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September 2010
04.09.2010 Meldungen
     
zurück zum Verweis zur nächsten Überschrift Cisco-Kaskade Stresshormon Cortisol

 

10-09-01
Durch einem Fehler im Cisco-Betriebssystem wurde am 27.08.2010 rund 1 % des Internets lahmgelegt. Das RIPE testete in Zusammenarbeit mit der Duke University das Routing mit erheblich erweiterten BGP-Daten, worauf die unter IOS XR laufenden Router fehlerhafte Daten vermittelten und ihre Gegenstellen die Verbindungen kappten. Durch die Störung, die nur eine halbe Stunde dauerte, waren ... Netzwerke in über 60 Ländern nicht erreichbar. Zirka 3.500 der rund 330.000 sogenannten Routing-Präfixe sollen betroffen gewesen sein. (1)

Im Arbeitspapier Netzkommunikation habe ich von Kaskadeneffekten gesprochen (2), die im Cyberwar dazu genutzt werden könnten, gegnerische Infrastrukturen durch Fehlschaltungen und Überlastungen zu stören. Die Beispiele dafür stützte ich vor allem auf katastrophale Netzausfälle im Bereich der Stromversorgung. Das neue Beispiel zeigt die Berechtigung der Analogie.
 

10-09-02
Über die Posttraumtische Belastungsstörung - PTB - habe ich im Februar 2009 berichtet. Daran erinnere ich mich besonders deshalb, weil in einer Meldung bei Wissenschaft aktuell das Cortisol als Stresshormon benannt wird (3), was bislang offenbar als unsicher galt. Damit gewinnt die biochemische Erklärung, die ich seinerzeit als Mindermeinung referiert habe, einen neuen Auftrieb.

Für die Justizpraxis schließe ich daraus, dass es Sinn macht, die Haare von Opfern, die längere Zeit unter Gewalt gelitten haben sollen, auf Cortisolablagerungen zu untersuchen. Haare bilden eine Zeitleiste, weil sie nachwachsen - im Durchschnitt etwa einen Zentimeter pro Monat. Das Wachstum der Haare ist kein präziser Mechanismus, der von körperlichen und äußeren Faktoren beeinflusst wird (Fieber, Hunger). Aus den Streckenabschnitten von Haaren wird man deshalb nicht zeitgenau den Anfang und das Ende einer Stresssituation ableiten können, wohl aber, dass der Betroffene in einem abgrenzbaren Zeitraum unter Stress gelitten hat. Was den Stress ausgelöst hat, ist eine andere Frage. Die Glaubhaftigkeit einer Aussage kann jedenfalls daran gemessen werden.
 

zurück zum Verweis düstere Prognosen über die Zukunft des Internets

 
Im Jahr 2025 verschwinden Flatrates, der Datenverkehr im Web stockt und Cyber-Kriminalität bedroht die Welt.
 

10-09-03 
Damit leitet einen kurzen Bericht über eine Studie von Cisco und dem Monitor Group Business Network ein (4). Bereits die erste Aussage, dass anstelle von Flatrates gestaffelte Zugangstarife eingeführt werden, lässt Zweifel an der Neutralität der Studie aufkommen. Cisco ist einer der wichtigsten Lieferanten für Netzkomponenten und damit für Internet-Router. Die Firma ist deshalb auch daran interessiert, die Forderungen ihrer großen Kunden nach der Priorisierung bestimmter Netzinhalte zu befriedigen und das heißt, Kostenstaffeln einzuführen und bestimmte Inhalte zu bevorzugen (5).

Vier Szenarien soll die Studie näher betrachten, für die leider keine Quelle angegeben wird:

Unter dem Begriff "flüssige Grenzen" (Fluid Frontiers) wird eine ständige Ausweitung des dann allgegenwärtigen Internets beschrieben. Dann wird alles gut, weil jeder schnell an die Informationen kommt, die er braucht.

Beim "unsicheren Wachstum" (Insecure Growth) entwickeln sich Angst vor der Abhängigkeit gegenüber der Technik und vor der weiter um sich greifenden Internet-Kriminalität. Infolge dessen ziehen sich Verwaltungen und Unternehmen aus dem Internet wieder zurück.

Eine Welt ohne Wachstum ("nach den Versprechungen", Short of Promise) führt schließlich zu staatlichen Abgrenzungen (Protektionismus) und zur Stagnation des Internets.

Auch ganz schlimm wird es, wenn das Internet "aus allen Nähten platzt" (Bursting at the seams): Wartezeiten werden zur Normalität und das globale Netz ein Opfer des eigenen Erfolgs. Cisco sieht zudem eine Gefahr von Animositäten gegen die Technologiedominanz der USA. Es kommt zu einer Lähmung der internationalen Standardisierungsbemühungen.
 

 
Diese Aussagen überzeugen mich nicht. Schon heute gibt es für viele Branchen keine Möglichkeit mehr, sich aus dem Internet ganz zurück zu ziehen. Das gilt besonders für den bargeldlosen Zahlungsverkehr und weite Teile des Versandhandels (6). Das ist auch der Grund dafür, dass ich keine Chance für Protektionismus und Abgrenzungen sehe.

Die Cybercrime ist schon heute ernst zu nehmen. Das laute Klagen nützt nichts, wenn ihm keine Taten folgen. Ein gutes Beispiel dafür sind DoS-Angriffe, die die Bandbreite strapazieren (7). Sie an den Netzknoten zu blockieren, wäre für alle ein Segen.

Eine Überlastung des Internets kann ich mir gut vorstellen (8) und sie stellt eine echte Gefahr für die Netzneutralität dar. Dabei beschränkt sich die aktuelle Diskussion zu stark auf kommerzielle Dienste, die eine Bevorzugung erreichen wollen.

Die Verfügbarkeit und Schnelligkeit des Internets hängt hingegen nicht nur von der Leistungsfähigkeit der Infrastruktur ab, sondern vor allem auch von dem Bandbreitenbedarf der Dienste und der Leistung ihrer Server. Voluminöse Videos, Grafiken und Musik verlangen nach erheblich mehr Bandbreite als eine schlichte Seite wie diese. Danach würden sich die Frage stellen, in welcher Form wir "Informationen" brauchen und wie zum Beispiel Peer-to-Peer-Netze diszipliniert werden können (9).

Zu fragen ist auch, ob die Netzinfrastruktur optimal aufgestellt ist. Datenlast durch ständig wiederholten Datenverkehr lässt sich auch durch vernünftig platzierte Zwischenspeicher vermeiden (10). Sie machen eine kommerzielle Nutzung großvolumiger Inhalte aber schwieriger.
 

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(1) Cisco-Router legen Internet teilweise lahm, tecchannel 01.09.2010

(2) Arbeitspapier Netzkommunikation, 22.08.2010

(3) Cornelia Dick-Pfaff,  Haarige Stressanalyse. Cortisol im Haar gibt Aufschluss über die Belastung mit chronischem Stress, Wissenschaft aktuell 03.09.2010

 

 
(4) Internet 2025: Cisco zeichnet ein düsteres Bild, tecchannel 03.09.2010

(5) Netzneutralität und Lobbyblower, 21.08.2010

(6) Das Lifestyle-Internet fordert die Bandbreite, 08.12.2007

(7) heftige Angriffe, 20.09.2007

(8) kollabiert das Internet? 13.09.2008

(9) 2007 beanspruchten sie etwa zwei Drittel der Netzbandbreite; (8).

(10) verteilter Zwischenspeicher, 04.09.2008
 

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© Dieter Kochheim, 11.03.2018