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Dezember 2010
25.12.2010 10-12-39 WikiLeaks. Targeting
     
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Baupläne für Massenvernichtungswaffen, die Dateien von Banken und ihren Anwälten, die Akten des Vatikans über das, was er seit tausend Jahren so treibt. Die geheimen Unterlagen über Gefängnisbesuche des Roten Kreuzes. Interne Dokumente aus Steuerbehörden. Aber so etwas wird sehr stark bewacht. (1)
Julian Assange ist ein sehr guter Unterhalter. Mit sehr guter Stimme. Ein hübscher Kerl, der durch sein Verhalten sehr verführerisch sein kann. Er hat dieses Charisma entwickelt, um Leute dazu zu bringen, für ihn umsonst zu arbeiten und ihm Geld zu geben. Er ist ein sehr effektiver Promoter seines Geschäfts. (1)
 

10-12-39 
WikiLeaks ist keine gemeinnützige Veranstaltung, sondern die praktische Umsetzung eines Geschäftsmodells zur Erzielung schnellen und großen Gewinns. Das ist die Einschätzung von John Young, der an der Gründungsphase von WikiLeaks beteiligt war und seinerseits die Wistleblower-Seite Cryptome.org betreibt (1).

Er spricht offen an, dass WikiLeaks vorrangig Informationen verkauft und sich dazu der Methoden des "Cyber-Untergrundes" bedient. Dabei beschränkt er sich darauf, verschlüsselte Webseiten und Kommunikation zu benennen, was nicht viel sagt.

Die als "geheim" und "sehr geheim" eingestuften diplomatischen Depeschen hält Young für wenig brisant. Nach seinem Eindruck hält WikiLeaks die wirklich interessanten Dokumente noch zurück, um mit ihnen zunächst den Schwarzmarkt abzuschöpfen. Brisant und künftig zu erwarten seien andere Dokumente (siehe links oben).

Ich gebe zu, dass mich die Akten des Vatikans auch interessieren würden. Ein Interesse der Öffentlichkeit an der Veröffentlichung von Bauplänen für Massenvernichtungswaffen wage ich hingegen zu bezweifeln. Man muss wirklich nicht alles veröffentlichen (2).

Das Interview entzaubert WikiLeaks und ist damit der bislang schärfste Angriff gegen die Plattform, weil der Robin-Hood- Nimbus von Assange und seinen Leuten schwer angekratzt wird. Die WikiLeaks-Unterstützer müssten sich deshalb fragen lassen, was sie eigentlich unterstützen und wem das am Ende nutzt.
 

10-12-40 
 Zielgerichtete Werbung ist doppelt so wirksam wie die gestreute. Die Rede ist von dem "Targeting", worunter die Branche eine Werbung versteht, die auf den potentiellen Kunden persönlich ausgerichtet ist (3).

Dabei beschränkt sich die einfachste Form auf die Platzierung von Werbung in einem redaktionell passenden Umfeld. Früher nannte man das nicht "Content Targeting" sondern Schleichwerbung. Das semantische Targeting geht einen Schritt weiter und wirbt nur an den Stellen, die den größten Erfolg und Anreiz des Empfängers erwarten lassen.

Erst wenn zur Werbung individuelle Daten heran gezogen werden, kann sie wirklich auf den Punkt kommen. Ihre Quellen sind:

Benutzerprofile, die der Empfänger selber angelegt hat ( datenbankfreundliche Türsteher).

Cookies geben Auskunft über die Seiten eines Webportals, die der Empfänger bereits aufgesucht hat. Daraus lassen sich seine Neigungen und Interessen ableiten.

Diese Bewertung und die Auswertung der Daten, die der Browser offenbart (Typ, Aktualität, Einstellungen), verfolgen Werbefirmen über mehrere Anbieter hinweg und erstellen daraus ein recht treffsicheres Verhaltensprofil (Behavioral Targeting).

Die Werber hätten nur Probleme damit, die Profile aus verschiedenen Quelle einer Person zuzuordnen. Das wundert, verfügt doch jeder PC über eine eigene MAC-Kennung (4), die man nur auslesen und speichern muss.

Zur Erinnerung: Früher, in der Scheibenwelt, sprach man nicht vom "Zieling", sondern ganz allgemein vom Data Mining. Ich sag ja nur ...
 

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(1) Gordon Bolduan, "Nur eine Art Aufwärmen". Interview mit John Young, Technology Review 23.12.2010; erstes Zitat: Seite 2 (am Ende).

(2) Differenzierte Position: Harald Neuber, "Der Protest war im Netz lauter als auf der Straße". Interview mit Konstantin von Notz, Telepolis 24.12.2010
 

 
(3) Frank Puscher, Wiedersehen. Umstrittene Werbeverfahren: Behavioral und Retargeting, ix 01/2011

(4) Media Access Control

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© Dieter Kochheim, 11.03.2018