Kritiker
klagen, dass Händler den Markt manipulieren, zu Lasten der kleinen
Investoren, und im schlimmsten Fall eine neue globale Finanzkrise
provozieren könnten.
Donefer ... fürchtet, dass automatisierte Hochfrequenzgeschäfte
zu einer etwas kleineren Version des Börsenabsturzes von 1987 führen
könnten, als der Markt an einem einzigen Tag um 22 Prozent einbrach.
Die Lawine
könnte genauso gut nicht nur durch falsche strategische Überlegungen
ausgelöst werden, sondern durch ganz simples menschliches Versagen:
Jemand könnte versehentlich den falschen Knopf einmal zu oft drücken –
was Börsenmakler das "Fat Finger Syndrome" nennen – oder beim
Programmieren einen Algorithmus verpfuschen.
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Unter dem
Titel "Börse auf Speed" berichtet Bryant Urstadt in
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über den Automatisierten Handel
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mit Wertpapieren. Dabei geht es darum, unter dem Einsatz
leistungsfähiger und vor allem schneller Informations- und
Kommunikationstechnik minimale Kursunterschiede auf dem weltweiten Markt
für Wertpapiere durch blitzschnelle Käufe und Verkäufe zum Profit zu
nutzen.
Den von Urstadt vorgestellten Protagonisten geht es niemals um
langfristige Kapitalanlagen, sondern immer nur um das schnelle Geld.
Gefragt sind nicht geschulte und weitsichtige Menschen, sondern nur die
Technik und besonders die ausgefeilten Auswertungsprogramme, die dazu
eingesetzt werden
(4):
Wenn alles gut geht, liegt am Feierabend sein Aktienbestand bei
null. Am nächsten Tag beginnt das Spiel dann wieder von vorn.
Eine besondere Spielart davon ist der Blitzhandel (Flash-Order):
Bei diesen werden die Computer für Millisekunden vor den anderen
Marktteilnehmern über einen Kauf- / Verkaufsauftrag informiert und haben
so die Möglichkeit diesen anzunehmen und sofort durch minimale
Preisaufschläge weiter zu verkaufen.
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Unabhängig vom Profit stellt sich die Frage, welchen Sinn der
Blitz-Handel macht:
Narang,
aber auch Forscher wie Donefer sagen, dass der automatisierte Handel
sein Geld durch das Bereitstellen einer Dienstleistung verdient:
Liquidität. Im heutigen stark dezentralisierten Markt sei ihr System
schlicht der beste Weg, Käufer und Verkäufer aufeinander abzustimmen,
sagen die Befürworter. Weil sie aus den kleinen Differenzen zwischen den
Preisen, zu denen ein Verkäufer bereit ist zu verkaufen und ein Käufer
bereit zu kaufen, Kapital schlagen, bleiben die Unterschiede auch klein.
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Die
klassische Politische Ökonomie fragt jedenfalls danach, wie sich das
private Wohl zum Gemeinwohl stellt. Entstanden sind daraus
Naturrechtsphilosophien (Mill, Smith u.a.), die die private Freiheit in
den Vordergrund und damit ein Gegengewicht zum feudalen
Totalitarismus stellten.
Bei aller Kritik erkannte Marx die ökonomische Logik an, die mit der
Schaffung von Aktiengesellschaften große Kapitalmengen vereinten, um
teure Industrieprojekte zu realisieren. Dasselbe gilt für Hilferding,
der das Finanzkapital analysierte.
Der
heutige Wertpapierhandel scheint jeden Bezug zum realen Handel verloren
zu haben. Er reagiert auf prominente Ereignisse
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und führt zu Preisen, die mit wirtschaftlicher Logik, Bilanzzahlen und
strategischer Unternehmensausrichtung nichts mehr zu tun haben
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So platzte vor 10 Jahren die Spekulationsblase
(8),
weil jedes Hirngespinst in Bezug auf die Informationstechnik und das
Internet zu horrenden Börsenkursen geführt hatte. Unlängst platzte die
Immobilien-Finanzierungs-Blase.
Mir drängt
sich der Eindruck auf, dass der Automatisierte und besonders der
Blitz-Handel nur sich selber nutzt und sich deshalb durchgesetzt hat,
weil er auch von den anderen Profiteuren genutzt wird. Die beschworene
Liquidität ist keine produktive, die sich in Waren oder Arbeitsplätzen
auszahlen würde, sondern eine reine Handelsliquidität, die sich auf den
Wertpapiermarkt beschränkt.
Einen Bezug zur realen Welt haben solche Geschäfte spätestens dann,
wenn sie platzen und der Schrei nach Subventionen und staatlichen
Bürgschaften laut wird.
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