Die eCrime-Schwarzmärkte bleiben auch zukünftig das ökonomische
Rückgrat der Schattenwirtschaft. G Data beobachtet seit der Zerschlagung
der „1337 Crew“ eine zunehmende Abschottung durch unterschiedliche
Mechanismen, wie beispielsweise Aufnahmegebühren oder ausgeklügelte
Reputationssysteme. Nach einem Preisverfall im vergangenen Jahr, haben
sich die eCrime-Märkte zugunsten der Täter erholt. Das Angebot für
kriminelle Dienstleistungen, Malware oder im Bereich Datenhandel ist
immens groß. Im Bereich Kreditkartenbetrug beobachtet G Data eine
Ausweitung des Produktportfolios um professionelle Carding-Hardware.
Gerade in diesem Bereich sind weitere Aktivitäten und Services zu
erwarten.
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 Im
Anschluss an ihren bemerkenswerten Bericht über die Schattenwirtschaft
im Internet vom August 2009
(2)
haben Ester und Benzmüller die Basare
(3)
weiter beobachtet und jetzt ihr "Update 04/2010" veröffentlicht
(4).
Nachdem das
Elite-Forum zerschlagen worden ist (auch: 1337 Crew)
(5),
haben sich neue Boards gebildet, um dessen Nachfolge anzutreten. Die
Crämer setzen ihre Geschäfte unvermittelt fort. Eine aktuelle Preisliste
belegt, dass gehackte Spiele-Accounts für 5 bis 18 €, SIM-Karten im
Bundle für 1 € das Stück und PayPal-Konten für wenig Geld (20 € bei einem
Guthaben von 1.290,71 €) zu haben sind. Am teuersten sind gehackte
Packstationen
(6)
für den Warenbetrug, die bis zu 50 Euro kosten
(7). Bedruckte Kreditkartenrohlinge mit Hologrammen kosten zwischen 45 und
150 US-$, Kartendrucker von 450 bis 3.500 US-$ und ganze Skimming-Sets
bis zu 10.000 US-$
(8).
Um die
Nachfolge des Elite-Forums wurden erbitterte Kämpfe geführt. Die
Konkurrenten schossen sich teilweise gegenseitig ab
(9).
Um sich
besser gegen die Strafverfolgung und Betrüger in den eigenen Reihen [Scammer
(10)]
zu schützen, wurden Aufnahmegebühren oder Referenzen gefordert
(11). In
einzelnen Fällen wurden auch keine neuen Mitglieder mehr aufgenommen
(12).
Die Autoren
beschreiben interessante Einzelheiten über die Geschäftspraktiken eines
Boards
(13).
Neben der Aufnahmegebühr für jedes Mitglied (zum Beispiel 10 € per
PaySafeCard) konnten sie bislang zwei verschiedene Arten von
Verkaufslizenzen im Board erwerben:
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Monopollizenz (Patent); berechtigt zum exklusiven Verkauf einer
Warengruppe (zum Beispiel gehackte Kreditkarten) und kostete mehrere
Hundert Euro.
Shop-Lizenz; berechtigt zum Verkauf beliebiger Leistungen mit Ausnahme
der Monopol-Dienste und war günstiger zu bekommen.
Mittlerweile gibt es nur noch normale Händlerlizenzen. Die so
genannten Verkaufspatente wurden
abgeschafft. Nun muss jeder Verkäufer einen Betrag zahlen, um die
Verkaufsberechtigung
zu erhalten. Das Prinzip spült Geld in die Board-Kasse und soll vor
internen Scammern, Betrügern,
schützen.
(14)
Es seien
neue Webshops entstanden, schreiben die Autoren, und einige "etablierte"
seien weiterhin tätig. Ihre Betreiber könnten die Betreiber der Boards
selber oder jedenfalls in deren Umfeld angesiedelt sein
(15).
Am Fall des
„1337 Crew“ Forums haben viele Mitglieder im
Untergrund erkannt, dass sie nicht so sicher sind, wie es wohl viele von
ihnen gedacht hatten.
Viele Onlinekriminelle haben sich auch aus dem Untergrund-Tagesgeschäft
zurück gezogen,
vielleicht nur temporär, um nicht „mit laufendem Rechner“ von der
Polizei erwischt zu werden.
(16)
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PaySafeCard.com unter DDoS
Published on 02-18-2010 17:14
Nach dem PaySafeCard.com PSC's mit Passwort fast wertlos machten , da man
nun den Bon brauchte um das PW zu ändern bzw. mit PW zu benutzen ,
wollte sich das einige Mitglieder dieser Scene nicht gefallen lassen und
schlagen nun zurück. Zum DDoS auf http://www.paysafecard.com/ wird
aufgerufen ,egal wie groß das Botnetz ist.
(20) |
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"PaySafeCard"
- PSC - ist keine Karte im herkömmlichen Sinne, sondern ein Guthabenkonto aufgrund
einer Einmalzahlung
(17).
Sie wird an einer Verkaufsstelle geleistet, an einer Tankstelle, Kiosk,
Post, Lotto-Annahmestelle oder Automat. Dafür bekommt der Einzahler eine
16-stellige PIN genannt, die meistens auf einem Bon ausgedruckt ist.
Das Guthaben berechtigt zum Einkauf in den Webshops, die sich PSC
angeschlossen haben. Dem Kunden entstehen keine zusätzlichen
Transaktionskosten. Nur dann, wenn er sich das Guthaben wieder auszahlen
lassen will, kostet das eine Bearbeitungsgebühr von 5 €.
PSC ist aber ein echtes, also anonymes PrePaid-System, so dass das
Guthaben beliebig gehandelt und übertragen werden kann. Das macht PSC in
der Schattenwirtschaft so beliebt. Unabhängig von Grenzen und
Entfernungen kann der Einzahlungsbetrag einfach dadurch übertragen
werden, dass dem Empfänger die PIN der "Card" mitgeteilt wird.
Unterstützt
wird das durch ein Sicherheitssystem, das PSC anbietet. Der Erwerber des
Guthabens kann mit der PIN ein Webportal aufrufen und dort die PIN mit
einem zusätzlichen Kennwort schützen. Bei der Übertragung übermittelt er
dann nicht nur die PIN, sondern auch das Kennwort. Der neue Inhaber kann
jetzt das Kennwort ändern und ist dadurch der exklusive Inhaber des
Einzahlungsbetrages
(18).
Auch in der Szene gilt: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Erst
wenn der neue Inhaber das Kennwort geändert hat, kann er sicher sein,
dass der alte Guthabeninhaber nicht doch lecker einkauft und das
Guthaben verbrät.
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Dieses
Verfahren hat PSC am 18.02.2010 abgeschlossen. Das Kennwort kann seither
nicht mehr nachträglich geändert werden, wenn sich der Inhaber nicht mit
dem ausgedruckten Bon legitimiert
(19).
"Sicherer" Zahlungsverkehr durch Übertragung des Guthabens ist dadurch
eingeschränkt.
Die
Hackerszene reagierte empört und rief zum DDoS-Angriff gegen PSC auf
[siehe
Kasten links,
(20)].
Es kam zu längeren Ausfallzeiten (Downtime) der PSC-Homepage, wobei
jedoch nicht bekannt ist,
ob es schlussendlich durch die Angriffe begründet war, oder durch
Wartungsarbeiten, wie offiziell
verlautbart.
Nur einen Tag nach den DDoS-Aufrufen, am 19.02.2010, revidierte der
Bezahldienstleister seine
neue Passwortpolitik. Zum 22.2.2010 sollte eine Einrichtung und Änderung
eines Passworts auch
wieder ohne die Einsendung des Kassenbons möglich werden.
(21)
Das wurde von der Szene freudig begrüßt
(22).
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Das Bild
von der Cybercrime-Szene, das ich im
Basar für tatgeneigte Täter
gezeichnet und im Arbeitspapier Cybercrime
(23)
wieder aufgenommen habe, wird von dem neuen Bericht von Ester und
Benzmüller nicht nur bestätigt, sondern weiter verfeinert.
Die
Cybercrime-Szene besteht offenbar aus verschieden organisierten
Beteiligten.
Die Masse besteht aus kaltschnäutzigen, selbstsicheren und
bedenkenlosen Geschäftemachern und Trittbrettfahrern, also
Einzelpersonen, die keine Skrupel haben, kriminelle Dienste zu nutzen
und im kleinen Stil auch anzubieten. Das geschieht außerhalb der
Webshops in den Foren, die den Hauptteil des Basars bilden.
Die Web-Kaufleute verdienen ihren Lebensunterhalt mit illegalen
Angeboten - meistens mehr schlecht als recht. Sie sind bereit, in ihre
Verkaufsplattformen zu investieren, und handeln damit auf längere Sicht.
In anderen Worten: Gewerbsmäßig.
Unter den Web-Kaufleuten scheint es auch richtig erfolgreiche zu
geben, quasi Großhändler. Sie benötigen nicht nur eine Plattform,
sondern auch eine gewerbsmäßige Struktur. Es dürfte sich bei ihnen um
Operating Groups handeln
(24),
die aus mehreren Personen bestehen, die ihrerseits eine Kleinbande
bilden. Diese Gruppen haben einen fließenden Übergang zu den
organisierten Internetverbrechern
(25).
Organisierte Internetverbrecher in diesem Sinne sind hingegen die
Betreiber der Boards und ihr "Umfeld", worauf Ester und Benzmüller zart
hingewiesen haben. Sie richten sich im Internet so ein, dass sie selber
ungestört kriminelle Geschäfte betreiben oder aus den Straftaten anderer
ihren Gewinn ziehen können.
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Wer zum
DDoS-Angriff auf PSC aufgerufen und welche Stellung er in der Szene
hat, weiß ich nicht. Es kann sich um einen Brüllaffen ebenso handeln wie
um einen angesehenen Insider.
Die Fakten sprechen jedoch für sich: Ein verteilter Angriff gegen PSC
scheint wirklich stattgefunden zu haben und das Unternehmen ist danach
eingeknickt.
Western
Union, PayPal und PaySafeCard sind keine kriminellen Unternehmen, die
sich auf Geldwäsche und die Sicherung krimineller Gewinne ausgerichtet
haben.
In der Rückschau belegen sie aber, dass ihre Folgenabschätzungen
entweder leichtfertig und unbedarft oder so waren, dass sie im Interesse
ihres Erfolges Bedenken beiseite geschoben haben. Ihre Dienste lassen
sich zur Geldwäsche und von der Schattenwirtschaft nutzen. Dessen
ungeachtet haben sie keine oder kaum Vorkehrungen getroffen, um dem
vorzubeugen.
Western Union hat schon vor einigen Jahren darauf reagiert und
verlangt jedenfalls in Deutschland die Identifikation seiner Kunden. PSC
hat jetzt erfahren, wie gefährlich das Umfeld ist, auf das sich das
Unternehmen eingelassen hat.
Beide Beispiele geben deutliche Signale an alle, die neue
Geschäftsmodelle im Waren- und Finanzverkehr entwickeln: Nicht nur
Aufwand und Gewinn sind ausschlaggebend, sondern auch die Absicherung
gegen missbräuchliche Nutzung. Nicht der Missbrauch selber mindert den
Gewinn, sondern die Schadensbegrenzung hinterher: Ansehensverlust,
Kosten für die Vertretung in Rechtssachen, staatliche Regulierung.
Das passt noch nicht zur New Economy, die sich eher in visionären
Höhenflügen und Seifenblasen äußert. Die Handwerkzeuge der
Betriebswirtschaft, vor allem das Controlling und das Risikomanagement,
bleiben dabei offenbar außen vor. Vom Krisenmanagement ganz zu
schweigen.
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(1)
Thorsten Urbanski, Schattenwirtschaft im Wandel, G
Data 04.05.2010 (am Ende).
(2)
Sicherheitsstudien von G Data und McAfee, 03.10.2009;
Marc-Aurél Ester, Ralf Benzmüller, G
Data Whitepaper 2009. Underground Economy, 19.08.2009
(3)
Basar für tatgeneigte Täter, 11.04.2010
(4)
Marc-Aurél Ester, Ralf Benzmüller, Whitepaper 04/2010. Underground Economy - Update 04/2010,
G Data 22.04.2010
(5)
Basar für tatgeneigte Täter, 11.04.2010
(6)
Carding, 22.11.2008
(7)
(4), S. 4;
Grafik bei G Data.
(8)
(4), S. 5;
Grafik bei G Data.
(9)
(4), S. 8;
Hacker
cracken Carder-Forum, 23.05.2010.
(10)
der Basar, 11.04.2010
(11)
(4), S. 9.
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(12)
(4), S. 8.
(13)
ebenda
(14)
ebenda
(15)
(4), S. 9.
(16)
Ebenda. Einigen Beschuldigten ist es bei der Elite-Razzia tatsächlich
passiert, dass sie am PC sitzend von der Polizei bei ihren Geschäften im Board
erwischt wurden.
(17)
Paysafecard
(18)
Grafik bei G Data
(19)
(4), S. 6 f.
(20)
(4), S. 7,
Grafik bei G Data.
(21)
(4), S. 7
(22)
(4), S. 8
(23)
Arbeitspapier Cybercrime
(24)
spezialisierte Zwischenhändler, 07.08.2008
(25)
Typenlehre nach McAfee:
erste Typenlehre, 27.07.2008.
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