipulationen
oder "Raubkopien" werden sofort erkannt.
(7)
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Nach Prüfung der Existenz des Merkmals werden die Ergebnisse
verschlüsselt und mit einem Prüfwert auf dem Magnetstreifen
verglichen. Eine Fälschung der Karte durch Verändern oder
Kopieren der Daten des Magnetstreifens ist somit unmöglich und
zwecklos. (8)
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EMV ist ein Standard der EMVCo, einer Organisation bestehend aus
MasterCard, Visa und JCB. Der EMV-Standard dient der Einführung
chipgestützter Zahlungen bei Debit- und Kreditkarten.
Ziel der Migration auf Chiptechnologie ist die Erhöhung der
Zahlungssicherheit bzw. die Verhinderung des Kartenmissbrauchs. (9)
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Der
EMV-Chip ist die lauteste Antwort der Finanzwirtschaft auf alle Fragen
nach der Sicherheit im bargeldlosen Zahlungsverkehr
(10).
G&D gibt dazu weitere Details bekannt (
links unten).
Die Skimming-Täter haben es noch nicht geschafft, Fälschungen mit einem
solchen Chip herzustellen. Sie beschränken sich darauf, den
Magnetstreifen auszulesen und seinen Inhalt auf die Magnetstreifen von
White Cards oder anderen Identitätskarten zu kopieren.
07.03.2010: Das Sicherheitsverfahren zur PIN-Prüfung anhand von
Prüfwerten aus dem EMV-Chip wurde inzwischen ausgehebelt
(10a).
Das zweite
wichtige Sicherheitsmerkmal ist das MM
(11).
kartensicherheit.de offenbart nur, dass das MM mit der "MM-Box"
korrespndiert, die sich in allen deutschen Geldautomaten befindet
(12).
Über seine Funktionsweise gibt es nur geheimnisvolle Andeutungen.
Nach den verschiedenen Andeutungen handelt es sich um eine Substanz, die
sich im Kartenkörper befindet. Der Hersteller G&D verrät uns, dass die
Substanz verschiedene Codes wiedergeben kann. Dieser Code wird
verglichen mit den Daten vom Magnetstreifen, so dass damit die Echtheit
geprüft werden kann. kartensicherheit.de verrät uns nicht nur, dass für
das Prüfverfahren die MM-Box zuständig ist, sondern dass sich auch ein
besonderer MM-Code auf dem Magnetstreifen befindet
(13).
Nach G&D handelt es sich dabei um einen Prüfwert.
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In
EP 1 156 934 B1 wird ein Wertdokument offenbart,
welches wenigstens ein optisch variables Material und wenigstens
einen maschinenlesbaren Merkmalstoff enthält, wobei der
Merkmalstoff in Form einer Codierung oder einer alphanumerischen
Information vorliegt und das optisch variable Material ein
Pigment ist. Dabei darf der maschinenlesbare Merkmalstoff den
sichtbaren optisch variablen Effekt des optisch variablen
Materials nicht beeinträchtigen. Der maschinenlesbare
Merkmalstoff kann u.a. ein Lumineszenzstoff, ein elektrisch
leitfähiges Polymer, Ruß und dergleichen sein. Diese werden in
der Regel alternativ eingesetzt. ...
(14)
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Über die
"geheimnisvolle Substanz" wissen wir von G&D nur, dass sie unsichtbar
ist.
Maschinenlesbare Merkmale in Banknoten werden mit Sensoren ausgelesen
(15).
Als Beispiele dafür werden genannt Metallfasern und Merkmalstoffe
(MM-Features)
(16).
Der Begriff "Merkmalstoff" führt uns über
freepatentsonline.com zur Beschreibung des betreffenden Patents von
G&D
(17).
Dort werden die verschiedenen Formen, Vor- und Nachteile von
Merkmalstoffen diskutiert.
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(1)
Update für
EC-Karten, c't 4/2010, S. 54
(2)
EC-Karten-Probleme bei Händlern in Deutschland gelöst, c't
08.01.2010
(3)
Banken planen Umprogrammierung fehlerhafter EC-Karten, c't
11.01.2010
(4)
ebenda
(3)
(5)
EC-Karten-Update soll Fehler beheben, c't 3/2010, S. 53
(6)
ebenda
(1)
(7)
Glossar bei
Giesecke & Devrient;
Grafik: Ausschnitt aus der Werbung von G&D
(8)
Glossar bei
Giesecke & Devrient
(9)
Convego Element – die sichere Lösung für Ihre EMV-Chip-Migration
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(10)
siehe Kapitel Fälschungssicherung im
Arbeitspapier Skimming,
S. 7.
(10a)
Daniel Bachfeld, Phish & Chips, Angriff auf das
EMV-Verfahren bei Bezahlkarten, c't 6/2010
(11)
Maschinenlesbares Merkmal, ebenda
(10);
siehe auch
Jürgen Naumann, Betrug im Zahlungsverkehr: Formen und
Gegenmaßnahmen, Uni Leipzig 2009, S. 10
(12)
MM-Merkmal - das Sicherheitsmerkmal in deutschen ec-Karten
(13)
Das MM-Verfahren
(14)
MACHINE-READABLE SECURITY ELEMENT FOR SECURITY
PRODUCTS,
freepatentsonline.com
(15)
aaO
(8)
(16)
Sicherheitsmerkmale, Landqart AG 01.07.2009, S. 3
(17)
Wertdokument
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