Vor Kurzem
hat das BVerfG das Thema wieder aufgenommen und die Frage erörtert, ob
Beweismittel, die rechtswidrig erhoben wurden, zur Begründung eines
Durchsuchungsbeschlusses herangezogen werden dürfen
(6).
Mit vielen Quellenverweisen stellt das Gericht zunächst (und wiederholt)
klar, dass
von Verfassungs wegen kein Rechtssatz des Inhalts <besteht>,
dass im Fall einer rechtsfehlerhaften Beweiserhebung die Verwertung
der gewonnen Beweise stets unzulässig wäre <Rn 43> und dass
die
Strafgerichte ... in gefestigter, verfassungsrechtlich nicht zu
beanstandender Rechtsprechung davon <ausgehen>, dass dem
Strafverfahrensrecht ein allgemein geltender Grundsatz, demzufolge jeder
Verstoß gegen Beweiserhebungsvorschriften ein strafprozessuales
Verwertungsverbot nach sich zieht, fremd ist, und dass die Frage jeweils
nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach der Art des
Verbots und dem Gewicht des Verstoßes unter Abwägung der
widerstreitenden Interessen zu entscheiden ist <Rn 44>.
Nach ausführlichen Erörterungen zur Verwirklichung des Rechtsstaats
schließt das BVerfG:
Ein
Beweisverwertungsverbot ist von Verfassungs wegen aber zumindest bei
schwerwiegenden, bewussten oder willkürlichen Verfahrensverstößen, bei
denen die grundrechtlichen Sicherungen planmäßig oder systematisch außer
acht gelassen worden sind, geboten, wobei
ein
absolutes Beweisverwertungsverbot ... nur in den Fällen anerkannt <wird>,
in denen der absolute Kernbereich privater Lebensgestaltung berührt ist
<Rn 45>.
Ein
relatives Beweisverwertungsverbot bezieht sich auf die Beweiserhebung
und
-verwertung im Einzelfall. Es zeigt aber keine Fernwirkung und die
bemakelten Beweise können zur Begründung anderer Eingriffsmaßnahmen
herangezogene werden
(7).
Im
abschließenden Teil setzt sich das BVerfG damit auseinander, ob die auf
einer "Steuer-CD" aus Liechtenstein gespeicherten Daten zu einem
absoluten Verwertungsverbot führen können, und verneint diese Frage
ebenso wie die nach einem Verstoß gegen das Trennungsgebot, weil der
ausländische Informant die CD zunächst dem Bundesnachrichtendienst
übergeben hatte und vom BND an die Strafverfolgungsbehörden
weitergegeben wurden. Im Ergebnis sieht sich das BVerfG nur in der
Pflicht, die vefassungsrechtliche Willkürkontrolle auszuüben. Die
möglicherweise (einfachrechtliche) rechtswidrige Beschaffung der Daten,
die reine Kurierrolle des BND und der möglicherweise begangene Verstoß
gegen das Völkerrecht hat jedenfalls kein absolutes
Beweisverwertungsverbot ausgelöst <Rn 48 ff>.
Mit der
Frage nach der Verwertung von Steuerdaten hat sich vor allem das
Landgericht Bochum auseinandergesetzt
(8)
und den Standpunkt vertreten, dass ihre Herkunft kein absolutes
Verwertungsverbot berührt
(9).
Das Landgericht nimmt dazu auch Bezug auf eine frühere Entscheidung des
BGH
(10).
Der hatte zwar ein völkerrechtliches Verwertungsverbot anerkannt, aber
nur
wenn und
sobald der ersuchte Staat eindeutig zum Ausdruck gebracht hat, dass er
einer solchen Verwertung widerspricht und die Rechtshilfe verweigert,
und wenn er nach dem Rechtshilfeübereinkommen und zusätzlichen
Vereinbarungen zu einer solchen Verweigerung berechtigt ist. Das
ist ein staatsrechtliches und kein verfassungsrechtliches
Verwertungsverbot, das nicht dem Grundrechtsschutz dient:
Auf die
Unterlassung hat ein Beschuldigter ... keinen individualrechtlichen
Anspruch.
Von der Grundaussage her hat sich dem der BGH auch in jüngerer Zeit
angeschlossen
(11):
Ein
Verwertungsverbot ließe sich auch aus einer Überschreitung der
Rechtshilfebewilligung nicht herleiten. Die Erledigung der
Untersuchungshandlung könnte in diesem Fall zwar deutsche Hoheitsrechte
berühren (...). Für den betroffenen Staat selbst wäre ein solcher
Eingriff aber disponibel. Noch einschränkender hat sich der BGH
2007 geäußert
(12):
Der Spezialitätsvorbehalt des Rechtshilfe gewährenden Staates kann zwar
die Strafverfolgung einzelner Taten einschränken <Rn 20>, nicht aber die
Verwertung beschlagnahmter Unterlagen, wenn sie zunächst unbeschränkt
überlassen wurden.
Unterbleibt
die nach dem Wiener Konsularrechtsübereinkommen vorgesehene Belehrung
des Festgenommenen, tritt zwar kein Beweisverwertungsverbot wegen der
von ihm gemachten Angaben ein. Der Verstoß gegen das Völkerrecht muss
aber bei der Strafzumessung kompensiert werden
(13).
Mit dieser Entscheidung hat der BGH die Vollstreckungslösung eingeführt,
bei der menschenrechtsverletzende Verfahrensverstöße durch die
Feststellung der teilweisen Vollstreckungserledigung kompensiert werden.
Der darin zum Ausdruck kommende Rechtsgedanke ist meines Erachtens nicht
auf völkerrechtliche Verstöße gegen Rechtshilfeabkommen anzuwenden, weil
diese keine Individualrechte gewähren, sondern schlichtes
zwischenstaatliches Recht sind.
Im Ergebnis
ist festzustellen, dass ausländische Erkenntnisse auch in inländischen
Strafverfahren verwertet werden können, auch wenn ihnen eine förmliche
Genehmigung im Wege der Rechtshilfe fehlt. Auf jeden Fall können die
Vorschriften über die Rechtshilfe keine Individualrechte schaffen, weil
sie sich auf den zwischenstaatlichen Umgang beschränken. Anderes gilt
nur dann, wenn durch völkerrechtliche Abkommen ausdrücklich
Individualrechte geschaffen werde. Beispiele dafür sind die Europäische
MRK und das WKÜ.
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