Update:
Wenn die Kartendaten an verschiedenen Geldautomaten und an verschiedenen
Tagen ausgespäht werden, dann besteht grundsätzlich Tatmehrheit. Das
gilt jedenfalls dann, wenn die gefälschten Karten zeitnah zum Cashing
eingesetzt wurden.
BGH, Urteil vom 07.03.2012 - 1 StR 656/11 |
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01.03.2012
Garantiefunktion: ja.
Täterschaft beim Cashing: nein.
Eigentlich
ist es ein alter Hut: Auch Debit-Karten, zum Beispiel solche mit
Maestro-Label, sind Zahlungskarten mit Garantiefunktion im Sinne von
§
152b Abs. 4 StGB, weil sich die Karten ausgebende Bank gegenüber dem
"dritten" Akzeptanten zu einer garantierten Zahlung verpflichtet, sobald
von ihrem Rechenzentrum der Genehmigungscode "0" gesendet wurde. Die
höchste Rechtsprechung hat das bislang kommentarlos hingenommen.
Meine
Position habe ich aus der Rechtsprechung abgeleitet, die zu anderen
Fragen entstanden war:
Dieter
Kochheim, Skimming #3.03, Januar 2012, S. 30 (Garantiefunktion).
Der BGH hat
jetzt sein Schweigen gebrochen und meine Auffassung bestätigt,
BGH, Beschluss vom 13.10.2011 - 3 StR 239/11, Rn 3
(veröffentlicht am 29.02.2012):
Die
Maestro-Karte ist 2002 an die Stelle der Euroscheck-Karte getreten. Für
letztere war bis dahin anerkannt, dass es sich um eine Zahlungskarte im
Sinne des § 152a Abs. 1, 4 StGB aF (Zahlungskarte mit Garantiefunktion)
handelte. Für die Maestro-Karte gilt nichts anderes. Es handelt sich um
eine Karte, die im "Drei-Partner-System" eingesetzt wird, also auch
gegenüber anderen als dem Aussteller der Karte benutzt werden kann. Es
besteht die Möglichkeit, mit der Karte den Aussteller im Zahlungsverkehr
zu einer garantierten Zahlung zu veranlassen: Nutzt der Karteninhaber
die Karte am Geldautomaten einer dritten Bank, so ist die
kartenausgebende Bank verpflichtet, den abgehobenen Betrag an die
Betreiberin des Geldautomaten zu erstatten (...). Solche Karten sollten
nach dem Willen des Gesetzgebers von
§ 152b Abs. 4 StGB erfasst werden (...). Dass es möglich
ist, die Karte auch auf eine Weise zu nutzen, in der eine Zahlung von
der ausgebenden Bank nicht garantiert wird, ist unerheblich (...).
Dabei geht
es um die Strafbarkeit der Skimmer, die die PIN und Kartendaten
ausgespäht und miteinander verknüpft und dann den Fälschern und Cashern
zugeliefert hatten <Rn 7>. Nach 2 Tagen begann das Cashing und der BGH
sieht in dieser Entscheidung die Skimmer als Gehilfen zum Fälschen und
Gebrauchen in einem einmaligen Fall an. Mit anderen Worten: Ungeachtet
der Anzahl der Unterstützungshandlungen der Skimmer für die ausführenden
Täter stellt sich für die Skimmer das Cashing als einheitlich und
unbeeinflussbare Einheit dar, an der sie sich mit einer Tat, aber eben
nur als Gehilfen beteiligen.
Dass in
arbeitsteiligen Skimmingbanden der Versuch des Fälschens bereits bei der
Datenübermittlung an die Fälscher und Casher beginnen kann, bleibt in
dieser Entscheidung unerwähnt. Denn die Skimmer können durch ihre
Beteiligung am Versuch auch normalen Volltätern und dadurch zu den
Beteiligten einer Verbrechensabrede werden:
Versuch
der Fälschung, 21.02.2011;
BGH, Urteil vom 27.01.2011 - 4 StR 338/10.
Wegen der Verbrechensabrede:
Skimming
im engeren Sinne, 09.10.2011;
BGH, Beschluss vom 11.08.2011 - 2 StR 91/11.
Das ist der
Grund dafür, dass ich glaube, dass über die Frage der Beteiligung der
Skimmer am Fälschen und am Cashing noch nicht das letzte Wort gesprochen
ist. Wenn sich die Skimmer mit der Übergabe der ausgespähten Daten am
Versuch des Fälschens beteiligen, wenn sie also wissen, dass die
Fälscher sozusagen "Gewehr bei Fuß" stehen und sofort mit dem Fälschen
beginnen wollen, dann kommt es nicht auf den Zeitpunkt des Ausspähens,
sondern auf den der Übergabe und des Fälschens an. Genau bei dieser
Frage lässt die neue Entscheidung die gebotene Erörterungstiefe
vermissen.
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