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April 2009 |
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hinterher weiß man's besser | Rechtsfragen im Strafverfahren |
nachträgliche Überprüfung von Eingriffsmaßnahmen | Geheimhaltung und strafbare Veröffentlichung | |||
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Bei der rückblickenden Überprüfung sind nur die Kenntnisse, Fakten und Beurteilungen zugrunde zu legen, die zum Zeitpunkt der Eingriffsentscheidung bekannt und leitend gewesen sind. Neuere Erkenntnisse bleiben dabei unberücksichtigt (4). Das Gericht muss nicht jedes Vorbringen der Beteiligten in den Gründen der Entscheidung ausdrücklich ... bescheiden. Der wesentliche, der Rechtsverfolgung und Rechtsverteidigung dienende Vortrag muss aber in den Entscheidungsgründen verarbeitet werden (5). Einen weniger strengen Prüfungsmaßstab verlangt das BVerfG, wenn es um eilige Entscheidungen geht [ Zitat links, (6)]. Wenn eine Eilbedürftigkeit keineswegs auf der Hand lag, muss sich das Beschwerdegericht jedoch ausdrücklich mit ihr auseinander setzen. Das ist eine vernünftige Entscheidung, die auch auf die
Gefahr
im Verzug anzuwenden ist. Sie entbindet den Entscheider keineswegs
von seiner
Verantwortung und seinem
Dokumentationszwang, schränkt aber den Umfang der Prüfung je nach
der zur Verfügung stehenden Entscheidungszeit ein. Wenn schnell
entschieden werden muss, dann muss das auch möglich sein, so auch das
BVerfG. Hinterher weiß man es sowieso immer besser - auch das will das
BVerfG verhindern. |
Nicht jedes Detail aus der nichtöffentlichen Verhandlung ist strafrechtlich geschützt, sondern nur die Tatsachen und Schriftstücke, deren Geheimhaltung das Gericht den anwesenden Personen zur Pflicht macht ( § 174 Abs. 3 GVG). § 353d Nr. 3 StGB verbietet die Veröffentlichung von Anklageschriften und amtlichen Schriftstücken, solange sie nicht in öffentlicher Verhandlung verlesen oder erörtert worden sind. Damit soll nicht nur die Privatsphäre der Beteiligten geschützt, sondern auch eine Vorverurteilung verhindert werden (7). Die Strafbarkeit entfällt nach Abschluss des Verfahrens, wenn keine besondere Verpflichtung zur Geheimhaltung besteht. Amtliche Schriftstücke stammen von Behörden ( § 161 Abs. 1 S. 1 StPO) oder Amtspersonen (z.B. Notare). Dazu gehören aber auch Vermerke und Protokolle der Polizei, der beteiligten Gerichte und der Staatsanwaltschaft, die das Gesetz als "Verhandlungen" bezeichnet ( § 163 Abs. 2 StPO). Gelegentlich stellt sich mir das Problem, ob ich solche Texte zitieren darf, die sich von allen personenbezogenen Fakten abheben und allein auf Rechtsfragen beschränken. Rechtsfragen sind einer Beweiserhebung nicht zugänglich, weil sie sich auf Tatsachen und Beweismittel beschränken ( §§ 244 Abs. 2, 94 Abs. 1 StPO). Das gilt besonders auch für verlesbare Schriftstücke ( § 256 Abs. 1 StPO), die immer nur Tatsachen und ihre erkenntnisorientierte Bewertung zum Gegenstand haben. Daraus schließe ich, dass unpersönliche und abstrakt gehaltene
Rechtsausführungen nicht nur kein Gegenstand der Beweisaufnahme sind,
sondern auch nicht der Strafdrohung des
§
353d Nr. 3 StGB unterliegen. Warum auch?
(8) |
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Anmerkungen | ||||
(2) BVerfG, Beschluss vom 30.04.1997 - 2 BvR 817/90, 728/92, 802 und 1065/95 (3) BVerfG, Beschluss vom 18.12.2002 - 2 BvR 1910/ 02, Rn. 17 am Ende (4) (1), Rn. 17 (5) (1), Rn. 14
(6)
(1), Rn. 19 |
(8)
Persönlichkeitsrechte können nur betroffen sein, wenn sie Bezug zu
einer bestimmbaren Person oder Personengruppe haben. Handwerkliche
Rechtsausführungen gehören im Rahmen der
Subsumtion zur Präzisierung des abstrakten Obersatzes, dessen
Einzelheiten erst im zweiten Schritt mit dem Lebenssachverhalt
verglichen werden. |
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Cyberfahnder | ||||
© Dieter Kochheim, 11.03.2018 |