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Die
Rechtsprechung verlangt nach einer wirtschaftlich untermauerten
Berechnung des Vermögensschadens im Zusammenhang mit der Untreue (
§ 266 StGB) und dem Betrug (
§ 263 StGB)
(1).
Sie löst sich gleichzeitig von der klassischen Unterscheidung zwischen
dem unmittelbaren Schaden, der sich zum Beispiel aus dem Betrag einer
unbaren Zahlung ergibt, und dem Folgeschaden, der sich zum Beispiel aus
den zusätzlichen Kosten für die Wiederbeschaffung, für die
Rechtsverfolgung oder Drittforderungen (Gebühren, Kreditzinsen) ergibt.
Das BVerfG verweist dazu auf die handelsrechtlichen
Bewertungsvorschriften, die die Werthaltigkeit von Forderungen und
Rückstellungen für absehbare Aufwendungen betreffen
(2).
Bei genauer Betrachtung tritt beim Cashing, also beim
missbräuchlichen Einsatz gefälschter Zahlungskarten mit
Garantiefunktion, unmittelbar ein Schaden an drei Stellen ein:
Beim Betreiber des Geldautomaten wegen des technischen Risikos aus dem
Betrieb des Geldautomaten und des Rückgriffsrisikos im europäischen
Bankenverbund bei mangelhaften Sicherheitsvorkehrungen
(3).
Bei der kartenausgebenden Bank wegen des technischen Risikos, wenn sie
zum Beispiel auf den EMV-Chip verzichtet, und wegen des Bonitätsrisikos
in Bezug auf ihren Kunden.
Schließlich beim Kunden selber, dessen Verfügungsrahmen bei der
Autorisierung unmittelbar verringert wird.
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Der mit der Vermögensverfügung unmittelbar eingetretene
Vermögensschaden ist durch das Verlustrisiko zum Zeitpunkt der
Vermögensverfügung bestimmt. Dies stellt hinsichtlich des
Straftatbestands einen endgültigen Schaden dar und nicht nur
eine (schadensgleiche) Vermögensgefährdung. Die Höhe des
Vermögensnachteils zum Zeitpunkt der Verfügung ist nach
wirtschaftlichen Maßstäben zu bewerten.
(4) |
Betrachtet man die Werthaltigkeit der Forderungen, so tritt der
größte Schaden direkt beim Bankkunden ein, dessen Autorisierungsdaten
missbraucht werden. Der aus seinem Guthaben und dem Überziehungskredit
bestehende Verfügungsrahmen wird unmittelbar durch die Autorisierung
verringert und spätestens beim Clearing, also dem Forderungsausgleich
zwischen den beteiligten Banken und ihren Verbünden, endgültig
manifestiert. Nur auf diesen Schaden ist nach der Rechtsprechung des BGH
abzustellen
(4).
Daraus folgt, dass der strafrechtliche Schaden beim Cashing in voller
Höhe des Auszahlungsbetrages und der Gebühr zulasten des Bankkunden
unmittelbar dann eintritt, wenn die Auszahlung genehmigt wird.
Der spätere Schadensausgleich erfolgt im Rahmen der bestehenden
Risikoverteilung und hat einen versicherungsähnlichen Charakter.
Weitere Einzelheiten:
Schadenseintritt beim Cashing
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(1)
BVerfG: Bezifferter Gefährdungsschaden, 15.08.2010
(2)
BVerfG, Beschluss vom 23.06.2010 - 2 BvR 2559/08,
105/09, 491/09, Rn. 143
(3)
Der Rückgriff kann dann erfolgen, wenn die ausgespähte Originalkarte
zwar mit einem EMV-Chip ausgestattet ist, der Geldautomat aber nur den
Magnetstreifen ausliest.
(4)
BGH, Beschluss vom 18.02.2009 - 1 StR 731/08
(Leitsatz)
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