Cybercrime | Ermittlungen | TK & Internet | Literatur | intern | Impressum |
Januar 2009 |
|
|
||||||
grenzüberschreitende Ferndurchsuchungen |
|
Sprechen wir von dem Zugriff auf im Ausland gespeicherten Daten für
die Zwecke der Strafverfolgung. Allgemein anerkannt ist, dass öffentlich
zugängliche Daten ohne alle Einschränkungen erhoben und verwertet werden
dürfen. Das hat auch das BVerfG im Zusammenhang mit der
Onlinedurchsuchung so gesehen
(2).
Die Nutzung von Zugangsdaten zu geschlossenen Informations- und
Kommunikationsangeboten im Internet sieht das BVerfG - jedenfalls unter
Betrachtung von Grundrechtseingriffen - dann als unproblematisch an,
wenn sie offen erhoben werden können oder mit dem Willen von
Berechtigten (Informanten, Beteiligten) genutzt werden
(3).
Die Grundrechte sind erst berührt - und gegenüber anderen abzuwägen -
wenn die Strafverfolgungsbehörde
Zugangsschlüssel nutzt, die sie ohne oder gegen den Willen der
Kommunikationsbeteiligten erhoben hat
(4). |
Etwas anderes gilt in Bezug auf die Rechtshilfe. Sie greift immer dann, wenn hoheitliche Zwangs- und Eingriffsmaßnahmen im Ausland durchgeführt werden müssen. Öffentlich zugängliche Quellen sind davon nicht betroffen, wohl aber solche Quellen, die zugangsgeschützt sind und deren Zugang durch hoheitliche Maßnahmen vorbereitet wird. Das ist nicht der Fall, wenn ein Kommunikationsbeteiligter - als Anzeigeerstatter oder Informant - seine Zugangsdaten freiwillig und bewusst offenbart, wohl aber dann, wenn er als Beteiligter unter dem Eindruck, dass er Beschuldigter in einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren ist, durch seine Mitwirkung Wohlwollen erreichen will (5).
|
|
Bekämpfung der Cybercrime | |||
Kritisiert wird jetzt, dass die europäischen Staaten über Vereinfachungen beim Rechtsverkehr nachdenken (7). Das ist jedoch dringend nötig. Im Zusammenhang mit nationalen Haftbefehlen - auch gegen eigene Bürger - und der Vollstreckung von Urteilen im Heimatland des Verurteilten wird in der EU längst nicht mehr danach gefragt, ob die zugrunde liegende Sachentscheidung in allen Einzelheiten richtig ist. Dringend benötigt wird die Durchsetzung ausländischer
Eingriffsentscheidungen ohne ein weiteres Überprüfungsverfahren, wenn die
Formalien des anderen Staates für ihre Durchführung eingehalten wurden
und nicht im krassen Widerspruch zu denen im vollstreckenden Staat
stehen. Das gilt besonders für Auskünfte, Durchsuchungen, Beschlagnahmen
und geheime Ermittlungen (TKÜ, Verkehrsdaten, Observation usw.). Es
macht keinen Sinn, wenn die gerichtliche Entscheidung aus dem einen
Staat noch einmal von einem Gericht aus dem anderen Staat überprüft und
im einzelnen gewürdigt werden muss. Jedenfalls nicht in einem Verbund wie der EU,
deren Rechtssysteme schon jetzt weitgehend miteinander harmonisiert
sind. |
Ein anderes Thema ist die Onlinedurchsuchung, soweit es um die Online-Durchsicht und die laufende Überwachung der Aktivitäten der Zielperson an ihrem Computer geht (9). Ich bin der Überzeugung, dass die Strafverfolgung dieses Instrument zur Bekämpfung der besonders schweren Cybercrime braucht. Dass sie es bekommt, steht in weiter Ferne.
Eine
schrankenlose Remote Search, also einen durch Verfahrensrechte
unkontrollierten Zugriff auf Hostdienste und Endgeräte, werden weder der
EuGH noch das BVerfG zulassen - und das ist gut so. Den von
Verhältnismäßigkeitserwägungen getragenen und zielgerichteten Zugriff
auf flüchtige Daten hingegen schon. |
||
Anmerkungen | |||
(2) BVerfG, Urteil vom 27.02.2008 - 1 BvR 370/07, 595/07; Einzelheiten: verdeckte Ermittlungen im Internet (4) ebenda (3) |
(9) Mit Hängen und Würgen und unbrauchbar
|
||
Cyberfahnder | |||
© Dieter Kochheim, 11.03.2018 |