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Dezember 2010 |
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vom Kontoeröffnungsbetrug zum Identitätsglibber |
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Dieser Senat hält jedenfalls an der schadensgleichen Vermögensgefährdung fest (2). Der 1. und der 3. Senat wenden sich seit 2009 von dieser Konstruktion ab und ersetzen sie durch eine kaufmännisch ausgerichtete Schadensdefinition, die auch kalkulatorische Realisierungskosten, Rückstellungen und anerkannte kaufmännische Risikobewertungen zulässt. Das geht in die Richtung, die im Sommer 2010 auch das BVerfG eingeschlagen hat (3). Eine schadensgleiche Vermögensgefährdung kann schon dann vorliegen, wenn der Täter unter Vorlage eines gefälschten Ausweises und Täuschung über seine Zahlungswilligkeit bei einer Bank Konten eröffnet und ihm antragsgemäß Kreditkarten ( BGHSt 33, 244 ff.) oder EC-Karten ( BGHSt 47, 160 ff.) ausgehändigt werden bzw. wenn ihm ein Überziehungskredit eingeräumt wird. <Rn 3> Mit Kredit- und anderen Zahlungskarten übernimmt die Bank Garantiefunktionen und mit dem Überziehungskredit eröffnet sie Sollbuchungen ohne Guthaben zu ihrem Lasten. Das passt zu der wirtschaftlich ausgerichteten Rechtsprechung im Übrigen. Konten auf Guthabenbasis können hingegen nicht zu einer
Vermögensgefährdung führen. |
Warum das überhaupt der Erörterung bedarf, mag man die erkennenden Kollegen vom Landgericht Aachen fragen. Beim klassischen Überweisungsbetrug späht der Täter zunächst die Bankverbindung des Opfers aus und versucht, ein Abbild von dessen Unterschrift zu bekommen. Damit füllt der Täter einen Überweisungsträger aus, reicht ihn ein und hofft, dass die Überweisung ausgeführt wird.
An die
Stelle des papiernen Überweisungsbetruges sind das Phishing und andere
Formen des Identitätsdiebstahls im Zusammenhang mit dem Waren- und
Zahlungsverkehr getreten. |
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meine PKS | |||
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Unter einer solchen permanenten Alias-Existenz begeht man aber keine anderen Straftaten, sondern erleichtert sich nur den Zugang zur Warengesellschaft, der Dank Schufa, Creditreform und anderen Meldestellen behindert sein könnte. Für die Eröffnung von Bankkonten für krumme Geschäfte braucht man weitere Alias-Existenzen. Dafür reichen aber ein falscher Ausweis, drei gefälschte Gehaltsnachweise und eine erschlichene Meldebescheinigung - für vielleicht 500 €. Damit lassen sich vier, fünf Bankkonten einrichten, die jeweils 2.000 € bringen könnten, oder hochwertige Autos finanzieren.
Urkundenfälschung als Anwendungsdelikt ist lange belächelt worden und
unbeachtet geblieben. In der allseits akzeptierten Globalwelt sind aber die
sozialen Kontrollmechanismen auf Null gefahren. All is usual. Das sind
die besten Voraussetzungen für Betrug und Missbrauch. |
Nennen wir das Ganze "Identitätsglibber". Unter seiner Regie fällt es leicht, andere Identitäten vorzugaukeln, und ist es unbeschwert möglich, fremde oder falsche Identitäten anzunehmen, weil die soziale Kontinuität und Kontrolle aufgegeben wurden. Ein untergetauchter Mensch, der seine Identität ändert und unter ihr ein neues Leben beginnt, integriert sich in seine neue Umgebung und wird - ungeachtet seiner Motive und seiner möglicherweise dunklen Vergangenheit - ein aktiver Teil von ihr. Das gilt nicht für den Glibberer nach den klassischen Vorbildern von Zorro oder Batman, der kurzfristig in eine ungreifbare Tarnexistenz taucht. In ihr ist er frei - nicht im philosophischen, sondern im egoistischen Sinne. Er kann ungestraft von Moral, Sitte und Recht alles tun, was ihm als gutmenschliches und böswilliges Tun einfällt. Dabei verliert seine Umgebung jede Kontrolle über ihn.
Da sind wir jetzt. Die klassische Politökonomie würde die Glibberei als
Anarchie bezeichnen, die als Gegenkonzept zur Feudalgewalt ihre
Berechtigung hatte. In einem interessenausgependelten demokratischen
Rechtsstaat hat sie hingegen nichts zu suchen. |
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Anmerkungen | |||
(2) Schaden und schadensgleiche Vermögensgefährdung, 31.01.2010 (3) BVerfG: Bezifferter Gefährdungsschaden, 15.08.2010 |
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Cyberfahnder | |||
© Dieter Kochheim, 11.03.2018 |