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September 2008 |
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kollabiert das Internet? |
Die P2P-Netze
beanspruchen mehr als zwei Drittel der Internet-Kapazität |
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Ausschnitt, Global Traffic Map, TeleGeography |
Gezielte Panikmache übertitelt Holger Bleich in der jüngsten seinen Bericht über die Stabilität und Kapazität der internationalen Kabel und Netze (1). Er bezieht sich dabei vor allem auf eine (teure) Studie und die Zahlenwerte bei TeleGeography Research (2). Frühere Warnmeldungen hatten internationale Carrier und Tiers zu aufwändigen Netzausbauten getrieben, ohne dass die Prognosezahlen wirklich eintraten. Das trieb zum Beispiel die niederländische KPNQuest in den Ruin (3). Schwachpunkte sieht Bleich nicht in der Bandbreite (Netze und Kabel), sondern in den Austauschknoten für das Peering, also an den Gateways zwischen den Netzen. Hier kann es zu Paketverlusten und Latenzen kommen, die insbesondere bei Echtzeitanwendungen wie Spielen oder Internet-Telefonie für Qualitätseinbußen sorgen (S. 89). Entsprechend lobt Bleich: Der deutsche eco-Verband etwa baut seinen Frankfurter De-CIX quasi ununterbrochen aus. Der auf sechs Orte verteilte Knoten verbindet in seinen Switches die Netze von rund 250 Carriern kostenneutral miteinander und gehört damit zu den weltweit größten seiner Art. Zu Spitzenzeiten schaufelt er pro Sekunde 50 Gigabyte Nutzerdaten zwischen den Teilsystemen hin und her (4). Beachtlich ist die Art der Daten, die über das Internet transportiert werden (2007). Die wenigsten davon entfallen auf das "echte" Internet (HyperText Transfer Protocol - HTTP).
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Diese Zahlen stehen nicht im Einklang mit meinen Befürchtungen (5), dass das Lifestyle-Internet die Bandbreite fordere. Statt dessen sind es die Tauschbörsen und dort besonders die Privatanwender (S. 90), die mehr als zwei Drittel der Kapazität beanspruchen. Einzelne Provider setzen deshalb bereits die Deep Packet Inspection - DPI - ein, mit der sie gezielt Daten bestimmter Anwendungen bevorzugt durchleiten und andere ausbremsen können (S. 89). Solange Netzbetreiber das Routing selber steuern, können sie es auch strategisch und kostenorientiert einsetzen (6). Darum scheren sich die Peer-to-Peer-Anwendungen nicht und suchen sich die Downloadquellen irgendwo und keineswegs unter Beachtung der Netzökonomie. Eine Lösung besteht könnte die Initiative von Proactive network Provider Participation for P2P - P4P (7) - bieten. Das vorgeschlagene Protokoll soll es ermöglichen, den nächstgelegenen Peer möglichst im selben Carrier-Netz zu finden. Für den Nutzer hätte das den Vorteil, dass er schneller saugen kann, für den Provider, dass weniger Transportkosten pro Datenpaket anfallen (S. 91). Eine Alternative dazu besteht in der Überlegung, dass der Provider eine Datenbank einrichtet, an die der Peer-Client seine Anfrage richtet. Dadurch hat der Provider die Möglichkeit, die Netznutzung zu steuern und eine Quelle aus seinem eigenen Netz auszuwählen. Dadurch könnten bis zu 80 % der Filesharing-Verbindungen im eigenen Netz gehalten werden (S. 92). Fazit Der Kollaps ist nicht zu erwarten. Der große Bandbreitenfresser, das Filesharing, wird sich wandeln müssen. Entweder verliert es an Attraktivität, weil die Provider es konsequent ausbremsen werden, oder seine Protokolle werden mehr Rücksicht auf die (technische) Netzökonomie nehmen müssen. Das gilt gleichermaßen für die Internet-Telefonie, die zwar jetzt
noch unbeachtlich ist, aber bald einen erheblichen Anstieg erfahren
wird. |
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Global Internet Map, TeleGeography |
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Traffic zwischen den Kontinenten |
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Anmerkungen |
Deutsche Telekom AG ( Großansicht) |
(2) Die beiden oberen Grafiken sind verkleinerte Abbilder von der Global Traffic Map und der Global Internet Map, beide von TeleGeography. Das untere Schaubild zeigt als grobe Darstellung die Datenmengen, die zwischen den Kontinenten ausgetauscht werden. Die dazu verwendeten Zahlen ergeben sich aus Bleichs Artikel (S. 91).
(4)
Wichtige Ausnahme: Die
DTAG
(Schaubild links) verfügt ausschließlich über Direktverbindungen zu fünf
internationalen Tiers-1. Dessen ungeachtet hat sich De-CIX hat zu einem
der wichtigsten Verbindungspunkten für den Mittleren Osten und nach
Osteuropa entwickelt (
Anmerkung 10b). |
(6) Zum Beispiel "Cold Potato": Daten werden so weit wie möglich im eigenen Netz transportiert, um höhere Fremdnetzkosten zu vermeiden. (7) Optimierung von P2P-Netzen
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Cyberfahnder | ||||||||||
© Dieter Kochheim, 11.03.2018 |